Falk7 » Gestern 00:41 hat geschrieben:Lieber Sri,
Deine Einsichten und Deine "Wünsche" für die Zukunft und Deine Interpretation eines möglichen Weges mag ich sehr wohl. Nur dass ich zu viel "good will" und zu viel "positives Denken", zu viel Hoffnung, angesichts einiger wichtiger Fakten und vor allem angesichts zu vieler unbestimmbarer Faktoren , darin sehe.
Aus welchem Grunde sollten sich die Machtverhältnisse verschieben. Im Gegenteil: Die Abhängigkeiten und die Versklavung wird mit zunehmender Automation extrem zunehmen. Denn die Produktionsmittel (Automaten) werden einigen wenigen Konzernen > Menschen gehören. Die Programme für die Automaten und 3D-Foodprinter, 3D-Materialprinter, etc. werden einigen wenigen gehören. Sie werden extremen Einfluss haben und ihn nutzen , um das einzige zu machen was das das Marktsystem immer schon macht: Sie werden Macht mehren, Einfluss mehren, und sie werden die neuen Lenker der Gesellschaft werden, weil dieses Ihre Position noch unangreifbarer macht. Meine Hoffnung geht gegen Null, dass sich da ein Umdenken in den Führungsetagen entwicklen wird. Es gibt keinen massiven Druch dazu, sondern nur Gründe eben dieses nicht zu tun. Das System.
Alles richtig - sehe ich genau so.
Es gibt bis zu diesen Punkt keinerlei Dissens - es kommt zu einer Verdichtung von Gestaltungsmacht durch Kapital. Steht ja auch hier geschrieben:
http://divinenaturalsociety.blogspot.de ... ktion.html
Die Tatsache der Erschaffung immer umfangreicheren Wohlstands bei immer weniger Notwendigkeit der Anteilnahme des Menschen ist zunächst eine durchaus zu begrüßende Entwicklung - eine Entwicklung aber, die ohne Neubegründung der sozialen Marktwirtschaft viel des gestalterischen Potentials der Menschheit verschwenden würde. Wenn die Erzeugung von Wert zunehmend auf Maschinen übergeht und nur einem kleinen Anteil der Bevölkerung diese Produktionsmittel gehören, dann wächst der Wohlstand dieser Wenigen während zugleich der über den Lohn für Arbeit ausgeschüttete Anteil am geschaffenen Wert sinkt. Auf den ersten Blick scheint dies vielleicht der Nachfrage nach Privatjets und Luxusyachten zuträglich sein – aber eine tiefgründige Analyse widerlegt selbst diesen ersten Anschein. Wenn der Anteil des Lohnes am geschaffenen Wert immer weiter sinkt, weil Maschinen in Privatbesitz immer weitere Aufgabenfelder des Menschen übernehmen, dann konzentriert sich Kapital vermehrt in den Händen immer weniger Menschen. Diese Kapitalkonzentration führt zu sinkender Nachfrage vor allem nach Waren, die in hohen Stückzahlen verkauft werden. Sinkende Nachfrage führt zu verringerter Produktion und dadurch schließlich zu einer verminderten Generierung von Werten. Diese allgemein verminderte Leistungsfähigkeit der Wirtschaft wirkt sich schließlich selbst auf die Nachfrage nach Privatjets und Luxusyachten aus.
Diese Entwicklung ist aber genau das, was evolutionär notwendig ist, damit ein bestehendes (bis dahin funktionierendes) System sich tiefgründig verändern kann und muss. Automatisierung verändert eben die Umweltbedingungen, die eine Anpassung des Systems notwendig machen.
Wie Du schon sagst
Die Abhängigkeiten und die Versklavung wird mit zunehmender Automation extrem zunehmen.
Genau so sehe ich das eben auch - wenn sich nichts ändert, wird das Kapital immer mehr an sich reißen - nicht weil die Protagonisten das so wollen- nein, weil sie es müssen, um konkurrieren zu können.
