Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

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olli
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von olli »

Die EU war seit ihrer Gründung größenwahnsinnig, da liegt das Kernproblem. Das fing schon damit an das man unbedingt Italien und Griechenland dabei haben wollte, da wurden die Bilanzen gefälscht, gelogen und betrogen bis die Zahlen stimmten und jedem war klar das das ein komplettes Lügenkonstrukt ist das uns vor die Füße fällt. Die selbe Strategie wurde dann auch mit den Polen und den anderen Visegrad-Staaten gemacht. Hauptsache die geographische Expansion der EU wurde umgesetzt, dafür wurden alle Regeln die man sich gegeben hatte über Bord geworfen, egal ob es nun wirtschaftliche oder auch politische in Hinsicht auf die Demokratiewerte ging. Das Scherbenkonstrukt wurde auf Biegen und Brechen aufgebläht und jetzt rächt sich das. Da wundert es nicht das die Briten lieber den (auch steinigen) Weg der Unabhängigkeit gehen und sich aus dieser EU verabschiedet haben. Ich sehe auch hier in D eine immer größere Zustimmung zum Austritt weil wir für alles und jeden bezahlen sollen während hier alles den Bach runter geht weil "kein Geld da ist". Da ist es eben nicht verständlich wenn man den Polen das Geld in den Rachen wirft und dann auch noch als Nazis verhöhnt wird. Hier ist imho das Faß auch kurz vorm überlaufen und die Geduld am Ende.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Misterfritz »

Es war schon Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre klar, dass der richtige Weg deepening before wideing wäre. Da waren aber z.B. die Briten strikt gegen. Und als der Ostblock zusammenbrach, war widening eine politische Entscheidung, um diese Länder im Westen zu verankern - zusätzlich zur NATO-Mitgliedschaft.
Und da auch die EU keine Glaskugel besitzt, waren zwar die wirtschaftlichen Probleme absehbar, die Situation jetzt aber nicht.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

Misterfritz hat geschrieben:(21 Oct 2021, 14:18)

Es war schon Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre klar, dass der richtige Weg deepening before wideing wäre. Da waren aber z.B. die Briten strikt gegen. Und als der Ostblock zusammenbrach, war widening eine politische Entscheidung, um diese Länder im Westen zu verankern - zusätzlich zur NATO-Mitgliedschaft.
Und da auch die EU keine Glaskugel besitzt, waren zwar die wirtschaftlichen Probleme absehbar, die Situation jetzt aber nicht.
Die jetzige Situation finde ich gar nicht so furchtbar. Verglichen mit der Lage vor 30 Jahren hat sich die EU doch stark in die richtige Richtung entwickelt. Nämlich genau in Richtung deepening. Da liegt schließlich der Auslöser für den jetzigen Konflikt mit der polnischen Regierung. Bislang gab es ein Instrument, mit dessen Hilfe Zahlungen blockiert werden können, gar nicht. Genau im Voranschreiten dieses deepening sehe ich auch den tieferen Grund für den Brexit. Weitere Schritte werden folgen. Im Triell zum Thema Außen- und Sicherheitspolitik haben alle drei Kanzlerkandidaten unisono erklärt, dass sie erreichen wollen, dass Beschlüsse zur Außen- und Sicherheitspolitik in der EU künftig nicht mehr einstimmig sondern mit qualifizierter Mehrheit gefällt werden sollen. Absehbar ist, dass auch die Rolle des EU-Parlaments weiter gestärkt wird. Dass alll dies bei manchen auch auf Widerstand stoßen würde, war klar.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

H2O hat geschrieben:(20 Oct 2021, 21:11)

Solche Verknüpfungen kommen doch etwas sehr weit daher, meinen Sie nicht auch?
Nicht weiter als die Verknüpfung von Corona und Gefälligkeitsverhalten.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

DarkLightbringer hat geschrieben:(21 Oct 2021, 15:00)

Nicht weiter als die Verknüpfung von Corona und Gefälligkeitsverhalten.
Die Gedanken, sie sind frei...
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Haegar hat geschrieben:(21 Oct 2021, 09:44)

Deine Fleißarbeit besteht immer darin der Tatsache auszuweichen, das die gesetzlichen Maßnahmen der derzeitige polnische Regierung und des polnischen Parlamentes im Bereich der Rechtsstaatlichkeit den Kriterien der geschlossenen EU-Verträge widersprechen. Diese Verletzung vertraglicher Pflichten, deren Überprüfung dem EuGH obliegt (von dem polnischen Parlament so ratifiziert), führt zu vertraglich vereinbarte Konsequenzen. Dazu gehört das Einleiten vom Maßnahmen die zB. zum Zurückhalten der Hilfsgelder führt. Bezeichnend für Dein Rechtsempfinden finde ich, dass Du dabei eine Erpressung finden willst.
Diese Gelder wurden von den Mitgliedsstaaten der EU aufgebracht und die Regeln der EU sind der polnischen Regierung und dem polnischen Parlament bekannt. Die Verantwortung für das Zurückhalten liegt bei diesen, die sich seit Jahren damit beschäftigen die Gewaltenteilung in ihrem Land soweit zu vernichten, dass nun die Frage bei der EU aufkommt, ob dieses Verhalten den ratifizierten Verträgen mit Polen entspricht.
Bezeichnenderweise wird die endgültige Antwort dann auch beim EuGH erfolgen. :D
Der Whataboutism oder interessante Einzelmeinungen von ehemaligen Verfassungsrichter hören sich nett an, aber gehen meiner Meinung nach an der aktuellen Lage vorbei.
Die Selbstermächtigung von EuGH oder Kommission, die eigene Kompetenz zu überzeichnen, ist ja nunmal umstritten.
Was nicht umstritten ist, das ist, wenn unser BVG irgendwas sagt. Und dieses verwies 2008 auf die Rolle des Staatsbürgers (Bürger eines Staates), der das Subjekt der demokratischen Legitimation darstellt.
Die weitere politische Entwicklung die angedeutet wird steht in der Zukunft und ich denke auch hier bleibt es bei dem Satz: Wer zahlt schafft an (ausser in der Ehe).
Die polnische Regierung wird dennoch nicht tun, was andere wollen. Es wird höchstens erwogen werden, ob man den EU-Beitrag kürzen soll.
Und man wird sich in der Behauptung bestätigt sehen, dass es in der Union ein Zwei-Klassen-Recht gibt.
Da steht ja auch noch die Frage nach dem "Kerneuropa" auf der Agenda und wer da draußen bleiben möchte kann gerne seine Bevölkerung befragen.
Wenn man fragt, fällt die Antwort deutlich aus. 2005 wurde in Frankreich ein Referendum zur Europäischen Verfassung durchgeführt und die Mehrheit lehnte sowas ab.
Die "Vertiefungseuropäer" tun gut daran, besser nicht zu fragen. ;)
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Ebiker hat geschrieben:(21 Oct 2021, 12:41)

