Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

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Uffhausen
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Uffhausen »

Skeptiker hat geschrieben:(30 Aug 2021, 13:00)
Die Frage ist also: "Wofür steht die Regenbogenlfagge?". Steht sie für PERSONEN, oder steht sie für ein Ideal?
Nein. Wenn schon, sollte hinterfragt werden, für wen/was die Regenbogenflagge für den Karikaturisten, bzw. den likenden jungen Mann steht.

Ganz offensichtlich ist die Regenbogenflagge für die beiden etwas, mit dem man sich den Arsch abwischen kann/soll.

Es bestünde freilich auch die Möglichkeit eines groben Missverständnisses - nämlich, wenn die Karikatur dafür stünde, dass das Hochhalten und Schwenken von einer albernen Regenbogenflagge bzgl. der gesellschaftlichen Wirkung zum Thema Toleranz für sexuelle Vielfalt praktisch für den Arsch ist = aber das wäre von dem likenden jungen Mann dann auch bestimmt vor Gericht so vorgebracht worden und er wäre hernach nicht vom Polizeidienst ausgeschlossen worden...
Ja, das sollte man dem Herren in der Ausbildung beibringen. Allerdings kommt es ja nicht mehr dazu, weil die Polizei wohl Personen nur aufzunehmen scheint, die schon von Haus aus ohne abweichende Meinung oder ohne Neigung diese zu bekunden, ausgerüstet sind.
Ich persönlich finde es in Ordnung, wenn sich die Behörden ihre Kandidaten genauer ansehen, bevor sie sie in den öffentlichen Dienst aufnehmen. Polizist/Beamter ist kein normaler Job wie jeder andere auch - man muss man sich dafür auf Respekt seitens der Gesellschaft(en) stützen können dürfen = und das wird nix, wenn man selbst nicht entsprechenden Respekt für die Gesellschaft(en), bzw. für Recht und Gesetz mit seinen Konsequenzen, aufbringt.
Hätte er wohl diese Probleme gehabt, wenn er Solidarität mit den Protesten am Hambacher Forst bekundet hätte? Man wird es wohlmöglich nicht erfahren. Mein Eindruck ist aber, dass es gewisse abweichende Meinungen gibt, die heute weniger Probleme verursachen als andere abweichende Meinungen.

Der junge Mann sollte seine Meinung(en) am besten für sich im Privaten behalten - und eben nicht öffentlich im Internet damit hausieren gehen. Ein Schaden für seine Person oder ein Verlust für die Gesellschaft ist deswegen nicht zu befürchten.
Es ist halte die Frage, ob es eine gute Eigenschaft einer Gesellschaft ist, Meinungen besser für sich behalten zu müssen, wenn sie nicht dem sozial akzeptierten Narrativ entsprechen.
Es gab Zeiten, da wäre der hier besprochene Vorfall so niemals eingetreten, bzw. publik geworden. Willst du behaupten, in den Zeiten vor Internet und sozialen Medien haben die Menschen unter Meinungsunterdrückung leiden müssen?

Seine Meinungen nicht via Internet und soziale Medien verbreiten zu können, sehe ich persönlich nicht als Verletzung der Meinungsfreiheit. Nur weil ich kein Auto habe, bin ich deswegen kein Stubenhocker! ;)
Zuletzt geändert von Uffhausen am Montag 30. August 2021, 18:24, insgesamt 1-mal geändert.
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Stoner

Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Stoner »

Uffhausen hat geschrieben:(30 Aug 2021, 18:18)



Seine Meinungen nicht via Internet und soziale Medien verbreiten zu können, sehe ich persönlich nicht als Verletzung der Meinungsfreiheit. Nur weil ich kein Auto habe, bin ich deswegen kein Stubenhocker! ;)
Damit der Vergleich nicht hinkt, müsste es heißen: Nur weil ich ein Auto habe, muss ich noch lange nicht damit auf der Straße fahren. So würde ein Schuh draus.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Uffhausen »

Stoner hat geschrieben:(30 Aug 2021, 18:24)

Damit der Vergleich nicht hinkt, müsste es heißen: Nur weil ich ein Auto habe, muss ich noch lange nicht damit auf der Straße fahren. So würde ein Schuh draus.
Nein. Nur weil du ein Auto hast, kannst du trotzdem auch mal zu Fuß gehen, Fahrrad fahren, die Öffis benutzen. Oder einfach mal zu Hause bleiben.

