Die Schwafelei ging von dir aus, da es in diesem Strang nicht um Theorien aus dem antiken Griechenland geht, sondern um real-existierende Dikaturen.Matthias Pochmann » Mi 31. Jul 2013, 10:39 hat geschrieben: Ich habe mich hier aus der Diskussion ausgeklinkt, weil hier keine Bereitschaft besteht den Begriff Diktatur unaufgeregt und sachlich zu diskutieren.
Man hat halt nie einen schwarzen Schwan gesehen, deshalb müssen Schwäne natürlich alle weiß sein.
Da wird etwas von Ständen in Platons Idealstaat geschwafelt und ausgeblendet, dass auch wir in unserer "Demokratie" in keiner klassenlosen Gesellschaft leben.
Leben in einer Diktatur ...
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Re: Leben in einer Diktatur ...
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Unternehmen werden NICHT diktatorisch geführt, sondern sind hierarchisch strukturiert.seagull » Di 30. Jul 2013, 22:14 hat geschrieben:Man kann aber auch einfach mal ins reale Leben schauen und feststellen, dass kein Segelboot ohne Diktator die Weltmeere überqueren könnte und dass jedes Unternehmen diktatorisch geführt wird. Während wir das so nie aussprechen würden, weil "Diktatur" ja so ein böses Wort ist, umgibt uns die Diktatur ganz selbstverständlich und alltäglich, ohne in Frage gestellt zu werden.
KEIN Vorgesetzter in einem Unternehmen hat unumschränkte Macht.
Gleiches gilt für das Segelboot, auch hier herrscht KEINE Diktatur, sondern Befehlshierarchie. KEIN Bootsführer/Kapität verfügt über unumschränkte Macht.
In KEINEM Unternehmen und/oder auf KEINEM Schiff/Boot werden Menschenrechte missachtet und/oder beschnitten/außer Kraft gesetzt.
Erst mal über Begriffsbedeutungen informieren, ehe man Unsinn schreibt.
Streit gibt es immer, wenn es um die Begrenzung individueller, persönlicher Freiheiten zugunsten anderer bzw. der Gemeinschaft geht. Dies ist aber kein Zeichen der Diktatur, sondern gehört per se zum Zusammenleben. Nur weil unsere westliche - sogenannte - Demokratie uns ausspioniert (PRISM) oder Krieg in Afghanistan führt (entgegen dem Willen der Mehrheit der Bevölkerung) oder Regeln aufstellt, die Arme ärmer und Reiche reicher machen oder Versprechen bricht, kann ich nicht feststellen, dass dies schönere Einschränkungen wären als in einer Diktatur.
Ja, es macht einen großen Unterschied ob es sich um Tote an der innerdeutschen Grenze handelt oder um die Toten an der amerikanisch-mexikanischen Grenze. Im Gegensatz zur DDR kann und darf die USA Jeder legal verlassen und auch in sie einreisen. Die DDR verlassen konnte und durfte niemand nicht mal legal. Die DDR-Bürger waren eingesperrt, ihnen wurde das Menschenrecht (Artikel 13 Abs. 2 der AEMR).seagull » Di 30. Jul 2013, 22:14 hat geschrieben:Das finde ich sehr treffend zusammengefasst: Tote an der "diktatorischen" innerdeutschen Grenze sind ebenso schlimm wie Tote an der "demokratischen" mexikanisch-US-amerikanischen Grenze!
Da bin ich jetzt aber auf das Gegenargument von Dark Angel gespannt...
Dass die amerikanisch-mexikanische Grenze, die bestbewachte Grenze der Welt ist, ist allgemein bekannt. Genauso allgemein bekannt ist aber auch, dass diese Grenze gern von Drogenkurieren und Menschenhändlern benutzt wird. Drogen- und Menschenhandel stellen weltweit ein Verbrechen dar und werden weltweit geahndet. Ein weiterer Unterschied.
Man kann das Vorgehen an der innerdeutschen Grenze NICHT mit dem an der amerikanisch-mexikanischen Grenze vergleichen.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
schokoschendrezki » Di 30. Jul 2013, 15:47 hat geschrieben:Das ungehinderte Passieren der innerdeutschen Grenze bzw. der Berliner Mauer gehört ganz klar nicht zu den existenziellen Lebensgrundlagen.
Ich verstehe nicht, warum du hier ins andere Extrem verfällst. Ich habe nirgendwo in diesem Thread gelesen, dass schokoschendrezki oder jemand anderes schrieb, es wäre in Ordnung. Es ging lediglich darum, zwischen existenziellen und nicht-existenziellen Bedrohungen zu differenzieren, wie eben beispielsweise in der DDR die arg eingeschränkte Grenzüberschreitung in die westliche Welt, welche mindestens 15.500.000 von 16.000.000 Staatsbürgern nicht wesentlich beeinträchtigt, viele noch nicht einmal interessiert hat.Marmelada » Mi 31. Jul 2013, 08:53 hat geschrieben:Ach so. Na dann war es wohl in Ordnung so. Wer ein persönliches Recht wahrnehmen will, das nicht der unmittelbaren Lebenserhaltung dient, ist halt selbst schuld, wenn er inhaftiert oder erschossen wird.
Tot ist tot. Ich kann den Unterschied zwischen „vor der Grenze“ oder „nach der Grenze“ erschossen nicht erkennen. Grundsätzlich behaupten wir doch mal, dass jeder Mensch das Recht auf Leben hat – insbesondere, wenn er sich nichts weiter zu Schulden kommen lassen hat, als aus wirtschaftlichen Gründen in ein anderes Land gehen zu wollen, nicht wahr? Insofern gilt hier nur die Aussage, dass Demokratie der Diktatur nicht per se überlegen ist, wie es weiter oben behauptet wurde.Marmelada » Mi 31. Jul 2013, 08:53 hat geschrieben:Die Lage der Mexikaner unterscheidet sich zunächst mal insofern von der der DDR-Bürger, dass sie ihr Land verlassen dürfen. Sie dürfen aber (meistens) nicht in die USA einreisen, die Ostdeutschen durften in die BRD, ja.
Ich verstehe das auch nicht. Ist aber auch eine unwichtige Frage, weil es niemand - außer dir – gefragt/gesagt hat.Marmelada » Mi 31. Jul 2013, 08:53 hat geschrieben:Aber inwiefern die Zustände Mexiko/USA die DDR-Praxis legitimieren soll, verstehe ich nicht so ganz.
Und genau hier widerspreche ich dir wieder. Es ist nicht systemimmanent, dass man für Meinungsäußerungen in einer Diktatur bestraft würde. Nehmen wir nochmal das Beispiel des Segelschiffs – wie geschrieben zutiefst diktatorische Führung, denn wenn die Segel gesetzt werden, kann die Mannschaft so viel Meinungsäußerung betreiben, wie sie will, aber sie muss ihre Arbeit tun, weil der Skipper es sagt. Und wir waren ja bei Matthias Pochmanns Theorie vom guten, weisen Diktator. Warum sollte er also zwingend Meinungsäußerungen verbieten?Marmelada » Mi 31. Jul 2013, 09:08 hat geschrieben:Ich verrate dir den Unterschied in den Einschränkungen: Würden wir in einer Diktatur leben, hättest du entweder keine Möglichkeit, diese deine Meinung nachlesbar zu äußern oder du würdest dafür bestraft werden, ob durch Sanktionen, die "nicht existenzbedrohlich" sind wie Inhaftierung und/oder Haft oder durch Folterung und/oder Hinrichtung. Nichts zu danken.
Mal abgesehen davon, ist der Unterschied zwischen Diktatur und Demokratie – der hier so vehement verteidigt wird, doch gar nicht so groß. Der Unterschied ist doch lediglich, ob eine Minderheit (einer oder eine kleine Gruppe) oder eine Mehrheit Entscheidungen trifft. Und wenn wir dann noch ganz konkret die DDR-Diktatur mit unserer parlamentarischen Demokratie vergleichen, werden die Unterschiede eben noch marginaler – insbesondere, wenn es um die Auswirkungen für die Mehrheit des Volkes geht. Einzelschicksale gab’s und gibt’s hüben wie drüben (siehe bspw. Gustl Mollath, da half anscheinend auch keine Demokratie und kein Rechtsstaat). Aber in unserem Land wird Demokratie in der Praxis doch nicht anders gelebt, als dass wir alle vier Jahre einen neuen Diktator wählen, der sich noch nicht einmal wesentlich vom alten unterscheidet und nach der Wahl sowieso nicht das macht, was er vor der Wahl versprochen hat (Beispiel letzte Mehrwertsteuererhöhung). Das ist ja ganz aktuell auch ein Grund für die sinkende Wahlbeteiligung oder die Gründung der „Partei der Nichtwähler“.
Schade, ich hätte das gern noch genauer betrachtet ... siehe oben...Matthias Pochmann » Mi 31. Jul 2013, 10:39 hat geschrieben: Ich habe mich hier aus der Diskussion ausgeklinkt, weil hier keine Bereitschaft besteht den Begriff Diktatur unaufgeregt und sachlich zu diskutieren.
Man hat halt nie einen schwarzen Schwan gesehen, deshalb müssen Schwäne natürlich alle weiß sein.
Da wird etwas von Ständen in Platons Idealstaat geschwafelt und ausgeblendet, dass auch wir in unserer "Demokratie" in keiner klassenlosen Gesellschaft leben.
Zuletzt geändert von seagull am Mittwoch 31. Juli 2013, 10:50, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Das Passierten der innerdeutschen Grenze ist ein Menschenrecht ==> Reisefreiheit ==> Artikel 13 Abs2 der AEMR.schokoschendrezki » Di 30. Jul 2013, 14:47 hat geschrieben:
Das ungehinderte Passieren der innerdeutschen Grenze bzw. der Berliner Mauer gehört ganz klar nicht zu den existenziellen Lebensgrundlagen. Während man sich einer Verfolgung etwa wegen seiner ethnsichen Herkunft überhaupt nicht entziehen kann. Das ist ein gewaltiger Unterschied.
Ich bin immer mehr zu der Ansicht gelangt, dass äußere Freiheit, also das Vorhanden- oder Nichtvorhandensein von Reglementierungen, Grenzen usw. gegenüber der inneren Freiheit, also der Bereitschaft, nonkonforme Gedanken, Wünsche, Vorstellungen zuzulassen, nahezu bedeutungslos ist. Solange diese äußere Freiheit nicht in existenzbedrohender Art eingeschränkt ist!
An der mexikanisch-US-Amerikanischen Grenze sterben pro Jahr größenordnungsmäßig etwa soviele Menschen wie insgesamt an der Berliner Mauer und innerdeutschen Grenze. Wollen wir behaupten, den Mexikanern sei das Gefühl einer "wirklichen" persönlichen Freiheit grundsätzlich nicht zugänglich?
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Das hättest Du gern so - lässt sich aber aus der gegebenen Frage so nicht ableiten.Marmelada » Mi 31. Jul 2013, 10:45 hat geschrieben:Die Schwafelei ging von dir aus, da es in diesem Strang nicht um Theorien aus dem antiken Griechenland geht, sondern um real-existierende Dikaturen.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Matthias Pochmann » Fr 26. Jul 2013, 20:40 hat geschrieben: Ich meine, wenn der weiseste Mensch eines Volkes dieses Volk optimal führt, dann ist das eine gute Diktatur.
Der Unterschied ist einfach der Glaube, es könne ein "objektives" Optimum geben, für dessen Erreichen sich der Diktator einsetzen könne.seagull » Di 30. Jul 2013, 22:14 hat geschrieben: Yepp, das kann ich gut nachvollziehen. Es ist doch immer wieder lustig, wenn man so liest, wie indoktriniert die Mehrzahl der Diskutanten hier so ist: Diktatur = schlecht, pfui!
Der Wortbedeutung nach ist eine Diktatur lediglich die Herrschaft einer einzelnen Person (oder einer Gruppe) mit unbeschränkter Macht. Wenn diese Person ihre Macht also zum Wohle des Volkes nutzen würde, was wäre schlecht daran? Sicher kann man jetzt ins Philosphieren kommen und die Frage aufwerfen, ob der Mensch von Natur aus böse ist und zu Machtmissbrauch neigt. Man kann aber auch einfach mal ins reale Leben schauen und feststellen, dass kein Segelboot ohne Diktator die Weltmeere überqueren könnte und dass jedes Unternehmen diktatorisch geführt wird. Während wir das so nie aussprechen würden, weil "Diktatur" ja so ein böses Wort ist, umgibt uns die Diktatur ganz selbstverständlich und alltäglich, ohne in Frage gestellt zu werden.
Wie soll sich dieses "objektive Optimum" denn bestimmen lassen?
Es gibt kein objektives Optimum, es gibt Meinungen und Interessen. Und die sind, ohne dass eine davon richtig und die andere falsch wäre, nicht selten gegensätzlicher Natur, weshalb die gleichzeitige Verwirklichung beider Interessen nicht möglich ist (Trade-off).
Das Konzept der Demokratie sieht nun vor, dass die Mehrheitsmeinung umgesetzt wird. Dieses Konzept erscheint mir am sinnvollsten.
Zuletzt geändert von prime-pippo am Mittwoch 31. Juli 2013, 10:53, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
so ein quatsch - das mag für einige Menschenrechte zutreffen, aber gewiss nicht auf alle.Dark Angel » Mi 31. Jul 2013, 10:49 hat geschrieben: Menschenrechte SIND existenzielle Lebensgrundlagen!
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Naja, offensichtlich lebt es sich auch mit Verstößen gegen das Recht auf Privatsphäre noch ganz ordentlich, die Prism-Affäre wird ja von nicht wenigen sehr gelassen genommen.Dark Angel » Mi 31. Jul 2013, 09:49 hat geschrieben: Das Passierten der innerdeutschen Grenze ist ein Menschenrecht ==> Reisefreiheit ==> Artikel 13 Abs2 der AEMR.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Selbstverständlich lässt es sich das. In deinem fluffigen Theorie-Konstrukt aus dem antiken Griechenland bestünde ja gar keine Notwendigkteit, so zu agieren, wie es die Umfrage zum Thema vorgibt.Matthias Pochmann » Mi 31. Jul 2013, 10:51 hat geschrieben: Das hättest Du gern so - lässt sich aber aus der gegebenen Frage so nicht ableiten.