Und auch diese Bundesrepublik Europa steht so nicht drin in den Verträgen. Polen wehrt sich gegen Eingriffe in eigene Rechtsstaatlichkeit. Gabs da nicht auch mal ein Urteil des BVG das die nationale Verfassung über EU- Recht steht ?
Das BVG darf das halt. Ärmere Vetter nicht.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

H2O hat geschrieben:(21 Oct 2021, 14:04)

Dieser Sichtweise kann ich zustimmen! Das Versäumnis vertiefter demokratischer Kontrollen der EU sehe ich auch. Die Unionsbürger werden praktisch von der Mitwirkung ausgeschlossen; das EU-Parlament hat zu geringe Befugnisse, der EU-Ministerrat hat zu viel davon. Leider wird dieser Mangel durch die hier besprochenen Kindereien verdeckt.
Sag ich ja. Wenn die EU versucht ist, mit Kindereien zu brillieren, wird sie entsprechend weniger ernstgenommen.
Das ist an sich schlüssig.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Vongole »

DarkLightbringer hat geschrieben:(21 Oct 2021, 15:35)

(..)


Die polnische Regierung wird dennoch nicht tun, was andere wollen. Es wird höchstens erwogen werden, ob man den EU-Beitrag kürzen soll.
Und man wird sich in der Behauptung bestätigt sehen, dass es in der Union ein Zwei-Klassen-Recht gibt.
Polen ist mit ca. 13,2 Milliarden Euro der größte Nettoempfänger von EU-Geldern, und wird sich dann überlegen müssen, womit es seine Invesitionen bezahlen wil, wenn dieses Geld fehlt.
Und was das Zwei-Klassen-Recht angeht, liegt es an der polnischen Regierung, die Rechtsstaatlichkeit im eigenen Land wiederherzustellen, um erneut ein erstklassiger Partner zu werden.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Vongole hat geschrieben:(21 Oct 2021, 16:08)

Polen ist mit ca. 13,2 Milliarden Euro der größte Nettoempfänger von EU-Geldern, und wird sich dann überlegen müssen, womit es seine Invesitionen bezahlen wil, wenn dieses Geld fehlt.
...mit Wachstum. Es scheint ganz gut zu laufen.
Die Vorzeichen schienen schlecht, aber inzwischen steht der östliche Nachbar auf Platz 5 der deutschen Handelspartner.
https://www.berliner-zeitung.de/wirtsch ... -li.173316
Und was das Zwei-Klassen-Recht angeht, liegt es an der polnischen Regierung, die Rechtsstaatlichkeit im eigenen Land wiederherzustellen, um erneut ein erstklassiger Partner zu werden.
Warum durfte dann das BVG z. B. die Verträge verletzen?
Vergangenes Jahr hatte das Bundesverfassungsgericht das vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gebilligte Anleihekaufprogramm PSPP der Europäischen Zentralbank (EZB) in Teilen als verfassungswidrig eingestuft. Die EU-Kommission leitete deswegen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein.
https://www.spiegel.de/ausland/polen-bu ... 2f1bff37f2
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

H2O hat geschrieben:(21 Oct 2021, 12:49)

Ja, da gab es eine Meinungsverschiedenheit, die aber längst beigelegt ist. Das war ja genau im Zusammenhang mit der "Schuldenunion". Läuft doch alles... oder? Der EuGH ist die Schiedsstelle bei Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der Verträge. Meinungsverschiedenheiten wird es immer geben, wo Menschen zusammenarbeiten. Aber der gute Wille, zu erträglichen Lösungen zu gelangen, der sollte uns Europäer schon
leiten.
Das empfiehlt ja die Kanzlerin. Man soll mit Polen reden. Politik sei schließlich mehr oder etwas anderes, als nur die Abfolge von Rechtsverfahren abzuwarten.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

DarkLightbringer hat geschrieben:(21 Oct 2021, 16:48)
Warum durfte dann das BVG z. B. die Verträge verletzen?
Dein Versuch, das in Rede stehende BVG-Urteil mit dem jetzigen Spruch des polnischen Gerichts zu vergleichen, kann niemanden überzeugen. Deutschland und in einem Fall auch Frankreich haben bezüglich jeweils einer einzelnen Rechtsfrage den Vorrang europäischen Rechts angezweifelt. Das polnische Gericht hingegen hat entschieden, dass polnisches Recht grundsätzlich Vorrang vor europäischem Recht habe.

Zudem haben Deutschland und Frankreich nicht das Recht beansprucht, die Unabhängigkeit der Justiz und die Gewaltenteilung abschaffen zu dürfen.

Polen versucht die Beseitigung der Unabhängigkeit der Justiz nun mit der rein formalen Tatsache zu begründen, dass die Justiz Ländersache sei und die EU nichts angehe. Gewaltenteilung und Unabhängigkeit der Justiz gehen die EU aber sehr wohl etwas an.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Vongole »

DarkLightbringer hat geschrieben:(21 Oct 2021, 16:48)

(..)

Warum durfte dann das BVG z. B. die Verträge verletzen?
Durfte es nicht, wie aus deiner eigenen Quelle hervorgeht, gegen Deutschland läuft ein Vertragsverletzungsverfahren, und es hat sich bemüht, die Differenzen beizulegen.
Außerdem lassen sich die beiden Fälle nicht vergleichen:
Deutschland hat der EU im Fall der Anleihekäufe durch die EZB einer Überschreitung ihrer Kompetenz vorgeworfen, Polen dagegen ließ sich von seinem illegal besetzten Verfassungsgericht
eine Carte blanche ausstellen, Urteile und Vorschrifte der EU künftig zu ignorieren, also unbekümmert vertragsbrüchig zu werden.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

DarkLightbringer hat geschrieben:(21 Oct 2021, 16:53)

