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Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Freitag 14. Juni 2019, 23:47
von H2O
Quatschki hat geschrieben:(14 Jun 2019, 16:16)

Gestern war in der "Welt" ein Artikel über den sogenannten "Bomber-Baedeker", ein Verzeichnis der Städte und ihrer kriegsrelevanten Wirtschaftsunternehmen (was praktisch alle großen Firmen waren). Und ich hab da mal ein bißchen geschmökert, was da so für Firmen gab und es fiel mir auf, dass die fast alle irgendwie den Krieg überstanden und in der einen oder anderen Form fortexistiert haben.
Tatsächlich ausradiert wurden sie erst mit der "Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion" 1990.
Totaler und radikaler, als es tausende Bomber oder Demontagekommandos der Russen jemals hätten fertigbringen können.
Was da in den 90ern übrigblieb an Wirtschaft, lag da ja schon weit unter dem Niveau von 1905 und war zudem kaum mehr untereinander vernetzt, sondern stattdessen in westlichen Abhängigkeiten gefangen.
Die Einwohnerentwicklung ist dem lediglich gefolgt.
Aus meiner Sicht ist Ihre Erinnerung verklärt. Sie lassen anklingen, daß der Westen blühende Landschaften ruiniert hat. Diesen Eindruck hatte ich Anfang 1990 wirklich nicht; weder in Schmiedefeld/Thüringen noch in Schwerin. Die Menschen wollten die DM und den Lebensstil des Westens... kann ich auch heute noch nachempfinden. Nur war die Produktivität der Betriebe nicht auf "Weltniveau" und ihre Kapitalausstattung nicht ausreichend. Das konnte nicht gut gehen, nachdem auch die gewohnten Absatzmärkte im Osten wegbrachen.

Junge Leute mit Ehrgeiz suchten ihr Glück in den Industriebetrieben des Westens. Wer dort einmal seinen Platz gefunden hat, der kommt nur selten zurück. Er bräuchte dazu ja auch erfolgreich am Markt arbeitende Industrieunternehmen und die gab es nur ausnahmsweise.

Man kann nur hoffen und fördern, daß von bestehenden Leuchttürmen aus wirtschaftlich erfolgreiche Betriebe entstehen, die Menschen aus anderen Gebieten Deutschlands zur Mitarbeit reizen.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 18:15
von Orbiter1
H2O hat geschrieben:(14 Jun 2019, 23:47)

Aus meiner Sicht ist Ihre Erinnerung verklärt. Sie lassen anklingen, daß der Westen blühende Landschaften ruiniert hat. Diesen Eindruck hatte ich Anfang 1990 wirklich nicht; weder in Schmiedefeld/Thüringen noch in Schwerin. Die Menschen wollten die DM und den Lebensstil des Westens... kann ich auch heute noch nachempfinden. Nur war die Produktivität der Betriebe nicht auf "Weltniveau" und ihre Kapitalausstattung nicht ausreichend. Das konnte nicht gut gehen, nachdem auch die gewohnten Absatzmärkte im Osten wegbrachen.
Dazu kam der verheerende 1:1 Umtausch. Die daraus folgenden Konsequenzen waren logisch und wurden damals von den Volkswirten auch korrekt prognostiziert.

"Die DDR-Bevölkerung erwartete einen Umtauschkurs von 1:1“, so Brenke. Das DIW empfahl damals einen Tauschkurs 1:5, die Bundesbank 1:2, andere Experten 1:4. Ihre Argumente: Bei einem Tausch von 1:1 werde zum einen der Osten mit Geld überschüttet, es drohe ein Konsumrausch und damit unkontrollierbare Inflation. Zum anderen würde die Produktion in Ost-Betrieben schlagartig teurer. „Hochproduktive westliche Unternehmen drängen dann auf den DDR-Markt“, warnte im April 1990 der Wirtschaftsweise Rüdiger Pohl. „Unter dem Druck des Wettbewerbs werden nicht wenige DDR-Unternehmen ihre Pforten schließen.“ ....

Die Währungsunion „wirkte wie eine Neutronenbombe auf die DDR-Wirtschaft“, so der Ökonom Ulrich Busch. Konfrontiert mit einer realen Aufwertung von 300 bis 400 Prozent, gingen die Ostbetriebe unter. Sie waren weniger produktiv als ihre West-Konkurrenz, ihre Produkte waren oftmals teurer, von schlechterer Qualität, ihr Image lausig. Ihre Absatzmärkte in Osteuropa brachen weg. Dazu kam: Mit der Währungsumstellung verwandelten sich die Schulden der Betriebe von einfachen Rechnungseinheiten in echte marktwirtschaftliche D-Mark-Kredite, die zu marktüblichen Konditionen verzinst und bedient werden mussten. Und schließlich stiegen die Löhne in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung stark an. Denn die Politik zielte auf rasche Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West." Quelle: https://www.fr.de/wirtschaft/schockther ... 72361.html

Davon wollen die Ossis selbstverständlich im Nachhinein nichts mehr wissen. Aus deren Sicht hat die böse Treuhandanstalt und der böse Westen ihre tollen Betriebe ruiniert. Nö, es war die eigene Gier schnellstmöglich den Wessi-Lebensstil führen zu wollen.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 18:54
von sünnerklaas
H2O hat geschrieben:(14 Jun 2019, 23:47)
Man kann nur hoffen und fördern, daß von bestehenden Leuchttürmen aus wirtschaftlich erfolgreiche Betriebe entstehen, die Menschen aus anderen Gebieten Deutschlands zur Mitarbeit reizen.
Dazu ist das Image vieler Regionen inzwischen schon viel zu schlecht.
Leider ist es so, dass inzwischen das Bild des Ossis im Westen dem des Dresdner Hutbürgers entspricht, der ein tV-Kamerateam für ein Kamerateam von "Die Antifa" gehalten hat.
Und da gilt inzwischen bei sehr vielen im Westen der Grundsatz, kennste einen Ossi, kennste alle.
Ich fürchte, das Tischtuch zwischen vielen Ost- und Westdeutschen ist zerschnitten. Ein so gründlich kaputt gegangenes gegenseitiges Vertrauen bekommt man nicht so schnell wieder aufgebaut.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 19:04
von unity in diversity
Das Ossi stirbt aus.
Gibt es ein EU-Artenschutzprogramm?
Was kann man für die artgerechte Haltung tun?

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 19:11
von Sören74
Orbiter1 hat geschrieben:(15 Jun 2019, 18:15)

Dazu kam der verheerende 1:1 Umtausch. Die daraus folgenden Konsequenzen waren logisch und wurden damals von den Volkswirten auch korrekt prognostiziert.