Falsch. Wenn ich "Diktatur" höre, fällt mir als erstes immer die nationalsozialistische ein, weil es die ist, mit der ich mich am meisten beschäftigt habe. Rate mal, was ich mit "albernen Grußgesten und -formeln" in meinem ersten Beitrag in diesem Strang meinte.Du willst gern ein DDR-Thema daraus machen.

Dass der Schwerpunkt momentan auf der DDR liegt -wobei ich auch hier wieder den Nationalsozialismus oder das heutige China anführte- liegt schlicht daran, dass ich schokoschendrezkis Ausführungen zu "existenzbedrohlichen" Eigenheiten von Diktaturen nicht teile. Aber das wäre dir sicher aufgefallen, wenn du Beiträge aufmerksam lesen würdest, die sich nicht um theoretische konstrukte aus dem antiken Griechenland drehen.
Re: Leben in einer Diktatur ...
Ich dachte bis eben, dass wir über Systeme diskutieren. Wenn du möchtest, können wir aber auch gerne Strukturen besprechen. Auch unsere parlamentarische Vertretungsdemokratie ist hierarchisch strukturiert, wie du sicherlich weißt, Dark Angel. Was trägt das also zu dem Systemvergleich Diktatur-Demokratie bei? Wie hast du es so schön formuliert: Erst mal über Begriffsbedeutungen informieren, ehe man Unsinn schreibt.Dark Angel » Mi 31. Jul 2013, 10:46 hat geschrieben: Unternehmen werden NICHT diktatorisch geführt, sondern sind hierarchisch strukturiert.
KEIN Vorgesetzter in einem Unternehmen hat unumschränkte Macht.
Gleiches gilt für das Segelboot, auch hier herrscht KEINE Diktatur, sondern Befehlshierarchie. KEIN Bootsführer/Kapität verfügt über unumschränkte Macht.
In KEINEM Unternehmen und/oder auf KEINEM Schiff/Boot werden Menschenrechte missachtet und/oder beschnitten/außer Kraft gesetzt.
Erst mal über Begriffsbedeutungen informieren, ehe man Unsinn schreibt.
Diktatur wird als uneingeschränkte politische Macht definiert. Und genau diese uneingeschränkte politische Macht hat ein Skipper, hat ein Unternehmer. Er kann jederzeit den Kurs ändern und er kann jederzeit Leute einstellen oder feuern, etc. Die einzigen, denen er verpflichtet ist, sind jene, die die Macht mit ihm teilen (Eigner, Aktionäre, Vorstand).
Das ist auch völlig in Ordnung. Allerdings habe ich damit zwei Probleme: Zum einen generell das Erschießen von Menschen - ganz gleich aus welchem Grund, aber es mag ja sein, dass du dir diese Unmenschlichkeit zugelegt hast ... sie sei dir unbenommen. Zum anderen ist es die Frage, wer da erschossen wird: In der überwältigenden Zahl der Fälle werden die "illegalen" Einwanderer erschossen, nicht aber die Menschenhändler. Und natürlich kann ich den Drogenhandel irgendwann auch eindämmen, indem ich jeden potentiellen Konsumenten erschiesse. Aber ich hoffe, das geht selbst über deine unmenschlichen Vorstellungen hinaus.Dark Angel » Mi 31. Jul 2013, 10:46 hat geschrieben:Drogen- und Menschenhandel stellen weltweit ein Verbrechen dar und werden weltweit geahndet.
Insgesamt halte ich es also für äußerst problematisch, wenn Menschen ermordet werden, gganz gleich aus welchem Grund. Und den Familien der Toten ist es auch egal, ob ihre Angehörigen von einer demokratischen oder einer diktatorischen Kugel getötet wurden, nicht wahr?!
Re: Leben in einer Diktatur ...
Dark Angel » Mi 31. Jul 2013, 10:49 hat geschrieben: Menschenrechte SIND existenzielle Lebensgrundlagen!
Zumindest können wir uns doch wohl darauf einigen, dass das Recht auf Unversehrtheit des eigenen Lebens, ein existentielles Menschenrecht ist, oder? Somit sind die Begründungen für das Erschiessen zwar unterschiedlich, aber am Ende sind die Menschen sowohl in der Demokratie als auch in der Diktatur tot und damit ihre Menschenrechte zutiefst verletzt. Ich hoffe, dass ist nun auch bei Dark Angel angekommen...Matthias Pochmann » Mi 31. Jul 2013, 10:55 hat geschrieben:so ein quatsch - das mag für einige Menschenrechte zutreffen, aber gewiss nicht auf alle.
(also dass sie existentiell sind)

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Re: Leben in einer Diktatur ...
Menschenrechte sind unteilbar und unveräußerbar, heißt Menschenrechte müssen in ihrer Gesamtheit durchgesetzt und verwirklicht werden, können und dürfen nicht gegeneinander aufgerechnet und/oder unterschiedlich gewichtet und gewertet werden.Matthias Pochmann » Mi 31. Jul 2013, 09:55 hat geschrieben: so ein quatsch - das mag für einige Menschenrechte zutreffen, aber gewiss nicht auf alle.
(also dass sie existentiell sind)
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Dark Angel » Mi 31. Jul 2013, 10:27 hat geschrieben: Menschenrechte sind unteilbar und unveräußerbar, heißt Menschenrechte müssen in ihrer Gesamtheit durchgesetzt und verwirklicht werden, können und dürfen nicht gegeneinander aufgerechnet und/oder unterschiedlich gewichtet und gewertet werden.
Jedes Menschenrecht ist existenzelle Lebensgrundlage.


Naja, das Recht auf Privatsphäre wird in einem unglaublichen Ausmaß verletzt, viele interessiert es gar nicht...
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Es geht - mir jedenfals - auch gar nicht um das Vorgehen an irgendeiner Grenze sondern um die Relation zwischen äußerer und innerer (Un)freiheit. Ein Mexikaner, der vergeblich eine Einreiseerlaubnis in die USA beantragt, ist genau so frei oder unfrei wie ein US-Amerikaner, der reisen kann, wohin er will.Dark Angel » Mi 31. Jul 2013, 10:46 hat geschrieben: Man kann das Vorgehen an der innerdeutschen Grenze NICHT mit dem an der amerikanisch-mexikanischen Grenze vergleichen.
Die übliche Überbetonung des besonderen Unrechts gerade der innerdeutschen Grenze lehne ich strikt ab, obwohl ich selbst davon betroffen war, denn es haftet ihr grundsätzlich ein nicht zu tilgender nationalpatriotischer Touch an. Die innerdeutsche Grenze war nicht den Deut schlimmer als etwa die gegenwärtige Abschottung des reichen Europas gegenüber dem armen Afrika oder der armen Ukraine.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Weder eine Diktatur noch eine Demokratie sind ein System, sondern eine Regierungsform, eine Hierarchie hingegen ist eine Organisationsform/Verwaltungsformseagull » Mi 31. Jul 2013, 10:10 hat geschrieben:"Ich dachte bis eben, dass wir über Systeme diskutieren. Wenn du möchtest, können wir aber auch gerne Strukturen besprechen. Auch unsere parlamentarische Vertretungsdemokratie ist hierarchisch strukturiert, wie du sicherlich weißt, Dark Angel. Was trägt das also zu dem Systemvergleich Diktatur-Demokratie bei? Wie hast du es so schön formuliert: Erst mal über Begriffsbedeutungen informieren, ehe man Unsinn schreibt.
Unternehmen werden organisiert/verwaltet, Staaten hingegen werden regiert.
In einer Demokratie gibt es, sich gegenseitig kontrollierende, hierarchisch strukturierte Verwaltungs- und Organistationen ==> Legislative, Exekutive, Judikative und Administrative. Diese gegenseitige Kontrolle ist in einer Diktatur NICHT gegeben, weil Legislative, Exekutive, Judikative und Administrative sich in den Händen der allein herrschenden Person/Gruppe/Partei befinden und von dieser kontrolliert werden. Nennt sich unumschränkte Macht.
Du siehst, ich weiß, im Gegensatz zu Dir, wovon ich rede.
Wo hat der denn uneingeschränkte Macht? Vor allem wo hat der politische Macht?seagull » Mi 31. Jul 2013, 10:10 hat geschrieben:Diktatur wird als uneingeschränkte politische Macht definiert. Und genau diese uneingeschränkte politische Macht hat ein Skipper, hat ein Unternehmer.
Für den Unternehmer, wie für den Bootsführer/Kapitän gelten Gesetze, an die er sich zu halten hat. Die kann er NICHT mal eben ändern und/oder außer Kraft setzen.
Ein Dikator kann das, weil der Diktator die Gesetze erlässt.
Der Unternehmer hat KEINE uneingeschränkte Macht, weil er die a) NICHT mit dem Vorstandsrat/Aktionären (Aufsichtsrat - und wie der Begriff schon zeigt Rat= Demokratie) teilt, sondern diesem unterstellt ist und b) die Leute, ab einer bestimmten Ebene, auch NICHT ohne Zustimmung des Vorstandes/Vorstandsrates und/oder Aufsichtsrates einstellen oder entlassen.seagull » Mi 31. Jul 2013, 10:10 hat geschrieben: Er kann jederzeit den Kurs ändern und er kann jederzeit Leute einstellen oder feuern, etc. Die einzigen, denen er verpflichtet ist, sind jene, die die Macht mit ihm teilen (Eigner, Aktionäre, Vorstand).
seagull » Mi 31. Jul 2013, 10:10 hat geschrieben:Das ist auch völlig in Ordnung. Allerdings habe ich damit zwei Probleme: Zum einen generell das Erschießen von Menschen - ganz gleich aus welchem Grund, aber es mag ja sein, dass du dir diese Unmenschlichkeit zugelegt hast ... sie sei dir unbenommen.
1. Gibt es auch in den USA Gesetze, die den Schusswaffengebrauch regeln. Auch da wird nicht mal eben so drauflos geschossen.
2. Sind Drogen- und Menschenhändler bewaffnet und in diesem Falle gilt es zuerst das eigene Leben zu schützen.
Zunächst mal, wer die/eine Grenze außerhalb, der dafür vorgesehenen Übergänge passiert, wandert illegal ein. Das ist eine Tatsache und NICHT Ansichtssache.seagull » Mi 31. Jul 2013, 10:10 hat geschrieben:Zum anderen ist es die Frage, wer da erschossen wird: In der überwältigenden Zahl der Fälle werden die "illegalen" Einwanderer erschossen, nicht aber die Menschenhändler. Und natürlich kann ich den Drogenhandel irgendwann auch eindämmen, indem ich jeden potentiellen Konsumenten erschiesse. Aber ich hoffe, das geht selbst über deine unmenschlichen Vorstellungen hinaus.
2. Hätte ich für die Behauptung, dass Wirtschaftsflüchtlinge, welche illegal in die USA einreisen, in "überwältigender Zahl" erschossen werden, gern mal eine seriöse Quelle!
Ich halte es für problematisch, bei Maßnahmen die der staatlichen Sicherheit dienen, von Mord zu sprechen und für noch prolblematischer halte ich es, wenn die Vorenthaltung und/oder Missachtung von Menschenrechten, seitens eines Staates mit kriminellen Handlungen gleichgesetzt werden.seagull » Mi 31. Jul 2013, 10:10 hat geschrieben:Insgesamt halte ich es also für äußerst problematisch, wenn Menschen ermordet werden, gganz gleich aus welchem Grund. Und den Familien der Toten ist es auch egal, ob ihre Angehörigen von einer demokratischen oder einer diktatorischen Kugel getötet wurden, nicht wahr?!
Genau das tust Du. Man könnte glatt auf die Idee kommen, dass Du auf gleiche Weise das Vorgehen der Alquaida am 11. September rechtfertigst.
Zuletzt geändert von Dark Angel am Mittwoch 31. Juli 2013, 12:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Bei den USA und Mexiko handelt es sich um zwei verschiedene souveräne Staaten - beides sind Demokratien. Der Mexikaner hat das gleiche Recht sein Land zu verlassen, wie der USAmerikaner - ein Recht, das dem DDR-Bürger vorenthalten wurde.schokoschendrezki » Mi 31. Jul 2013, 10:48 hat geschrieben:
Es geht - mir jedenfals - auch gar nicht um das Vorgehen an irgendeiner Grenze sondern um die Relation zwischen äußerer und innerer (Un)freiheit. Ein Mexikaner, der vergeblich eine Einreiseerlaubnis in die USA beantragt, ist genau so frei oder unfrei wie ein US-Amerikaner, der reisen kann, wohin er will.
Die übliche Überbetonung des besonderen Unrechts gerade der innerdeutschen Grenze lehne ich strikt ab, obwohl ich selbst davon betroffen war, denn es haftet ihr grundsätzlich ein nicht zu tilgender nationalpatriotischer Touch an. Die innerdeutsche Grenze war nicht den Deut schlimmer als etwa die gegenwärtige Abschottung des reichen Europas gegenüber dem armen Afrika oder der armen Ukraine.
Die USA als Staat entscheidet genauso wie Mexiko WEN es einreisen lässt und wie lange. Das ist das Recht eines souveränen Staates. Wenn die USA bestimmten Leuten die Einreise verweigert, basiert das auf der Grundlage von Gesetzen (und der Verfassung), die in den USA gelten und daran haben sich dann auch einreisewillige Mexikaner zu halten. Anderfalls verletzen sie die Gesetze der USA und begehen damit eine kriminelle Handlung gegen den Staat USA.
