Tja, und die schummel-diss ist nur ein weiterer beweis, dass das "unser" mann ist im kampf gegen die intelektuellen.
Das ist genau das, was mich so stört. Die Nicht-Akademiker unterstellen den Akademikern latent schon immer Abgehobenheit. Oder aber sie neigen zur Schwellenangst und gehen deshalb zum Gegenangriff über mit ihrer abfälligen Haltung... oder was weiß ich...
Mich jedenfalls trifft das, auch aufgrund der Erfahrungen in meinem persönlichen Umfeld. Unter Kommilitonen fand ich durchwachsenes Verständnis dafür, dass ich "intellektuell" nahezu als Schimpfwort empfinde. Mich haben all zu "vergeistigte" Diskussionen in meinen Seminaren gelangweilt. Dagegen gab es auch sehr viele interessante, praxisbezogene Diskussionen, beispielsweise über unterschiedliche, von Fall zu Fall unterschiedlich geeignete Methoden bei der Quelleninterpretation, der Aussagekraft dazugehöriger Literatur, dem Versuch, sich in die Lage von Gustav Stresemann oder Barack Obama zu versetzen oder auch Fragen der Treffsicherheit und Korrektheit in der wissenschaftlichen Arbeit.
So etwas kann man auch ohne ganz schlimme Fremdwörter machen!
Die anderen Bekannten, die latent Studenten für "interlektüll" hielten, fragte ich immer wieder, was denn so schlimm daran sein soll,
ein Fach aus Interesse studieren zu wollen. Wieso muss man dazu "intellektuell" sein? Igittigitt, auch noch eine Dr.-Arbeit wollen buh!wäh!
Niemand denkt darüber nach, dass man als Verfasser einer Abschlussarbeit vielleicht schlicht nur noch mehr Interesse dazugewonnen haben könnte, und zwar an Einzelaspekten der Abschlussarbeit, deren genauere Ausführung in dieser Abschlussarbeit über die eigentliche Themenstellung hinaus ginge? Wieso also darf man dann keine Dr.-Arbeit schreiben, aus Interesse? Wieso muss man dazu "intellektuell" oder "titelgeil" sein? Dass man die Verfassung eines wissenschaftlichen Ansprüchen genügendes Werk mit Mehrwert (derselbe ist auch in guten Abschlussarbeiten noch relativ gering, man muss da noch nicht das Rad neu erfinden, aber auch für nachfolgende Studenten sind Abschlussarbeiten schon sehr wertvoll) durch die Zuteilung einens höheren wissenschaftlichen Grades gewürdigt bekommt, was ist daran so elfenbeintürmig?
Wieso muss es für ein Nicht-Akademikervolk, dass damit kokettiert nicht "interlektüll" zu sein, cool sein, das "Geschwurbel" in geistes-, sozial-, oder naturwissenschaftlichen Arbeiten nicht zu verstehen?
Ich verstehe nichts von Buchhaltung oder von Energiebilanzen innerhalb eines verfahrenstechnischen Prozesses, auch stell ich mich beim Handwerkeln ein bisschen an, brauche länger, es wird nicht so ganz sauber. Muss ich dann Leute, so etwas besser können, als schwitzende Plebejer, zuständig für "niedere Arbeiten" bezeichnen?
Ein kleiner Exkurs: In den letzten Wochen war ich auf Lesungen von Peer Steinbrück und von Joachim Gauck. Ich fragte einige Leute, ob sie mitkommen wollten, einige sind es auch. Andere sagten, das sei ihnen zu "intellektuell". Das begreife ich nicht.Wieso können sie nicht sagen, dass sie das nicht interessiert? Ich habe auch Dschungelcamp geschaut und kann trotzdem der Lesung von Joachim Gauck nicht nur folgen, sondern kann sie sogar interessant finden. Ich verstehe nicht den Vorwurf, Akademiker würden sich auf einen Elfenbeinturm befinden, schon gar nicht den unglaublichen Quatsch, sie würden den Nicht-Studenten auf der Tasche liegen ...
Was soll der Quatsch? Ich bin Akademiker über den zweiten Bildungsweg, war mal Elektriker und arbeite jetzt selbstständig mit "Kopfarbeit" (uiuiui!!! als Dienstleister

)Darüber hinaus denke ich über die Vertiefung eines Aspektes meiner Abschlussarbeit durch eine Dr.-Arbeit nach.
Zum eigentlichen Thema: die Vorstellung, dass Guttenberg jetzt Rückhalt aus dem Volk bekommt, obwohl , oder weil? er als Jurist betrogen hat, finde ich gruselig. Für dieses Volk steht die Hähme gegenüber dem akademischen Betrieb im Vordergrund, der Betrug wird darüber vergessen. Ich habe es schon gesagt: die Schwäche der Demokratie ist, dass Leute (also jetzt mal über Guttenberg hinaus), die unbequeme aber Entscheidungen treffen, abgewählt werden. Das aber ein Jursit betrügt, darüber hinaus auch noch das Amt des Verteidigungsministers weiterführen will, das ist nicht so schlimm…?