Und so zerfrisst der Kapitalismus die demokratische Legitimation, die diese Wirtschaftsform bis heute genießt. Wenn Menschen in den Demokratien reihenweise "versklavt" werden, dann wird das zu den sozialen Unruhen führen, die notwendig sind, damit Veränderung in Gang gesetzt wird.
Zudem ist der Westen längst nicht mehr die einzige richtungsweisende Macht im globalen Geschehen. Und trotz der gegenwärtigen Schwäche, wird Chinas Einfluss weiter wachsen. Und in China tickt man nicht
so kapitalistisch, wie bei uns. Zumindest nicht die kommunistische Partei. Die Vision des Kommunismus wird dort im Augenblick durch die Nutzung des Kapitalismus als Mittel für den Aufbau des Sozialismus verschleiert.
https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialist ... he_Debatte
Erst 2049, also genau 100 Jahre nach Ausrufung der Volksrepublik, sei das Land wirtschaftlich und gesellschaftlich reif genug, um ins vollsozialistische Stadium übertreten zu können. Bis dahin sei eine Übergangsperiode zu durchlaufen, die unter dem Stichwort „sozialistische Warenwirtschaft“ steht. Hatte Marx den Revolutionsplan dreistufig angelegt (Kapitalismus, Sozialismus, Kommunismus), so galt für China von jetzt an ein fünfstufiges Schema: Halbfeudalismus/Kapitalismus – Neue Demokratie – Sozialistische Warenwirtschaft – Vollsozialismus – Kommunismus. In der Phase des Warensozialismus die zur Zeit im Gange sei, gelte es, pragmatisch zu handeln und sich all jener Mittel zu bedienen, die das Gemeinwesen sozioökonomisch voranbrächten.
Auch diese Entwicklung wird zur Veränderung der "Umwelteinflüsse" beitragen, die letztlich eine Systemanpassung notwendig machen werden.
http://divinenaturalsociety.blogspot.de ... rbeit.html
Im bisher größten Zeitraum menschlicher Geschichte überstieg die Nachfrage nach Arbeitskraft deren Angebot. Deshalb prägte der Kampf der Arbeiter um bessere Arbeitsbedingungen das politische Geschehen bis ins 20. Jahrhundert hinein. Ein wichtiger Wendepunkt menschlichen Schaffens begann mit der Industrialisierung. Seit dem wächst der Anteil der Maschine an der Wertegenerierung unaufhaltsam und dieser Zuwachs geht mit einer Minderung des Anteils menschlicher Arbeit einher. Diese Entwicklung sichert den Besitzern von Produktionsmitteln eine Steigerung ihres Gewinnes, weil eben diese Produktionsmittel für einen immer größeren Anteil des neu entstehenden Wertes verantwortlich sind. Die Gegenwart ist ohne Automatisierung nicht mehr zu denken. Nur maschinelle Fertigung kann die hohen Ansprüche des Menschen noch erfüllen. Im Gegensatz zu früheren Entwicklungen führen immer intelligenter werdende Automatisierungstechnologien inzwischen tatsächlich zu einer Verminderung des Bedarfs menschlicher Arbeitskraft. Die Leistung eines wachsenden Anteils der Bevölkerung wird allein auf Grund der biologischen Konstitution nicht mehr nachgefragt, weil diese für die Wertegenerierung und Werteerhaltung keine Verwendung mehr findet. Automatisierung könnte zwar ein Segen sein, weil sie den Menschen von der Arbeitspflicht befreit - sie entwickelt sich aber zum zentralen Problem der sozialen Marktwirtschaft im 21. Jahrhundert. Bisher wird die Tatsache der immer weiter anwachsenden Kapazität für Werteproduktion bei zugleich sinkendem menschlichen Anteil an dessen Genese seitens der Politik erfolgreich verdrängt.