Es besteht immer noch ein Riesenunterschied.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Und ich verstehe nicht, weshalb ihr so hartnäckig auf dieser Unterscheidung besteht. Abgesehen davon, dass auch subtilere Sanktionen wie Berufsverbote sich dauerhaft existenzbedrohlich auswirken können. Existenzhinderlich sind sie auf jeden Fall. Das interessiert euch aber nicht, warum?seagull » Mi 31. Jul 2013, 10:49 hat geschrieben:Ich verstehe nicht, warum du hier ins andere Extrem verfällst. Ich habe nirgendwo in diesem Thread gelesen, dass schokoschendrezki oder jemand anderes schrieb, es wäre in Ordnung. Es ging lediglich darum, zwischen existenziellen und nicht-existenziellen Bedrohungen zu differenzieren,
Also quasi eine demokratische Beschränkung. Na dann. Sollte es mich interessieren, wie du auf diese Zahlen kommst?wie eben beispielsweise in der DDR die arg eingeschränkte Grenzüberschreitung in die westliche Welt, welche mindestens 15.500.000 von 16.000.000 Staatsbürgern nicht wesentlich beeinträchtigt, viele noch nicht einmal interessiert hat.
Interessiert sich die Mehrheit der Mexikaner überhaupt dafür, in die USA einzureisen? Ansonsten kann es ja egal sein, wie ich jetzt gelernt habe.Tot ist tot. Ich kann den Unterschied zwischen „vor der Grenze“ oder „nach der Grenze“ erschossen nicht erkennen. Grundsätzlich behaupten wir doch mal, dass jeder Mensch das Recht auf Leben hat – insbesondere, wenn er sich nichts weiter zu Schulden kommen lassen hat, als aus wirtschaftlichen Gründen in ein anderes Land gehen zu wollen, nicht wahr?
Inwiefern eine Diktatur einer Demokratie überlegen ist, gehört gar nicht zum Thema des Stranges. Vielleicht solltet ihr einen eröffnen?Insofern gilt hier nur die Aussage, dass Demokratie der Diktatur nicht per se überlegen ist, wie es weiter oben behauptet wurde.
Weil das vorgegebene Thema nicht lautet, wie wir uns als Matrosen auf Segelschiffen verhalten würden oder in theoretischen Konstrukten aus dem antiken Griechenland. Es geht um die Diktatur als Herrschaftsform über einen ganzen Staat. Ich weiß, der Strangeröffner hat das nicht ausdrücklich so hingeschrieben. Bis vor kurzem war ich auch nicht der Ansicht, dass das notwendig gewesen wäre.Und genau hier widerspreche ich dir wieder. Es ist nicht systemimmanent, dass man für Meinungsäußerungen in einer Diktatur bestraft würde. Nehmen wir nochmal das Beispiel des Segelschiffs – wie geschrieben zutiefst diktatorische Führung, denn wenn die Segel gesetzt werden, kann die Mannschaft so viel Meinungsäußerung betreiben, wie sie will, aber sie muss ihre Arbeit tun, weil der Skipper es sagt. Und wir waren ja bei Matthias Pochmanns Theorie vom guten, weisen Diktator. Warum sollte er also zwingend Meinungsäußerungen verbieten?

Wenn man "Demokratie" wortwörtlich nimmt, sicher.Mal abgesehen davon, ist der Unterschied zwischen Diktatur und Demokratie – der hier so vehement verteidigt wird, doch gar nicht so groß. Der Unterschied ist doch lediglich, ob eine Minderheit (einer oder eine kleine Gruppe) oder eine Mehrheit Entscheidungen trifft.

https://de.wikipedia.org/wiki/Demokratie
http://de.wikipedia.org/wiki/Diktatur#M ... r_DiktaturTypische Merkmale einer Demokratie sind freie Wahlen, das Mehrheitsprinzip, die Respektierung politischer Opposition, Verfassungsmäßigkeit und Schutz der Grundrechte (bzw. nur den Staatsbürgern vorbehaltenen Bürgerrechten) und Achtung der Menschenrechte.
Erkennst du die Unterschiede, die über die Entscheidungsfindung hinausgehen?Verletzung der Menschen- und Bürgerrechte
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Im Verlauf habe ich jetzt schon oft genug angemerkt, dass auch das bestehende System Schwächen aufweist oder bedroht wird. Aber die aktuelle Praxis mit der in einer Diktatur gleichzusetzen, zeugt davon, dass du dich noch nicht damit beschäftigt zu haben scheinst, was eine Diktatur (als Herrschaftsform über einen Staat, nicht auf Segelschiffen oder in theoretischen Konstrukten aus dem antiken Griechenland) ausmacht.Und wenn wir dann noch ganz konkret die DDR-Diktatur mit unserer parlamentarischen Demokratie vergleichen, werden die Unterschiede eben noch marginaler – insbesondere, wenn es um die Auswirkungen für die Mehrheit des Volkes geht. Einzelschicksale gab’s und gibt’s hüben wie drüben (siehe bspw. Gustl Mollath, da half anscheinend auch keine Demokratie und kein Rechtsstaat). Aber in unserem Land wird Demokratie in der Praxis doch nicht anders gelebt, als dass wir alle vier Jahre einen neuen Diktator wählen, der sich noch nicht einmal wesentlich vom alten unterscheidet und nach der Wahl sowieso nicht das macht, was er vor der Wahl versprochen hat (Beispiel letzte Mehrwertsteuererhöhung). Das ist ja ganz aktuell auch ein Grund für die sinkende Wahlbeteiligung oder die Gründung der „Partei der Nichtwähler“.
Ich hatte ihm geraten, zu diesem völlig anderslautendem Thema einen Strang zu eröffnen.Schade, ich hätte das gern noch genauer betrachtet ... siehe oben...
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Dann beiß' Dich doch nicht an der Verweigerung des Rechts auf Reisefreiheit fest.schokoschendrezki » Mi 31. Jul 2013, 10:48 hat geschrieben: Die übliche Überbetonung des besonderen Unrechts gerade der innerdeutschen Grenze lehne ich strikt ab, obwohl ich selbst davon betroffen war, denn es haftet ihr grundsätzlich ein nicht zu tilgender nationalpatriotischer Touch an. Die innerdeutsche Grenze war nicht den Deut schlimmer als etwa die gegenwärtige Abschottung des reichen Europas gegenüber dem armen Afrika oder der armen Ukraine.
Da wäre noch die Berufsverbotspraxis bei Menschen, die ganz legal einen Ausreiseantrag gestellt hatten und da wäre noch, dass Kindern aus Akademikerfamilien der Zugang zum Studium verweigert, zumindest aber sehr erschwert wurde - auch wenn deren Leistungen, die Voraussetzung(en) für weiterführende Schulen (EOS) erfüllten.
War das etwa kein Unrecht, waren das keine Repressalien?
Akademiker sind ja nun keine ethnische Minderheit, die aufgrund dieser Tatsache verfolgt wird, aber Akademiker(kinder) hatten massive Nachteile, nur aufgrund der Tatsache DASS ihre Eltern Akademiker sind.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Vielleicht sollte man die Frage anders stellen
Welche (Menschen)Rechte kann es prinzipiell (per Definition) in einer Diktatur nicht geben?
Ich fang mal an:
Reisefreiheit kann es auch in einer Diktatur geben
Pressefreiheit kann es auch in einer Diktatur geben
Meinungsfreiheit kann es auch in einer Diktatur geben
...
Welche (Menschen)Rechte kann es prinzipiell (per Definition) in einer Diktatur nicht geben?
Ich fang mal an:
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Vielleicht sollte man zu anderen Themen einen extra Strang eröffnen.Matthias Pochmann » Mi 31. Jul 2013, 13:26 hat geschrieben:Vielleicht sollte man die Frage anders stellen
Wessen Definition?Welche (Menschen)Rechte kann es prinzipiell (per Definition) in einer Diktatur nicht geben?
Ich mach mal weiter. Freibier! Freibier kann es auch in einer Diktatur geben. Dann ist es eine Diktatur mit Freibier. Es kann aber auch kein Freibier in einer Diktatur geben. Dann ist es eine Diktatur ohne Freibier.Ich fang mal an:
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Die Definition von DiktaturMarmelada » Mi 31. Jul 2013, 13:36 hat geschrieben:Wessen Definition?
http://de.wikipedia.org/wiki/Diktatur
Weil es eben auch eine der Demokratie überlegene Diktatur geben kann, deshalb kann ich die gestellte Frage hier nicht beantworten.Die Diktatur (von lateinisch dictatura) ist eine Herrschaftsform, die sich durch eine einzelne regierende Person, den Diktator (Führer), oder eine regierende Gruppe von Personen (z. B. Partei, Militärjunta, Familie) mit unbeschränkter politischer Macht auszeichnet.
Und weil das so ist, deshalb hat die Frage nach der Möglichkeit einer guten Diktatur etwas mit dem Thema zu tun!
Zuletzt geändert von Sri Aurobindo am Mittwoch 31. Juli 2013, 13:52, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Dann stör Dich doch nicht am Begriff Optimumprime-pippo » Mi 31. Jul 2013, 10:52 hat geschrieben:Der Unterschied ist einfach der Glaube, es könne ein "objektives" Optimum geben, für dessen Erreichen sich der Diktator einsetzen könne.
Wie soll sich dieses "objektive Optimum" denn bestimmen lassen?

Es reicht doch für meine Aussage hier, dass es Diktaturen geben kann, in denen Menschen mehr Rechte und Freiheiten haben als in bestehenden Demokratien, wie z.B. Amerika.
Und in denen es den Bürgern auch wirtschaftlich besser geht.
Zuletzt geändert von Sri Aurobindo am Mittwoch 31. Juli 2013, 14:05, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Leben in einer Diktatur ...
Das wird vom (guten) Diktator himself bestimmt, reich das denn nicht?prime-pippo » Mi 31. Jul 2013, 10:52 hat geschrieben:Der Unterschied ist einfach der Glaube, es könne ein "objektives" Optimum geben, für dessen Erreichen sich der Diktator einsetzen könne.
Wie soll sich dieses "objektive Optimum" denn bestimmen lassen?
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Ich würde in eine Nicht-Diktatur auswandern ("Abstimmung mit den Füßen").jack000 » Fr 26. Jul 2013, 20:35 hat geschrieben:Der überwiegende Teil aller Forumsmitglieder wird das Glück gehabt haben, niemals in einer Diktatur gelebt zu haben.
Leben in einer Diktatur bedeutet, dass die Herrschenden im Zweifelsfall mit einem machen können was sie wollen.
Wenn man sich ruhig und systemkonform verhält kann man sogar "Karriere" in der Diktatur machen.
Wie würdet ihr agieren wenn ihr in einer Diktatur lebt?
Nichts ist in der Regel unsozialer als der sogenannte Wohlfahrtsstaat, der die menschliche Verantwortung erschlaffen und die individuelle Leistung absinken läßt. (Ludwig Erhard)
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Schon wieder wird mir eine Verteidigungshaltung gegenüber dem DDR-System unterstellt ...Dark Angel » Mi 31. Jul 2013, 12:32 hat geschrieben: Dann beiß' Dich doch nicht an der Verweigerung des Rechts auf Reisefreiheit fest.
Da wäre noch die Berufsverbotspraxis bei Menschen, die ganz legal einen Ausreiseantrag gestellt hatten und da wäre noch, dass Kindern aus Akademikerfamilien der Zugang zum Studium verweigert, zumindest aber sehr erschwert wurde - auch wenn deren Leistungen, die Voraussetzung(en) für weiterführende Schulen (EOS) erfüllten.
War das etwa kein Unrecht, waren das keine Repressalien?
Akademiker sind ja nun keine ethnische Minderheit, die aufgrund dieser Tatsache verfolgt wird, aber Akademiker(kinder) hatten massive Nachteile, nur aufgrund der Tatsache DASS ihre Eltern Akademiker sind.
Meine Verweigerungshaltung gegenüber kollektiven Identitäten geht bzw. ging selbstverständlich auch gegen das Selbstverständnis der DDR als "Arbeiter- und Bauernstaat" und das eingeforderte "Klassenbewusstsein". Ich gehöre zu keiner Klasse. Ich bin nur ich selbst.
Was die angesprochene Benachteiligung von Akademiker-KIndern in der DDR angeht: Ich kenne zwar keine konkreten Zahlen aber meine persönliche Erfahrungen sehen da eher so aus, dass es mehr oder weniger luslose Versuche gab, den Arbeiteranteil an den Studierenden zu erhöhen bzw. Arbeiterkinder zu motivieren, das Abitur zu machen. Das Unrecht gegenüber Akademikern äußerte sich eher darin, dass die Einkommensrelationen im Vergleich zu heute drastisch zugunsten von nichtakademischen Berufen verschoben waren. Ein Fensterputzer oder Automechaniker verdiente zum Teil erheblich mehr als ein promovierter Wissenschaftler. Dementsprechend war auch die Motivation zum Studieren bei Arbeiter- und Bauernkindern eher gedämpft.
Was das Studier-Verbot bei (nicht staatskonformer) politischer oder sonstiger Betätigung angeht: Ja. Die Chance, sich eine berufliche Laufbahn damit zu verbauen, war nicht gerade gering. Und vor allem: Das Verbauen der beruflichen Laufbahn wandelte sich mit der Wiedervereinigung oft genug zu einem sozialen Abstieg. Ich habe hohen Respekt vor Leuten, die das riskiert haben, und dennoch: Weder in der DDR noch in der heutigen Bundesrepublik war bzw. ist der Verzicht auf eine berufliche Laufbahn oder eine akademische Karriere mit einer wirklichen existenziellen Gefährdung verbunden.