"Die DDR-Bevölkerung erwartete einen Umtauschkurs von 1:1“, so Brenke. Das DIW empfahl damals einen Tauschkurs 1:5, die Bundesbank 1:2, andere Experten 1:4. Ihre Argumente: Bei einem Tausch von 1:1 werde zum einen der Osten mit Geld überschüttet, es drohe ein Konsumrausch und damit unkontrollierbare Inflation. Zum anderen würde die Produktion in Ost-Betrieben schlagartig teurer. „Hochproduktive westliche Unternehmen drängen dann auf den DDR-Markt“, warnte im April 1990 der Wirtschaftsweise Rüdiger Pohl. „Unter dem Druck des Wettbewerbs werden nicht wenige DDR-Unternehmen ihre Pforten schließen.“ ....
Wobei ich das ehrlich gesagt nicht ganz verstehe. Der Umtauschkurs bezog sich auf private Vermögen, nicht aber auf Arbeitslöhne. Oder habe ich das falsch in Erinnerung? Nach der Währungsreform mussten die DDR-Unternehmen sowieso die Löhne neu ansetzen. Wenn es nicht die Löhne betroffen hätte, dann hätten DDR-Bürger einen finanziell besseren Start in den Westen gehabt.
Orbiter1 hat geschrieben: Davon wollen die Ossis selbstverständlich im Nachhinein nichts mehr wissen. Aus deren Sicht hat die böse Treuhandanstalt und der böse Westen ihre tollen Betriebe ruiniert. Nö, es war die eigene Gier schnellstmöglich den Wessi-Lebensstil führen zu wollen.
Ich will da keine Ostalgie betreiben, die wirtschaftliche Situation ist aus dem DDR-Sozialismus entstanden. Allerdings ist der Eindruck entstanden, dass die Treuhand konkurrenzfähige Unternehmen gerne in kleinere Einheiten zerschlagen haben und man Entscheidungen traf, die Pro West-Unternehmen waren. Aber dieses Thema hätte vermutlich einen eigenen Thread verdient (wenn es den nicht schon gibt).

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 19:31
von H2O
Orbiter1 hat geschrieben:(15 Jun 2019, 18:15)

Dazu kam der verheerende 1:1 Umtausch. Die daraus folgenden Konsequenzen waren logisch und wurden damals von den Volkswirten auch korrekt prognostiziert.

"Die DDR-Bevölkerung erwartete einen Umtauschkurs von 1:1“, so Brenke. Das DIW empfahl damals einen Tauschkurs 1:5, die Bundesbank 1:2, andere Experten 1:4. Ihre Argumente: Bei einem Tausch von 1:1 werde zum einen der Osten mit Geld überschüttet, es drohe ein Konsumrausch und damit unkontrollierbare Inflation. Zum anderen würde die Produktion in Ost-Betrieben schlagartig teurer. „Hochproduktive westliche Unternehmen drängen dann auf den DDR-Markt“, warnte im April 1990 der Wirtschaftsweise Rüdiger Pohl. „Unter dem Druck des Wettbewerbs werden nicht wenige DDR-Unternehmen ihre Pforten schließen.“ ....

Die Währungsunion „wirkte wie eine Neutronenbombe auf die DDR-Wirtschaft“, so der Ökonom Ulrich Busch. Konfrontiert mit einer realen Aufwertung von 300 bis 400 Prozent, gingen die Ostbetriebe unter. Sie waren weniger produktiv als ihre West-Konkurrenz, ihre Produkte waren oftmals teurer, von schlechterer Qualität, ihr Image lausig. Ihre Absatzmärkte in Osteuropa brachen weg. Dazu kam: Mit der Währungsumstellung verwandelten sich die Schulden der Betriebe von einfachen Rechnungseinheiten in echte marktwirtschaftliche D-Mark-Kredite, die zu marktüblichen Konditionen verzinst und bedient werden mussten. Und schließlich stiegen die Löhne in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung stark an. Denn die Politik zielte auf rasche Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West." Quelle: https://www.fr.de/wirtschaft/schockther ... 72361.html

Davon wollen die Ossis selbstverständlich im Nachhinein nichts mehr wissen. Aus deren Sicht hat die böse Treuhandanstalt und der böse Westen ihre tollen Betriebe ruiniert. Nö, es war die eigene Gier schnellstmöglich den Wessi-Lebensstil führen zu wollen.
Nun ja, den Lebenshunger der Menschen im Osten kann ich schon verstehen. Da wird ihnen viele Jahre über die Werbung im Westfernsehen eine Welt vorgegaukelt, von der wir Wessis wußten, wozu die betrieben wurde. Man hatte ja auch Vergleichsmöglichkeiten ringsum. Aber die Menschen im Osten hatten nur ihren grauen Tag und diese leuchtenden Bilder, die sie vermutlich für wahr hielten. Von Gier würde ich da nicht reden, wohl aber von leichtgläubig. Womit sollten sie auch vergleichen und mißtrauisch werden?

Am Ende tut es nur noch weh, wenn dann die Schuldigen dafür gesucht werden. Die Dinge sind so wie sie sind. Hier sind auch Industrien weg gebrochen... Stahl, Kohle, Schiffbau, Optik. Nur haben wir eine Wirtschaftsordnung, die recht bald zur Aufgabe zwingt. Das hatte man im Osten eben nicht... und so entstehen große Unglücke.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 19:39
von Quatschki
Orbiter1 hat geschrieben:(15 Jun 2019, 18:15)

Dazu kam der verheerende 1:1 Umtausch. Die daraus folgenden Konsequenzen waren logisch und wurden damals von den Volkswirten auch korrekt prognostiziert.

"Die DDR-Bevölkerung erwartete einen Umtauschkurs von 1:1“, so Brenke. Das DIW empfahl damals einen Tauschkurs 1:5, die Bundesbank 1:2, andere Experten 1:4. Ihre Argumente: Bei einem Tausch von 1:1 werde zum einen der Osten mit Geld überschüttet, es drohe ein Konsumrausch und damit unkontrollierbare Inflation. Zum anderen würde die Produktion in Ost-Betrieben schlagartig teurer. „Hochproduktive westliche Unternehmen drängen dann auf den DDR-Markt“, warnte im April 1990 der Wirtschaftsweise Rüdiger Pohl. „Unter dem Druck des Wettbewerbs werden nicht wenige DDR-Unternehmen ihre Pforten schließen.“ ....

Die Währungsunion „wirkte wie eine Neutronenbombe auf die DDR-Wirtschaft“, so der Ökonom Ulrich Busch. Konfrontiert mit einer realen Aufwertung von 300 bis 400 Prozent, gingen die Ostbetriebe unter. Sie waren weniger produktiv als ihre West-Konkurrenz, ihre Produkte waren oftmals teurer, von schlechterer Qualität, ihr Image lausig. Ihre Absatzmärkte in Osteuropa brachen weg. Dazu kam: Mit der Währungsumstellung verwandelten sich die Schulden der Betriebe von einfachen Rechnungseinheiten in echte marktwirtschaftliche D-Mark-Kredite, die zu marktüblichen Konditionen verzinst und bedient werden mussten. Und schließlich stiegen die Löhne in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung stark an. Denn die Politik zielte auf rasche Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West." Quelle: https://www.fr.de/wirtschaft/schockther ... 72361.html

Davon wollen die Ossis selbstverständlich im Nachhinein nichts mehr wissen. Aus deren Sicht hat die böse Treuhandanstalt und der böse Westen ihre tollen Betriebe ruiniert. Nö, es war die eigene Gier schnellstmöglich den Wessi-Lebensstil führen zu wollen.
Wobei es in der ganzen DDR vielleicht eine Handvoll Leute gab, die das Wissen hatten, solche ökonomischen Zusammenhänge zu überblicken.
In den Schulen und Unis wurde nur sozialistische Ökonomie gelehrt. Auslandssemester im Westen, in Harvard oder Oxford hatte niemand absolviert, höchstens in Moskau.
Die Lehre von Angebot und Nachfrage, freie Marktpreise. Währungspolitik, Wechselkurse und -schwankungen, Zinspolitik ... alles terra incognita.
Hat man nicht gewußt, brauchte man nicht zu wissen.
Bücher oder Zeitschriften dazu gab es keine. Außer dem alten Marx.