Das Auto sollte keinen Zwang auf dich ausüben, dass du dich ohne Auto nicht mehr fortbewegen kannst. Genauso wie das Internet und die sozialen Medien keinen Zwang auf einen ausüben sollten, nur dort persönliche Meinungen ausgeben und aufnehmen zu können.
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Uffhausen
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Uffhausen »

Billie Holiday hat geschrieben:(30 Aug 2021, 13:26)
Da hat jemand einen schlechten Witz geliked. Oh Gott wie furchtbar. Und damit kann man kein guter Polizist werden?
Wenn ich mich öffentlich und für jedermann einsehbar in den sozialen Medien ablehnend bis beleidigend bspw. über die Werte meines Arbeitgebers, meiner Einrichtung oder die Aufgaben meines Berufs äußerte - und sei es nur via Like oder Emoji - würde ich es vollkommen nachvollziehen können, wenn man mir die Kündigung nahelegen würde.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Stoner »

Uffhausen hat geschrieben:(30 Aug 2021, 18:31)

Nein. Nur weil du ein Auto hast, kannst du trotzdem auch mal zu Fuß gehen, Fahrrad fahren, die Öffis benutzen. Oder einfach mal zu Hause bleiben.

Das Auto sollte keinen Zwang auf dich ausüben, dass du dich ohne Auto nicht mehr fortbewegen kannst. Genauso wie das Internet und die sozialen Medien keinen Zwang auf einen ausüben sollten, nur dort persönliche Meinungen ausgeben und aufnehmen zu können.
:rolleyes:

Das ist jetzt noch einmal eine andere Variante.

Aber lassen wir es. Freiheit hat halt derzeit keine Konjunktur, der neue Goldstandard ist Anpassung. Wer nimmt schon einen eigenen Kopf, wenn er dafür einen Kretin bekommt?
odiug

Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von odiug »

Keoma hat geschrieben:(30 Aug 2021, 13:25)

Wie kommst du denn darauf, einem anderen zu unterstellen, er würde Richard III. im Globe nicht verstehen?
Würde ich mir jedenfalls zehnmal lieber dort anschauen, als auf einer Bühne, die ein Restaurant darstellt und alle Schauspieler Anzug und Abendkleid anhaben.
Nur um krampfhaft einen Bezug zur Gegenwart herzuleiten.
Richard III ist erst einmal ein Propagandawerk, welches das Haus Plantagenet verteufelt.
Waren die Tudors doch verwandt mit dem Haus der Lancaster.
Rosenkriege und so ... ist aber nicht der Punkt bei der Tragödie.
Wäre es nur das, dann würde man das Stück nicht mehr kennen.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Uffhausen »

Stoner hat geschrieben:(30 Aug 2021, 19:14)
Freiheit hat halt derzeit keine Konjunktur, der neue Goldstandard ist Anpassung.
Was genau meinst du damit? Auf was beziehst du dich?
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von schokoschendrezki »

Vongole hat geschrieben:(30 Aug 2021, 18:01)

Auf diese bestimmten Kreise zielt der neue Paragraph nicht ab. Ursprünglich als gesetzliches Instrument gegen zunehmende antisemitische Hetze gedacht, wurde er - auch auf Anregung des ZdJ - erweitert:
https://www.juedische-allgemeine.de/pol ... beseitigt/
Ich hoffe nur, dass die inzwischen üblichen hundertfachen Morddrohungen oder kübelweisen Beleidigungen gegen bekannte Impfbefürwortungspolitiker oder auch Genderforscherinnen auch unter diese Gesetzeserweiterung fallen.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Fliege »

Uffhausen hat geschrieben:(30 Aug 2021, 19:24)

Stoner (30 Aug 2021, 19:14):
"Freiheit hat halt derzeit keine Konjunktur, der neue Goldstandard ist Anpassung."

Was genau meinst du damit? Auf was beziehst du dich?
Bezieht es sich möglicherweise auf Szenen wie diese?
"Bitte aufrichtig um Entschuldigung".

(Da stellt Tina Hassel von der ARD als Grünensympathisantin eine pseudokritische Frage an die Adresse von Annalena, um journalistischen Standards dem Schein nach zu entsprechen, doch sie wird von Grünen zurechtgewiesen, lässt sich diese parteipolitische Anmaßung gefallen und entschuldigt sich für die pseudokritische Frage.)
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Billie Holiday »

Uffhausen hat geschrieben:(30 Aug 2021, 18:51)

Wenn ich mich öffentlich und für jedermann einsehbar in den sozialen Medien ablehnend bis beleidigend bspw. über die Werte meines Arbeitgebers, meiner Einrichtung oder die Aufgaben meines Berufs äußerte - und sei es nur via Like oder Emoji - würde ich es vollkommen nachvollziehen können, wenn man mir die Kündigung nahelegen würde.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Dark Angel »

Vongole hat geschrieben:(30 Aug 2021, 18:01)

Auf diese bestimmten Kreise zielt der neue Paragraph nicht ab. Ursprünglich als gesetzliches Instrument gegen zunehmende antisemitische Hetze gedacht, wurde er - auch auf Anregung des ZdJ - erweitert:
https://www.juedische-allgemeine.de/pol ... beseitigt/
Ok, was in deinem neuen Link zum Straftatsbestand steht, ist schon sehr konkret und stellt tatsächlich eine Gesetzeslücke dar.
Als Instrument gegen den zunehmenden Antisemitismus bzw antisemitistische Hetze ist ein solcher Paragraph in der Tat überfällig.