Ohne Korrektiv ist Marktwirtschaft in diesem neu entstehenden Umfeld ökonomisch nicht mehr tragbar. Die Besitzer von Produktionsmitteln werden auch gemeinsam mit der kreativ arbeitenden Bevölkerung nicht annähernd den Wert nachfragen, der auf Basis einer hochautomatisierten Wirtschaft geschaffen werden kann. Der menschliche Fortschritt würde also bloß auf Grund eines selbst auferlegten Prinzips gebremst.
Spätestens, wenn diese Situation erreicht ist, wird es sehr leicht sein, der Masse der Bevölkerung diese Entwicklung vor Augen zu führen. Dann werden die vom Kapital "versklavten" sich erheben und die Kapitalisten verjagen.
Aber - bis dahin wird es gar nicht erst kommen - weil Kapitalisten das ebenfalls verstehen und es fürchten werden. Die wollen ja ihren Wohlstand und Einfluss nicht verlieren. Deshalb werden Kapitalisten eine Veränderung bewirken, um ihre Macht so lange wie möglich erhalten zu können.
ein weiterer Punkt ist dann dieser:
http://divinenaturalsociety.blogspot.de ... rbeit.html
Auf Grund der anhaltenden Weiterentwicklung menschliche Arbeit ersetzender Technologie wird das Aufgabenfeld des Menschen zunehmend in die Sphäre rein kreativer Tätigkeit verlagert. In allen anderen Bereichen nimmt die Leistungsfähigkeit computergestützter Systeme nur noch zu. Um den Anforderungen dieser Verlagerung menschlicher Aufgabenfelder gerecht zu werden, bedarf es eines wesentlich leistungsfähigeren Bildungssystems, mit dem das allgemeine Bildungsniveau kontinuierlich angehoben wird. Die traditionellen Formen der Lehre gelangen inzwischen an die Grenzen ihrer Möglichkeiten und werden den Ansprüchen eines zukünftigen Arbeitsmarktes nicht mehr gerecht. Mit neuen auf Informationstechnologie basierenden Bildungsformen entstehen nachhaltige Alternativen. Auf Grund der potentiellen Omnipräsenz der Datennetze erhält die Forderung eines Menschenrechts auf Zugang zu einem Bildungsvollangebot erstmals eine umfassende Rechtfertigung.
In Zukunft wird der Bedarf an hochqualifizierten Fachkräften immer weiter zunehmen. Das traditionelle Bildungssystem wird diesen wachsenden Bedarf nicht mehr decken können. Wir brauchen sehr viel effizientere Lernsysteme als heute. D.h es müssen viel mehr Menschen in die Lage versetzt werden, die Nischen zu besetzen, die Maschinen übrig lassen.
Sri wo siehst Du da einen Ansatz, dass High Tech letztlich doch zum Wohle des Menschen eingesetzt wird? Ich denke sogar, dass Deine von Dir formulierete Hoffnung, genau diesem und den anderen agierenden Global Playern in die Hände spielt.
Wir reden von verschiedenen Dingen - Du von der Vergangenheit - ich von einem Paradigmenwechsel in der Zukunft.
Technologie hat schon immer die Gesellschaften tiefgründig verändert. Schau Dir z.B. die Auswirkungen der Entwicklung von Pflugs und Ackerbau an.
Sri Aurobindo » 22. Juli 2014 12:32 hat geschrieben:D.h. so wie der Pflug dazu führte, dass sich nicht mehr das ganze "Volk" um die Nahrungsproduktion kümmern musste und dadurch neue Wirtschaftsweisen die alte ablösten, genau so wird der Pflug der Moderne (digitalisierte, d.h. kluge, Automaten) die alte Wirtschaftsform überwinden.