Der Mensch ist, wenn er innerlich frei ist, grundsätzlich frei. Er kann nur durch sich selbst oder durch existenzielle Gefährdungen an seiner Freiheitsausübung gehindert werden. Der Schriftsteller Peter "Schappy" Wawerzinek, der unter ungünstigsten Bedingungen in verschiedenen DDR-Waisenhäusern aufwuchs, und den ich kennenlernte, als er noch als Aushifskellner, Briefträger oder Friedhofsgärtner in Ostberlin jobbte, bekam für seinen jüngsten Roman den Ingeborg-Bachmann-Preis. Die begrenzenden äußerlichen Umstände, ob nun die Erdenschwerkraft, die Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit oder die innerdeutsche Grenze sind ohnehin immer und überall gegeben. Man kann versuchen, sie aufzuheben, aber sie hindern niemanden daran, sein Leben als freien Entwurf zu gestalten.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Meine persönlichen Erfahrungen sahen da ganz anders aus. Eine "Delegierung" zur EOS erhielten Kinder aus Arbeiter- und Bauernfamilien, wenn deren Leistungen, die Voraussetzungen erfüllten - also besser als 2,2 waren. Da wurden alle möglichen "Überredungskünste" mobilisiert. Das ging so weit, dass EOS-Plätze zurück gegeben wurden, wenn sich keine Interessenten fanden.schokoschendrezki » Mi 31. Jul 2013, 13:07 hat geschrieben:
Was die angesprochene Benachteiligung von Akademiker-KIndern in der DDR angeht: Ich kenne zwar keine konkreten Zahlen aber meine persönliche Erfahrungen sehen da eher so aus, dass es mehr oder weniger luslose Versuche gab, den Arbeiteranteil an den Studierenden zu erhöhen bzw. Arbeiterkinder zu motivieren, das Abitur zu machen. Das Unrecht gegenüber Akademikern äußerte sich eher darin, dass die Einkommensrelationen im Vergleich zu heute drastisch zugunsten von nichtakademischen Berufen verschoben waren. Ein Fensterputzer oder Automechaniker verdiente zum Teil erheblich mehr als ein promovierter Wissenschaftler. Dementsprechend war auch die Motivation zum Studieren bei Arbeiter- und Bauernkindern eher gedämpft.
Ich wäre gerne zur EOS gegangen und mein Leistungsdurchschnitt (1,4) hätte das durchaus erlaubt. Aus meinem Jahrgang hätten 5 Schüler zur EOS gehen können, aber nur zwei hatten sich beworben - außer mir noch eine Schülerin, deren Eltern Mitglieder der LPG waren. Ich durfte NICHT zur EOS gehen, weil ich KEIN Arbeiterkind war. Das "Bauernkind" durfte zur EOS und die restlichen vier Plätze wurden zurück gegeben. Sogar die Möglichkeit Berufsausbildung mit Abitur wurde mir verwehrt und diesmal MIT der Begründung, dass solche Ausbildungsplätze zuerst an Bewerber aus Arbeiter- und Bauernfamilien vergeben werden.
Mir blieb nur die Ochsentour, das Abi neben meiner Lehrausbildung an der Volkshochschule zu machen und dann hatte ich auch nur noch begrenzte Studienmöglichkeiten, weil mich nämlich mein Ausbildungsbetrieb delegieren musste.
Jetzt erkläre mir bitte mal, was ich mir als 14jährige Schülerin habe zuschulden kommen lassen, dass ich mir meinen (eigentlichen) Berufswunsch NICHT erfüllen durfte. Meine Eltern haben sich nämlich nichts zuschulden kommen lassen, die waren "linientreu", nur dass mein Vater Akademiker war.
Als junger Mensch hat man Ideale, da sind Einkommensrelationen zweitrangig bzw es wurde das Märchen verbreitet, dass Akademiker ja sooo gut verdienen. Es ga da nämlich einen ganz einfachen Trick: Verglichen wurde nämlich nur der Grundlohn des Arbeiters mit dem Gehalt eines Angestellten/Akademikers. Die anderen Lohnbestandteile, die zudem nur mit 5% versteuert wurden, kehrte man einfach unter den Teppich und schon hatte der Akademiker ein sehr viel höheres Einkommen.
Daraus kannst Du also NICHT ableiten, dass die Motivation für ein Studium mit den Einkommensrelationen zusammen hing.
Es sollte ganz einfach die Etablierung einer Mittelschicht verhindert werden.
Entweder kapierst Du's nicht oder willst es nicht kapieren.schokoschendrezki » Mi 31. Jul 2013, 13:07 hat geschrieben:Was das Studier-Verbot bei (nicht staatskonformer) politischer oder sonstiger Betätigung angeht: Ja. Die Chance, sich eine berufliche Laufbahn damit zu verbauen, war nicht gerade gering. Und vor allem: Das Verbauen der beruflichen Laufbahn wandelte sich mit der Wiedervereinigung oft genug zu einem sozialen Abstieg. Ich habe hohen Respekt vor Leuten, die das riskiert haben, und dennoch: Weder in der DDR noch in der heutigen Bundesrepublik war bzw. ist der Verzicht auf eine berufliche Laufbahn oder eine akademische Karriere mit einer wirklichen existenziellen Gefährdung verbunden.
Akademiker und deren Kinder wurden benachteiligt - ganz bewusst. Das hatte nichts, aber auch gar nichts mit "nicht staatskonformer Betätigung" zu tun. Es war vollkommen ausreichend, wenn die Eltern Akademiker waren.
Ich spreche auch NICHT von existenzieller Gefährdung, sondern von der Vorenthaltung des Menschenrechts auf Bildung.
Nochmal ganz deutlich: Kindern aus Akademikerfamilien wurde das Recht auf Bildung verweigert bzw beschnitten.
schokoschendrezki » Mi 31. Jul 2013, 13:07 hat geschrieben:Der Mensch ist, wenn er innerlich frei ist, grundsätzlich frei. Er kann nur durch sich selbst oder durch existenzielle Gefährdungen an seiner Freiheitsausübung gehindert werden. [...]
Ich weiß nicht, was Du immer mit Deiner "inneren Freiheit" willst?
Wenn ich danach gehe, was allgemein unter "innerer Freiheit" verstanden wird - nämlich seine Anlagen und Möglichkeiten zu nutzen, so war diese "innere Freiheit" eben NICHT gewährleistet, wenn Menschen daran gehindert wurden, ihre Anlagen und Möglichkeiten, frei zu entfalten, weil sie eben KEINE Wahlmöglichkeiten bzw nur sehr eingeschränkte hatten.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Springst du jetzt auf das ewig gleiche Geschwurbel von Andromache an?Marmelada » Mi 31. Jul 2013, 12:18 hat geschrieben:Und ich verstehe nicht, weshalb ihr so hartnäckig auf dieser Unterscheidung besteht. Abgesehen davon, dass auch subtilere Sanktionen wie Berufsverbote sich dauerhaft existenzbedrohlich auswirken können. Existenzhinderlich sind sie auf jeden Fall. Das interessiert euch aber nicht, warum?
Zum einen trügt der Eindruck, dass jeder 10. DDR-Bürger ein Berufsverbot bekam. Zum anderen arbeiteten in der DDR auch nur Menschen. Und genauso, wie es heutzutage fallbezogene Entscheidungen in der Arbeitsagentur gibt – was nichts anderes heißt, als dass die dem Kunden der Agentur zugewiesene Sachbearbeiterin willkürlich entscheidet, ob derjenige bspw. Anspruch auf einen Gründungszuschuss bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit oder eine Sperrfrist bei zu spät gekommenen Meldungen oder ähnliches hat – gab es in der DDR Zuständigkeiten, die von den ausführenden Personen mit unterschiedliche Handlungsspielräumen wahrgenommen wurden. So haben bspw. einige Ausreisewillige nur eine ausführliche Durchleuchtung ihres Lebens erfahren (so wie heutzutage jeder Hartz IV Empfänger) und durften dann nach einiger Zeit ausreisen, während andere mit Sanktionen und Repressalien bestraft wurden.
Das Unrecht, das in der DDR passierte, ist nicht zu entschuldigen. Aber die Wahrheit ist, dass es die Mehrheit der Bevölkerung nicht wesentlich einschränkte. Man konnte in der DDR auch einfach sein Leben leben, zur Arbeit gehen, sich dort weiterentwickeln, nach Hause zu seiner Familie kommen, in Urlaub fahren, viele Hobbys ausleben und Spaß haben. Neben den durchaus kritisierenswerten Entgleisungen gab es auch noch so etwas, wie ein ganz normales Leben.
Und insofern verstehe ich schokoschendrezkis Aussage, dass Freiheit letztendlich auch immer etwas Individuelles, eine innere Haltung, etwas Gefühltes ist, denn man kann mit vielen Einschränkungen leben und eigene Wege finden, dennoch ein zufriedenes und glückliches Leben zu führen.
Nun vermutlich hast du ja auch schon mal jemanden kennengelernt, der noch nie im Ausland im Urlaub war. Ja, die gibt es auch heute noch. Sogar Menschen, die noch nie aus ihrem Dorf bis in die nächste richtig große Stadt gekommen sind, sondern nur in ihrem Kreis bleiben. Und vor 25 Jahren gab es noch mehr davon und vor 30, 40 oder 50 Jahren erst. Sicher möchtest du jetzt Statistiken, eine aktuelle habe ich hier gefunden: http://www.tourismusanalyse.de/de/zahle ... ilanz.htmlMarmelada » Mi 31. Jul 2013, 12:18 hat geschrieben:Also quasi eine demokratische Beschränkung. Na dann. Sollte es mich interessieren, wie du auf diese Zahlen kommst?
Worauf ich hinaus will? Dass ca. 90% der DDR-Bürger den Mangel an Reisefreiheit eben nur als Mangel und nicht als existenzbedrohend wahrgenommen haben.
Fakt ist, dass die DDR-Bürger genau zweimal während der DDR-Zeit auf die Straße gegangen sind, weil immerhin sehr vielen von ihnen etwas wichtig war: 1953 waren es einige Hundertausend, die sich gegen die Erhöhung der Leistungsnormen ohne Erhöhung der Essensrationen wehrten. Dass es da staatliche Gewalt und 55 Tote gab, ist ein dunkler Teil des Unrechts. Wenigstens sind die Demonstranten im Ergebnis mit ihren Forderungen durchgekommen. Das zweite Mal sind die Bürger 1989 auf die Straße gegangen und wollten die DDR reformieren, unter anderem forderten sie auch die Reisefreiheit. Das forderten sie nicht 1959, sondern erst 1989. Und auch nicht 16 Mio Einwohner, nicht einmal 1 Mio, sondern insgesamt einige Hunderttausende. So wichtig war es vielen Menschen nämlich gar nicht.
Ja, es war in der DDR nur unter bestimmten Bedingungen möglich, in westliche Länder zu reisen. Ja, es gab den kalten Krieg. Ja, es war sicher eine Einschränkung. Aber nein, es war nicht existenzbedrohend für die Bürger. Viele hat es nicht einmal interessiert. Das kann man sich heute dank medialer Verblendung gar nicht mehr vorstellen, aber ja: Die meisten Menschen in der DDR haben die eingeschränkte Reisefreiheit zur Kenntnis genommen nach dem Motto: „Okay, ich kann also nicht nach Paris reisen. Schade, eigentlich. Naja, dann fahre ich eben nach Sotschi.“
Und genau da sind wir wieder bei dem Unterschied zwischen äußerer und innerer Freiheit.
Nun, hier missinterpretierst du anscheinend: Gerade das Schießen auf Menschen habe ich ja nun sehr deutlich als verachtenswertes Fehlverhalten gekennzeichnet.Marmelada » Mi 31. Jul 2013, 12:18 hat geschrieben:Interessiert sich die Mehrheit der Mexikaner überhaupt dafür, in die USA einzureisen? Ansonsten kann es ja egal sein, wie ich jetzt gelernt habe.
Allerdings ist mir dabei gleichgültig, ob ein Deutscher oder ein Mexikaner in einer Diktatur oder einer Demokratie ermordet wird.
Hier gilt sowohl für die innerdeutsche als auch für die mexikanisch-amerikanische Grenze, was Dark Angel so schön beschrieb:
Wer also illegal Grenzen passiert, läuft Gefahr erschossen zu werden. Und ich würde bevorzugen, gar nicht zu schießen - nur aus Notwehr. Weder vor 20 und mehr Jahren in der DDR, noch heute in Amerika. Letztendlich sind es nämlich nicht die Gängster, die mit auf die Grenzposten gerichteten Waffen in Notwehr erschossen werden, sondern hilfesuchende Menschen.Dark Angel » Mi 31. Jul 2013, 11:59 hat geschrieben:Gibt es ... Gesetze, die den Schusswaffengebrauch regeln. ...da wird nicht mal eben so drauflos geschossen.
Zunächst mal, wer die/eine Grenze außerhalb, der dafür vorgesehenen Übergänge passiert, wandert illegal ... Das ist eine Tatsache und NICHT Ansichtssache.
Zum einen habe ich konkret die Diktatur in der DDR herangezogen, weil sie die einzige ist, die ich einigermaßen nachvollziehen kann, während mir bspw. Nordkorea oder Ruanda nicht so gut bekannt sind. Zum anderen geht es in diesem Strang doch um die Frage, wie man reagieren würde, wenn man in einer Diktatur leben würde. Diese theoretische Frage ist im Prinzip gar nicht beantwortbar, weil sie nun mal von den allgemeinen Rahmenbedingungen der Diktatur und dem daraus resultierenden eigenen Schicksal abhängt.Marmelada » Mi 31. Jul 2013, 12:18 hat geschrieben:Aber die aktuelle Praxis mit der in einer Diktatur gleichzusetzen, zeugt davon, dass du dich noch nicht damit beschäftigt zu haben scheinst, was eine Diktatur ausmacht.