Das empfiehlt ja die Kanzlerin. Man soll mit Polen reden. Politik sei schließlich mehr oder etwas anderes, als nur die Abfolge von Rechtsverfahren abzuwarten.
Mein Vorschlag: Das eine lassen und das andere tun. Also, das formale Verfahren gegen Polen im EuGH und in der EU-Kommission laufen lassen... da muß schließlich Klarheit hergestellt werden, und Geld aus der Gemeinschaftskasse gibt es auch nicht. Aber zum Beispiel könnte die Kanzlerin mit Herrn Morawiecki reden, wenn der sich nicht völlig festgerammelt haben sollte. Und ihn davon überzeugen, daß eine europäische Föderation ein gutes mittelfristiges Ziel ist, das auf Rechtssicherheit an jedem Ort der EU aufbaut und damit Wohlstand und Lebenschancen für alle Mitgliedsländer gewährleistet.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Kohlhaas hat geschrieben:(21 Oct 2021, 17:01)

Dein Versuch, das in Rede stehende BVG-Urteil mit dem jetzigen Spruch des polnischen Gerichts zu vergleichen, kann niemanden überzeugen. Deutschland und in einem Fall auch Frankreich haben bezüglich jeweils einer einzelnen Rechtsfrage den Vorrang europäischen Rechts angezweifelt. Das polnische Gericht hingegen hat entschieden, dass polnisches Recht grundsätzlich Vorrang vor europäischem Recht habe.
Die EU-Kommission leitete deswegen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein. Hat nur niemanden interessiert.
Wenn das gleiche - eben ein Vertragsverletzungsverfahren - gegen Polen eingeleitet wird, heißt es, auf sie mit Gebrüll.
Zudem haben Deutschland und Frankreich nicht das Recht beansprucht, die Unabhängigkeit der Justiz und die Gewaltenteilung abschaffen zu dürfen.
Polen versucht die Beseitigung der Unabhängigkeit der Justiz nun mit der rein formalen Tatsache zu begründen, dass die Justiz Ländersache sei und die EU nichts angehe. Gewaltenteilung und Unabhängigkeit der Justiz gehen die EU aber sehr wohl etwas an.
Polen zweifelt an, dass die Richterbestallung in Deutschland unpolitisch oder unabhängig zustande käme. Das soll ja nun geprüft werden.

Die polnische Justizreform beinhaltet u. a. den Einfluß des Parlamentes sowie ein Pensionsalter.
Mal zum Vergleich: Die EuGH-Richter werden von den Regierungen bestimmt.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von odiug »

DarkLightbringer hat geschrieben:(21 Oct 2021, 16:48)

...mit Wachstum. Es scheint ganz gut zu laufen.
https://www.berliner-zeitung.de/wirtsch ... -li.173316

Warum durfte dann das BVG z. B. die Verträge verletzen?

https://www.spiegel.de/ausland/polen-bu ... 2f1bff37f2
Also: zu Punkt eins, Polen profitiert von den Investitionen der EU ... daher auch Wachstum., das daher rührt, weil sicherer Rechtsrahmen innerhalb der EU.
Zu Punkt zwei: Polen hat mit dem Beitritt zur EU sich den dort geltenden Regeln im Rahmen der Demokratisierung angepasst.
Sonst wären sie ja gar nicht erst aufgenommen worden.
Der Streit dreht sich also nicht darum, polnische Verfassung gegen EU Recht, da die polnische Verfassung ja dem EU Recht entspricht, sondern Pis Partei gegen polnische Verfassung und damit auch gegen EU Recht.
Das Gleiche gilt so auch für Ungarn und Orban.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Misterfritz »

DarkLightbringer hat geschrieben:(21 Oct 2021, 16:48)

...mit Wachstum. Es scheint ganz gut zu laufen.
Ja, weil man im gemeinsamen Binnenmarkt ist.
Vom Geld der EU gar nicht zu reden.
Wie das wohl aussehen würde, wenn man die EU verliesse? Tolle Geschäfte mit Belarus oder Russland stattdessen?
Das Salz in der Suppe des Lebens ist nicht Selbstdisziplin, sondern kontrollierte Unvernunft ;)
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Vongole hat geschrieben:(21 Oct 2021, 17:08)

Durfte es nicht, wie aus deiner eigenen Quelle hervorgeht, gegen Deutschland läuft ein Vertragsverletzungsverfahren, und es hat sich bemüht, die Differenzen beizulegen.
Außerdem lassen sich die beiden Fälle nicht vergleichen:
Deutschland hat der EU im Fall der Anleihekäufe durch die EZB einer Überschreitung ihrer Kompetenz vorgeworfen, Polen dagegen ließ sich von seinem illegal besetzten Verfassungsgericht
eine Carte blanche ausstellen, Urteile und Vorschrifte der EU künftig zu ignorieren, also unbekümmert vertragsbrüchig zu werden.
Aha, das ist ja interessant. Die EU kann also ihre Kompetenzen überschreiten, aus Sicht des deutschen Verfassungsgerichtes.

Darauf verweist ja Morawiecki - der Vorrang der polnischen Verfassung ergäbe sich aus der Verfassung, und andere Verfassungsgerichte anderer Länder hätten das in den vergangenen Jahren ebenso gesehen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Misterfritz hat geschrieben:(21 Oct 2021, 17:26)

Ja, weil man im gemeinsamen Binnenmarkt ist.
Vom Geld der EU gar nicht zu reden.
Wie das wohl aussehen würde, wenn man die EU verliesse? Tolle Geschäfte mit Belarus oder Russland stattdessen?
Man verlässt die EU ja nicht und in den ernsteren Punkten wie Grenzsicherung, Lukaschenkos Rache, Ukraine, Nordstream 2 und Putin-Russland ist man deutlich europäischer als so manch "vertiefter" Europäer.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Vongole »

DarkLightbringer hat geschrieben:(21 Oct 2021, 17:27)

Aha, das ist ja interessant. Die EU kann also ihre Kompetenzen überschreiten, aus Sicht des deutschen Verfassungsgerichtes.

