3x schwarzer Kater hat geschrieben:(18 Nov 2021, 10:26)
Das ist polemisch und hat nichts mit deiner Behauptung "kaputtgespart" zu tun. Denn das Gesundheitssystem in D ist alles andere als "kaputtgespart". Darum ging es.
Gut, dann sei es fortan präziser formuliert: Nicht das Gesundheitssystem insgesamt wurde kaputt gespart - Krankenhäuser sind technisch up to date, allerorten wird angebaut und modernisiert, in keinem anderen Mark kann die Pharmaindustrie derart hohe Preise durchsetzen (eines von Lauterbachs Hauptthemen als Gesundheitsexperte vor Corona) und neulich hatte ich beim Radiologen, im Ledersessel des Wartezimmers sitzend, die Auswahl zwischen Spiegel, Focus, und drei verschiedenen Autozeitschriften. Hat mir gut gefallen dort. Das alles kündet nun wirklich nicht von "kaputt gespart", da steckt eine Menge Geld im System.
Einigen wir uns dann doch vielleicht darauf, dass genug Geld da ist - nur halt nicht für Personal(entwicklung!).
Cobra9 hat geschrieben:(18 Nov 2021, 10:39)Lohn ist ein Faktor. Aber im Verbund nicht der große Unterschied. Andere Faktoren stören viel mehr. Wenn da nicht was passiert gibt's echte Probleme in naher Zukunft. Vor allem mehr Personal muss ran.
Natürlich ist die Bezahlung nicht (mehr) der einzige Faktor. Du beschreibst ja die Effekte: Arbeitet ein Team leicht unterbesetzt, dann geht das eine zeitlang. Dann fällt die/der nächste aus. Das nun ohnehin schon an der Belastungsgrenze arbeitende Team ist noch mehr gefordert. Und irgendwann fallen dann die restlichen Dominosteine.
Das hast Du ja aus erster Hand exakt beschrieben:
Cobra9 hat geschrieben:(18 Nov 2021, 10:39)Wie gesagt Ich finde teilweise ist der Beruf im Vergleich schlecht bezahlt angesichts der Verantwortung ect. (...) Aber viel schlimmer sind tatsächlich die Bedingungen der Arbeit wie Überstunden, Überlastung, Doppelschleifen... Das schreckt neue Bewerber schon massiv ab. Da ändert sich die Meinung auch mit dem Gehalt nicht. (...) Nur ein Drittel würde den Pflegeberuf weiterempfehlen. Das ist übrigens mit Studien auch schon belegbar. (...) Die Arbeitsbedingungen und der Druck führen wiederum zu gesundheitlicher und psychischer Belastung der Pflegekräfte.
Die Frage ist, wie man eine Trendwende herbeiführt und den Teufelskreis durchbricht. Die aktuellen Prognosen lauten ja, dass uns 2030 bereits 500.000 (!) Pflegekräfte fehlen.
Und mal ehrlich:
Cobra9 hat geschrieben:(18 Nov 2021, 10:39)
Viele fühlen sich ausgenutzt und außerstande, menschenwürdig zu pflegen. Sie können keine 5 Minuten derzeit mal beim Patienten sein. Das ist bestimmt nicht Pflege wie Wir das machen gerade höre ich jeden Tag. (...) Der Arbeitsanfall ist oft zu hoch, sodass es immer schwerer wird, den Patienten gerecht zu werden sowie die Arbeit mit Verantwortung zu machen. Fehler passieren.
Das ist doch nicht erst seit der Pandemie so! Ich hatte in den letzten Jahren mehrere Familienmitglieder insgesamt über Monate in Krankenhäusern (besucht) und mein "Highlight" war, dass sich mein Bruder nach der OP aus Versehen einen Infusionsschlauch aus dem Hals gezogen hatte, das Blut lief nur so - und ich lief kreuz und durch die Station, um irgendeine Schwester zu finden. Die (wenigen Anwesenden) saßen natürlich nicht däumchendrehend herum, sondern waren selbst alle in "action".
Der Tenor meiner betroffenen Familienangehörigen lautet jedenfalls: Es wird offensichtlich total unterschätzt, wie wichtig für die Genesung eines stationär aufgenommen Menschen nicht nur Operationen, Medikamente und Ruhe sind - sondern auch menschliche Zuwendung. Auf den Stationen der Krankenhäuser begegnet man wunderbaren Menschen, die das könn(t)n - sie kommen nur zunehmend gar nicht mehr dazu...
So, und die von Dir beschriebenen Arbeitsbedingungen ändern sich erst, wenn genug Personal da ist. Und das kann drehen und wenden, wie man will - da geht es mit dem Geld als Anreiz los. Da bin ich beim "Kutscher":
Der Kutscher hat geschrieben:(18 Nov 2021, 10:27)
Wir haben mehrere tausend Intensivbetten mitten in der Pandemie verloren, weil wir das nötige Personal verloren haben. Ein bisschen Beifall und eine Coronaprämie waren ehrlich gesagt ein Armutszeugnis. Eine massive Lohnerhöhung und Sonderprämien für ausgebildete Kräfte die wieder in den erlernten Beruf zurückkommen wären mögliche Maßnahmen gewesen. Gab es nicht, nicht mal ansatzweise, es gab überhaupt keinen Versuch die Leute bei der Stange zu halten oder zurückzugewinnen.
Ich habe das vor einem Jahr (!) schon mal gesagt: Der Vergleich der Pandemie mit Krieg/Kriegswirtschaft ist sicher schief und geht mir nicht leicht von der Zunge, dennoch finde ich es unverständlich, dass dem Staat in mittlerweile knapp zwei (!) Jahren keine "Krisenreaktion" bzgl. der Unterbesetzung der Intensivstationen oder auch dem Schutz vulnerabler Gruppen, insbesondere in der Altenpflege, einfällt. Gott bewahre, dass uns mal ein noch gefährlicherer Virus oder gar ein Krieg heimsucht ...
Ganz ehrlich: Ich bin für weitgehende 2G-Regelungen und hätte persönlich auch kein Problem mit der Impfpflicht (... obwohl ich sie rechtlich für bedenklich halte).
Aber der Staat/das Gesundheitswesen kommt mir mit seinen Versäumnissen bzgl. seines Krisenmanagements einfach zu billig dabei weg. Es sind nicht nur die Impfgegner, die offenbar nichts dazulernen.