Weiterhin gibt es eine beachtenwerte Studie der ETH Zürich aus 2011 zur konzentrierten Entwicklung der Welkkonzerne und der Bildung massiver globaler Netzwerke. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass 147 Konzerne weltweit 40% des Wertes aller transnationalen Konzerne in sich vereinen. Dieser innere Kern der transnationalen Konzerne übe fast vollständige Kontrolle über sich selbst aus. Der Autor der Studie, James Glattfelder dazu: "Wir müssen uns von allen Dogmen befreien, ungeachtet, ob es sich um Verschwörungstheorien oder die freien Märkte handelt. Unsere Analyse basiert auf Tatsachen." Beachtenwert ist dabei ebenfalls, dass der Ausgangspunkt von Glattfelders Forschungsgebiet die Folgen von Komplexität ist.
Das ändert nichts daran, dass das System Kapitalismus ohne tiefgreifende Veränderung entweder zur Abschaffung der Demokratien führt oder zu tiefgreifenden Veränderungen.
Automatisierung zerstört das kapitalistische Fundament, weil Kapitalisten keine Wahl haben, als immer die effizienteste Produktionsweise einzusetzen und damit die Verklumpung von Kapital einen Wert überschreiten wird, der das System zerstört.
D.h. entweder Revolution und Sturz des kapitalistischen Adels oder ein evolutionärer Ansatz (wie z:b. meiner).
Was glaubst Du, für was wird sich der kapitalistische Adel entscheiden?
Soweit ein par Gedankan und ich schließe mich Occham an: Wir haben tatsächlich keine solch lange Zeit mehr und können nicht noch 30-60 Jahre warten, ob sich da von alleine irgendwas ändert...., denn teilweise hat bereits begonnen, wovor wir hier warnen und es hat eine sich ständig beschleunigende Eigendynamik.
Ich will ja gar nicht warten - ich fordere aber von Politik nichts, was unmöglich ist. Meine Ideen sind ja politische Ideen. Nur ist deren Zeit noch nicht gekommen - das dauert noch ein paar Jahre. Aber die Zeit spielt diesen Ideen in die Hände. Sie werden mit jedem Jahr realistischer und zugleich notwendiger.
Wie gesagt, ich habe zumindest einen Plan, wie es weiter gehen könnte. Bisher wird doch aber noch nicht einmal die Notwendigkeit für eine solche Veränderung gesehen - wie willst Du der Menschheit denn einen noch sehr viel radikaleren Schritt vermitteln. Du willst ja eine globale tiefgründige Veränderung - wie soll das gehen?
Wir bekommen ja nicht mal Europa zusammen, wenn es um das Flüchtlingsproblem geht. Mit Russland hat sich die halbe Welt verkracht - und die kommunistische Partei in China hat auch ganz eigene Vorstellung - und Japan macht sowieso nur das, was denen passt.
Wie soll sich in kurzer Zeit an dieser Situation etwas verändern? Ist das nicht völlig unrealistisch?
Mein Ansatz benötigt keinen internationalen Konsens, sondern basiert auf Freiwilligkeit. Ein omnipräsent zugängliches vollumfängliches digitales Bildungssystem aufzubauen ist sicher nicht billig - aber machbar und dessen Aufbau ist eine lohnende Investition im marktwirtschaftlichen Sinn. Schon allein die Phase des Aufbaus führt zu einem Wirtschaftsaufschwung, weil sehr viele verschiedene Unternehmen daran beteiligt sind.
Und letztlich ist das ein internationales humanitäres Projekt an dem sich alle beteiligen können - das bringt die Welt zusammen, um auch etwas gegen die zunehmende Ungerechtigkeit zu tun, die der Kapitalismus in seiner späten Phase mit sich bringt.
Im Übrigen:
Ich glaube sehr fest an Wiedergeburt - d.h. ich glaube daran, dass wir heute auch den Grundstein unserer Zukunft legen. Und ganz ehrlich - ich möchte sehr gern in meinem nächsten Leben Bedingungen vorfinden, wie ich sie hier beschreibe. Und weil das hoffentlich weit nach 2050 sein wird, kann ich das alles gelassen angehen.
Die Zeit der Veränderung wird kommen - viele von uns werden es erleben.
Daran gibt es keinen Zweifel.