Nehmen wir mal an, ich hätte in der DDR als Kind einer Arbeiterfamilie gelebt, die nicht sonderlich politisch interessiert wäre, aber auch keinerlei Widerstand geführt hätte. Wenn es mal ein paar Westmark gegeben hätte, wären sie in den Intershop gegangen und hätten sich etwas Schönes gekauft. Wenn die Westverwandschaft zu Besuch gekommen wäre, hätten sie sich gefreut. Wenn sie selbst nur in die sozialistischen Länder reisen gedurft hätten, wäre das zwar schade, aber nicht wirklich tragisch gewesen. Nehmen wir mal an, ich hätte im Krankenhaus arbeiten wollen und eine entsprechende Ausbildung gemacht. Ich hätte mich privat in Segelvereinen getummelt und Tanzabende genossen. Ich hätte also einfach ein kleines, spießiges Leben geführt und die DDR als meine Heimat angesehen, ohne große Probleme. Ich hätte überhaupt keinen Grund gehabt, Sabotage oder Widerstand zu betreiben – weder öffentlich noch im Untergrund. Ich hätte gar nix gegen die Diktatur unternommen, den Staat vielleicht nicht mal als Diktatur wahrgenommen, jedenfalls nicht entsprechend deines Zitates (Verletzung der Menschenrechte, etc.).
Andererseits hätte ich aber auch als Kind einer unzufriedenen Familie in der DDR leben können. Ich hätte von meinen Eltern gelernt, dass die Großeltern bei der Bodenreform enteignet wurden, die Tante es noch rechtzeitig vor dem Mauerbau nach Westdeutschland geschafft hat und dort ein viel besseres Leben führt. Vielleicht hätten meine Eltern einen Ausreiseantrag gestellt, was zur Folge gehabt hätte, dass ich meine geplante Ausbildung zur Polizistin nicht absolvieren gedurft hätte, meine Eltern permanent bespitzelt und somit noch unzufriedener geworden wären. Vielleicht hätte ich dann zur falschen Zeit die falschen Worte gesagt, also ein Art Widerstand geübt und wäre demzufolge inhaftiert und um die schönsten Jahre meiner Jugend betrogen worden. Dann hätte ich vermutlich die erstbeste Gelegenheit genutzt, das Land zu verlassen und die DDR-Diktatur verflucht.
Nun könnten wir noch unzählige Beispiele finden, die irgendwo dazwischen liegen. Aber es ist und bleibt lediglich eine Spekulation über Umstände meines persönlichen Lebens, denn genau dies wäre entscheidend für mein Verhalten.
Nun könnte man 16 Mio Ex-DDR-Bürger befragen, wie ihre individuellen Lebensläufe so gewesen sind und was sie als positiv und negativ in der Diktatur empfunden haben. Ich vermute, man würde ein paar tolle Geschichten zu hören bekommen. Schöne, spießige, besondere, traurige, tragische, ungerechte… Letztendlich aber wohl am meisten spießige … so ganz ohne die ersten drei Antwortmöglichkeiten der Eröffnungsumfrage.
Re: Leben in einer Diktatur ...
Ich hatte mal eine Bekannte, die wurde vom Russen vergewaltigt und konnte ihr ganzes Leben nicht damit fertig werden. Als ich vor ein paar Jahren nach Russland reisen wollte, hat sie wochenlang auf mich eingeredet, ich dürfe auf keinen Fall zu diesen Barbaren fahren.Dark Angel » Mi 31. Jul 2013, 15:06 hat geschrieben: Meine persönlichen Erfahrungen…
Dann kenne ich noch eine Akademiker-Familie aus der ehemaligen DDR, die hatte vier Kinder. Alle hatten super Zensuren. Drei durften Abitur machen, eins musste Koch werden. Aber ich kenne auch eine Akademiker-Familie aus der Ex-DDR, die nur zwei Kinder hatte. Die durften tatsächlich beide an die EOS.
Ich weiß, das kannst du dir jetzt überhaupt nicht vorstellen, Dark Angel. Aber ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass jemand die Russen so hasst, dass er mich davor bewahren will.
Letztendlich sind unsere persönlichen Schicksale schon sehr prägend. Ist halt so, wie Matthias Pochmann schon schrieb:
Matthias Pochmann » Mi 31. Jul 2013, 10:39 hat geschrieben: Man hat halt nie einen schwarzen Schwan gesehen, deshalb müssen Schwäne natürlich alle weiß sein.
Re: Leben in einer Diktatur ...
Optimum ist immer schwierig … der Mehrheit nützen und niemandem schaden, wäre doch ein gutes Ziel, nicht wahr?Matthias Pochmann » Mi 31. Jul 2013, 13:46 hat geschrieben:Dann stör Dich doch nicht am Begriff Optimum
Es reicht doch für meine Aussage hier, dass es Diktaturen geben kann, in denen Menschen mehr Rechte und Freiheiten haben als in bestehenden Demokratien, wie z.B. Amerika.
Und in denen es den Bürgern auch wirtschaftlich besser geht.

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Re: Leben in einer Diktatur ...
Verallgemeinerbare Aussagen kann man nicht basierend auf rein persönlichen Einzel-Erfahrungen machen. Ich will meine persönlichen Erfahrungen auch nicht als allgemeingültig ansehen. Da braucht man handfeste statistische Daten.Dark Angel hat geschrieben: Meine persönlichen Erfahrungen sahen da ganz anders aus...
Die DDR war auf jeden Fall sowohl zeitlich als auch räumlich viel heterogener als gemeinhin angenommen. Ich kenne den Fall einer Schülerin, die in einem - sogar "offiziellen" - Literaturmagazin der Hauptstadt Gedichte veröffentlichte, wegen denen sie vorher vom Direktor der EOS einer Provinzkreisstadt aufgefordert wurde, sich in eine psychiatrische Behandlung zu begeben und gleichfalls eine Relegation erwogen wurde.
Zeitlich gesehen würde ich etwa die Abschnitte vom Mauerbau (61) bis zum 11. ZK-Plenum (65) - verhältnismäßig liberal, von 65 bis zu den Weltfestspielen (73) - autoritär, von 73 bis zur Biermann-Ausweisung (76) - eher liberal und von 76 bis zum Ende der DDR - autoritär und zerfallend unterscheiden.
In der Serie "Faktencheck SED Staat" heißt es vom Autor Prof. Klaus Schroeder vom Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin zum Thema:
(http://www.thueringer-allgemeine.de/web ... 1377361879)Bis Anfang der 1970er Jahre wurden Arbeiter- und Bauernkinder sowie Kinder parteipolitisch konformer Eltern bei der Zulassung zur EOS und später zur Hochschule bevorzugt, die Kinder von Akademikern blieben zumeist außen vor...
Die Zahl der Studierenden stieg bis Anfang der siebziger Jahre an, um danach, da inzwischen die Funktionen der vertriebenen Bildungseliten vom sozialistischen Nachwuchs besetzt waren, zurückzugehen und schließlich mit etwa 13 Prozent eines Jahrgangs konstant zu bleiben. ...
Bis zum Ende der DDR sank der Anteil der Arbeiterkinder an den Universitäten stetig und lag schließlich sogar unter dem in der Bundesrepublik.
Das deckt sich sogar ziemlich genau mit meinen weiter oben geschilderten persönlichen Erfahrungen.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
schokoschendrezki » Mi 31. Jul 2013, 13:07 hat geschrieben:Der Mensch ist, wenn er innerlich frei ist, grundsätzlich frei. Er kann nur durch sich selbst oder durch existenzielle Gefährdungen an seiner Freiheitsausübung gehindert werden. [...]
Einschränkungen der Lebensentwürfe durch äußere Umstände, durch soziale, wirtschaftliche und politische Gegebenheiten sind nun genau eben nicht "innere Freiheit".Dark Angel » Mi 31. Jul 2013, 15:06 hat geschrieben: Ich weiß nicht, was Du immer mit Deiner "inneren Freiheit" willst?
Wenn ich danach gehe, was allgemein unter "innerer Freiheit" verstanden wird - nämlich seine Anlagen und Möglichkeiten zu nutzen, so war diese "innere Freiheit" eben NICHT gewährleistet, wenn Menschen daran gehindert wurden, ihre Anlagen und Möglichkeiten, frei zu entfalten, weil sie eben KEINE Wahlmöglichkeiten bzw nur sehr eingeschränkte hatten.
Was ich damit will? Meine wachsenden Zweifel über den Sinn üblicher, konventioneller Formen politischer widerständiger Betätigung ausdrücken. Die läuft darauf hinaus, sich einer "Bewegung" anzuschließen mit dem Ziel, diese als einschränkend empfundenen oder erlebten äußeren Umstände zu verändern. Der Preis dafür ist bis zu einem gewissen Grade immer die Selbstaufgabe infolge des Aufgehens in der kollektiven Identität solcher Bewegungen. Wir erleben es gerade bei den Aufständen des arabischen Frühlings. Und im Nachhinein ist das auch die Bilanz der Umbrüche in Osteuropa und der DDR.
Bei der Frage "Wie würdet ihr agieren wenn ihr in einer Diktatur lebt?" fangen meine Zweifel schon an dem Punkt an, dass das "Organisieren von Widerstand" - egal ob öffentlich oder im Untergrund - heute in 90 Prozent aller Fälle mit dem Beitritt zu einem sozialen Netzwerk im Internet beginnt, in aller Regel facebook und twitter. Es handelt sich dabei aber um börsenorientierte Unternehmen mit klar umsatzorientierter, markwirtschaftlicher Ausrichtung, die darüberhinaus mit großer Wahrscheinlichkeit Daten an verschiedene staatliche Behörden liefern. Über facebook Widerstand organisieren ist in etwa das gleiche wie in der DDR einen Stasi-Zuträgervertrag unterschreiben mit dem Ziel, über diese Einflussmöglichkeit die Zustände zu verbessern.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Was? Wer?seagull » Do 1. Aug 2013, 00:07 hat geschrieben:Springst du jetzt auf das ewig gleiche Geschwurbel von Andromache an?
Nein, eben nicht genauso. Gegen behördliche Entscheidungen kann man heutzutage Einspruch einlegenZum einen trügt der Eindruck, dass jeder 10. DDR-Bürger ein Berufsverbot bekam. Zum anderen arbeiteten in der DDR auch nur Menschen. Und genauso, wie es heutzutage fallbezogene Entscheidungen in der Arbeitsagentur gibt – was nichts anderes heißt, als dass die dem Kunden der Agentur zugewiesene Sachbearbeiterin willkürlich entscheidet, ob derjenige bspw. Anspruch auf einen Gründungszuschuss bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit oder eine Sperrfrist bei zu spät gekommenen Meldungen oder ähnliches hat – gab es in der DDR Zuständigkeiten, die von den ausführenden Personen mit unterschiedliche Handlungsspielräumen wahrgenommen wurden. So haben bspw. einige Ausreisewillige nur eine ausführliche Durchleuchtung ihres Lebens erfahren (so wie heutzutage jeder Hartz IV Empfänger) und durften dann nach einiger Zeit ausreisen, während andere mit Sanktionen und Repressalien bestraft wurden.
http://de.wikipedia.org/wiki/Einspruch
bzw. sogar klagen.
http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... reich.html
Dass es soweit gekommen ist, ist schlimm genug, aber du kannst es nicht 1:1 mit den Zuständen in einem autoritären Regime gleichsetzen. Und ich habe jetzt genug von diesem ewig gleichen DDR=BRD-Geschwurbel. Mach das mit irgendwem anders.
Wunderbar. Die im Nazireich sog. "arischen" Deutschen fanden es sogar zu 100 % als nicht existenzbedrohend, dass nicht sie, sondern Juden sowie Sinti und Roma aus "rassischen" Gründen ermordet wurden.Worauf ich hinaus will? Dass ca. 90% der DDR-Bürger den Mangel an Reisefreiheit eben nur als Mangel und nicht als existenzbedrohend wahrgenommen haben.

Und wie kommst du auf die Idee, die Einschränkung der Bewegungsfreiheit sei das einzige problematische Element in der DDR gewesen?
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Die Unterscheidung von existenzbedrohenden und nicht existenzbedrohenden gesellschaftlichen Umständen und Gegebenheiten ist meiner Ansicht nach völlig unabhängig von der Beurteilung dieser kleinen, dämlichen, provinziellen, spießigen DDR-Gesellschaft hier und heute von erheblicher Relevanz.
So kann eine realistische Wachstumskritik nur derjenige glaubhaft formulieren, der am anderen Ende der Skala die Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigens Daseins benennen kann.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Worauf ich hinaus will? Dass ca. 90% der DDR-Bürger den Mangel an Reisefreiheit eben nur als Mangel und nicht als existenzbedrohend wahrgenommen haben.
... schauriger Vergleich!Marmelada » Do 1. Aug 2013, 09:23 hat geschrieben: Wunderbar. Die im Nazireich sog. "arischen" Deutschen fanden es sogar zu 100 % als nicht existenzbedrohend, dass nicht sie, sondern Juden sowie Sinti und Roma aus "rassischen" Gründen ermordet wurden.![]()
Viel wesentlicher ist meiner Ansicht nach, dass eben nur eine sehr, sehr kleine Minderheit sich von der Beschränktheit der äußeren Umstände nicht erdrücken ließ und beispielsweise halblegale oder auch illegale Touren in die entlegensten Regionen der ehemaligen UdSSR unternahm. Das sagt zum einen, dass das System DDR eine kleinlich-spießige Nischengesellschaft hervorbrachte und zum anderen, dass diese (Urlaubsreise-)UnFreiheit eben doch alles andere als existenzbedrohend war.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Ich habe hier noch nichts von irgendeiner Andromache gelesen.seagull » Mi 31. Jul 2013, 23:07 hat geschrieben:Springst du jetzt auf das ewig gleiche Geschwurbel von Andromache an?
Es geht nicht darum wieviele Menschen mit Berufsverbot belegt wurden, nur weil sie einen oder gar mehrere Ausreiseanträge einreichten, sondern dass Menschen, die das Land verlassen und damit von ihrem, in der AEMR Art.13 Abs.2 garantierten, grundlegenden Menschenrecht Gebrauch machen wollten, mit Repressalien zu rechen hatten und auch Repressalien ausgesetzt waren.seagull » Mi 31. Jul 2013, 23:07 hat geschrieben:]Zum einen trügt der Eindruck, dass jeder 10. DDR-Bürger ein Berufsverbot bekam. Zum anderen arbeiteten in der DDR auch nur Menschen. Und genauso, wie es heutzutage fallbezogene Entscheidungen in der Arbeitsagentur gibt – was nichts anderes heißt, als dass die dem Kunden der Agentur zugewiesene Sachbearbeiterin willkürlich entscheidet, ob derjenige bspw. Anspruch auf einen Gründungszuschuss bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit oder eine Sperrfrist bei zu spät gekommenen Meldungen oder ähnliches hat – gab es in der DDR Zuständigkeiten, die von den ausführenden Personen mit unterschiedliche Handlungsspielräumen wahrgenommen wurden. So haben bspw. einige Ausreisewillige nur eine ausführliche Durchleuchtung ihres Lebens erfahren (so wie heutzutage jeder Hartz IV Empfänger) und durften dann nach einiger Zeit ausreisen, während andere mit Sanktionen und Repressalien bestraft wurden.