In Osten machte die Regierung die Preise und die Regierung legte fest, wo welche Produktionsstätte aufgebaut wird und wer, was und wieviel davon herstellt.
Schon Hitler hatte ja nach der Weltwirtschaftskrise im Rahmen von Görings Vierjahrplan in Mitteldeutschland riesige Industriekapazitäten mehr oder weniger aus dem Boden gestampft.
Die Leute sind ganz einfach davon ausgegangen, dass wenn der Kohl Aufschwung verspricht, er dann entsprechend auch administrativ wirksam wird, um das mit Substanz zu erfüllen.
Ein tragisches Mißverständnis, das das Verhältnis der Menschen zur Marktwirtschaft und ihre diesbezügliche Skepsis bis heute bestimmt.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 19:48
von Misterfritz
Quatschki hat geschrieben:(15 Jun 2019, 19:39)Ein tragisches Mißverständnis, das das Verhältnis der Menschen zur Marktwirtschaft und ihre diesbezügliche Skepsis bis heute bestimmt.
Dabei hätten sie schon mehr wissen können, denn fast alle konnten Westfernsehen empfangen.
Und z.B. Arbeitslosenzahlen im Westen wurden und werden ja regelmässig in der Tagesschau bekannt gegeben. Schon alleine daran hätte man erkennen können, dass Marktwirtschaft auch gewisse Risiken mit sich bringt.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 19:49
von H2O
Sören74 hat geschrieben:(15 Jun 2019, 19:11)

Wobei ich das ehrlich gesagt nicht ganz verstehe. Der Umtauschkurs bezog sich auf private Vermögen, nicht aber auf Arbeitslöhne. Oder habe ich das falsch in Erinnerung? Nach der Währungsreform mussten die DDR-Unternehmen sowieso die Löhne neu ansetzen. Wenn es nicht die Löhne betroffen hätte, dann hätten DDR-Bürger einen finanziell besseren Start in den Westen gehabt.
Ja klar, Sparguthaben wurden 1:1 gutgeschrieben. Nicht etwa dem Marktwert der Wirtschaft angepaßt. Ein Riesengeschenk, das den Menschen vorgegaukelt hatte, die Sache mit dem Geld sei ja höchst einfach.

Die Arbeitslöhne waren doch auch gleich nach der Währungsumstellung in DM und sie entsprachen keineswegs dem Ergebnis einer Wirtschaft, sondern dem Willen einer Politik. Auch das geht nicht lange gut. Inzwischen sind wir alle klüger, nur ein paar hartnäckige Glückspilze glauben, daß dieses Leben für Lotteriegewinne zuständig ist.
Die große Zahl ehrgeiziger junger Leute hat ihren Weg gemacht. Die werden auch solche Märchen rasch beiseite legen und sich den Herausforderungen des Tages stellen. Der Rest sucht immer noch den Schuldigen... den gierigen und betrügerischen Wessi (natürlich gibt es die!) oder neuerdings den Flüchtling, der wohlverdiente Mittel des Volkes auf sein Konto lenkt. Damit muß man leben, als Wessi und Ossi.

Der nächste verhängnisvolle Schritt bahnt sich an, der die Unzufriedenen politisch nutzt. Man wird sehen, daß die alles mögliche versprechen und dabei heftig Porzellan zerschlagen. und danach ist der Katzenjammer noch größer. Nicht schön, aber daran kann man nichts ändern. Man schießt nun einmal nicht auf den Weihnachtsmann.
Ich will da keine Ostalgie betreiben, die wirtschaftliche Situation ist aus dem DDR-Sozialismus entstanden. Allerdings ist der Eindruck entstanden, dass die Treuhand konkurrenzfähige Unternehmen gerne in kleinere Einheiten zerschlagen haben und man Entscheidungen traf, die Pro West-Unternehmen waren. Aber dieses Thema hätte vermutlich einen eigenen Thread verdient (wenn es den nicht schon gibt).
Na ja, an warnenden Stimmen gab es keinen Mangel; nur im Hochgefühl plötzlichen Reichtums und eines Mittelzuflusses wurden die für Miesepeter und Störer gehalten. Wer damals versucht hätte, die Menschen auf den Boden der Tatsachen zu stellen, der wäre vom Hof gejagt worden. Und Illusionisten sind immer noch am Werk, die mit wenigen einfachen Handgriffen das große Glück versprechen. Die Ernüchterung wird folgen... die zweite!

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 20:09
von sünnerklaas
Misterfritz hat geschrieben:(15 Jun 2019, 19:48)

Dabei hätten sie schon mehr wissen können, denn fast alle konnten Westfernsehen empfangen.
Und z.B. Arbeitslosenzahlen im Westen wurden und werden ja regelmässig in der Tagesschau bekannt gegeben. Schon alleine daran hätte man erkennen können, dass Marktwirtschaft auch gewisse Risiken mit sich bringt.
Die haben eher die Heile-Welt-Familienserien in ARD und ZDF geguckt. Triviale Hochglanzformate, deren Wirkung man nicht außer acht lassen sollte.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 20:11
von Woppadaq
Misterfritz hat geschrieben:(15 Jun 2019, 19:48)

Dabei hätten sie schon mehr wissen können, denn fast alle konnten Westfernsehen empfangen.
Und z.B. Arbeitslosenzahlen im Westen wurden und werden ja regelmässig in der Tagesschau bekannt gegeben. Schon alleine daran hätte man erkennen können, dass Marktwirtschaft auch gewisse Risiken mit sich bringt.
Gewisse Risiken haben die Leute schon gesehen, darauf, dass sie hart arbeiten und auf massig Lohn verzichten müssen, dass sie extremst ausgebeutet werden würden, darauf waren sie schon halbwegs vorbereitet. Aber nicht darauf, dass der Kapitalismus sie gar nicht ausbeuten, sondern ihre Betriebe schliessen wollte, weil sie eine Konkurrenz zum Westen darstellten.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 20:24
von Woppadaq
sünnerklaas hat geschrieben:(15 Jun 2019, 18:54)

