Beteigeuze » Di 19. Feb 2013, 18:32 hat geschrieben:
Woran erkennen Sie das denn, dass Ihr Bäcker keine Fertigbackmischungen verwendet? Je mehr verschiedene Backwaren im Angebot sind, umso sicherer ist es, dass es sich dabei nicht um die Handwerkskunst eines Bäckers handelt, sondern um die eines Chemikers.
Ich habe nach langer Suche endlich wieder einen Bäcker gefunden, der Brot wieder (!) aus Sauerteig macht. Schmeckt besser, hält länger. Aber sowas zu finden ist wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen..
Das ist so nicht richtig. Es gibt viele Möglichkeiten aus ein und dem selben Teig die verschiedensten Brotsorten zu erstellen.
Einmal in der Form, rund, lang, im Kasten usw.
Dann in der Oberfläche, glatt, gemehlt, lang eingeschnitten, quer eingeschnitten u.a.
Im Backprozess, scharf angebacken und weniger scharf angebacken, gegerstert (ein spezielles Backverfahren) und auch die Ausbackzeit spielt eine Rolle.
Alleine aus diesen Möglichkeiten mache ich schon 30 verschiedene Brotsorten und welchen Namen ich denen gebe ist dann beliebig.
Steinofenbrot z.B. ist die totale Augenwischerei. Es sagt lediglich aus, dass das Brot während der ganzen Backzeit auf (nicht umgeben von) einer Steinfläche gebacken sein muss. Wobei man wissen sollte, dass eine Backfläche aus zementgebundenen Platten (früher Astbestzementplatte) auch als Stein gilt.
Ob ein Brot ohne Backhilfsmittel hergestellt wurde erkennt man am ehesten daran, dass es spätestens am 3ten Tag richtig altbacken wird, was nichts anderes bedeutet als, das Wasser im Brot wird weniger.
Zum Sauerteig:
Sauerteig im Brot wird benötigt wenn darin Roggenmehl verarbeitet wird. Die Säure verlangsamt die Tätigkeit eines im Roggenmehl vorhandenen Enzyms das bei der Zugabe von Wasser sehr schnell Stärke in Traubenzucker umwandelt und Zucker kann man bekanntlich nicht backen. Das selbe Ergebnis könnte man auch mit Essig oder Zitronensäure erzielen. Darum muss eine Brot um so sauerer sein, je mehr Roggenmehl enthalten ist. Im Sauerteig entstehen allerdings auch noch andere geschmacksgebende Aromen.
Ein Vorteil vom Sauerteig, den man im Prinzip einfach dazu geliefert bekommt ist, unter der Voraussetzung dass er mit Roggenmehl und Wasser in der Bäckerei selber geführt wird, die lange Stehzeit dieses Teiges, die es der Stärke ermöglicht viel Wasser aufzunehmen und dadurch das Brot länger "frisch" hält. Beim deutschen Sauerteig werden Verhältnisse von 70% Milchsäure und 30% Essigsäure angestrebt. Beim Pulversauerteig werden diese Säuren in kristalliner Form im gleichen Verhältnis durch Mischung an Quellmehle angelagert.
Das Problem heutiger Bäckereien ist es den Brotteigen nicht mehr genug Zeit zur Reife geben zu können. In der Reifezeit entwickelt sich der Geschmack und die Stärkekörnchen können genügend Wasser aufnehmen, was wichtig für eine längere Frischezeit ist. Brote aus diesen zu kurz geführten Teigen erkennt man an einer ungleichmäßigen Krume mit vereinzelten größeren Löchern, besonders im Bereich zwischen Krume und Kruste.
All diese Nachteile, die durch die zu kurzen Teigruhezeiten entstehen werden dann durch Backhilfsmittel ausgeglichen. Hier entsteht, falls der Bäcker es nicht übertreibt (wegen des Rezeptgeheimnisses muss er ja nicht bekannt geben was alles drin ist), noch kein Gesundheitsrisiko.
Die ganzen Brote und Brötchen, die tiefgekühlt oder vorgebacken bei den Discountern angeliefert werden und dort nur noch ausgebacken werden sind allerdings die reinsten Chemiebomben. Die unbekannte Chemie besteht im Wesentlichen aus zugesetzten Enzymen (die nicht deklariert werden müssen) und den Teig sowohl maschinenfreundlich als auch fehlertolerant machen sollen.
Wenn ich mal Brot beim Discounter kaufe dann nehme ich diese abgepackten 4eckigen Vollkornschnitten, da dürfte am wenigsten Chemie drin sein. Ich weiß es zwar nicht, weil ich den Herstellungsprozess noch nicht gesehen habe aber ich denke, da es in Kästen gebacken wird, der Teig dort als eine Art Brei eingefüllt wird und dafür braucht es keine besondere Maschinenfreundlichkeit.