H2O hat geschrieben:(06 Nov 2021, 14:49)
Polen kann sämtliche Rechte der EU für die Verteidigung seiner Rechtsauffassung nutzen, muß aber ertragen, daß EU Kommission und EuGH das Recht aus ihrer Sicht auch so sehen. Am Ende entscheidet der EuGH mit Mehrheit, und jedes EU-Mitglied hat diese Entscheidung zu ertragen... oder siehe GB. Etwas belustigt nehme ich zur Kenntnis, daß Polen ein vermeintliches Recht formell einklagen möchte von einer EU-Instanz, deren Urteil Polen nicht anerkennen will. Na ja, der Lockruf des Geldes wird schon für die notwendigen Einsichten sorgen.
Es gibt keine Austrittsbewegung wie in GB. Der Vergleich ist also schräg. Ebenso könnte man fantasievoll die Frage erheben, ob Deutschland aus der EU austreten wird oder vlt. der EUGh.
Die Republik Polen respektiert das Unionsrecht, Morawiecki hat das sehr deutlich gesagt, wie aber auch die eigene Verfassung. Andere EU-Staaten handhaben das im Prinzip nicht anders.
Wir haben in Deutschland sogar eigens einen Verfassungsschutz, nur um die Nämliche zu verteidigen.
Die Republik Polen wird schon allein deshalb an das EUGh wenden, weil es nunmal keine höhere oder unbefangene Instanz gibt. Formal ist dieser Schritt daher nur logisch.
Und nebenbei stehen die EU-Institutionen ja auch irgendwie unter Beobachtung, seitens der Presse. Es obliegt also wohlbedacht im Ermessen der Instanz, mehr oder weniger sauber zu arbeiten.
Hinzu kommt, dass die Handlungsweise in der Frage der Corona-Hilfe juristisch begründet werden muss. Das finden manche spannend.
Eine völlig andere Kanne Bier ist das Recht der EU-Partner und auch Polens, unangenehme Fragen stellen zu dürfen. Unter Partnern redet man darüber mit offenem Visier und sucht eine gütliche Einigung... oder beugt sich dem abschließenden Urteil des EuGH.
Die EU-interne Krise ist weitestgehend selbstverschuldet, gerade weil man auf Eskalation gesetzt hat.
Oder man ist kein Partner mehr, sondern ein Querulant.
Das wäre eine riskante Ansicht der Instanz, die weder über Gewehre noch über Gerichtsvollzieher oder Stimmrecht verfügt, um ein EU-Land ernsthaft bedrohen zu können.
Für das deutsch-polnische Verhältnis gibt es gute Nachrichten: Der polnischen Botschafter in Berlin, Prof. Dr. Wolfgang Przylebski, wird nach dem polnischen Unabhängigkeitstag (11. November 1918) am kommenden Donnerstag seinen Posten aufgeben, um sich an der Universität Adam Mickiewicz in Posen wieder ganz den Wissenschaften zuwenden zu können. Meine aufrichtige Teilnahme gilt den Studierenden und dem Lehrkörper dieser Universität. Jetzt sollten wir Deutschen hoffen, daß an seiner Stelle nicht Herr Robert Bąkiewicz nach Berlin abgeordnet wird, um die Verbundenheit von Straż Narodowy "Volkswacht" und AfD aus zu bauen. Ja, auf solche Gedanken kommen Leser der Gazeta Wyborcza, die den Vorgang auf ihre Weise kommentieren

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Es gibt überall Leser, die mal mit mehr oder weniger originellen Gedanken aufwarten.
Frau Julia Przylębska ist die Ehefrau des Botschafters... und jene frisch ernannte Verfassungsrichterin, die die Unverträglichkeit der polnischen Verfassung mit dem EU-Recht festgestellt hatte, nicht etwa um das polnische Recht daran an zu gleichen, sondern seinen Vorrang vor dem EU-Recht ein zu fordern... zumindest in Polen. So hängt eben in Polen vieles mit vielem zusammen...

Wie schon gesagt, die Ehe ist kein Verbrechen. Zumindest wäre das doch eine sehr, sehr weite Auslegung des EU-Vertrages (den ja alle unterschrieben haben).