Die EU-Kommission macht im Streit um die Lieferverzögerung des AstraZeneca-Impfstoffs gerade die beste Werbung für den Brexit: Sie agiert langsam, bürokratisch und protektionistisch. Und wenn etwas schiefläuft, sind die anderen schuld. So sehen viele Britinnen und Briten die EU und so bestätigten sich Anfang der Woche die Vorurteile. "Jetzt verstehe ich den Brexit besser", sagte ein Mitarbeiter von AstraZeneca im Fernsehen.
Hintergrund des Streits ist, dass der britisch-schwedische Pharmakonzern die Lieferung der bestellten und bezahlten Impfdosen in die EU von 80 auf 31 Millionen reduzieren will. Deswegen droht die EU-Kommission damit, die für Großbritannien bestimmten Impfdosen von Pfizer aus Belgien zurückzuhalten. Sie besteht darauf, dass AstraZeneca seine Zusagen einhält. Das wiederum erzürnt die Briten. "Dieser neue Impf-Nationalismus ist eigentlich das Letzte, was wir jetzt brauchen", sagte der ehemalige britische Gesundheitsminister Jeremy Hunt. Und die britischen Boulevardzeitungen warnten, das "Säbelrasseln" der EU werde das schwierige Verhältnis nur noch mehr verschlechtern.
Der Vorstandsvorsitzende von AstraZeneca, Pascal Soriot, rechtfertigt die Position seines Konzerns in einem Interview mit den Zeitungen Repubblica, Die Welt und El Pais:
Da die Universität Oxford bereits im vergangenen Jahr mit der Vorbereitung der Herstellung des Impfstoffes begonnen habe, sei die technische Produktion im britischen Werk weiter fortgeschritten, sodass dort mehr Impfstoff produziert werden könne. In der EU hingegen sei mit dem Verfahren später begonnen worden, daher sei auch die Produktivität nicht so hoch. "Wir sind hier im Management alle Europäer. Wir wollen der EU nichts wegnehmen", wird Soriot zitiert. Und weil Großbritannien den Vertrag mit AstraZeneca drei Monate eher unterzeichnet habe, erhalte es daher auch schneller die lokal ohnehin größere Ausbeute des Impfstoffes. Zugleich versicherte Soriot, die EU werde bis Ende Februar 17 Millionen Impfdosen erhalten, drei Millionen davon Deutschland.
Insgesamt hat AstraZeneca derzeit eine Produktionskapazität von 100 Millionen Dosen im Monat – das sind 1,1 Milliarden Dosen im Jahr. "Wir dürfen nicht vergessen, dass die EU 17 Prozent der Produktion erhält, obwohl sie nur fünf Prozent der globalen Bevölkerung hat", zitieren die Zeitungen Soriot. Die EU werde beliefert, habe aber keinen vertraglichen Anspruch auf den Lieferzeitpunkt. Das habe AstraZeneca nicht zugesagt, weil es dies gar nicht habe zusagen können.
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Die britische Regierung hatte sich mit dem Konzern im Alleingang bereits im Mai 2020 auf die Produktion und Lieferung des Impfstoffes geeinigt. Einen Monat später gab es zwar eine vorläufige Absprache von AstraZeneca mit Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Italien. Doch der im Juni von diesen Ländern ausgehandelte Vertrag wurde nicht abgeschlossen, sondern von der EU erst Ende August unterzeichnet. Das habe den Aufbau der Produktion der Impfdosen in Belgien entsprechend verzögert, argumentiert man bei AstraZeneca.
https://www.zeit.de/politik/ausland/202 ... britannien
Was sagt denn unsere EU-Uschi dazu???