Und diese Repressalien sind nichts mit der Praxis der ARGE zu tun, Anträge auf Aufnahme selbständiger Tätigkeit zu prüfen. Es wird in der BRD kein Bürger (mehr) daran gehindert, eine Arbeit aufzunehmen, sich seiner Ausbildung entsprechend in einem Unternehmen zu bewerben. Du vergleichst hier Äpfel mit Birnen.
Ach - weil sich die Mehrheit der Menschen in der DDR mit dem Regime arrangierte (einfach die Schnauze hielt), sich sein eigenes kleines Glück aufbauen wollte und das, mit Einschränkungen, auch tat, war es ganz toll in der DDR zu leben, war die DDR keine Diktatur?seagull » Mi 31. Jul 2013, 23:07 hat geschrieben:]Das Unrecht, das in der DDR passierte, ist nicht zu entschuldigen. Aber die Wahrheit ist, dass es die Mehrheit der Bevölkerung nicht wesentlich einschränkte. Man konnte in der DDR auch einfach sein Leben leben, zur Arbeit gehen, sich dort weiterentwickeln, nach Hause zu seiner Familie kommen, in Urlaub fahren, viele Hobbys ausleben und Spaß haben. Neben den durchaus kritisierenswerten Entgleisungen gab es auch noch so etwas, wie ein ganz normales Leben.
Ganz im Gegenteil, my Dear, die DDR war eine Diktatur per definitionem. Alles, was eine Diktatur kennzeichnet, war in der DDR gegeben - nämlich die uneingeschränkte Macht einer Partei, Kontrolle und Manipulation der Massenmedien, Nichtgewährung bzw Beschneidung der Menschenrechte, vollständige Überwachung des Individuums und (sogar) dessen Privatshäre uvm.
Das lässt sich auch nicht damit wegdiskutieren, dass ja viele/die meisten ein ganz normales Leben führten. Das taten die meisten Menschen im Naziregime auch.
Und wenn man genau hinschaut, unterschieden sich Naziregime und DDR gar nicht so sehr. In beiden wurde Personenkult zelebriert, in beiden wurden Propagandaaufmärsche inszeniert (die sich nicht mal in Äußerlichkeiten unterschieden), vollständige Zulassung nur einer Jugendorganisation etc p.p.
Eine Diktatur ist nicht deshalb gut, weil die Mehrheit der Menschen in ihr leben und sich mit ihr arrangieren kann, wie Du uns hier unterjubeln willst.seagull » Mi 31. Jul 2013, 23:07 hat geschrieben:]Und insofern verstehe ich schokoschendrezkis Aussage, dass Freiheit letztendlich auch immer etwas Individuelles, eine innere Haltung, etwas Gefühltes ist, denn man kann mit vielen Einschränkungen leben und eigene Wege finden, dennoch ein zufriedenes und glückliches Leben zu führen.
Der Charakter einer Diktatur ist und bleibt dadurch gekennzeichnet, dass eine Person, Gruppe oder Partei die unumschränkte Macht inne hat und vollständige Kontrolle über staatliche Organisation und Verwaltung ausübt, keine freien Wahlen zulässt und die Rechte ihrer Bürger beschneidet.
Und das ganz unabhängig davon, ob das für den Einzelenen nun direkt oder indirekt existenzbedrohend ist.
Das macht die DDR nicht weniger zu einer Diktatur und macht sie auch nicht besser und schon gar nicht zu einer "guten Diktatur".seagull » Mi 31. Jul 2013, 23:07 hat geschrieben:]Worauf ich hinaus will? Dass ca. 90% der DDR-Bürger den Mangel an Reisefreiheit eben nur als Mangel und nicht als existenzbedrohend wahrgenommen haben.
Ähem, so langsam verstehe ich Tantris' Aussage zu "Ossis", wird hier ganz eindrücklich demonstriert.
Du weißt doch hoffentlich, was eine Staatsgrenze ist und dass diese mit Waffengewalt geschützt werden darf und geschützt wird.seagull » Mi 31. Jul 2013, 23:07 hat geschrieben:]Nun, hier missinterpretierst du anscheinend: Gerade das Schießen auf Menschen habe ich ja nun sehr deutlich als verachtenswertes Fehlverhalten gekennzeichnet.
Nicht anders ist das zwischen den USA und Mexiko. Nur wird in den USA niemand erschossen, weil er das Land verlassen will und auch nicht, wenn er legal, an den dafür vorgesehenen Punkten betreten will.
Wer allerdings illegal einwandern will, irgendwo in der "Wüste", möglicherweise auch noch die Grenzsicherungsanlagen beschädigt und sich den Sicherungskräften widersetzt - nun der geht das Risiko ein, erschossen zu werden.
Der Schutz des Territoriums eines Staates durch entsprechende Sicherheitskräfte (Militär) nach Außen notfalls mit Waffengewalt ist also verachtenswert. Aha!
Produzierst Du schon wieder Obstsalat, indem Du Äpfel mit Birnen vergleichst - nach dem Motto ist beides Obst?seagull » Mi 31. Jul 2013, 23:07 hat geschrieben:]Wer also illegal Grenzen passiert, läuft Gefahr erschossen zu werden.
Du vergleichst etwas, was nicht vergleichbar ist.
Der ganz große Unterschied besteht darin, dass Mexikaner das Recht haben, ihr Land zu verlassen.
Und es geht auch nicht einfach um das illegale Passieren der Grenze. Weiterer Unterschied - die DDR hat ihre Bürger eingesperrt, die USA versuchen sie an der illegalen Einreise zu hindern - notfalls mit Waffengewalt.
Und ja, wer vesucht illegal in ein Land einzureisen und sich dabei den Sicherheitskräften des Einreiselandes widersetzt, der läuft Gefahr erschossen zu werden. Und ganz nebenbei sterben bei diesen illegalen "Einreisen" in die USA nicht wenige Angehörige der Boarderpolice. Aber die zählen ja nicht, gelle? Gejammert wird nur über die, die bei der Ausübung einer kriminellen Handlung sterben.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Es geht um Diktatur vs Demokratie. Der DDR-BRD Vergleich dient hier nur als Beispiel, der Veranschaulichung.schokoschendrezki » Do 1. Aug 2013, 08:36 hat geschrieben:Die Unterscheidung von existenzbedrohenden und nicht existenzbedrohenden gesellschaftlichen Umständen und Gegebenheiten ist meiner Ansicht nach völlig unabhängig von der Beurteilung dieser kleinen, dämlichen, provinziellen, spießigen DDR-Gesellschaft hier und heute von erheblicher Relevanz.
So kann eine realistische Wachstumskritik nur derjenige glaubhaft formulieren, der am anderen Ende der Skala die Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigens Daseins benennen kann.
Hier scheinen einige aber der Meinung zu sein, dass Diktatur ja gar nicht so schlimm ist, wenn sie sich nicht gerade lebens- und existensbedrohend für ihre Bürger auswirkt.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Nun, dann stimmt meine Aussage (Erfahrung) doch sehr genau mit dem überein, was der "Gute Mann" schreibt.schokoschendrezki » Do 1. Aug 2013, 07:38 hat geschrieben:
Verallgemeinerbare Aussagen kann man nicht basierend auf rein persönlichen Einzel-Erfahrungen machen. Ich will meine persönlichen Erfahrungen auch nicht als allgemeingültig ansehen. Da braucht man handfeste statistische Daten.
Die DDR war auf jeden Fall sowohl zeitlich als auch räumlich viel heterogener als gemeinhin angenommen. Ich kenne den Fall einer Schülerin, die in einem - sogar "offiziellen" - Literaturmagazin der Hauptstadt Gedichte veröffentlichte, wegen denen sie vorher vom Direktor der EOS einer Provinzkreisstadt aufgefordert wurde, sich in eine psychiatrische Behandlung zu begeben und gleichfalls eine Relegation erwogen wurde.
Zeitlich gesehen würde ich etwa die Abschnitte vom Mauerbau (61) bis zum 11. ZK-Plenum (65) - verhältnismäßig liberal, von 65 bis zu den Weltfestspielen (73) - autoritär, von 73 bis zur Biermann-Ausweisung (76) - eher liberal und von 76 bis zum Ende der DDR - autoritär und zerfallend unterscheiden.
In der Serie "Faktencheck SED Staat" heißt es vom Autor Prof. Klaus Schroeder vom Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin zum Thema:
(http://www.thueringer-allgemeine.de/web ... 1377361879)
Das deckt sich sogar ziemlich genau mit meinen weiter oben geschilderten persönlichen Erfahrungen.
Was allerdings die späte(re) Entwicklung angeht, so hat das recht wenig mit einer Liberalisierung zu tun, sondern dass es kein "Bildungsbürgertum" mehr gab, das seinem Nachwuchs Bildung nahe brachte. In Arbeiter- und Bauernfamilien passierte das selten. Da galt immer noch, "brauchst Du nicht, wir sind auch ohne groß geworden und uns geht es auch ohne gut".
Ein Aspekt den man nicht unberücksichtigt lassen sollte.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Naja, an sich gehts ursprünglich um die Frage der persönlichen Lebensstrategie in einer bereits als Diktatur vorausgesetzten Gesellschaft. Dass ein Mensch, der in einer solchen lebt, mit der Frage konfrontiert ist, ob die Zustände für ihn existenzbedrohend sind oder nicht ... wer wollte das bestreiten?Dark Angel » Do 1. Aug 2013, 11:19 hat geschrieben: Es geht um Diktatur vs Demokratie. Der DDR-BRD Vergleich dient hier nur als Beispiel, der Veranschaulichung.
Hier scheinen einige aber der Meinung zu sein, dass Diktatur ja gar nicht so schlimm ist, wenn sie sich nicht gerade lebens- und existensbedrohend für ihre Bürger auswirkt.
Dolle Show.
Daraus umgekehrt nun eine Existenzberechtigung oder gar einen Vorzug dieses Systems abzuleiten, ist einfach eine verdrehte Schlussfolgerung.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Naja, auch hier kann die DDR als Beispiel dienen. Die Bürgerrechtsbewegung formierte sich auch zunächst im "Untergrund" und trat erst ab einer bestimmen Phase ihrer Organisiertheit an die Öffentlichkeit. Die Montagsdemonstrationen sind ja nicht spontan entstanden. Da wurde sehr wohl "Vorarbeit" geleistet.schokoschendrezki » Do 1. Aug 2013, 10:47 hat geschrieben:
Naja, an sich gehts ursprünglich um die Frage der persönlichen Lebensstrategie in einer bereits als Diktatur vorausgesetzten Gesellschaft. Dass ein Mensch, der in einer solchen lebt, mit der Frage konfrontiert ist, ob die Zustände für ihn existenzbedrohend sind oder nicht ... wer wollte das bestreiten?
Daraus umgekehrt nun eine Existenzberechtigung oder gar einen Vorzug dieses Systems abzuleiten, ist einfach eine verdrehte Schlussfolgerung.
Im Grunde geht es darum, dass in einer Diktatur immer nur eine Minderheit, die die unumschränkte Macht inne hat, festlegt, was aus ihrer Sicht, zum Wohle und Vorteil der Gemeinschaft zu sein hat und sie schreckt dabei auch nicht vor dem Entzug und/oder der Beschneidung individueller Rechte (Menschen- und Bürgerrechte) zurück.
Und es werden alle Mittel von Ideologie und Propaganda eingesetzt, die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass das was sie tut, gut und richtig - eben zum Wohle dieser Gemeinschaft ist.
Zuletzt geändert von Dark Angel am Donnerstag 1. August 2013, 12:21, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Bis zu einem gewissen Grade ermächtigt man allerdings als Unterdrückter diese Minderheit auch dazu. Auch wenn sich das absurd anhört. Man ermächtigt sie durch das Eingeständnis der eigenen Abhängigkeit. In einem autoritären System kann eine Lebensstrategie darin bestehen, sich von dieser Minderheit bzw. überhaupt von der Gemeinschaft möglichst unabhängig zu machen. Es gibt für diese Strategie ein großes Vorbild: Der Cool Jazz der Schwarzen in den USA der 50er, 60er Jahre. Die ursprüngliche Bedeutung von "cool" in diesem Zusammenhang war das Verdrehen eines Unrechts in überlegene Ignoranz. Du wirst in ein Hotel für Weiße nicht eingelassen? Dreh' die Dinge so, dass es scheint, dass dies das Letzte wäre, was Du Dir wünschen würdest und mache dies so konsequent, dass es am Ende nicht nur so scheint, sondern so ist. Und die Welt der weißen Kultur in den USA dieser Zeit war erheblich unzugänglicher für Schwarze als die Welt des Akademischen in der DDR für "Bildungsbürger".Dark Angel hat geschrieben: Im Grunde geht es darum, dass in einer Diktatur immer nur eine Minderheit, die die unumschränkte Macht inne hat, festlegt, was aus ihrer Sicht, zum Wohle und Vorteil der Gemeinschaft zu sein hat und sie schreckt dabei auch nicht vor dem Entzug und/oder der Beschneidung individueller Rechte (Menschen- und Bürgerrechte) zurück.
