Brainiac » Mi 14. Okt 2015, 09:59 hat geschrieben:
Wo bitte habe ich dem „Dänischen Arbeitgeberverband eine völlige Blödheit bzw. das Bedürfnis unterstellst, die Zahlen mit den verrücktesten Methoden schlechterzudrehen“? Du weißt, was ein Strohmann ist, oder?
Wie viele dieser untersuchten Asylberechtigten dort in einem erwerbsfähigen Alter ankamen bzw. jetzt sind, weiß man aus der Quelle einfach nicht – falls du da Näheres findest, kannst du es ja gerne posten. OK, der Anteil der erwerbsfähigen Personen innerhalb der Asylbewerber dürfte wesentlich höher sein als der in der Gesamtbevölkerung. Das kann man aber auch positiv sehen.
In der Diskussion, in die du dich eingeklinkt hast, ging es darum, wie viele Folgekosten Asylbewerber verursachen durch dauerhaften Verbleib im Sozialsystem. Darüber sagt deine Quelle nichts aus, ich kann mich nur wiederholen. Und bei der Bewertung, welcher prozentuale Anteil dieser Bevölkerungsgruppe dem Staat auf der Tasche liegt, muss man eben die Gesamtbevölkerung als Vergleichsgröße heranziehen und nicht die im erwerbsfähigen Alter.
Wer im Hinblick auf die Frage, ob Einwanderer integriert sind oder nicht, herausfinden will, welcher prozentuale Anteil der Einwanderer erwerbstätig ist, wird diesen Anteil über die erwerbsfähigen Einwanderer berechnen, und nicht über alle Einwanderer, egal welchen Alters. Es kann nicht als Hinweis auf eine schlechte Integration gewertet werden, wenn ein 11-Jähriger Einwanderer nicht erwerbstätig ist. Es ist auch kein Zeichen für schlechte Integration, wenn Einwanderer besonders viele Kinder haben. Solche Statistiken, die über Kinderreichtum dann hohe Nichterwerbsquoten ergäben, weil sie sich auf Gesamtbevölkerungen beziehen, wird niemand machen... denn wenn man mit solchen Statistiken argumentieren würde, würden die sofort in der Luft zerissen. Übrigens rechnet auch die von dir angeführte Statistik zur Beteiligung am Erwerbsleben so: "Personen unter 15 Jahren gelten als Nichterwerbspersonen und werden nicht zur Erwerbstätigkeit befragt."
Und hohe Anteile an erwerbsfähigen Personen in einer Gruppe als positiv zu sehen, wenn die Erwerbstätigkeit in dieser Gruppe stark unterdurchschnittlich ist... das kann auch nur ein Einwanderungs-Schönredner bringen.
Was die Folgekosten von Asylbewerbern angeht, so würde ich statt auf die von Dir gebrachten eher unergiebigen Statistiken eher mal einen Blick auf die Untersuchung "Der Beitrag von Ausländern und künftiger Zuwanderung zum deutschen Staatshaushalt" von Holger Bonin werfen. Die wird ja über Verdrehungen und Weglassungen gern verwendet, um die bisherige und sogar auch die jetzige Einwanderung schönzureden (Motto: "Ausländer finanzieren deutsche Sozialsysteme"). Wenn man sie aber nicht durch Weglassungen und Verdrehungen verstümmelt, bis die Zahlen angenehm sind, sondern gründlich und sorgfältig liest, dann hilft das schon ein wenig weiter...
In der Pressezusammenfassung ist folgendes zu lesen:
"Der Überschuss, der bleibt, wenn die von den heute lebenden und künftig geborenen Generationen gezahlten Steuern und Beiträge von den empfangenen Sozialtransfers abgezogen werden, ist bei Weitem nicht groß genug, um die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen in Deutschland zu sichern. [...] Um die implizite Staatsschuld abzutragen, müsste jeder Bürger heute und in Zukunft 1.082 Euro pauschal mehr an den Staat abführen [pro Jahr, in einer Berechnung ohne Einwanderungen].
Unterstellt man, das künftig 200.000 Personen jährlich zuwandern, kann sich dieser Pauschalbetrag vergrößern oder verkleinern, je nachdem, welche Annahme über die künftige Qualifikationsstruktur der Einwanderer getroffen wird. Im ungünstigen Extremfall, dass künftige Zuwanderer durchweg so qualifiziert sind wie der Durchschnitt der ausländischen Wohnbevölkerung im Jahr 2012, müsste jeder Bürger zur Sicherung der fiskalischen Nachhaltigkeit pro Kopf und Jahr 125 Euro mehr zahlen, als im Referenzfall einer Bevölkerungsentwicklung ohne Wanderungen."