Ich fürchte, das Tischtuch zwischen vielen Ost- und Westdeutschen ist zerschnitten. Ein so gründlich kaputt gegangenes gegenseitiges Vertrauen bekommt man nicht so schnell wieder aufgebaut.
Na nun mal langsam. Ich sehe bei den Ossis nach all den Jahren eher sowas wie Widerspruchsgeist, der spricht auch für ein etwas gestiegeneres Selbstbewusstsein. Wenn die in den Osten ziehenden Wessis damit umgehen können, ist irgendwann auch das Vertrauen wieder da. Was man als Wessi jetzt sieht, sind Leute, die sich für die falsche Partei entscheiden, was manch Ossi sieht, ist, dass er sich für eine Partei entscheidet, die die Wessis auf eine Art hassen, die sie an die Verfolgung Andersdenkender in der DDR erinnert. Ost und West mögen nicht ganz gleich denken und fühlen, aber sie brauchen einander, und im Normalfall erkennen sie das auch.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 20:26
von Skull
Woppadaq hat geschrieben:(15 Jun 2019, 20:11)

Aber nicht darauf, dass der Kapitalismus sie gar nicht ausbeuten,
sondern ihre Betriebe schliessen wollte, weil sie eine Konkurrenz zum Westen darstellten.
Solche „Legenden“ bleiben Legenden. Ohne jegliche Substanz.

Die meisten Betriebe der DDR waren nicht konkurrenzFÄHIG.
Somit konnten sie auch keine Konkurrenz für was auch immer darstellen.

Die meisten DDR Bürger kauften umgehend konkurrenzfähige Produkte aus Westeuropa.

In Massen. Warum nur wohl ? :D

Wenn die DDR so viele konkurrenzfähige Betriebe mit den entsprechenden Produkten
gehabt haben sollte...warum hat die dann kaum noch einer in der DDR selbst gekauft ?

Fangen wir am besten mit den Produkten Trabant und Wartburg an...
...und finden danach noch UNMENGEN weitere solcher Produkte und Betriebe.

Und um beim Thema zu bleiben...wir reden heute über das Jahr 2019 ! Nicht 1990 - 1999.

mfg

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 20:40
von Woppadaq
Skull hat geschrieben:(15 Jun 2019, 20:26)

Solche „Legenden“ bleiben Legenden. Ohne jegliche Substanz.
Na, wenn DU das sagst....

"

Über nachhaltige Fehlleistungen der Treuhandanstalt können diese Errungenschaften allerdings nicht hinwegtäuschen: So ist der Behörde vorzuwerfen, dass westdeutsche Betriebe die Abwicklung der VEB-Betriebe nutzten, um potenzielle Konkurrenten auszuschlachten – und Betrüger, um Kasse zu machen. Betriebe wurden zerschlagen, Unternehmenswerte drastisch kleingerechnet und dubiose Käufer – ohne Bonitätsprüfung durch die Treuhand – zugelassen.

Beispiel VEB Wärmeanlagenbau: Der ehemalige DDR-Monopolist für Heizkraftwerke und Fernwärmeleitungen mit seinen 1200 Mitarbeitern weckt Anfang 1991 das Interesse der Deutschen Babcock AG. Diese schickt ihren damaligen Prokuristen, Michael Rottmann, in die Hauptstadt, um den Kauf vorzubereiten. Rottmann allerdings verbündet sich mit den beiden Geschäftsführern des Anlagenbauers, der sich inzwischen Wärmeanlagen Berlin GmbH nennt. Rottmann malt die wirtschaftliche Situation der WBB derart schwarz, dass Babcock vom Kauf Abstand nimmt.

Der Treuhandanstalt präsentiert Rottmann gleichzeitig einen anderen potenziellen Käufer, das Schweizer Unternehmens Chematec. Die hoch verschuldete Firma, die für Rottmann als Strohmann dienen soll, erhält von der Treuhand den Zuschlag. Für zwei Millionen D-Mark kaufen die Eidgenossen die WBB. Dessen tatsächlicher Wert lag, so schätzen es Experten später, bei rund 68 Millionen Mark.

Nach der Abwicklung wechselt Rottmann in die WBB-Geschäftsführung – und beginnt, die Unternehmensreserven auf andere Konten zu transferieren, Grundstücke zu veräußern und Hypotheken aufzunehmen. So betrügen Rottmann & Co. die WBB um insgesamt knapp 150 Millionen D-Mark und hinterlassen dem Anlagenbauer einen Schuldenberg in Höhe von knapp 100 Millionen Mark."
( WiWo )

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 20:43
von Quatschki
Misterfritz hat geschrieben:(15 Jun 2019, 19:48)

Dabei hätten sie schon mehr wissen können, denn fast alle konnten Westfernsehen empfangen.
Und z.B. Arbeitslosenzahlen im Westen wurden und werden ja regelmässig in der Tagesschau bekannt gegeben. Schon alleine daran hätte man erkennen können, dass Marktwirtschaft auch gewisse Risiken mit sich bringt.
Die hohe Arbeitslosigkeit wurde auch in den Ostmedien und im politischen Unterricht thematisiert, als Zeichen der allgemeinen Krise des faulenden und parasitären Kapitalismus
Und die SED-PDS war entsprechend auch die einzige Partei, die vor der Wiedervereinigung gewarnt hat.
Nur hatten die leider damals gerade ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 20:49
von Sören74
Skull hat geschrieben:(15 Jun 2019, 20:26)

Wenn die DDR so viele konkurrenzfähige Betriebe mit den entsprechenden Produkten
gehabt haben sollte...warum hat die dann kaum noch einer in der DDR selbst gekauft ?
Einfache Antwort. Weil die DDR-Bürger praktisch kein Kapital hatten. Viele hätten es wirklich gerne gemacht, ihren eigen Betrieb zu übernehmen.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 20:51
von jorikke
Quatschki hat geschrieben:(15 Jun 2019, 20:43)

Die hohe Arbeitslosigkeit wurde auch in den Ostmedien und im politischen Unterricht thematisiert, als Zeichen der allgemeinen Krise des faulenden und parasitären Kapitalismus
Und die SED-PDS war entsprechend auch die einzige Partei, die vor der Wiedervereinigung gewarnt hat.
Nur hatten die leider damals gerade ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 20:55
von jorikke
Quatschki hat geschrieben:(15 Jun 2019, 20:43)

Die hohe Arbeitslosigkeit wurde auch in den Ostmedien und im politischen Unterricht thematisiert, als Zeichen der allgemeinen Krise des faulenden und parasitären Kapitalismus
Und die SED-PDS war entsprechend auch die einzige Partei, die vor der Wiedervereinigung gewarnt hat.
Nur hatten die leider damals gerade ein Glaubwürdigkeitsproblem.
Wenn die SED kein Glaubwürdigkeitsproblem gehabt hätte, wäre es nicht zur Wiedervereinigung gekommen und den DDR Bürgern ginge es heute wesentlich besser?
Mein Gott, Walter.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 20:57
von Woppadaq
Sören74 hat geschrieben:(15 Jun 2019, 20:49)

Einfache Antwort. Weil die DDR-Bürger praktisch kein Kapital hatten. Viele hätten es wirklich gerne gemacht, ihren eigen Betrieb zu übernehmen.
Und viele, die das Geld durchaus hatten, durften einfach nicht, wegen "unklaren Besitzverhältnissen" und Kohls Rückgabe-vor-Entschädigungs-Gesetz.

