Alexyessin hat geschrieben:(22 Sep 2016, 10:49)
Weil so etwas gerne mal untergeht. Und ich glaube nicht mal aus Absicht, sondern weil es eben nicht beachtet wird. Sicherlich waren die "normalen" deutschen Soldaten ebenfalls traumatisiert, wenn es auch hier eine aktive Rolle bei den Säuberungen gegeben hat. Aber der russische Bauer, der nichts weiter tat, als schlichtweg seine Heimat zu verteidigen, die waren total am Ende. Und nein, ich möchte damit nicht die Verbrechen kleinreden, ich möchte, das hier verstanden wird woher die kommen.
Die Nazi-ideologie wurde ja in weiten Teilen der Bevölkerung mitgetragen und dann als Bumerang von den roten Soldaten genauso gesehen. Okay, die Deutschen waren in deren Augen wenigstens kein Ungeziefer sondern Faschisten und somit Feind an Land und Menschen Rußlands. Dies und die Traumatisierung haben dazu geführt, das eben auch viele Unschuldige unter diesen Auswüchsen zu leiden hatten.
Moin,
das Problem ist aber doch, dass das Untergehen genau umgekehrt war. Die vergewaltigten deutschen Frauen, insbesondere von den Westalliierten, das wurde erst vor ein paar Jahren zum ersten Mal richtig in der Bundesrepublik richtig thematisiert. Für viele zu spät, sie dürften die Debatte nicht mehr erlebt haben. Ich bin mir nicht sicher, glaube aber nicht, dass es in der DDR bezüglich der Rotarmisten besser war, was das Verschweigen angeht.
Anderes, wie die Vertreibungen, wurde hingegen mehr als ausreichend in der Bundesrepublik thematisiert. Die Vertriebenenverbände haben auch politisch (Schirmherr ja wohl hauptsächlich die CSU) dafür gesorgt. Dennoch war es auch in meiner Schulzeit so üblich, das damit zu rechtfertigen, dass es ja die deutsche Kriegsschuld gab und dass das die Vertreibung gerechtfertigt hätte. Rechtspopulistische und revanchistische Äußerungen aus den Vertriebenenverbänden taten ein übriges, so das ich als junger Mensch die Vertreibung als gerechtfertigt und nicht so schlimm empfand. Nur war sie es nicht. Es war ein klares Verbrechen wie jede Vertreibung.
Ich war früher auch auf links-rechts, gut-böse usw. gestrickt. Schubladen- und Lagerdenken war auch für mich bequem. Aber mir ist irgendwann bewusst geworden, dass man
alle Opfer benennen muss. Denn durch Verschweigen werden diese erneut zum Opfer.
Ich stimme Dir völlig zu, dass darüber nicht die wahren Schuldigen am 2. Weltkrieg und den Gräueltaten vergessen werden dürfen. Da mein einer Großvater im KZ Bergen-Belsen ermordet wurde, habe ich daran auch ein familiäres Interesse. Meine Familie hat sehr unter der Naziherrschaft gelitten (mein anderer Großvater saß längere Zeit im Knast, weil er die NSDAP öffentlich eine Bande von Räubern und Verbrecher genannt hatte; etwas, wofür er sich noch bis in die 50'er und 60'er Jahre vor deutschen Behörden zu rechtfertigen hatte, die deshalb in ihm einen Kommunisten vermuteten; bei denen wäre das wohl nach damaliger staatlicher Meinung gerechtfertigt gewesen; er war allerdings wirklich keiner)
Natürlich wiegen die Verbrechen der Westalliierten dagegen lange nicht so schwer, nicht mal im entferntesten (bei Stalin und vielem, was in und durch Russland passiert ist, würde ich hingegen darüber durchaus diskutieren, ich halte ihn für einen der schlimmsten Verbrecher der Menschheitsgeschichte, genau wie Hitler und seine Schergen).
Aber deshalb darf man es dennoch nicht verschweigen.