Hier muß ich schmunzeln... Für Bonin und seine Forscher ist es also der ungünstige Extremfall, daß künftige Einwanderer genau so qualifiziert sind wie der Durchschnitt der ausländischen Wohnbevölkerung im Jahr 2012. Für Bonin kann es scheinbar nur aufwärts gehen... an solchen Details kann man übrigens auch schon die innere Voreingenommenheit der Forscher erkennen.
Leider haben wir aber jetzt einen noch ungünstigeren Extremfall als den "ungünstigsten Extremfall"... denn die ausländische Bevölkerung des Jahres 2012, bei allen Qualifikationsmängeln, ist ja im Vergleich zu den Armutsflüchtlingen, die jetzt aus Afrika, Nahost, Balkan etc. kommen, VIEL BESSER qualifiziert gewesen... denn sie enthielt ja zahlreiche EU-Arbeitsmigranten, sowie auch zahlreiche in Deutschland schon vor 2012 ausgebildete Ausländer.
Ich folgere dies aus den Zahlen Bonins:
1. Einwanderung war für deutsche Bürger, was öffentliche Haushalte und Sozialsysteme angeht, durchschnittlich gesehen, noch nie ein Gewinn, sondern im Durchschnitt eine gravierende Belastung. Die Nachhaltigkeitslücke gäbe es ohne Ausländer gar nicht. "Positive Beiträge" von Ausländern sind nur damit zu berechnen, daß man Ausgaben für Ausländer in den Rechnungen einfach weglässt oder willkürlich auf Null setzt. Dann aber sind ihre "positiven Beiträge" gegenüber den "positiven Beiträgen" der Deutschen ein Fliegenschiß.
2. Weil die vergangene Einwanderung eine Belastung für die Bürger war, ist eine zukünftige Einwanderung mit derselben Qualifikation wie die der Ausländer zum Zeitpunkt 2012 (also schon durch mehr oder weniger lange Anwesenheit in Deutschland stark aufgebessert) natürlich weiter eine Belastung... wobei die Belastung von Bonin beziffert wird... wandern 200.000 Personen mit dieser Qualifikation ein, muß das im Durchschnitt jeder einzelne Deutsche jährlich mit 125 Euro finanzieren, was er nicht tun müsste, wenn die 200.000 wegblieben.
3. Wir haben jetzt eine Einwanderung, die noch weit ungünstiger qualifiziert ist... genaue Zahlen zu den Qualifikationen fehlen zwar, aber diese Aussage kann man schon machen. Ausländer waren 2012 nicht zu 100% Hartz IV Bezieher, die Flüchtlinge werden es aber zum Zeitpunkt ihrer Anerkennung sein. Diese Zuwanderung wird jeden Deutsche also schon alleine deshalb ein Mehrfaches von 125 Euro jährlich kosten. Noch ein weiteres mal multipliziert sich diese Summe aber deswegen, weil es ja auch nicht nur 200.000 sind, die kommen, wie in der Modellrechnung Bonins. Wenn eine Million kommt, wäre bei einem linearen Zusammenhang die jährliche Belastung des Durchschnittsdeutschen schon bei 625 Euro, bei gleicher Qualifikation der Neuankömmlinge, was aber nicht der Fall ist... die jährliche Belastung wird bei einem mehrfachen dieser Summe liegen. Auch wird der Anstieg der Kosten mit der Zahl der Menschen nicht linear sein, da die Zahl der offenen oder möglichen Arbeitsplätze begrenzt ist, und sich nicht auch linear nach dem Motto: "Ein neuer Einwanderer erzeugt einen neuen Arbeitsplatz" erweitern wird.
Diese Belastungen der Deutschen wird man herauszögern können, (und man wird das auch tun, davon bin ich überzeugt), wenn man die fiskalischen Nachhaltigkeitsziele aufweicht, mit anderen Worten und konkret: Die Schuldenbremse aussetzt. So wird man eine Zeitlang nach altbewährter und altbekannter Manie die Rechnung auf spätere Generationen verlagern. Irgendwann wird aber auch das nicht mehr gehen...
Bonin zeigt auf, welche Möglichkeiten es dann noch gibt:
"Um die Nachhaltigkeitslücke in den öffentlichen Finanzen zu beseitigen, muss die Politik früher oder später Korrekturen an den derzeit gültigen Parametern vornehmen. Möglichkeiten dafür bestehen in einer Anhebung der Steuersätze, einer Absenkung der Sozialtransfers oder einer Verringerung der allgemeinen, nicht individuell zurechenbaren Staatsausgaben."
Wie heißt es jetzt überall: "Deutschland wird sich verändern". Fragt sich nur, in welche Richtung...
P.S. Noch etwas... Deutschland ist schon jetzt ausgeprägt unattraktiv für Einwanderer mit hohen Qualifikationen, wie die Zahlen klar zeigen. Mit jedem Flüchtling, der hier zu einer Belastung der Einheimischen wird, wird sich diese Unattraktivität noch einmal steigern.