Darauf verweist ja Morawiecki - der Vorrang der polnischen Verfassung ergäbe sich aus der Verfassung, und andere Verfassungsgerichte anderer Länder hätten das in den vergangenen Jahren ebenso gesehen.
Als Polen der EU beitrat und den entsprechenden Vertrag unterschrieb, war von einem Vorrang der polnischen Verfassung keine Rede, sonst hätte Polen den Vertrag nämlich gar nicht unterzeichnen können.
Jetzt plötzlich dient das Urteil eines illegal besetzen Gerichts der PiS dazu, EU-Recht mit Füßen zu treten. Kann man machen, muss dann aber die Konsequenzen tragen, zur Not eben bis zum Polexit.
Wäre jammerschade für die polnischen Bürger, aber das schert Herrn Morawiecki ja nicht weiter.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Teeernte »

Vongole hat geschrieben:(21 Oct 2021, 17:37)

Als Polen der EU beitrat und den entsprechenden Vertrag unterschrieb, war von einem Vorrang der polnischen Verfassung keine Rede, sonst hätte Polen den Vertrag nämlich gar nicht unterzeichnen können.
Jetzt plötzlich dient das Urteil eines illegal besetzen Gerichts der PiS dazu, EU-Recht mit Füßen zu treten. Kann man machen, muss dann aber die Konsequenzen tragen, zur Not eben bis zum Polexit.
Wäre jammerschade für die polnischen Bürger, aber das schert Herrn Morawiecki ja nicht weiter.
Polnische Verfassungsklage ist nur eine Folge.

Der Westen hat (fast) alle Ostrichter (Schulleiter, ....usw. ) entsorgt. Polen ist nun etwas später mit einigen "dran". Wo ist das Problem ?
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

DarkLightbringer hat geschrieben:(21 Oct 2021, 17:30)

Man verlässt die EU ja nicht und in den ernsteren Punkten wie Grenzsicherung, Lukaschenkos Rache, Ukraine, Nordstream 2 und Putin-Russland ist man deutlich europäischer als so manch "vertiefter" Europäer.
Sie rühren immer wieder einen Kessel Buntes um, anstatt Zugehöriges ab zu arbeiten. Es gibt Verträge und Vereinbarungen, die ganz schlicht ein zu halten sind. Darum geht der Streit mit dem EuGH und der EU-Kommission. Und deshalb gibt es auch kein Geld aus der Gemeinschaftskasse, bis endlich eine Einigung erzielt wurde.

Daß Polen in der Flüchtlingswelle 2015 und schon davor sich geweigert hatte, Asylbewerber aus Italien oder dem Balkan anteilig nach einem vereinbarten Schlüssel zu übernehmen und die flehentlichen Bitten der Kanzlerin mit Hohn und Spott begleitet hatte, führt dazu, daß Polen nun selbst in die Rolle eines "Dublin-Nutznießers" geraten ist und sich mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln gegen die von Bialarus aufgefahrenen Flüchtlinge/Migranten wehrt. Wahrhaft europäische Gegenwehr! Nun ja, wer durchkommt, der landet recht flott an der Oder oder gleich in Brandenburg. Dublin nach polnischer / italienischer Art.

Natürlich muß die EU, muß Deutschland Polen und Litauen beispringen, um dem Treiben dort ein Ende zu machen. Und man soll sich nie rächen, damit sich der andere wieder rächt und man sich danach rächen muß. Aber das ist wieder eine andere Geschichte... die mit North Stream 2 nichts am Hut hat.
Zuletzt geändert von H2O am Donnerstag 21. Oktober 2021, 17:48, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

odiug hat geschrieben:(21 Oct 2021, 17:21)

Also: zu Punkt eins, Polen profitiert von den Investitionen der EU ... daher auch Wachstum., das daher rührt, weil sicherer Rechtsrahmen innerhalb der EU.
Zu Punkt zwei: Polen hat mit dem Beitritt zur EU sich den dort geltenden Regeln im Rahmen der Demokratisierung angepasst.
Sonst wären sie ja gar nicht erst aufgenommen worden.
Das Wachstum hat eine Reihe von Ursachen und das Kernwunder ist sicherlich nicht die deutsche Rechthaberei.
Der polnisch-deutsche Handel umfasste 2020 rund 123 Milliarden Euro, fast drei Mal mehr als der russisch-deutsche, und ist gegenüber den umgerechnet nicht einmal vier Milliarden Euro 1990 astronomisch gestiegen.
Bei den Lieferungen nach Deutschland (aus Polen im Umfang von 58,1 Milliarden Euro) kamen nur mehr Waren aus China, den Niederlanden und den USA als aus Polen. Bei deutschen Exporten lag Polen mit 64,7 Milliarden Euro auf dem 6. Platz. Italien und Österreich wurden 2020 überholt.
https://www.berliner-zeitung.de/wirtsch ... -li.173316
Der Streit dreht sich also nicht darum, polnische Verfassung gegen EU Recht, da die polnische Verfassung ja dem EU Recht entspricht, sondern Pis Partei gegen polnische Verfassung und damit auch gegen EU Recht.
Das Gleiche gilt so auch für Ungarn und Orban.
Da wäre doch mal interessant zu erfahren, was für Richter das eigentlich waren, die pensioniert worden sind oder sonstwie ihren Posten verloren haben.
Also, dass die Opposition lieber ihre Leute an den richtigen Stellen sitzen sähe, leuchtet ja ein. Die Leute, die sie in ihrer Regierungszeit einbrachte, oder?
Gehört habe ich, ist aber unbestätigt, es soll auch einen Richter gegeben haben, der schon unter Jaruzelski diente.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Teeernte hat geschrieben:(21 Oct 2021, 17:42)

Polnische Verfassungsklage ist nur eine Folge.

Der Westen hat (fast) alle Ostrichter (Schulleiter, ....usw. ) entsorgt. Polen ist nun etwas später mit einigen "dran". Wo ist das Problem ?
Das Problem ist, daß dieser Vorgang seinerzeit keine Regelverletzung war, in Polen aber sehr wohl Regeln bestanden, die seinen EU-Beitritt ermöglicht haben; die die polnische Regierung nun aus sehr durchsichtigen Gründen geändert hat... wodurch die Geschäftsgrundlage für die EU-Mitgliedschaft entfallen ist. Hat Frau Przylębska selbst festgestellt: Unvereinbar!

Sie sollten Ihre Befindlichkeit Ost allmählich einmal ablegen. Damit vergiften Sie Ihre Umgebung, fördern den Fortzug junger Leute, die ihre Zukunft gestalten möchten.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Vongole »

DarkLightbringer hat geschrieben:(21 Oct 2021, 17:48)
.
(..)


Da wäre doch mal interessant zu erfahren, was für Richter das eigentlich waren, die pensioniert worden sind oder sonstwie ihren Posten verloren haben.
Also, dass die Opposition lieber ihre Leute an den richtigen Stellen sitzen sähe, leuchtet ja ein. Die Leute, die sie in ihrer Regierungszeit einbrachte, oder?
Gehört habe ich, ist aber unbestätigt, es soll auch einen Richter gegeben haben, der schon unter Jaruzelski diente.
Würdest du dir die Mühe machen, mal im anderen Polenstrang zu lesen, dann wüsstest du alles bereits.
Wirkliches Interesse nehme ich dir aber nicht mehr ab, sondern schließe mich Kritikaster an:
Kritikaster hat geschrieben:(20 Oct 2021, 20:18)

... keine Regierung, die Verfassungsrichter während derer laufenden Amtszeit gegen parteihörige Speichellecker, unter Verfassungsbruch, austauscht. Für Dich ist so etwas erkennbar kein Problem.