Nochmal: Es ist keine Rechtfertigung für das DDR-System, wenn man diese Umkehr eines Unrechts als Möglichkeit benennt. Und diese Strategie findet auch genau da ihr Ende, wo die Existenzgefährdung beginnt.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Nein, auch blonde und blauäugige Kommunisten oder SPD-Anhänger wurden verfolgt. Aber grundsätzlich stimmt es, daher war Hitler auch sehr beliebt und es gab verhältnis wenig Widerstand in der Bevölkerung.Marmelada » Do 1. Aug 2013, 09:23 hat geschrieben:Was? Wer?
Nein, eben nicht genauso. Gegen behördliche Entscheidungen kann man heutzutage Einspruch einlegen
http://de.wikipedia.org/wiki/Einspruch
bzw. sogar klagen.
http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... reich.html
Dass es soweit gekommen ist, ist schlimm genug, aber du kannst es nicht 1:1 mit den Zuständen in einem autoritären Regime gleichsetzen. Und ich habe jetzt genug von diesem ewig gleichen DDR=BRD-Geschwurbel. Mach das mit irgendwem anders.
Wunderbar. Die im Nazireich sog. "arischen" Deutschen fanden es sogar zu 100 % als nicht existenzbedrohend, dass nicht sie, sondern Juden sowie Sinti und Roma aus "rassischen" Gründen ermordet wurden.![]()
Und wie kommst du auf die Idee, die Einschränkung der Bewegungsfreiheit sei das einzige problematische Element in der DDR gewesen?
Ohne dem wäre der Zweite Weltkrieg wohl nicht möglich gewesen und erst, als deutsche Städte angegriffen wurden und der Vater aus Stalingrad nicht mehr zurück kam, dämmerte es den meisten Deutschen, dass das Naziregime keine harmlose Diktatur ist.
Aber gut, dass Du das erwähnst, es gibt wirklich große Unterschiede zwischen den Diktaturen (auch Du wirst jetzt nicht Brunei für unangenehmer halten wollen, als das NS-Regime) und vielen Leuten ist wohl nicht bewusst, dass Diktaturen sehr weit verbreitet und Demokratien recht selten sind.
Worum es vielen Usern hier geht ist wohl, dass sich Diktatur und Rechtsstaat nicht ausschließen und auch in Demokratien kann von staatlicher Seite aus die Verfassung oder das Gesetz gebrochen werden.
Auf dem Weg zum Abgrund kann eine Panne lebensrettend sein. Walter Jens
Besser schweigen und als Narr zu scheinen, als sprechen und jeden Zweifel zu beseitigen. Abraham Lincoln
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Ja, aber nicht aus "rassischen" Gründen, wie ich geschrieben habe.Dionysos » Do 1. Aug 2013, 14:23 hat geschrieben:Nein, auch blonde und blauäugige Kommunisten oder SPD-Anhänger wurden verfolgt.
Mir ging es nur darum aufzuzeigen, wie bescheuert das Zahlenspiel ist, auf das ich mich bezog. Dass eine Diktatur auch dann eine Diktatur ist, wenn sie "nur" eine (angebliche) Minderheit unterdrückt.... Worum es vielen Usern hier geht ist wohl, dass sich Diktatur und Rechtsstaat nicht ausschließen und auch in Demokratien kann von staatlicher Seite aus die Verfassung oder das Gesetz gebrochen werden.
Zuletzt geändert von Marmelada am Donnerstag 1. August 2013, 14:30, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Die Kennzeichen und damit Rahmenbedingungen in einer Diktatur sind immer die gleichen - unumjschränkte Macht einer Person, Gruppe oder Partei. Unumschränkte macht bedeutet vollständige Kontrolle der staatlichen Verwaltung UND des gesamten gesellschaftlichen Lebens. Die Person, Gruppe oder Partei beansprucht für sich die Deutungshoheit, was für das gemeinwohl das Beste ist.seagull » Mi 31. Jul 2013, 23:07 hat geschrieben: Zum einen habe ich konkret die Diktatur in der DDR herangezogen, weil sie die einzige ist, die ich einigermaßen nachvollziehen kann, während mir bspw. Nordkorea oder Ruanda nicht so gut bekannt sind. Zum anderen geht es in diesem Strang doch um die Frage, wie man reagieren würde, wenn man in einer Diktatur leben würde. Diese theoretische Frage ist im Prinzip gar nicht beantwortbar, weil sie nun mal von den allgemeinen Rahmenbedingungen der Diktatur und dem daraus resultierenden eigenen Schicksal abhängt.
Falsch! Hier fängt Unzufriedenheit bereits an, Sie beginnt mit den Fragen: "warum kann ich für das geld, das ich verdiene, nicht kaufen was ich will? "Warum gibt es Läden, in denen nur eine kleine Gruppe einkaufen kann?"seagull » Mi 31. Jul 2013, 23:07 hat geschrieben:Nehmen wir mal an, ich hätte in der DDR als Kind einer Arbeiterfamilie gelebt, die nicht sonderlich politisch interessiert wäre, aber auch keinerlei Widerstand geführt hätte. Wenn es mal ein paar Westmark gegeben hätte, wären sie in den Intershop gegangen und hätten sich etwas Schönes gekauft. Wenn die Westverwandschaft zu Besuch gekommen wäre, hätten sie sich gefreut. Wenn sie selbst nur in die sozialistischen Länder reisen gedurft hätten, wäre das zwar schade, aber nicht wirklich tragisch gewesen. Nehmen wir mal an, ich hätte im Krankenhaus arbeiten wollen und eine entsprechende Ausbildung gemacht. Ich hätte mich privat in Segelvereinen getummelt und Tanzabende genossen. Ich hätte also einfach ein kleines, spießiges Leben geführt und die DDR als meine Heimat angesehen, ohne große Probleme. Ich hätte überhaupt keinen Grund gehabt, Sabotage oder Widerstand zu betreiben – weder öffentlich noch im Untergrund. Ich hätte gar nix gegen die Diktatur unternommen, den Staat vielleicht nicht mal als Diktatur wahrgenommen, jedenfalls nicht entsprechend deines Zitates (Verletzung der Menschenrechte, etc.).
Da wird auch nicht gesagt: "schade, dass ich nicht überall hin reisen kann." Sondern gefragt: "warum darf ich nicht reisen wohin ich will?" Warum werden Bürger aus anderen Ländern anders behandelt als ich?"
Das beginnt nämlich schon bei Reisen in "erlaubte" Länder, bei der Beobachtung, dass Menschen aus den "verbotenen" Ländern anders untergebracht werden, anders verpflegt werden UND sie für ihr Geld mehr und andere Dinge kaufen können.
Und GERADE Menschen, die sich politisch wenig interessieren oder engagieren, stellen diese Fragen, werden zuerst unzufrieden.
Deine Gedankenspielereien sind zutiefst naiv und ich bezweifle, dass Du lange genug DDR-Alltag/den Alltag einer Diktatur erlebt hast, um Dir ein (wirkliches) Urteil erlauben zu können.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Nicht nur die bescheuerten Zahlenspielereien, für die @Seagull nicht den geringsten Beleg (Quelle) vorweisen kann, auch die Verharmlosung. Eine Mehrheit hatte sich mit den Verhältnissen abgesunden, mit dem Regime arrangiert, wollte einfach nur ihre Ruhe haben und in Frieden mit dem kleinen bisschen Glück, was sie sich aufgebaut hatten leben, also kann es gar nicht so schlimm gewesen sein bzw war es doch gar nicht so schlimm. Was soll schon Schlimmes an einer Diktatur sein/gewesen sein. Zu leiden hatten/untzerdrückt wurden doch nur wenige.Marmelada » Do 1. Aug 2013, 13:27 hat geschrieben:Ja, aber nicht aus "rassischen" Gründen, wie ich geschrieben habe.
Mir ging es nur darum aufzuzeigen, wie bescheuert das Zahlenspiel ist, auf das ich mich bezog. Dass eine Diktatur auch dann eine Diktatur ist, wenn sie "nur" eine (angebliche) Minderheit unterdrückt.
Und dabei begreift er/sie gar nicht, dass die Beschneidung und/oder Vorenthaltung von Rechten bereits Unterdrückung aller Bürger ist.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Ein guter und weiser Diktator kann durch regelmäßige wissenschaftliche Untersuchungen herausfinden, was das Volk begehrt.Dark Angel » Do 1. Aug 2013, 16:18 hat geschrieben: Die Kennzeichen und damit Rahmenbedingungen in einer Diktatur sind immer die gleichen - unumjschränkte Macht einer Person, Gruppe oder Partei. Unumschränkte macht bedeutet vollständige Kontrolle der staatlichen Verwaltung UND des gesamten gesellschaftlichen Lebens. Die Person, Gruppe oder Partei beansprucht für sich die Deutungshoheit, was für das gemeinwohl das Beste ist
Re: Leben in einer Diktatur ...
Klar, es menschelt halt. Handlungsspielräume sorgen immer dafür, dass ein Mensch so und ein anderer anders entscheidet. Jedenfalls, wenn es keinen Rechtsanspruch auf etwas gibt und in den beschriebenen Beispielen gab/gibt es diesen nicht.Marmelada » Do 1. Aug 2013, 09:23 hat geschrieben:Nein, eben nicht genauso.
Hast du das schon mal versucht?Marmelada » Do 1. Aug 2013, 09:23 hat geschrieben:Gegen behördliche Entscheidungen kann man heutzutage Einspruch einlegen

Ziemlich erschütternd, dass du DDR-Reiseverbot und Nazi-Mord auf eine Stufe stellen willst. Sogar du wirst zugeben müssen, dass - nicht einmal wenn wir uns explizit auf die 1.000 Grenz-/Demo-Opfer in 40 Jahren DDR beziehen - eine Parallele zu 6.000.000 systematisch ermordeten Juden in weniger als 10 Jahren Nazi-Deutschland zu ziehen ist. Aber das ist wohl der typischen medialen Verblendung á la Diktatur = Diktatur = Diktatur zu verdanken...Marmelada » Do 1. Aug 2013, 09:23 hat geschrieben:Wunderbar. Die im Nazireich sog. "arischen" Deutschen fanden es sogar zu 100 % als nicht existenzbedrohend, dass nicht sie, sondern Juden sowie Sinti und Roma aus "rassischen" Gründen ermordet wurden.
Insofern finde ich es schade, dass du Dinge aus dem Zusammenhang reist, um wie du später schreibst:
Es ist schon faszinierend, wie ihr die Welt betrachtet: Tote Mexikaner sind nicht so schlimm, weil sie nicht aus-, sondern einwandern wollten, als sie ermordet wurden. Gegen mittellose Menschen muss man sein Land ja selbstverständlich schützen dürfen - wahrscheinlich ein Auswuchs der kapitalistischen Denkweise. Mittlerweile 500.000 tote Zivilisten in Afghanistan sind selbstverständlich hinzunehmen als Folge der „Befreiung“ durch Amerikaner und Deutsche. Und die Sanktionierung einiger ausreisewilliger DDR-Bürger steht auf einer Stufe mit der Ausrottung von 6 Mio Juden. Unfassbar.Marmelada » Do 1. Aug 2013, 09:23 hat geschrieben:… aufzuzeigen, wie bescheuert das Zahlenspiel ist, auf das ich mich bezog. Dass eine Diktatur auch dann eine Diktatur ist, wenn sie "nur" eine (angebliche) Minderheit unterdrückt.
Und dann - ohne das mal in Relation zu setzen - zwischendurch noch so ein paar Jammereien auf wirklich hohem Niveau „Oh, ich armer Mensch musste mein Abitur in der Abendschule machen, weil man mich nicht an die EOS gelassen hat…“ Da leben wir jetzt - 25 Jahre später - natürlich in einer Gesellschaft, die von vorneherein dafür sorgt, dass Bildungsbürger unter sich bleiben, viel besser. Die einen wollten, dass Arbeiterkinder um jeden Preis qualifiziert werden und die anderen, dass Arbeiter- oder noch schlimmer HartzIV-Kinder die Qualifikation möglichst nicht so leicht haben. Aber das ist ja nicht unmittelbar staatlich erlassen, sondern nur durch die Politik der letzten Regierungen so gesteuert worden und daher ein ernstzunehmender Fortschritt, der unsere parlamentarische Vertretungsdemokratie eindeutig gegenüber der DDR-Diktatur erhaben macht. Und sonst haben wir auch keine Sorgen...

Zuletzt geändert von seagull am Donnerstag 1. August 2013, 22:08, insgesamt 2-mal geändert.
Re: Leben in einer Diktatur ...
Oh, und hier würde ich gern noch die Bundesrepublik ergänzen: Und wenn man genau hinschaut, unterschieden sich Naziregime und DDR und Bundesrepublik gar nicht so sehr. In allen dreien wurde:
Am besten wäre, man könnte aus allen Erfahrungen immer die beste nehmen und würde nicht gleich alles über den Haufen werfen. Hätte man bspw. aus der DDR das KiTa-Prinzip übernommen, bräuchten die vielen Familien, die seit heute einen KiTa-Rechtsanspruch haben, den Staat nicht zu verklagen und damit den Steuerzahler wiederum zur Kasse bitten. BTW würde es wohl in einer echten Demokratie nicht zu der heute ebenfalls eingeführten Herdprämie gekommen sein. Aber das nur am Rande...
Mal abgesehen davon, hält man Hugo Chávez ja auch bis heute für einen Diktator, auch wenn er 1998 offiziell die Wahlen gewonnen hat. Ebenso, wie Wahlen also nicht zwangsläufig Demokratie bedeuten, muss eine Diktatur vielleicht auch nicht zwangsläufig Menschenrechte einschränken. Und:
Dark Angel » Do 1. Aug 2013, 11:14 hat geschrieben:Personenkult zelebriert, in [allen] wurden Propagandaaufmärsche inszeniert...
