Wir waren gestern auf dem Weihnachtsmarkt in Lippstadt (Kreis Soest, 70.000 Einwohner), wo wir seit Jahren mindestens einmal im Advent hingehen. Der Weihnachtsmarkt war eingezäunt, 2G, Kontrolle am Einlass. Drinnen (draußen ...) wenige Hundert Leute, vielleicht ein Drittel des aus Vorjahren gewohnten durchschnittlichen Besuchs. Sehr angenehm, beim Anstehen vor der Glühweinbude etc. konnte man problemlos Abstand halten, nirgendwo Gedränge. Ich hatte/habe keine Bedenken, dass man sich dort unter den Bedingungen - zumal geimpft - anstecken kann, wenn man es nicht bewusst darauf anlegt.
Ich hätte nicht hin gemusst - zu früh -, aber meine Frau wollte gerne, "wer weiß, ob man nächste Woche noch darf." Unsere Tochter durfte eine Freundin mitnehmen, die beiden fuhren dann auf der Schlittschuhbahn - der Anblick hat uns Eltern extrem gut getan und auch mich zu dem Schluss kommen lassen, das der Besuch richtig war.
Ich sprach einen Mann am Stand für Käsespätzle an, dass er ja vermutlich auch nicht wisse, wie lange sie verkaufen dürfen, er: "Wir zünden jeden Tag eine Kerze an. Es geht jetzt um die wirtschaftliche Existenz." Man mache gute Miene zum bösen Spiel.
yogi61 hat geschrieben:(28 Nov 2021, 12:44)
Mich nervt vor allen Dingen diese Pseudoliberalität, während in den Kliniken geschuftet wird. Als wenn uns das alles nichts angeht. (...)
Das, lieber Yogi, ist eben auch Realität: Während einige Tausend um das Leben einiger Tausend kämpfen - was selbstverständlich ein Drama ist - leben allerdings auch etliche Millionen Bürger in Sorgen, die sich nicht um Infektionen drehen, sondern um andere Dinge, die ihr Leben massiv betreffen.
Auch das kann man verharmlosen ...
Mir ist jedenfalls gestern noch einmal klar geworden: Ich kann ziemlich gut verzichten. Aber was es für die Gesundheit (!) von erheblich vielen Menschen bedeutet, ihr Leben anhand von Ritualen wie eben Weihnachtsmarkt, Weihnachtsfest, Schützenfest, Vereinsmeisterschaften, Fußball-Bundesliga am Samstag (und wenn's nur am TV ist) zu strukturieren, sollte man nicht unterschätzten.
Und eben auch nicht von der eigenen Leidensfähigkeit - ggf. unterfüttert von: Sicherem Auskommen, schönen Wohnbedingungen, erwachsenen Kinder und was sonst noch so an denkbaren Sorgen abseits Covid gerade nicht anliegt ... - auf die Befindlichkeiten anderer schließen.
Letztlich: Was von uns schnell als Wankelmütigkeit, Unentschlossenheit oder gar Leichtsinn der Politik abgetan wird, ist hier und da sicher auch ein genaues Abwägen, an welchen Parametern
man dreht: Gegenüber früheren Kennzahlen und darauf folgenden Maßnahmen mag man sich ja in der Tat wundern, warum wir nicht seit zwei Wochen im Total-Lockdown sind...
Möglicherweise weiß die Politik aber sehr genau, bzw. hat sich entsprechend beraten (lassen), was möglicherweise gesellschaftlich alles zu implodieren droht, wenn man jetzt direkt wieder alles einschränkt. Das wird möglicherweise nur einfach nicht offen erklärt, um die ohnehin fragile Stimmung nicht unnötig anzuheizen.