Gut, wir halten also fest: Mit Rechtsstaatsprinzipien hast Du offenbar nichts am Hut. Für Dich ist alles in Ordnung, so lange nur irgendein Möchtegern-Autokrat und Gemeinschaftsregelverletzer (der den Regeln zuvor zustimmte) "gegen die da oben" aufbegehrt.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Teeernte »

H2O hat geschrieben:(21 Oct 2021, 17:57)

Sie sollten Ihre Befindlichkeit Ost allmählich einmal ablegen. Damit vergiften Sie Ihre Umgebung, fördern den Fortzug junger Leute, die ihre Zukunft gestalten möchten.
Nun ...die "Polnischen" Befindlichkeiten von vor 45 wirken da - insbesondere in den alten Deutschen Gebieten (früher geltendes "Deutsches" Recht) ...etwas schlimmer nach - >> wenn Du mit nem Polen ne Flasche entkorkst. :D :D :D
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

DarkLightbringer hat geschrieben:(21 Oct 2021, 17:27)

Aha, das ist ja interessant. Die EU kann also ihre Kompetenzen überschreiten, aus Sicht des deutschen Verfassungsgerichtes.

Darauf verweist ja Morawiecki - der Vorrang der polnischen Verfassung ergäbe sich aus der Verfassung, und andere Verfassungsgerichte anderer Länder hätten das in den vergangenen Jahren ebenso gesehen.
Das stimmt nicht. Selbstverständlich kann die EU ihre Kompetenzen überschreiten, da bestimmte Politikbereiche in der Verantwortung der Mitgliedsländer verbleiben. Verteidigung zum Beispiel. Deshalb hat Frankreich sich über EU-Recht hinweggesetzt, als die Union forderte, dass in den französischen Streitkräften allgemeine Arbeitszeitrichtlinien umgesetzt werden müssten. Und Deutschland hat die Rechtmäßigkeit der EZB-Anleihekäufe in Zweifel gezogen. Beide haben explizit nicht gesagt, dass die nationalen Verfassungen Vorrang gegenüber EU-Recht hätten. Den Vorrang von EU-Recht in den vereinbarten Politikbereichen haben alle Mitgliedsländer mit dem Beitritt zur Union akzeptiert. Das deutsche Grundgesetz hat dies möglich gemacht, indem dort die Übertragung von Hoheitsrechten auf überstaatliche Organisationen für zulässig erklärt worden ist.

Morawiecki hingegen beharrt auf einem Vorrang der polnischen Verfassung. Im Grunde stellt er damit die Gültigkeit der EU-Verträge infrage. Und das hat definitiv noch kein Verfassungsgericht irgendeines anderen Mitgliedslands je getan. Sowas gab es noch nie. Würde Polen sich mit dieser Haltung durchsetzen, dann würde die EU zu einem Selbstbedienungsladen verkommen, in dem Deutschland einen großen Teil der Einkäufe der anderen Kunden bezahlen müsste. Dann wäre der hemmungslosen Rosinenpickerei Tür und Tor geöffnet.

Genau genommen wäre die EU dann überflüssig. Letztlich bliebe dann nämlich nichts anderes mehr übrig als ein Binnenmarkt mit ein paar Übereinkünften zu den Waren, die dort gehandelt werden dürfen. Dann wäre aber auch kein EU-Haushalt mehr erforderlich. Warum sollte Deutschland weiterhin Polen alimentieren, wenn es doch nur noch um die Ermöglichung des freien Warenverkehrs geht?
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von PeterK »

Tom Bombadil hat geschrieben:(21 Oct 2021, 13:34)
... die EU ist viel zu schnell viel zu stark gewachsen ...
Das sehe ich auch so. Daher spricht IMO einiges für einen "Polexit".
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Teeernte hat geschrieben:(21 Oct 2021, 18:08)

Nun ...die "Polnischen" Befindlichkeiten von vor 45 wirken da - insbesondere in den alten Deutschen Gebieten...etwas schlimmer nach - >> wenn Du mit nem Polen ne Flasche entkorkst. :D :D :D
Tja, ich bin kein Freund von Traurigkeit, wie hier so mancher Teilnehmer bestätigen könnte; aber mir ist noch nie, wirklich nie, ein Pole in Pommern irgendwie dumm gekommen, mit dem ich tüchtig gebechert habe. Ich fühle mich zu Hause unter diesen freundlichen und hilfsbereiten Menschen! Spinner gibt es überall; dann stimmt aber auch die Chemie nicht, nirgendwo in Europa, und dann würde ich mit diesem Menschen nichts unternehmen. Wozu auch?

Aber ich kann sagen, daß in der Gazeta Wyborcza diese geschichtlichen Themen sehr offen und auch sehr sachlich abgehandelt werden. Darüber zu sprechen, das ist doch wirklich nicht so schwer.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

DarkLightbringer hat geschrieben:(21 Oct 2021, 17:48)Da wäre doch mal interessant zu erfahren, was für Richter das eigentlich waren, die pensioniert worden sind oder sonstwie ihren Posten verloren haben.
Also, dass die Opposition lieber ihre Leute an den richtigen Stellen sitzen sähe, leuchtet ja ein. Die Leute, die sie in ihrer Regierungszeit einbrachte, oder?
Gehört habe ich, ist aber unbestätigt, es soll auch einen Richter gegeben haben, der schon unter Jaruzelski diente.
Verstehe ich Dich richtig, dass Du der Meinung bist, grundsätzlich besser beurteilen zu können, ob Polen Unionsrecht bricht, als all die juristischen Experten?
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

PeterK hat geschrieben:(21 Oct 2021, 18:26)

Das sehe ich auch so. Daher spricht IMO einiges für einen "Polexit".
Darüber sollen die Polen aber selbst befinden; 2023 sind Parlamentswahlen. Den Polen ist sehr bewußt, worauf sie sich einlassen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Teeernte »

H2O hat geschrieben:(21 Oct 2021, 18:29)
Darüber zu sprechen, das ist doch wirklich nicht so schwer.
Nun "Dumm" gekommen .....mir auch nie.
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Teeernte »

H2O hat geschrieben:(21 Oct 2021, 18:32)

Darüber sollen die Polen aber selbst befinden; 2023 sind Parlamentswahlen. Den Polen ist sehr bewußt, worauf sie sich einlassen.
3 Sekunden vorher ....werden die einlenken.....und das Erreichte als Supererfolg verkaufen.

