DarkLightbringer hat geschrieben:(29 Oct 2021, 09:24)
In Frankreich waren es sogar 90 %, die im grundsätzlichen die Mitgliedschaft in der Union begrüßten, nur die EU-Verfassung fiel eben im Referendum von 2005 durch.
Und wie die Kanzlerin so schön sagte, Polarisierung heißt ja auch Politisierung.
Das ist auch nicht so ganz verkehrt. Von "Polarisierung" kann man in den 80er bis 90er Jahren kaum sprechen. Das ist eigentlich merkwürdig. Denn genau in der Mitte dieses Zeitraums kam es zu einer weltpolitischen Totalwende. Nur: In der populären Kultur ...bei Madonna oder Michael Jackson oder "Dallas" ist davon wenig zu merken. Solidarnosc oder Gorbatschow oder die in B90 zusammengelaufenen Gruppierungen existieren zwar formal noch, spielen aber politisch absolut keine Rolle mehr. Und dennoch muss man davon sprechen, dass wir aus den unpolitischen 90ern hinaus sind. Dass sich dieses Bild vom "Ende der Geschichte" als absolut falsch erwiesen hat. Dass die katholische Kirche (die im Zusammenhang mit Solidarnosc eine sehr wichtige Rolle spielte) aus verschiedenen Gründen diskreditiert ist. Kurz: Dass wir uns in einer grundlegend anderen politischen Epoche befinden. Wirklich grundlegend anders. Die Karten sind ganz anders verteilt als noch vor 25, 30 Jahren.
Es ist Aufgabe der Politik, so viele wie möglich so glücklich wie möglich zu machen. Es ist nicht Aufgabe der Politik, Stadt - Land - Fluß zu spielen.
Wir sahen ja in Dänemark, wie man Wahlen gewinnt.
Dennoch ist es so, dass die verschiedenen Bevölkerungsteile mehr und mehr in ganz unterschiedlichen Welten leben. Dass die einen von den anderen kaum noch etwas wissen. Es ist zwar so, dass man auch in den größeren polnischen Städten wirklich gut besuchte Kirchen und Gottesdienste sehen kann ... Aber ich hab meine Zweifel, ob die Menschen in Gdańsk oder Kraków noch viel mehr gemeinsam haben mit denen im ländlichen Raum irgendwo im Vorkarpatenland als die grundsätzlich katholische Ausrichtung und die gemeinsame Sprache.
Es gibt in der polnischen Regierung einer Reihe dermaßen scharfer Hunde, dass einem Angst und Bange werden kann. Zum Beispiel den amtierenden Justizminister Zbigniew Ziobro. Chef der Partei Solidarna Polska, die nocheinmal ein Stück weiter rechts steht als die ohnehin weit rechts stehende PiS. Und nicht nur das: Die sich von der PiS ausdrücklich durch ihre EU-Skepsis unterscheidet. Ziobro ist - eigentlich verfassungswidrig - auch gleichzeitig Generalstaatsanwalt. Leute wie der haben mit den liberal denkenden Bürgern in den großen Städten definitiv
absolut nix mehr zu tun. Aber die Rhetorik der allgemeinen Berichterstattung und auch die verbreitete politische Meinungsbildung berücksichtigt diese Differenzierung in keinster Weise.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)