Wenn du das so sehen möchtest, bitte gern. Ich sehe das anders: Ich nenne die DDR eine Diktatur, allerdings eine ganz andere als Nordkorea oder Ruanda oder Nazideutschland. Und eine der Fragen, die in dieser Diskussion aufgeworfen wurden, war ja nunmal, ob eine Diktatur nicht auch gut für Menschen sein könnte. Zumindest ist wohl nicht alles schlecht, was in einer Diktatur geschieht, ebenso wie nicht alles gut ist, was in einer Demokratie geschieht. Vom Optimum sind wir noch sooooo weit entfernt.Dark Angel » Do 1. Aug 2013, 11:14 hat geschrieben:Ach - weil sich die Mehrheit der Menschen in der DDR mit dem Regime arrangierte ... , war die DDR keine Diktatur?
Am besten wäre, man könnte aus allen Erfahrungen immer die beste nehmen und würde nicht gleich alles über den Haufen werfen. Hätte man bspw. aus der DDR das KiTa-Prinzip übernommen, bräuchten die vielen Familien, die seit heute einen KiTa-Rechtsanspruch haben, den Staat nicht zu verklagen und damit den Steuerzahler wiederum zur Kasse bitten. BTW würde es wohl in einer echten Demokratie nicht zu der heute ebenfalls eingeführten Herdprämie gekommen sein. Aber das nur am Rande...
Upps, ich habe noch nicht mitbekommen, dass du Mitleid mit den 54 an der innerdeutschen Grenze gefallenen Soldaten gehabt hättest, die auch nur ihren Dienst getan haben. Zählen die? Nein, die waren ja die bösen. Es ist so schön, wenn man die Welt in Schwarz und Weiß einteilen kann...Dark Angel » Do 1. Aug 2013, 11:14 hat geschrieben:Und ganz nebenbei sterben bei diesen illegalen "Einreisen" in die USA nicht wenige Angehörige der Boarderpolice. Aber die zählen ja nicht, gelle?
Yepp, genau das trifft es auf den Punkt. Wenn wir das ganze - es geschieht vielfach in Diktaturen, dass Menschenrechte verletzt werden, die Herrschaft nicht durch freie Wahlen erworben wurde und Machtkonzentration bedeutet zwangsläufig Schädigung von Menschen - einmal weglassen, dann könnte eine Diktatur vielleicht auch ganz positiv für die Menschen sein.Dark Angel » Do 1. Aug 2013, 11:14 hat geschrieben:Hier scheinen einige aber der Meinung zu sein, dass Diktatur ja gar nicht so schlimm ist, wenn sie sich nicht gerade lebens- und existensbedrohend für ihre Bürger auswirkt.
Mal abgesehen davon, hält man Hugo Chávez ja auch bis heute für einen Diktator, auch wenn er 1998 offiziell die Wahlen gewonnen hat. Ebenso, wie Wahlen also nicht zwangsläufig Demokratie bedeuten, muss eine Diktatur vielleicht auch nicht zwangsläufig Menschenrechte einschränken. Und:
Dann wäre das doch gut für's Volk, oder etwa nicht?Matthias Pochmann » Do 1. Aug 2013, 20:09 hat geschrieben: Ein guter und weiser Diktator kann durch regelmäßige wissenschaftliche Untersuchungen herausfinden, was das Volk begehrt.
Zuletzt geändert von seagull am Donnerstag 1. August 2013, 22:09, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Deine Statements lesen sich als wärst Du grade von der neuesten Gehirnwäsche - ähen Runderneuerung, ach nee dem neuesten Lehrgang für Agitation und Propaganda zurückgekommen, wo man Dich mal wieder so richtig auf Linie getrimmt hat.seagull » Do 1. Aug 2013, 20:07 hat geschrieben:Oh, und hier würde ich gern noch die Bundesrepublik ergänzen: Und wenn man genau hinschaut, unterschieden sich Naziregime und DDR und Bundesrepublik gar nicht so sehr. In allen dreien wurde:
Wenn du das so sehen möchtest, bitte gern. Ich sehe das anders: Ich nenne die DDR eine Diktatur, allerdings eine ganz andere als Nordkorea oder Ruanda oder Nazideutschland. Und eine der Fragen, die in dieser Diskussion aufgeworfen wurden, war ja nunmal, ob eine Diktatur nicht auch gut für Menschen sein könnte. Zumindest ist wohl nicht alles schlecht, was in einer Diktatur geschieht, ebenso wie nicht alles gut ist, was in einer Demokratie geschieht. Vom Optimum sind wir noch sooooo weit entfernt.
Am besten wäre, man könnte aus allen Erfahrungen immer die beste nehmen und würde nicht gleich alles über den Haufen werfen. Hätte man bspw. aus der DDR das KiTa-Prinzip übernommen, bräuchten die vielen Familien, die seit heute einen KiTa-Rechtsanspruch haben, den Staat nicht zu verklagen und damit den Steuerzahler wiederum zur Kasse bitten. BTW würde es wohl in einer echten Demokratie nicht zu der heute ebenfalls eingeführten Herdprämie gekommen sein. Aber das nur am Rande...Upps, ich habe noch nicht mitbekommen, dass du Mitleid mit den 54 an der innerdeutschen Grenze gefallenen Soldaten gehabt hättest, die auch nur ihren Dienst getan haben. Zählen die? Nein, die waren ja die bösen. Es ist so schön, wenn man die Welt in Schwarz und Weiß einteilen kann...
Yepp, genau das trifft es auf den Punkt. Wenn wir das ganze - es geschieht vielfach in Diktaturen, dass Menschenrechte verletzt werden, die Herrschaft nicht durch freie Wahlen erworben wurde und Machtkonzentration bedeutet zwangsläufig Schädigung von Menschen - einmal weglassen, dann könnte eine Diktatur vielleicht auch ganz positiv für die Menschen sein.
Mal abgesehen davon, hält man Hugo Chávez ja auch bis heute für einen Diktator, auch wenn er 1998 offiziell die Wahlen gewonnen hat. Ebenso, wie Wahlen also nicht zwangsläufig Demokratie bedeuten, muss eine Diktatur vielleicht auch nicht zwangsläufig Menschenrechte einschränken. Und: Dann wäre das doch gut für's Volk, oder etwa nicht?
Vorenthaltung von Menschenrechten (soll ich Dir aufzählen, was das alles für welche waren) ist ja gar nicht schlimm, Hauptsache die Leute halten die Schnautze, arrangieren sich oder finden sich schlicht mit den Verhältnissen und Zuständen ab.
Schließlich hatte ja jeder Arbeit (was für welche - uninteressant), konnte sich satt essen (über die Qualität und die Vielfalt des Angebots reden wir besser nicht) und hatte ein Dach über'm Kopf - gelle. Was will man da mehr, wozu braucht man da Menschenrechte
Naja und schließlich war ja nicht alles schlecht. (es konnte einem nur schlecht werden - vor allem wenn man sich in maroden Betrieben und Stadten genauer umsah)
Wer malt den hier schwarz weiß? Achja es ist ja das Gleiche ob ein Mensch, der es im Gefängnis DDR nicht aushielt und versuchte das Land zu verlassen und dem Drogenkurier, der versucht illegal in die USA einzureisen.Dark Angel » Do 1. Aug 2013, 11:14 hat geschrieben:Upps, ich habe noch nicht mitbekommen, dass du Mitleid mit den 54 an der innerdeutschen Grenze gefallenen Soldaten gehabt hättest, die auch nur ihren Dienst getan haben. Zählen die? Nein, die waren ja die bösen. Es ist so schön, wenn man die Welt in Schwarz und Weiß einteilen kann...
Jaja, die phösen USA lassen die armen mittellosen Mexikaner (und Guatemalteken und Columbianer) mit Drogen im Wert von mehreren Millionen US$ nicht ins Land und die Boarderpolice macht auch noch von der Waffe gebrauch. Die erschießt - nein ermordet- ja unzählige von den armen mittellosen "Familien".
Nun- dann will ich Dich mal kleines bisschen mit der Wahrheit konfrontieren:
Seit 1994 starben an der amerikanisch-mexikanischen Grenze 3000 Menschen - vor allem Drogenkuriere, denn Mexiko ist Transitland für harte Drogen und eine Vielzahl der Drogenkartelle befinden sich in Mexiko.
Nix da mit mittellose Familien werden ermordet.
Den 3000 Toten seit 1994 stehen 550.000 Flüchtlinge aus Mexiko pro Jahr gegenüber zuzüglich 140.000 Migranten aus Zentralamerika. Also ca. 300 Tote/pro Jahr gegenüber 690.000 illegalen Einwanderungsversuchen. Die Wahrheit ist also, dass illegale Einwanderer aufgegriffen und abgeschoben/zurückgeschickt werden. 300 Tote/Jahr sind gegenüber 690.000 illegalen Einwanderungsversuchen nun wirklich nicht unzählige.
Ich habe das so oft wiederholt, damit Du mal Relationen mitkriegst, über die wir hier sprechen.
Wer malt hier schwarz-weiß?
Wer hier immer noch die Propagandalügen einer untergegangenen Diktatur verbreitet, ist ja wohl klar.
Achso und wenn Du meinst, ich hätte mir die Zahlen aus den Fingern gezutscht, im Gegensatz zu Dir, kann ich auf Quellen verweisen: hier, hier und hier.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.
Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Ja, mach doch mal! Da wird dann doch hoffentlich etwas mehr als die rührselige Geschichte vom Abi auf der Abendschule kommen, oder?Dark Angel » Do 1. Aug 2013, 22:14 hat geschrieben:Vorenthaltung von Menschenrechten (soll ich Dir aufzählen, was das alles für welche waren
Im Übrigen habe ich ja schon deutlich gemacht, dass ich andere Maßstäbe ansetze: Ob jemand, der aus wirtschaftlichen Gründen sein Land verlassen will - und jetzt bitte nicht wieder ablenken und irgendwas von Dorgenkurieren reinmischen, damit dein Zerrbild entsteht - bei der Ein- oder Ausreise erschossen wird, ist mir echt egal. Tot ist tot und beides verachtenswert. Ob ein Zivilist in Afghanistan als zufälliges Opfer der "Befreiung" bezeichnet wird, ändert an seinem Tod auch nichts.
Und extra für dich ein Auszug aus Wikipedia zur mex-amerik Grenze - weil es darin so schön um Menschenrecht geht:
"...auch Amnesty International kritisierte den Bau. Die Zahl der Menschen, die beim Versuch die Grenze illegal zu überschreiten sterben, wird auf 250 bis 500 jährlich geschätzt. ... Organisationen wie No more Deaths versuchen humanitäre Hilfe zu leisten."
Und hier, wo es um die gute Rechtslage, der US Border Patrol geht:
"Durch den schnellen Ausbau der US Border Patrol wurden weder Mannschaften noch leitende Beamte sorgfältig ausgewählt und ausgebildet. In den Jahren 2007 bis 2012 haben trotz entgegenstehender Einsatzrichtlininen Beamte in mindestens zehn Fällen über die Grenze nach Mexiko geschossen und dabei in sechs Fällen völlig unbeteiligte mexikanische Bürger tödlich getroffen. Die US Border Patrol unterliegt keiner öffentlichen, gerichtlichen Kontrolle, so dass in keinen der Fälle ein Beamter vor Gericht gestellt wurde."
Und da reden wir nicht etwa von einem Unrechtsstaat, der vor mehr als 20 Jahren aufgehört hat, zu existieren, sondern von unseren heutigen rechtsstaatlichen Demokratien (die so ganz nebenbei ja auch unser Recht auf informationelle Selbstbestimmung außer Kraft gesetzt haben).
Das möchtest du jetzt sicher nicht weiterlesen, Dark Angel. Aber falls doch, kommt hier die Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Grenze_zwi ... und_Mexiko
Und ob jemand heute von seinem Menschenrecht zu reisen nicht Gebrauch machen kann, weil er es einfach nicht finanziert bekommt, während er vor 30 Jahren nur die halbe Welt bereisen durfte, weil die andere Hälfte für "böse" erklärt wurde, macht es für ihn auch nicht komfortabler.
Ich schrieb es bereits an einigen Stellen: Es geht mir nicht darum, das Unrecht, das in der DDR geschah, zu negieren. Es ging in der Eröffnungsfrage dieser Diskussion um die Frage, wie man in einer Diktatur reagieren würde. Dazu habe ich meine Meinung im letzten Absatz dieses Beitrags http://politik-forum.eu/viewtopic.php?p ... 1#p2085451 mit mehreren Szenarios deutlich beschrieben. Am Ende stellt sich einfach immer die Frage, wie mein persönliches Schicksal ausgesehen hätte und ob ich mich damit arrangieren oder abfinden könnte. Für die meisten Menschen gilt wohl in jedem System, dass sie versuchen, sich zu arrangieren oder abzufinden.
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BTW: Interessant wäre die Beantwortung der Eingangsfrage doch auch für das hier und jetzt: Wie agiert ihr in unserer parlamentarischen Vertretungsdemokratie auf Dinge, die gegen den Willen der Mehrheit des Volkes entschieden werden (bspw. Mehrwertsteuererhöhung, Bettensteuer, Afghanistan-Kriegs-Beteiligung, Verhinderung der Börsen-Umsatz-Steuer, Herd-Prämie)?
* Öffentlich Widerstand organisieren/betreiben
* Unauffällige Sabotage betreiben
* Gar nichts dagegen unternehmen
Zuletzt geändert von seagull am Donnerstag 1. August 2013, 23:28, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Leben in einer Diktatur ...
Ich bin nicht bereit, Diktaturen so milde zu beurteilen. Insgesamt sind Diktaturen weitaus verbrecherischer als Demokratien. In seinem Buch Death by Government hat der Historiker Rummel darauf hingewiesen, dass fast ausschließlich totalitäre oder autoritäre Systeme Völkermorde sowie Massenmorde an der eigenen Bevölkerung veranstalteten.
Auch führen demokratische Staaten kaum Kriege untereinander.
http://de.wikipedia.org/wiki/Rudolph_Joseph_Rummel
Auch führen demokratische Staaten kaum Kriege untereinander.
http://de.wikipedia.org/wiki/Rudolph_Joseph_Rummel
Zuletzt geändert von jellobiafra am Freitag 2. August 2013, 08:13, insgesamt 2-mal geändert.