Die Währungsreform hat viele Betriebe im Osten vor eine Belastungsprobe gestellt, die auch viele konkurrenzfähige Westbetriebe nicht überlebt hätten. Viele Betriebe im Osten haben nur überlebt, wenn sie einen langfristigen Investor hatten. Waggonbau Görlitz ist ein Beispiel, dass DDR-Firmen sehr wohl konkurrenzfähig waren.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 20:57
von BlueMonday
Ich sag mal, die geschichtliche Aufarbeitung hat nur insfoern wert, dass man daraus lernt und die Wiederholung von Fehlern vermeidet. Wichtigste Lektion besteht sicherlich darin, dass Planwirtschaft/Sozialismus immer der weitaus schlechtere Ansatz ist. Das hat der Ostdeutsche im Großen und Ganzen recht schnell verstanden bis auf ein paar unverbesserliche Ostalgiker vielleicht. Sozialistische Träumereien entfleuchen heutzutage auch eher westdeutschen Hirnen mit Linkswindung, denen die realsozialistische Anschauung gänzlich fehlt.

Intereressanter als der Blick in die unglückliche Vergangenheit der Teilung sind Ideen, wie man mit der Zukunft im Osten umgeht. Da muss man schauen, was schon da ist. Landwirtschaft und Forstwirtschaft bspw. sind nicht so intensiv von den reinen Beschäftigungszahlen her, und in diesen Bereichen hat der Osten auch ordentllich aufgeholt, teilweise sogar überholt. Dort sollte man ansetzen und ausweiten, über Folgeindustrien nachdenken und dann im Zuge dieser Entwicklung ein neues Selbstbewusstsein entwickeln. Nur so entsteht langfristig Anziehungskraft und Perspektive. Es geht auch nicht plump um Quantitäten. Es geht um einen Typus Mensch, der sich eben nicht bequem dorthin verflüchtigt, wo alles schon prächtig läuft, sondern um Menschen mit einer gewissen Leidenschaft und Leidensfähigkeit und einer positiven Vision, die sie treibt. Dümmliches Rumgefrotzel hingegen ist nicht hilfreich.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 21:04
von Quatschki
jorikke hat geschrieben:(15 Jun 2019, 20:55)

Wenn die SED kein Glaubwürdigkeitsproblem gehabt hätte, wäre es nicht zur Wiedervereinigung gekommen und den DDR Bürgern ginge es heute wesentlich besser?
Mein Gott, Walter.
Wenn der Einigungsvertrag auf Ostseite nicht von bürgerbewegten Traumtänzern, sondern von Leuten mit ökonomischem und juristischem Sachverstand ausgehandelt worden wäre.
Aber solche Leute gab es nur im staatlichen Außenhandel und in Schalck-Golodkowskis Truppe und die waren dummerweise alle Genossen.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 21:07
von Sören74
BlueMonday hat geschrieben:(15 Jun 2019, 20:57)

Wichtigste Lektion besteht sicherlich darin, dass Planwirtschaft/Sozialismus immer der weitaus schlechtere Ansatz ist.
Wobei man auch sagen muss, dass eine seltsame Mischung aus Planwirtschaft, Sozialismus und Kapitalismus in China äußerst erfolgreich ist. Paradox, aber real. :)

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 21:11
von Sören74
Quatschki hat geschrieben:(15 Jun 2019, 21:04)

Wenn der Einigungsvertrag auf Ostseite nicht von bürgerbewegten Traumtänzern, sondern von Leuten mit ökonomischem und juristischem Sachverstand ausgehandelt worden wäre.
Ich weiß nicht, ob dann die DDR-Seite wirklich besser weggekommen wäre. Es gab zumindest unter Ökonomen durchaus die Vorstellung, man könnte aus der DDR auf Dauer ein Niedriglohnland machen. Und zwar war nicht gemeint ein Lohnniveau, wie es heute in den neuen Bundesländern vorherrscht, sondern eher wie Polen.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 21:11
von Alter Stubentiger
Woppadaq hat geschrieben:(15 Jun 2019, 20:57)

Und viele, die das Geld durchaus hatten, durften einfach nicht, wegen "unklaren Besitzverhältnissen" und Kohls Rückgabe-vor-Entschädigungs-Gesetz.

Die Währungsreform hat viele Betriebe im Osten vor eine Belastungsprobe gestellt, die auch viele konkurrenzfähige Westbetriebe nicht überlebt hätten. Viele Betriebe im Osten haben nur überlebt, wenn sie einen langfristigen Investor hatten. Waggonbau Görlitz ist ein Beispiel, dass DDR-Firmen sehr wohl konkurrenzfähig waren.
Da sollte man sich nichts vormachen. Der Großteil war nicht konkurrenzfähig. Selbst da wo die DDR sich mal an HighTech versuchte, Robotron, hinkte man 15 Jahre hinterher. Da baute man eine Z-80 Kopie als sich im Westen längst der Intel 8086/88 durchgesetzt hatte und der Intel 80386 das Maß aller Dinge war.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 21:14
von Alter Stubentiger
Sören74 hat geschrieben:(15 Jun 2019, 21:07)

Wobei man auch sagen muss, dass eine seltsame Mischung aus Planwirtschaft, Sozialismus und Kapitalismus in China äußerst erfolgreich ist. Paradox, aber real. :)
Ne. Da ist viel Propaganda. Berichtet werden darf ja allenfalls aus den prosperierenden Regionen und über die Erfolgsgeschichten. Große Teile Chinas aber liegen völlig im Dunkeln. Da hört man nur sporadisch was da wirklich los ist. Z.B. über die Umerziehungslager für die Uiguren.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 21:20
von Sören74
Alter Stubentiger hat geschrieben:(15 Jun 2019, 21:14)

Ne. Da ist viel Propaganda. Berichtet werden darf ja allenfalls aus den prosperierenden Regionen und über die Erfolgsgeschichten. Große Teile Chinas aber liegen völlig im Dunkeln. Da hört man nur sporadisch was da wirklich los ist. Z.B. über die Umerziehungslager für die Uiguren.
Das bezieht sich natürlich auf den reichen Südosten und den dort ansässigen Metropolen.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 21:24
von Woppadaq
Alter Stubentiger hat geschrieben:(15 Jun 2019, 21:11)

Da sollte man sich nichts vormachen. Der Großteil war nicht konkurrenzfähig. Selbst da wo die DDR sich mal an HighTech versuchte, Robotron, hinkte man 15 Jahre hinterher. Da baute man eine Z-80 Kopie als sich im Westen längst der Intel 8086/88 durchgesetzt hatte und der Intel 80386 das Maß aller Dinge war.
Ich würd das nicht so eng sehen. Der KC85 war in etwa auf Höhe mit dem C64, der selbst anfang der 90er noch zahlreich verkauft wurde. Der 1990 vorgestellte EC1835 Turbo war bereits ein 80386, das war zur damaligen Zeit Mittelklasse.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 21:39
von Skull
Woppadaq hat geschrieben:(15 Jun 2019, 20:40)

Na, wenn DU das sagst.
Irgendwelche Texte und Beispiele auch von schlechtesten Abwicklungen im Rahmen der Treuhand gibt es zur Genüge.
Unbestritten.