Vielleicht wird ja sogar der EU beschlossene Weg (Eisenbahn Brest - Berlin Genua) gebaut ??
Zuletzt geändert von Teeernte am Donnerstag 21. Oktober 2021, 18:48, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von PeterK »

H2O hat geschrieben:(21 Oct 2021, 18:32)
Darüber sollen die Polen aber selbst befinden; 2023 sind Parlamentswahlen. Den Polen ist sehr bewußt, worauf sie sich einlassen.
Man könnte argumentieren, dass auch die Bürger anderer EU-Staaten darüber befinden sollten, (also über die Frage: "Wollen wir noch mit xy oder lieber nicht?" - wenn es Beziehungsprobleme gibt)
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von odiug »

Teeernte hat geschrieben:(21 Oct 2021, 17:42)

Polnische Verfassungsklage ist nur eine Folge.

Der Westen hat (fast) alle Ostrichter (Schulleiter, ....usw. ) entsorgt. Polen ist nun etwas später mit einigen "dran". Wo ist das Problem ?
Das WIE ist das Problem.
Und mal ganz nebenbei ... als ob Rechts-Populisten je ein Problem mit Richtern hätten, die von einem Militärdiktator ernannt wurden :rolleyes:
Wäre ja was ganz was neues :?
Zuletzt geändert von odiug am Donnerstag 21. Oktober 2021, 18:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Teeernte »

PeterK hat geschrieben:(21 Oct 2021, 18:46)

Man könnte argumentieren, dass auch die Bürger anderer EU-Staaten darüber befinden sollten, (also über die Frage: "Wollen wir noch mit xy oder lieber nicht?" - wenn es Beziehungsprobleme gibt)

..dann tritt GB wieder ein und D bekommt den Status "Ernährer" ohne Stimmrecht.

Nur die Rosinen rauspulen ist nicht !!
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Teeernte »

odiug hat geschrieben:(21 Oct 2021, 18:49)

Das WIE ist das Problem.
Die hätten besser bei den Reisekostenabrechnungen hinschauen sollen...?? :D :D
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Das EU-Parlament hat zwei Beschlüsse gefaßt. Die Gruppe der Nicht-Konservativen hat die Kommission aufgefordert, auf jeden Fall bis zur Klärung durch den EuGH keine Mittel der Gemeinschaft an Polen zu überweisen. Die Konservativen meinten, daß die polnische Verfassung doch den EU Normen entspräche, aber das Urteil des polnischen Verfassungsgerichts über den Vorrang der polnischen Verfassung vor den EU Verträgen sei ein Fehlurteil.

Nun befassen sich das EU Parlament, die EU Kommission und der EuGH mit diesem Fall. Fehlt nun nur noch der Ministerrat der EU.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

PeterK hat geschrieben:(21 Oct 2021, 18:46)

Man könnte argumentieren, dass auch die Bürger anderer EU-Staaten darüber befinden sollten, (also über die Frage: "Wollen wir noch mit xy oder lieber nicht?" - wenn es Beziehungsprobleme gibt)
Nein, man sollte von solchen Bekundungen in der Öffentlichkeit absehen. Die Gemeinschaft ist ja durch die Kommissare, die Ministerpräsidenten und die EU Abgeordneten vertreten und beschlußfähig. Das muß genügen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von sünnerklaas »

H2O hat geschrieben:(21 Oct 2021, 18:29)

Tja, ich bin kein Freund von Traurigkeit, wie hier so mancher Teilnehmer bestätigen könnte; aber mir ist noch nie, wirklich nie, ein Pole in Pommern irgendwie dumm gekommen, mit dem ich tüchtig gebechert habe. Ich fühle mich zu Hause unter diesen freundlichen und hilfsbereiten Menschen! Spinner gibt es überall; dann stimmt aber auch die Chemie nicht, nirgendwo in Europa, und dann würde ich mit diesem Menschen nichts unternehmen. Wozu auch?

Aber ich kann sagen, daß in der Gazeta Wyborcza diese geschichtlichen Themen sehr offen und auch sehr sachlich abgehandelt werden. Darüber zu sprechen, das ist doch wirklich nicht so schwer.
Die verbitterten polnischen Wutköpfe, die mir so über den Weg gelaufen sind, kamen nicht aus den ehemaligen Ostgebieten, die kamen aus Zentral- und Südpolen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

sünnerklaas hat geschrieben:(21 Oct 2021, 20:17)

Die verbitterten polnischen Wutköpfe, die mir so über den Weg gelaufen sind, kamen nicht aus den ehemaligen Ostgebieten, die kamen aus Zentral- und Südpolen.
Ich hatte erst Lust auf Polen, als Polen der EU beigetreten war. Und dann reichten meine Kräfte noch, mich hier in Pommern nieder zu lassen. In meinem Alter kann ich das Versäumte nicht nachholen. Diese Teile Polens sind für mich der "Ferne Osten". Vielleicht ist das ja wirklich so... ich mag das gar nicht so glauben.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von sünnerklaas »

H2O hat geschrieben:(21 Oct 2021, 20:43)

Ich hatte erst Lust auf Polen, als Polen der EU beigetreten war. Und dann reichten meine Kräfte noch, mich hier in Pommern nieder zu lassen. In meinem Alter kann ich das Versäumte nicht nachholen. Diese Teile Polens sind für mich der "Ferne Osten". Vielleicht ist das ja wirklich so... ich mag das gar nicht so glauben.
Das ist das Polen der Hinterwäldler, derjenigen ,die seit Generationen nie aus ihren Käffern rausgekommen sind.
Die Polen, die nach 1945 in den ehemaligen deutschen Ostgebieten angesiedelt wurden, kamen aus Ostpolen, v.a. aus der Ukraine. Bis 1918 waren die allermeisten Österreicher, kamen aus k.u.k.. Wer von dort kam, war eh weltgewandt und Kosmopolit. Es gibt nach D und auch nach A mehr Verbindendes, als Teilendes. Das war auch einer der Gründe, warum die Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen auf informellem Wege, auf privatem Wege lief. Ohne staatliche Assistenz.
Meine mütterliche Familie kommt aus der Region Lemberg. Einen Teil der Verwandtschaft hat es nach Norddeutschland verschlagen, weil sie zwischendurch in Stettin gelandet sind. Den anderen Teil nach Österreich, v.a. nach Wien. In der mütterlichen Verwandtschaft hiess es immer "mer sant's kane Deitschen, mer sant's Österreicher!"
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Ale ja... jestem europejczykiem

Aber ich... bin Europäer... ohne mich von meiner deutschen Familie los zu sagen. Warum auch. Gibt es dort etwas, worüber ich mich schämen müßte? Nicht, daß ich wüßte.

