Sinn und Zweck der Börsen und ihrer Instrumente
Warum gibt es eigentlich Börsen? Diese Frage lässt sich nur in mehreren Schritten klar beantworten. Dabei sind die Gründe für die Existenz der sogenannten "Kassabörsen" und diejenigen für das Vorhandensein der Terminbörsen absolut unterschiedlich.
Betrachten wir zunächst diejenigen Vorteile, die allen Börseninstitutionen grundsätzlich gemein sind. Für die speziellen Funktionen der einzelnen Börsentypen ist danach zu prüfen, warum es die Dinge, die an den Börsen gehandelt werden, überhaupt gibt. Daraus wird nämlich gleichzeitig klar, welche Vorteile die Existenz der Börsen für beide Seiten, nämlich Kapitalgeber (Anleger) und Kapitalnehmer (Emittenten) hat.
Allgemein gültige Faktoren
Für alle an den Börsen gehandelten Wertpapiere, Waren, Devisen etc., gilt übereinstimmend, dass es sich hierbei um immense Kapitalsummen handelt, die eine Vielzahl von Kapitalnehmern und Anlegern betreffen.
Die Börsen existieren, um den Kapitalnehmern die Möglichkeit zu geben, ihren Wunsch nach Geldmitteln an einem festgelegten Ort einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. An der Börse finden diejenigen, die Geld benötigen, diejenigen Anleger, welche dieses Geld zu geben bereit sind. Ohne die Institution Börse wäre die Suche nach "Sponsoren" mühselig und unübersichtlich.
Der Kapitalgeber hingegen, also der Anleger, erhält an der Börse einen kompletten Überblick über die Vielfalt der Möglichkeiten, sein Erspartes anzulegen, und kann demzufolge gezielt und besonnen seine Wahl treffen. Dazu garantieren ihm die Börsen in deren Mittlerfunktion und durch die festgelegten Regularien, dass er hierbei - auch als weniger erfahrener Investor - nicht übervorteilt wird.
Dies sind die allgemeingültigen Gründe für die Existenz der Börsen. Warum es aber Aktien-, Renten- und Terminbörsen gibt, ist auf ganz unterschiedliche Grundideen zurückzuführen, auf die im Folgenden eingegangen wird.
Warum gibt es Aktien?
Am Anfang steht zumeist eine Idee. Die ganz großen Entwicklungen dieser Welt wären zumeist nicht realisiert worden, gäbe es nicht die Aktie. Denn die Idee zu einem großartigen Produkt bedeutet noch lange nicht, dass dieses Produkt auch tatsächlich eines Tages produziert werden kann. Dazu bedarf es langwieriger Forschung, Testphasen, Produktionsanlagen, Angestellter - mit einem Wort: Geld.
Nun kann man nicht einfach mit einer guten Idee zur Bank gehen und erwarten, das für die Umsetzung der Idee notwendige Kapital zu erhalten. Banken verlangen Sicherheiten - ein Geistesblitz und der eiserne Wille zum Erfolg reicht da längstens nicht aus. Auch die Suche nach privaten Sponsoren dürfte sich im Allgemeinen langwierig und schwierig gestalten. Woher nun das Kapital zur Umsetzung nehmen?
Hier bieten sich die Börsen an! Denn genau dort finden sich Personen, die Kapital investieren wollen, um daraus eine höhere Rendite als mit festverzinslichen Wertpapieren zu erwirtschaften. Und für diese erhofften Gewinne sind diese Anleger bereit, etwas zu wagen. Nicht umsonst bedeutet der englische Begriff "Venture" zum einen "Unternehmen", zugleich aber auch "Wagnis". Um Zugang zum wagnisbereiten Geld der Börsenteilnehmer zu erhalten, bedarf es der Gründung einer Aktiengesellschaft. Auch hierfür ist natürlich ein Anfangskapital erforderlich, aber diese Summe steht in keinem Verhältnis zu dem, was durch die Ausgabe (Emission) von Aktien an Geld zufließen kann. Die Anteile, also die Aktien dieser Gesellschaft, werden durch den Gang an die Börse an interessierte Anleger verkauft. Dadurch erhält die gute Idee das zur Umsetzung notwendige Kapital.