Hat aber nichts mit meinem Widerspruch und meiner Aussage zu tun. ;)

mfg

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 21:42
von Skull
Sören74 hat geschrieben:(15 Jun 2019, 20:49)

Einfache Antwort.

Weil die DDR-Bürger praktisch kein Kapital hatten.
Viele hätten es wirklich gerne gemacht, ihren eigen Betrieb zu übernehmen.
Deine Antwort ist also, die DDR Bürger kauften nicht Ihre eigenen Produkte,
nicht von den Betrieben, wo sie lebten und arbeiteten,
weil sie (nur) kein Geld hatten um einen eigenen Betrieb aufzumachen.

Muss ich nicht verstehen...

mfg

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 21:49
von Skull
Woppadaq hat geschrieben:(15 Jun 2019, 20:57)

Waggonbau Görlitz ist ein Beispiel, dass DDR-Firmen sehr wohl konkurrenzfähig waren.
Einige Einzel-Beispiele eines konkurrenzfähigen Betriebes sind eine verschwindende Minderheit
bei Zehntausend von Nicht-Konkurrenzfähigen Betrieben mit Nicht-Konkurrenzfähigen Produkten.

mfg

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 21:57
von Sören74
Skull hat geschrieben:(15 Jun 2019, 21:42)

Deine Antwort ist also, die DDR Bürger kauften nicht Ihre eigenen Produkte,
nicht von den Betrieben, wo sie lebten und arbeiteten,
weil sie (nur) kein Geld hatten um einen eigenen Betrieb aufzumachen.

Muss ich nicht verstehen...

mfg
Klassisches Missverständnis. :D Ich habe Deine Frage so verstanden, warum die DDR-Bürger nicht ihre Betriebe selbst gekauft haben. Du hast vermutlich gemeint, warum sie nicht ihre eigenen Produkte gekauft haben.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 22:24
von Woppadaq
Skull hat geschrieben:(15 Jun 2019, 21:49)

Einige Einzel-Beispiele eines konkurrenzfähigen Betriebes sind eine verschwindende Minderheit
bei Zehntausend von Nicht-Konkurrenzfähigen Betrieben mit Nicht-Konkurrenzfähigen Produkten.

mfg
Na, wenn du das sagst...ich glaub mehr der WiWo, zumal sich das mit meinen Beobachtungen deckt.

Die Firma, die den Wartburg hergestellt hat, wurde übrigends von Opel aufgekauft, und dort wird immer noch produziert - anstelle von Rüsselsheim. Der Motorradbau in Zschopau (MZ), der vor der Wende als der grösste Motorradbauer der Welt galt, hat noch bis 2008 produziert.

Im übrigen gab es gar nicht so wahnsinnig viel Betriebe, verglichen mit dem Westen. Weshalb die Schliessung von einigen dort ziemliche Löcher hinterliess. Also von wegen "zehntausende Betriebe", so viele waren das gar nicht.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 22:34
von Misterfritz
Woppadaq hat geschrieben:(15 Jun 2019, 22:24)

Na, wenn du das sagst...ich glaub mehr der WiWo, zumal sich das mit meinen Beobachtungen deckt.

Die Firma, die den Wartburg hergestellt hat, wurde übrigends von Opel aufgekauft, und dort wird immer noch produziert - anstelle von Rüsselsheim.
Ja, vom Westen aufgekauft, die Opel-Technologie und Produktion dort installiert und dann produziert. Das hat mit der ehemaligen Wartburg-Fabrikation aber nichts mehr zu tun.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 22:43
von Woppadaq
Misterfritz hat geschrieben:(15 Jun 2019, 22:34)

Ja, vom Westen aufgekauft, die Opel-Technologie und Produktion dort installiert und dann produziert. Das hat mit der ehemaligen Wartburg-Fabrikation aber nichts mehr zu tun.
Die Fertigungsstrasse, die heute den Opel produziert, war im wesentlichen schon vor der Wende da - und sehr wohl schon auf Westniveau.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 22:47
von Skull
Woppadaq hat geschrieben:(15 Jun 2019, 22:24)

Na, wenn du das sagst...ich glaub mehr der WiWo, zumal sich das mit meinen Beobachtungen deckt.

Die Firma, die den Wartburg hergestellt hat, wurde übrigends von Opel aufgekauft,
und dort wird immer noch produziert - anstelle von Rüsselsheim.
Dein WiWO Bezug ist zusammenhanglos zu meiner Aussage.

Und Wartburg war eben ein klassisches NICHT-konkurrenzfähiges Produkt.
In einem klassisch nicht konkurrenzfähigen Betrieb. Bestätigt doch EXAKT meine Aussage.

mfg

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 22:49
von Misterfritz
Woppadaq hat geschrieben:(15 Jun 2019, 22:43)

Die Fertigungsstrasse, die heute den Opel produziert, war im wesentlichen schon vor der Wende da - und sehr wohl schon auf Westniveau.
DAS möchte ich arg bezweifeln. Oder wie kam es, dass es trotz angeblicher Fertigungstrasse nach Westniveau die DDR es nie geschafft hat, Autos in der benötigten Menge zu produzieren (von der Qualität will ich gar nicht erst reden)?

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 22:51
von Skull
Woppadaq hat geschrieben:(15 Jun 2019, 22:24)

Also von wegen "zehntausende Betriebe", so viele waren das gar nicht.
Dann frische mal Deine Erinnerungen auf. Wieviel (11.000 ?) klassische VEB‘s es gab,
von den vielen anderen HO‘s, LPG’s, PGH’s , Konsum’s ... und anderen „Unternehmen“ mal ganz abgesehen. :D

mfg

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 22:57
von Skull
Woppadaq hat geschrieben:(15 Jun 2019, 22:43)

Die Fertigungsstrasse, die heute den Opel produziert,
war im wesentlichen schon vor der Wende da - und sehr wohl schon auf Westniveau.
Misterfritz hat geschrieben:(15 Jun 2019, 22:49)

DAS möchte ich arg bezweifeln.