Der 2. Weltkrieg hat schrecklichste Opfer verursacht, nach dem 1. Weltkrieg um das Sagen in Europa. Genug, es reicht, das Verbindende ist größer als das Trennende. Ich sehe und erlebe das jeden Tag erneut... und habe das erlebt.

Sind das reife Menschen, oder doch eher ein Haufen Rotznasen, die mit dem nationalen Feuer spielen? Ich hoffe, daß hier endlich der Groschen fällt...und der Euro eingeführt wird. :)
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

H2O hat geschrieben:(21 Oct 2021, 17:47)

Sie rühren immer wieder einen Kessel Buntes um, anstatt Zugehöriges ab zu arbeiten. Es gibt Verträge und Vereinbarungen, die ganz schlicht ein zu halten sind. Darum geht der Streit mit dem EuGH und der EU-Kommission. Und deshalb gibt es auch kein Geld aus der Gemeinschaftskasse, bis endlich eine Einigung erzielt wurde.
Verträge sind einzuhalten, aber nicht neu zu deuten. Man sollte sich mal vor Augen halten, was ein Vertrag überhaupt ist, nämlich die beidseitige Willenserklärung. Und ein Willen ist nicht zu erzwingen.
Morawiecki hat unterdessen in Brüssel erneut erklärt, sein Land werde nicht "unter dem Druck von Erpressung" handeln.
Und Merkel ermahnte erneut, eine Kaskade von Rechtsstreitigkeiten sei noch keine Lösung.

Die Gemeinschaftskasse ist für Polen unter Verschluß. Da geht es zum einen um 24 Milliarden Zuschüsse, zum andern um 12 Milliarden im Corona-Wiederaufbaufond.

Nebenbei haben Fraktionen des EU-Parlamentes beschlossen, die Kommission wegen Untätigkeit zu verklagen.
Daß Polen in der Flüchtlingswelle 2015 und schon davor sich geweigert hatte, Asylbewerber aus Italien oder dem Balkan anteilig nach einem vereinbarten Schlüssel zu übernehmen und die flehentlichen Bitten der Kanzlerin mit Hohn und Spott begleitet hatte, führt dazu, daß Polen nun selbst in die Rolle eines "Dublin-Nutznießers" geraten ist und sich mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln gegen die von Bialarus aufgefahrenen Flüchtlinge/Migranten wehrt. Wahrhaft europäische Gegenwehr! Nun ja, wer durchkommt, der landet recht flott an der Oder oder gleich in Brandenburg. Dublin nach polnischer / italienischer Art.
Die Idee der Verteilung fand in Polen keinen Anklang, in der Tat. Eine Journalistin meinte dazu, man habe dabei auf Volkes Stimme gehört.
Zur aktuellen Lage werden Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern auf den Schutz durch Polen hoffen müssen.
Außer, man ist gewillt, Lukaschenkos Rache zu verteilen.
Natürlich muß die EU, muß Deutschland Polen und Litauen beispringen, um dem Treiben dort ein Ende zu machen. Und man soll sich nie rächen, damit sich der andere wieder rächt und man sich danach rächen muß. Aber das ist wieder eine andere Geschichte... die mit North Stream 2 nichts am Hut hat.
Dieses Beispringen ist sehr holprig. Alternativ kann man sich ja mit dieser Kaskade von Rechtsstreitigkeiten befassen, von der die Bundeskanzlerin sprach. Das mag zwar keine Lösung sein, hält aber zumindest die Corona-Hilfen zurück - obwohl, das ist ja irgendwie politisch entschieden worden - und Nordstream 2 betreffend hat vielleicht die deutsche Fortschrittskoalition ein paar neue Ideen im Tableau. Könnte ja sein.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Vongole hat geschrieben:(21 Oct 2021, 18:02)

Würdest du dir die Mühe machen, mal im anderen Polenstrang zu lesen, dann wüsstest du alles bereits.
Gut, so sei dieser andere Strang zur Forschung anzuempfehlen.
Wirkliches Interesse nehme ich dir aber nicht mehr ab, sondern schließe mich Kritikaster an:
Dann schließe ich mich den Worten der Bundeskanzlerin an:
Denn wir wissen aus der Geschichte, dass aus Meinungsunterschieden Vorurteile werden können, aus Vorurteilen können schlechte Worte werden, und aus schlechten Worten können dann noch viel schlimmere Dinge entstehen. Irgendwo - ohne zu übertreiben - sind gute deutsch-polnische Beziehungen also auch immer eine Friedensversicherung und eine Sicherheitsversicherung.
https://www.bundeskanzlerin.de/bkin-de/ ... 21-1959290
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Kohlhaas hat geschrieben:(21 Oct 2021, 18:23)

Das stimmt nicht. Selbstverständlich kann die EU ihre Kompetenzen überschreiten, da bestimmte Politikbereiche in der Verantwortung der Mitgliedsländer verbleiben. Verteidigung zum Beispiel. Deshalb hat Frankreich sich über EU-Recht hinweggesetzt, als die Union forderte, dass in den französischen Streitkräften allgemeine Arbeitszeitrichtlinien umgesetzt werden müssten. Und Deutschland hat die Rechtmäßigkeit der EZB-Anleihekäufe in Zweifel gezogen. Beide haben explizit nicht gesagt, dass die nationalen Verfassungen Vorrang gegenüber EU-Recht hätten. Den Vorrang von EU-Recht in den vereinbarten Politikbereichen haben alle Mitgliedsländer mit dem Beitritt zur Union akzeptiert. Das deutsche Grundgesetz hat dies möglich gemacht, indem dort die Übertragung von Hoheitsrechten auf überstaatliche Organisationen für zulässig erklärt worden ist.