Diese erste Ausgabe von Aktien erfolgt üblicherweise (aber nicht zwangsläufig) über eine Emissionsbank. Erst nach der Ausgabephase (Platzierung) wird der Handel dieser Anteile an der Börse aufgenommen. Doch das braucht die ursprünglichen Gründer der Aktiengesellschaft - zumindest zunächst - nicht zu interessieren. Wichtig ist für sie aber:
Das durch den Verkauf der Aktien zugeflossene Kapital hat seinen Preis. Denn für das für die Aktien bezahlte Geld erhält der Aktionär natürlich Gegenleistungen:
Zum einen bekommt der Anleger - so denn Gewinne erwirtschaftet werden - eine Entschädigung für das "geliehene" Kapital: Die Dividende. In Deutschland wird diese zumeist einmal jährlich ausgezahlt, und zwar unmittelbar nach der ebenfalls einmal jährlich stattfindenden Hauptversammlung. Auf ihr hat der Aktionär ein Mitbestimmungsrecht am Geschick der Aktiengesellschaft.
Erwirbt ein Anleger Aktien eines Unternehmens, entspricht diese Aktie einem Anteil am Besitz dieser Gesellschaft. Der Anleger hält nun genau denjenigen Bruchteil an einer AG, der sich aus der Anzahl der vom Anleger gehaltenen Aktien in Relation zu den insgesamt existierenden Stücken errechnet.
Die Führung des Unternehmens wird zwar von anderen bestritten (dem Vorstand und dem Aufsichtsrat), aber in der einmal jährlich abzuhaltenden Hauptversammlung hat ein jeder Aktionär das Recht, entscheidende Punkte der Unternehmensführung mitzubestimmen. Dabei gilt natürlich immer die Entscheidung der Kapitalmehrheit.
Das bedeutet, dass der normale Anleger keine Chance hat, mit hundert oder tausend Aktien die Geschicke eines großen Unternehmens zu bestimmen. Für das Unternehmen bedeutet dies aber, dass Großinvestoren, evtl. auch Konkurrenten, sich mit entsprechendem Kapital über die Börse mit maßgeblichem Anteil in ihre AG einkaufen könnten, ohne dass dies zu verhindern wäre.
Um diese Problematik zu umgehen, geben manche Gesellschaften nur spezielle Aktien an der Börse zum Handel frei. Diese sogenannten "Vorzugsaktien" besitzen kein Stimmrecht und bieten zur Entschädigung hierfür zumeist eine höhere Dividendenausschüttung als die mit Stimmrecht versehenen "Stammaktien".
Doch der wichtigste Anreiz für Aktionäre, in eine Gesellschaft zu investieren, ist die Hoffnung und Erwartung, dass es dieser AG gelingt, die Gewinne und damit den Wert des Unternehmens zu steigern. Denn in diesem Fall sollte auch der Kurs der Aktie ansteigen. Wollte der Aktionär seine Aktien nach einer Weile an der Börse wieder verkaufen, erhielte er einen höheren als den zuvor entrichteten Preis - und erzielt dadurch einen Gewinn. Die Kursgewinne der Aktien übersteigen dabei - in langfristiger Betrachtung - immer die Höhe der Dividenden. Oftmals sinkt sogar die Rendite aus den Dividenden (Dividendenrendite), während der Kurs der Aktien explodiert.
Sie sehen, für die Aktiengesellschaften bedeutet der Gang an die Börse nicht alleine das Einsammeln von Kapital, es muss auch eine Gegenleistung erbracht werden. Doch, um es zu wiederholen:
Nur so konnten große Ideen Wirklichkeit werden. Beispielhaft lässt sich hier die Computerindustrie anführen. Bereits in den fünfziger Jahren existierten die ersten Computeraktien wie IBM und XEROX. Damals kosteten diese Aktien nur wenige Dollar. Und heute?
Computer sind aus unserem heutigen Leben nicht mehr wegzudenken. Und dies ist nicht zuletzt den wagnisbereiten Anlegern zu verdanken, die IBM damals ihr Geld zur Verfügung stellten. Dieser Mutigen wegen ist IBM heute ein Weltkonzern. Und die mutigen Anleger von damals sind heute Millionäre - wenn sie ihre Aktien nicht zu früh verkauft haben.
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