Oder wie kam es, dass es trotz angeblicher Fertigungstrasse nach Westniveau die DDR es nie geschafft hat,
Autos in der benötigten Menge zu produzieren (von der Qualität will ich gar nicht erst reden)?
:D

Am 13. Dezember 1990 unterzeichneten der Präsident der Treuhandanstalt, Detlev Rohwedder, der Vorstandsvorsitzende der Adam Opel AG, Louis R. Hughes, und der Geschäftsführer des Automobilwerkes Eisenach einen Grundstückskaufvertrag, um den Bau eines neuen Automobilmontagewerkes zu ermöglichen. Am 7. Februar 1991 erfolgte die Grundsteinlegung, am 9. September 1991 das Richtfest für das neue Werk, in das Opel rund eine Milliarde D-Mark investierte. Fast zeitgleich wurde das Automobilwerk Eisenach abgewickelt und die dortige Produktion des Wartburg 1.3 eingestellt.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Opel_Eisenach

mfg

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 23:03
von Misterfritz
Skull hat geschrieben:(15 Jun 2019, 22:57)

:D

Am 13. Dezember 1990 unterzeichneten der Präsident der Treuhandanstalt, Detlev Rohwedder, der Vorstandsvorsitzende der Adam Opel AG, Louis R. Hughes, und der Geschäftsführer des Automobilwerkes Eisenach einen Grundstückskaufvertrag, um den Bau eines neuen Automobilmontagewerkes zu ermöglichen. Am 7. Februar 1991 erfolgte die Grundsteinlegung, am 9. September 1991 das Richtfest für das neue Werk, in das Opel rund eine Milliarde D-Mark investierte. Fast zeitgleich wurde das Automobilwerk Eisenach abgewickelt und die dortige Produktion des Wartburg 1.3 eingestellt.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Opel_Eisenach

mfg
Ok, danke,
ich war zu faul zum Suchen ;)

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 23:05
von Skull
Misterfritz hat geschrieben:(15 Jun 2019, 23:03)

Ok, danke,
ich war zu faul zum Suchen ;)
Gewusst haben wir das ja wohl beide (auch vorher).

Aber andere muss man immer wieder ... allgemein bekannte Dinge NOCHMALS belegen... :p

Wie ich schon schrieb... viele (falsche) “Legenden“...

mfg

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 23:13
von Quatschki
Woppadaq hat geschrieben:(15 Jun 2019, 22:24)
Im übrigen gab es gar nicht so wahnsinnig viel Betriebe, verglichen mit dem Westen. Weshalb die Schliessung von einigen dort ziemliche Löcher hinterliess. Also von wegen "zehntausende Betriebe", so viele waren das gar nicht.
Wenn du da mal nicht falsch liegst.
Es gibt in praktisch jeder Stadt und jedem größeren Ort liquidierte Industriebetriebe,
manchmal nur Betriebsstätten mit 50 Leuten, aber das gilt ja heutzutage im Osten schon als Großunternehmen.
Zum Beispiel das Landmaschinenkombinat "Fortschritt". 1990 waren das 55.000 Beschäftigte, dutzende Zweigwerke und hunderte Betriebsteile für Zulieferkomponenten.
Ein riesiger Maschinenbaukonzern, in der Oberlausitz der Hauptarbeitgeber.
Vor einigen Wochen bin ich am Mähdrescherwerk Singwitz vorbeigewandert.
Südlich von Bautzen im idyllischen Tal der Spree (die da noch ein kleines Flüßchen ist) ein großes stillgelegtes Werk an einer stillgelegten Bahnstrecke in einer stillgelegten Gegend.
Eine der Hallen wird von einem Nachfolgebetrieb mit ein paar Dutzend Beschäftigten genutzt,
eine andere ist Stützpunkt einer LKW-Spedition. Der Rest gammelt vor sich hin...

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Samstag 15. Juni 2019, 23:32
von Woppadaq
Misterfritz hat geschrieben:(15 Jun 2019, 22:49)

DAS möchte ich arg bezweifeln. Oder wie kam es, dass es trotz angeblicher Fertigungstrasse nach Westniveau die DDR es nie geschafft hat, Autos in der benötigten Menge zu produzieren (von der Qualität will ich gar nicht erst reden)?
Weil es eben nur eine Fertigungsstrasse war. Der Output von Autos aus jener Fertigungsstrasse ist heute nicht höher als damals.

Produktion von Wartburgs zwischen 88 und 91: 152.775 Stück
Produktion von Opel Adams zwischen 2013 und 2018: 136.069 Stück

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Sonntag 16. Juni 2019, 00:47
von Teeernte
Skull hat geschrieben:(15 Jun 2019, 22:51)

Dann frische mal Deine Erinnerungen auf. Wieviel (11.000 ?) klassische VEB‘s es gab,
von den vielen anderen HO‘s, LPG’s, PGH’s , Konsum’s ... und anderen „Unternehmen“ mal ganz abgesehen. :D

mfg
Wir frischen auf..... HO - Handelsorganisation ....sowas wie ein Laden .... LPG - Landwirtschaft.... PGH Handwerk Konsum - ähnlich HO.

Im Westen - kein Problem eine Pleite in Eigenregie der Beschäftigten (Firmenleitung) - und Neuanfang.

In den HO sicher mit einem Umbau und anderem Warensystem - so wie es die EDEKA in vielen übernommenen Kaufhallen gemacht hat .....

...sicher brauchte man für Fotoapparate keine Reparaturhandwerker mehr - aber Elektro, Bau ....Tischler... gibt es ja heute wieder.

Jede Firma kann dazu sicher ein eigenes Lied anstimmen.

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Ich bin die andere Seite >> Firmen Gründer - in der WENDEZEIT .

Man benötigt eine Firmenanschrift - ....auf ein Gewerbeobjekt. Da ging keine Garage... keine Wohnung.

Start mit NULL - ähmmm...stimmt - mit 100 DM - das Begrüssungsgeld. - im Westen - eine Partnerfirma gefunden, (die im alten Rolleigelände für 5 Pfennig Quadratmeter Miete eine halbe Halle angemietet hat.)

Arbeit war da - Leute ausreichend - es hate mir nur die Immobile gefehlt.

Da haben sich die Pleitegeier festgefressen - selbst HEUTE noch sind die Hallenimmobilien NICHT anzumieten - deshalb der Verfall . Kauf zu utopischen Preisen wird gern angeboten.

Über einen Wessi als Strohmann hab ich dann eine PGH MIET-Immobilie 160 qm im NEUBAUBLOCK mit 15 Angestellten übernehmen dürfen .
Volles Auftragsbuch organisiert.. ..satte Tagesumsätze aber keinen Platz zum Arbeiten.

Kredit zum Kaufen ? Als Ossi erstmal nicht.

Am Rande der Stadt hab ich dann einen Kuhstall anmieten ----und umbauen dürfen. 5000 qm 150.000 DM Umbaukosten - daneben angesehene West Firmen .....ebenfalls Umbau - es waren 10 Kuhställe.
Gewerbeanmeldung...

Nach einem halben Jahr wunderbarem Geschäft - kam die Verfügung - Die normale Geschäftsöffnung am Montag der nächsten Woche wird untersagt - bei 250.000 DM Ordnungsgeld. (Erst mal ohne Grund)
(Die Nutzungsänderungsgenehmigung hat gefehlt... :D :D :D ) Hatten die anderen (West) Firmen auch nicht . Nur mich hatte es getroffen. Hier sind die umliegenden Firmen mit ihren Rechtsabteilungen eingesprungen - sonst wär ich platt.

