ich frage mich schon seit langer Zeit um was für Arten von Konflikten es sich beim derzeitigen Konflikt in Syrien handelt.
Wie seht ihr das?
Gerne auch mit Beispielen, damit ich das für mich verstehe

Gruß aus Berlin
Johannes
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DarkLightbringer » Fr 5. Apr 2013, 13:21 hat geschrieben:Ein Aufstand im Rahmen des Arabischen Frühlings gegen das Assad Regime.
Ersetze in deinem Text Iran durch Saudi-Arabien und dessen Wurmfortsatz Qatar, dann stimmt es halbwegs.Franrich » Fr 5. Apr 2013, 15:48 hat geschrieben:Auf der einen Seite ist es das Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung Syriens. Andererseits setzen die radikalen Islamisten, unterstützt durch den Iran, auf einen Flächenbrand. Sadam setzte bisher auf die nationalen Minderheiten. Damit sind die Kurden und die Christen den Angriffen der Radikalen ausgesetzt.
Die Türkei als aufsteigende Regionalmacht benötigt Ruhe an den Außengrenzen. Eine neue Regierung, die eine moderate islamisch ausgerichtete Marktwirtschaft verfolgt, wäre ihrerseits wünschenswert.
Israel wäre der Status quo am liebsten. Der Libanon setzt auf den Pluralismus und freier Maktwirtschaft. Seit der Zypernkriese könnte der Libanon das verloren gegangene neue Finanzzentrum in Nahen Osten werden. Daher wäre eine radikale Regierung in Syrien nicht wünschenswert. Saudi-Arabien steht dem Iran nicht gerade wohlwollend gegenüber. Sie würden alle Kräfte unterstützen, die den radikalen Islamisten gegenüber stehen. Der Irak ist nach dem Krieg mit sich selbet beschäftigt.
Also bleibt nur noch der Iran übrig. Er unterstüzt die Radikalen Islamisten in Mali, Westsahara, Lybien, Ägypten und in Syrien. Iran schürt den Hass zwischen den Schiiten und Suniten. Sie benötigen eine Machtbasis am Mittelmeer. Damit könnte die Hamas stärker unterstützt werden und der ersehnte Wunsch Israel unmittelbar anzugreifen. Iran geht es bestimmt nicht um den arabischen Frühling. Durch die strategische Lage Syriens, wird der Krieg noch eine ganze Weile dauern.
Geheimdienstquellen sind mir nicht zugänglich, den Vorstoss auf Damaskus könnte ich auch nur der Tagespresse entnehmen. Lassen wir uns also überraschen.sylvester » Fr 5. Apr 2013, 13:49 hat geschrieben:
Was ist denn überhaupt aus der siegreichen "Südarmee" geworden,ist die schon im Süden angekommen??
DarkLightbringer » Fr 5. Apr 2013, 16:31 hat geschrieben: Geheimdienstquellen sind mir nicht zugänglich, den Vorstoss auf Damaskus könnte ich auch nur der Tagespresse entnehmen. Lassen wir uns also überraschen.
Lass erstmal das koreaproblem klären. Syrien muß warten. Oder wollt ihr den totalen kriegxXCirculusVitiosusXx » Fr 5. Apr 2013, 11:17 hat geschrieben:Servus, ich frage mich schon seit langer Zeit um was für Arten von Konflikten es sich beim derzeitigen Konflikt in Syrien handelt. Wie seht ihr das? Gerne auch mit Beispielen, damit ich das für mich versteheGruß aus Berlin Johannes
Nun, zu den Hanibaliten gehören die Wahhabiten dazu, und die sind alles andere als nach innen ausgerichtet. Die Lehre der Wahhabiten ist Staatsreligion in Saudi-Arabien und wird aktiv in andere Länder exportiert, z.B. Russland, Afghanistan (die Taliban wurden in den 90er massiv von Saudi-Arabien gesponsert, siehe auch das Buch von Ahmed Rashid "Taliban") und Pakistan. Neben der Ideologie fließt auch sehr viel Geld, dank boomender Ölexporte. Wie schon bereits oben erwähnt, hilft auch der Katar kräftig mit bei der Ausbreitung dieser Ideologie, siehe auch dazu den Besuch in Gaza-Streifen, Klick. Eine, meiner Meinung nach, wichtige Passage im verlinkten Text:Franrich » Fr 5. Apr 2013, 18:42 hat geschrieben:Hallo RedEye,
ich habe die Außenpolitik Saudi-Arabiens anders kennengelernt. Die Rechtsschule der Hanibaliten ist nach innen ausgerichtet.
