Kohlhaas hat geschrieben:(23 Oct 2021, 20:19)
Ein Vertragsverletzungsverfahren bedeutet noch lange nicht, dass es zu einer Verurteilung kommt oder dass Deutschland (oder Frankreich) so ein Urteil nicht akzeptieren würde. Was ist so schwer daran zu verstehen, dass die PiS im Unterschied zu Deutschland und Frankreich europäisches Recht nicht mehr akzeptieren will?
Die PIS ist ja eine Partei in Polen und was diese im Wahlkampf oder überhaupt im Innern anstrebt oder nicht, berührt die internationalen Verhältnisse nicht wirklich.
Die polnische Regierung aber will in der Tat eine außervertragliche Selbstermächtigung nicht hinnehmen und folgt stattdessen dem eigenen Verfassungsgericht.
Deutschland und Frankreich haben ebenfalls dem eigenen Verfassungsgericht zu folgen.
Die Pflicht zur Rechtsstaatlichkeit ist vertraglich verankert und von Polen anerkannt worden. Es kann kein ausbrechender Rechtsakt sein, wenn die EU auf Einhaltung dieser Pflicht besteht. Da wird auch nichts geltend gemacht, sondern lediglich substanzlos behauptet.
Ob ein ausbrechender Rechtsakt (ultra vires) vorliegt oder nicht entscheidet das oberste Verfassungsgericht.
Fallbeispiel Dänemark:
Am 6. Dezember 2016 fällte das oberste dänische Gericht (SCDK) ein Ultra-vires-Urteil gegen den Europäischen Gerichtshof.[21] Dabei ging es um ein Urteil wegen Altersdiskriminierung im Fall der Firma Ajos, einem Zivilrechtsverfahren. Das dänische Urteil sah die entsprechenden EU-Gesetze (Artikel 6, Absatz 3, EUV) als nicht vom Beitrittsgesetz Dänemarks gedeckt an, trotz anderslautender Auslegung des EuGH. Schon hier argumentierte ein nationaler oberster Gerichtshof für den Vorrang der eigenen Rechtsprechung und negierte ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ultra-vires-Akt