Morawiecki hingegen beharrt auf einem Vorrang der polnischen Verfassung. Im Grunde stellt er damit die Gültigkeit der EU-Verträge infrage. Und das hat definitiv noch kein Verfassungsgericht irgendeines anderen Mitgliedslands je getan. Sowas gab es noch nie. Würde Polen sich mit dieser Haltung durchsetzen, dann würde die EU zu einem Selbstbedienungsladen verkommen, in dem Deutschland einen großen Teil der Einkäufe der anderen Kunden bezahlen müsste. Dann wäre der hemmungslosen Rosinenpickerei Tür und Tor geöffnet.

Genau genommen wäre die EU dann überflüssig. Letztlich bliebe dann nämlich nichts anderes mehr übrig als ein Binnenmarkt mit ein paar Übereinkünften zu den Waren, die dort gehandelt werden dürfen. Dann wäre aber auch kein EU-Haushalt mehr erforderlich. Warum sollte Deutschland weiterhin Polen alimentieren, wenn es doch nur noch um die Ermöglichung des freien Warenverkehrs geht?
Also, ich sehe das so: Selbstverständlich kann man bi- und multilaterale Vereinbarungen treffen, das wird ja ständig gemacht. Wir sind auch NATO-Mitglied. Die demokratische Grundordnung aber regelt die Verfassung. Die Teilnahme an internationalen Institutionen setzt die Verfassung nicht außer Kraft, zumal es ja die Verfassung selbst ist, die eine Übertragung hoheitlicher Aufgaben zulässt. Die Übetragung dieser Aufgaben setzt die Autorität der Verfassung also bereits immanent voraus.
Und die selbige Verfassung legt fest, dass alle Staatsgewalt vom Volke auszugehen habe.
Das BVG sagt ja 2008 ausdrücklich, dass der Staatsbürger Subjekt der demokratischen Legitimation sei.
Wohlgemerkt die Staatsgewalten, also nicht die der NATO, EU oder UNO. Wollte man den Staat ändern, so bedürfte es einer eindeutigen Legitimation.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Vongole »

Die Beitrittsverhandlungen mit Polen wurden 1997 aufgenommen und 2002 abgeschlossen.
Nach einem Referendum in 2003 trat Polen 2004 der EU bei, nachdem es alle notwendigen Verträge unterschrieben hatte.
Und nein, Herr Morawiecki kann nicht im Jahr 2021 diese Verträge plötzlich für unvereinbar mit der polnischen Verfassung erklären und von der EU verlangen, sich praktisch rückwärts zu entwickeln.

Polen ist ein wichtiger Partner, ja, aber um das zu bleiben, hat auch Polen die in der EU üblichen Rechtsstaatsprinzipien weiterhin anzuerkennen. Will Herr Morawiecki dies nicht, kennt er den Ausweg. Nur wird
dieser nicht darin bestehen, die EU zu erpressen.
Nicht nur mir täte ein Polexit in der Seele weh, er wäre ein wirklicher Verlust für die europabegeisterte polnische Bevölkerung und ein Verlust für Deutschland und die EU.
Es liegt an Morawiecki, die Dinge nicht auf die Spitze zu treiben, denn dass die Geduld der europäischen Instanzen endlich ist, wird er früher oder später (hoffentlich nicht zu spät) begreifen müssen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von DarkLightbringer »

Verträge entwickeln sich nicht durch Selbstermächtigung einer Institution, weder vorwärts noch rückwärts.

Herr Morawiecki betont, dass der Beitritt Polens und der mitteleuropäischen Länder zur Europäischen Union einer der Höhepunkte der vergangenen Jahrzehnte gewesen sei. Alle hätten dabei gewonnen, auch die EU.

Im Begriff der Rechtsstaatlichkeit steckt allerdings schon das Wort "Staat". Den Verfassungen dieser Staaten kommt eine besondere Bedeutung zu, wie ja auch verschiedene Verfassungsgerichte bestätigt haben, nicht nur das polnische.

Mit einer Ungleichbehandlung ist man jedoch nicht einverstanden, wie der Premier für die Republik Polen erklärte.
Das muss man einfach mal so zur Kenntnis nehmen, auch, wenn man sich durch die Sondersperrung der Corona-Hilfe anderes versprechen mag.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Ich verspreche mir durch Einbehaltung der EU-Mittel, die Polen erhalten sollte, eine Besinnung Polens auf Geist und Buchstaben eingegangener Verträge; als Trostpreis aber auch eingesparte Mittel für vergebliches Bemühen. Man kann die Mittel ja auf der hohen Kante liegen lassen, um sie Jahre später einer einsichtigeren polnischen Regierung zu zu teilen. Der eine PiS Freund hier im Forum sprach von einer "pflegeleichteren Regierung". In der Tat, das wäre einmal etwas!
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von schokoschendrezki »

Vongole hat geschrieben:(20 Oct 2021, 17:26)

Die hat Morawiecki bekommen, nur ist er leider genauso beratungsresistent wie du.
Im Hinblick darauf, dass Kaczynski Putin hasst, spielen er und die PiS ihm gerade wunderbar in die Hände.
Ob der ihn wirklich "hasst" ... das ist gar nicht so ausgemacht. In Bezug auf diesen Flugzeugabsturz sicher. Und in Bezug darauf, dass Russland eben der große Nachbar mit imperialen Ambitionen ist und Polen in der Geschichte schon immer von Russland bedrängt wurde.

Aber: Ich darf mal an die Vorfälle rund um den ehemaligen Verteidigungsminister (bis 2018) Antoni Macierewicz erinnern. Er gilt als engster Vertrauter Kaczynskis. Ist antiliberal, erzkatholisch, klerikal-nationalistisch, ziemlich am rechten Rand. Um das Jahr 2017 herum gab es in Polen einen ziemlichen Aufruhr, weil bekannt wurde, dass Macierewicz, wie es hieß, von einem "Netz prorussischer Aktivisten" umgeben war. (https://www.faz.net/aktuell/politik/aus ... 00209.html)

Trotz dieser historisch gewachsenen Feindschaften zwischen Polen und Russland ... von der politischen Ausrichtung her kann man wohl eher von Konvergenz in Richtung rechtskonservativ, nationalistisch, klerikal sprechen. Wundern würde es mich nicht ... wenn sich das Blatt irgendwann mal komplett dreht und Polen zusammen mit Russland und Parteien wie der von Marine Le Pen eine neue politische Achse in dieser Richtung aufmacht. Mit staatskontrollierten Medien. Und einer staatskontrollierten Justiz. Auf beiden Feldern ist diese politische Konvergenz Polen/Russland doch ganz deutlich.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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