Sie zeigt keinen Hang zur Expansion. Sie haben natürlich auch Einflußgebiete, die sie verteidigen. Dazu gehört aber nicht unmittelbar Syrien.
Und überall wo diese Ideologie ihren Fuß fasst, fangen die Konflikte an, die dann von Saudi-Arabien und Katar angeheizt werden. Um es kurz zusammenzufassen, Saudi-Arabien exportiert ihren religiösen Faschismus mit Hilfe der Imame und Katar hilft mit den materiellen Gütern, das ist die Außenpolitik von Saudi-Arabien.Al-Thani, der den Aufstand in Libyen beförderte und die Unterstützung der arabischen Staaten für die Rebellen in Syrien anführt, dürfte mit dem Besuch aber auch das Ziel verfolgen, die im Westen als terroristische Organisation eingestufte Hamas dem iranischen Einfluss zu entziehen.
Faschismus hat in Deutschland auch gewisse Konnotationen die bei Syrien nicht wirklich passen.Franrich » Fr 5. Apr 2013, 12:15 hat geschrieben:Ich würde es nicht religösen Faschismus nennen. Natürlich wird es immer Fanatiker geben. Die gibt es auch unter den Christen.
Die Mehrheit lehnt aber die kriegerische Verbreitung des Glauben ab.
Ich will jetzt nicht großartig auf dem Ausdruck "religiöser Faschismus" rumreiten, es gibt zwischen dem Faschismus und dem religiösen Faschismus Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede.Franrich » Fr 5. Apr 2013, 20:15 hat geschrieben:Ich würde es nicht religösen Faschismus nennen.
Fakt ist, dass die Ideologie der Wahhabiten nach dem Motto "und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt" verbreitet wird. Die Christen und Juden mögen zwar auch Fanatiker in ihren Reihen haben, tut aber aber, was Syrien angeht, nichts zur Sache. Oder gibt es schon Videos aus Syrien, wo christliche Fanatiker sich in die Luft jagen, damit dort ein christlicher Gottesstaat ensteht?Natürlich wird es immer Fanatiker geben. Die gibt es auch unter den Christen.
Die Mehrheit lehnt aber die kriegerische Verbreitung des Glauben ab.
Diese Auffassung ist im Westen sehr verbreitet, gleichwohl gab es schon Demonstrationen im Land, die explizit dem widersprochen haben.Ермолов » Fr 5. Apr 2013, 23:29 hat geschrieben:Eindeutig Bürgerkrieg.
Wobei Sunniten und Shiiten hier auch nur das Vehikel konkurrierender Interessen verschiedener Groß- und Regionalmächte sind.RedEye » Fr 5. Apr 2013, 16:47 hat geschrieben:Der ganze Konflikt ist meiner Meinung nach ein Stellvertreterkrieg zwischen den Schiiten und Sunniten.
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"Das Feuer in Syrien wird die Türkei verbrennen"
Klingt sehr konstruiert. Wie wäre es, wenn du den arabischen Völkern eine gewisse Eigenständigkeit zugestehst, schmerzlich, aber ein wenig aus dem Club hervortretend?SoleSurvivor » So 7. Apr 2013, 22:05 hat geschrieben:Syrien ist eine bisher mißglückte Regime Change Operation, bei der sich der Westen zu früh opportunistisch festgelegt hat, dass "das Volk" nur im Recht sein kann, weil Assad grundsätzlich unerwünscht ist. Der gehörte zur störrischen Koalition mit dem Iran. Jetzt haben sie den Salat und wissen nicht, wie sie aus der Nummer rauskommen. Aufhören geht nicht, denn dann lässt sich ja nie wieder ein Aufstand vom Westen instrumentalisieren. Den radikalislamischen Todesschwadronen den Sieg überhelfen wollen sie aber auch nicht. Das haben sie irgendwie aus Afghanistsan kapiert, dass es besser nicht so kommen soll.