In der PGH Mietimmobilie >> Besuch vom Gewerbeamt - für die Menge Angestellte - zu wenig Toiletten... Nicht mehr als 10 Angestellte und nur ein Geschlecht. (es gab keine getrennten Toiletten - ein NEUBAU Klo im DDR Neubaublock da ist kein Umbau möglich gewesen)

Jeden Monat einen kleinen "Einschlag" ....alle halbe Jahre eben eine "Detonation" - Beispiel >> Knast/Hausdurchsuchung wegen "Verstoß" gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz .....ich hatte !einen! LO des Fischwarenkombinates an einen Holländer verkauft.....der diesen an einen Bulgaren verkauft hat. Der LO sieht so aus >> https://images.app.goo.gl/zEkijAQLPZuLTzwKA
und war GRÜN lackiert. Nach Zahlung von 50 DM "Ordnungsgeld" ein paar Seiten Papier weiter auf dem bewährten Kurs...

Lange Rede.... Nach 5 Jahren "Selbsthaftender" hab ich dann die 40 Leute entlassen - Arbeit war noch GENUG da
Letzter Grund ...Steuernachzahlung - die Fahrtenbücher (die man auf der Tankstelle kauft ) der Firma werden nicht anerkannt - weil nicht gebunden sondern NUR geklammert. ->> bin ich dann als Berater - mit dem selben Gewinn unterwegs gewesen.

Mein RAT >> Keine Selbständige NIEDERLASSUNG im OSTEN !!!

Kein Ost FINANZAMT ! Heute das größte Investitionshemmnis. Rechtsstaat ??? - klar kannst Du klagen....das Geld aber gleich zahlen - und die Verfahren verjähren - weil der Staat die Verfahrensmenge nicht schafft.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Sonntag 16. Juni 2019, 07:00
von watisdatdenn?
Woa @Teeernte!

Das ist ein krasser Erfahrungsbericht!

Wobei das heute mit der haftungsbeschränkten UA einfacher sein sollte?

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Sonntag 16. Juni 2019, 17:24
von sünnerklaas
Sören74 hat geschrieben:(15 Jun 2019, 20:49)

Einfache Antwort. Weil die DDR-Bürger praktisch kein Kapital hatten. Viele hätten es wirklich gerne gemacht, ihren eigen Betrieb zu übernehmen.
Das fehlende Eigenkapital war und ist das Drama Osteuropas. Der Teufelskreis wurde dadurch verstärkt, dass qualifizierte Arbeitskräfte die neuen Länder und die Länder Osteuropas in Scharen verlassen haben. Für die osteuropäischen Länder war das am Anfang eine feine Sache: es kamen die Heimatüberweisungen in harter Valuta. das eigentliche Drame wird aber heute sichtbar: man ist auf Gedeih und Verderb auf ausländische Investoren und ausländisches Geld angewiesen. Eine wirkliche Gründerszene gibt es nicht, einen wirklichen Mittelstand auch nicht. Der polnische Handwerker geht lieber nach D, Benelux oder GB und meldet dort sein Unternehmen an. Der polnische Tüftler mach das erst recht - bei dem kommt noch hinzu, dass ein beim Bundespatentamt eingetragenes Patent einen deutlich besseren Ruf hat, als ein in Polen eingetragenes polnisches Patent. Ein polnischstämmiger Unternehmer, der hier in D ansässig ist und mehrere Patente angemeldet hat, hat mir mal erzählt, dass er dem Bundespatentamt mehr vertraut, als dem polnischten Patentamt...

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Sonntag 16. Juni 2019, 17:53
von Teeernte
watisdatdenn? hat geschrieben:(16 Jun 2019, 07:00)

Woa @Teeernte!

Das ist ein krasser Erfahrungsbericht!

Wobei das heute mit der haftungsbeschränkten UA einfacher sein sollte?
Nö - das Amt wittert hinter ALLEM kriminelle Energie.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Montag 17. Juni 2019, 16:01
von Alter Stubentiger
Woppadaq hat geschrieben:(15 Jun 2019, 21:24)

Ich würd das nicht so eng sehen. Der KC85 war in etwa auf Höhe mit dem C64, der selbst anfang der 90er noch zahlreich verkauft wurde. Der 1990 vorgestellte EC1835 Turbo war bereits ein 80386, das war zur damaligen Zeit Mittelklasse.
Vorstellen kann man viel. Man muß aber liefern und Gewinn damit machen. Bedenke auch dass die Prozessoren der DDR und illegale Raubkopien waren. Robotron hatte kein Lizenz für Z-80 oder x86 Prozessoren!
Viele ehemalige Ostler machen sich über die Konkurrenzfähigkeit der damaligen Ostbetriebe ziemlich Illusionen.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Montag 17. Juni 2019, 16:04
von Alter Stubentiger
Woppadaq hat geschrieben:(15 Jun 2019, 22:24)

Na, wenn du das sagst...ich glaub mehr der WiWo, zumal sich das mit meinen Beobachtungen deckt.

Die Firma, die den Wartburg hergestellt hat, wurde übrigends von Opel aufgekauft, und dort wird immer noch produziert - anstelle von Rüsselsheim. Der Motorradbau in Zschopau (MZ), der vor der Wende als der grösste Motorradbauer der Welt galt, hat noch bis 2008 produziert.

Im übrigen gab es gar nicht so wahnsinnig viel Betriebe, verglichen mit dem Westen. Weshalb die Schliessung von einigen dort ziemliche Löcher hinterliess. Also von wegen "zehntausende Betriebe", so viele waren das gar nicht.
Opel mußte beim Restart im Osten alles neu bauen. Von den Produktionsstätten des Wartburgs konnte nichts genutzt werden. Alles marode. Alles uralt. Die DDR-Industrie lebte von der Substanz.

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Montag 17. Juni 2019, 16:13
von BlueMonday
Oder so gesagt: Wäre der Realsozialismus der DDR so konkurrenzfähig gewesen, wie manche (immer noch) fantasieren, dann hätte man keine große teure Mauer um ihn bauen müssen und stattdessen wären die Menschen scharenweise vom "kapitalistischen Ausland" ins sozialistische Paradies geströmt. Die Strömungsrichtung war aber bekanntlich entgegengesetzt ... und dieser Sog wirkt ja bis heute über 30 Jahre nach der Revolution noch nach. Und die eigentliche spannende Frage bleibt, wie sich der Osten in Zukunft entwickelt, wie man wirklich konkurrenzfähig wird, wie man die Kehrtwende schafft ...

Re: Ostdeutschland: Einwohnerzahl sinkt dramatisch

Verfasst: Montag 17. Juni 2019, 17:06
von Agesilaos Megas
Inspyration hat geschrieben:(13 Jun 2019, 19:56)
danach werden sich viele Westdeutsche in ihren Legebatterien namens Köln oder Bremen, wo ich nicht mal tot überm Zaun hängen wollte, noch sehnen.
Also Halle und Leipzig sind schon recht schön, fortschrittlich und schneiden im Vgl. mit westdeutschen Städten derselben Größe ganz gut ab, wenn es um den ÖPNV oder die Innenstadt geht (weniger Autos). Braunschweig, Hannover, Wolfsburg etc. - das sind betonierte Massengräber ohne städtische Kultur, aber für eine desaströse Lebensweise.

Aber Du kannst halt auch nicht leugnen, dass schöne Städtchen wie Bautzen gruselig sind, weil halt die Menschen fehlen...