Der Nahe und Mittlere Osten lag schon immer im Einflußgebiet mächtiger Staaten und Bündnisse. Eigenständigkeit würde Vertrauen auf gleicher Augenhöhe bedeuten. Vieleicht hätten sie diese gewisse Eigenständigkeit nach dem 1. Weltkrieg erhalten können. Aber sie haben die Gunst der Stunde nicht genutzt. Aufstebende Industriestaaten wie Türkei, Iran und Saudi-Arabien werden neben den Großmächten um Macht und Einfluß im Nahen Osten auf unterschiedliche Art und Weise taktieren. Sie würden ein eigenständiges Agieren garnicht zulassen.DarkLightbringer » Mo 8. Apr 2013, 00:40 hat geschrieben: Klingt sehr konstruiert. Wie wäre es, wenn du den arabischen Völkern eine gewisse Eigenständigkeit zugestehst, schmerzlich, aber ein wenig aus dem Club hervortretend?
Warum sollte ich das tun? Tut doch sonst auch keiner. Den Blödsinn von wegen "das Volk begehrt auf" kannst du jemand anderem erzählen.DarkLightbringer » Mo 8. Apr 2013, 00:40 hat geschrieben: Klingt sehr konstruiert. Wie wäre es, wenn du den arabischen Völkern eine gewisse Eigenständigkeit zugestehst, schmerzlich, aber ein wenig aus dem Club hervortretend?
Das sieht der syrische Schriftsteller Rafik Schami beispielsweise anders.SoleSurvivor » Di 9. Apr 2013, 11:57 hat geschrieben: Warum sollte ich das tun? Tut doch sonst auch keiner. Den Blödsinn von wegen "das Volk begehrt auf" kannst du jemand anderem erzählen.
http://taz.de/Prominenz-Journalisten-und-Syrien/!88869/Ich rätsle auch darüber, warum Prominenz-Journalisten behaupten, die Syrer hätten ihren Aufstand bislang nicht so zäh führen können, wenn nicht ausländische Kräfte und geheime Mächte dabei ihre Finger im Spiel hätten.
Zunächst einmal ist es purer Rassismus, wenn einer nicht einmal ein arabisches Wort spricht, aber Analysen über die arabischen Aufständischen im Untergrund anstellt. (...) Solche Behauptungen implizieren, dass die Araber unfähig seien zwischen Freiheit und Sklaverei zu unterscheiden, dass sie wie Marionetten aus dem Ausland bewegt würden.
DarkLightbringer » Di 9. Apr 2013, 12:32 hat geschrieben: Das sieht der syrische Schriftsteller Rafik Schami beispielsweise anders.
http://taz.de/Prominenz-Journalisten-und-Syrien/!88869/
Nicht mehr, nicht weniger.Rafik Schami macht das wütend. Ein Selbstgespräch.
Der angesprochene "Prominenz-Journalist" Jürgen Todenhöfer antwortet allerdings auf dieses Selbstgespräch - im gleichen Blatt, in gleichem Umfang.
Das mag schon sein, dass ein seit den 70ern in Deutschland lebender lebenslanger Assadgegner das so sieht. Das heißt aber nicht, dass das allzuviel bedeutet.DarkLightbringer » Di 9. Apr 2013, 12:32 hat geschrieben: Das sieht der syrische Schriftsteller Rafik Schami beispielsweise anders.
So argumentiert Todenhöfer auch inetwa. Man könnte Samar Yazbek nehmen, die ist erst im Sommer 2011 geflohen - aber selbst der syrischste Syrer würde ja nichts bringen, so man von der postkolonialen These ausgeht, Araber könnten grundsätzlich nur gesteuert sein.SoleSurvivor » Do 11. Apr 2013, 14:18 hat geschrieben:
Das mag schon sein, dass ein seit den 70ern in Deutschland lebender lebenslanger Assadgegner das so sieht. Das heißt aber nicht, dass das allzuviel bedeutet.
Richtig. Irgendwelche Vorzeigeaussiedler, die einschlägig involviert sind, sind nie "das Volk". Das Volk sind schließlich die, die in ihrer großen Masse da bleiben und nicht aufstehen. Wäre "das Volk" so entschieden gegen Assad, gäbe es keinen mehrjährigen Krieg.DarkLightbringer » Fr 12. Apr 2013, 09:37 hat geschrieben: So argumentiert Todenhöfer auch inetwa. Man könnte Samar Yazbek nehmen, die ist erst im Sommer 2011 geflohen - aber selbst der syrischste Syrer würde ja nichts bringen