So konkret wie in dem verlinkten Artikel, wird bei beck-aktuell nicht auf den Straftatsbestand eingegangen. Da ist das sehr verwaschen und hat mich zu dem Fehlschluss im letzten Beitrag verleitet.

Hoffen wir mal, dass der neue §192a StGB dann auch konsequent angewendet wird, egal von wem die Hetze stammt.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Uffhausen »

Billie Holiday hat geschrieben:(30 Aug 2021, 20:14)
Du Guter.
Was nicht heißt, dass ich mir aus woke'schen oder sonstigen pseudomoralischen Gründen jegliche Form von Kritik selbst oder anderen verbiete. Ich bin nur nicht so bescheuert und tue es öffentlich und für jeden einsehbar - um mich hinterher, wenn ich erwischt werde und mir Kosequenzen drohen, feige auf das Grundrecht auf Meinungsfreiheit zu berufen. Leute, die diesbezüglich nicht nachdenken bevor sie handeln, mit denen hab' ich herzlich wenig Mitleid.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Uffhausen »

Fliege hat geschrieben:(30 Aug 2021, 20:11)
Bezieht es sich möglicherweise auf Szenen wie diese?
"Bitte aufrichtig um Entschuldigung".
Das entspricht für mich Woke in Reinkultur: Etwas wird als bspw. sexistisch gebrandmarkt, weil es sich entsprechend interpretieren lässt. Keiner hat Frau Hassel gefragt, ob ihre Außerung auch tatsächlich sexistisch gemeint war - es wird schlicht und einfach so hingestellt, nur weil es möglich ist. Was nicht passt, wird passend gemacht. Was sich hinbiegen lässt, wird verbogen.

Schade, dass Frau Hassel entsprechend eingeknickt ist - hat sie aber seitens ihres Arbeitgebers wohl müssen, deswegen sollten ihr keine Vorwürfe gemacht werden.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Ammianus »

Fliege hat geschrieben:(30 Aug 2021, 20:11)

Bezieht es sich möglicherweise auf Szenen wie diese?
"Bitte aufrichtig um Entschuldigung".

(Da stellt Tina Hassel von der ARD als Grünensympathisantin eine pseudokritische Frage an die Adresse von Annalena, um journalistischen Standards dem Schein nach zu entsprechen, doch sie wird von Grünen zurechtgewiesen, lässt sich diese parteipolitische Anmaßung gefallen und entschuldigt sich für die pseudokritische Frage.)
Meschugge ist Trumpf. Wie beim "Indianerhäuptling" wäre die passende Reaktion die Frage gewesen, ob diese Typen noch alle Latten im Zaun haben ...
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Billie Holiday »

Uffhausen hat geschrieben:(30 Aug 2021, 20:27)

Was nicht heißt, dass ich mir aus woke'schen oder sonstigen pseudomoralischen Gründen jegliche Form von Kritik selbst oder anderen verbiete. Ich bin nur nicht so bescheuert und tue es öffentlich und für jeden einsehbar - um mich hinterher, wenn ich erwischt werde und mir Kosequenzen drohen, feige auf das Grundrecht auf Meinungsfreiheit zu berufen. Leute, die diesbezüglich nicht nachdenken bevor sie handeln, mit denen hab' ich herzlich wenig Mitleid.
Ok, das verstehe ich.
Ich hab nicht gesagt, dass ich Mitleid habe. Ich finde nur Berufsverbote zur Zähmung der Bürger nicht richtig. Und die wokesten Polizisten müssen nicht die besten sein - vielleicht lassen die ja schwule und farbige Verbrecher laufen, wer weiß. Klingt so weit hergeholt wie die Unterstellung, wer schlechte Witze liked, sei ein schlechter Polizist.

Ich bin mit Homosexuellen im engsten Familienkreis aufgewachsen. Sind stinknormale Menschen. Verehren tue ich die Regenbogenfahne trotzdem nicht. Ich selbst finde sie auch zur Reinigung des Hinterns ungeeignet, würde eher dazu eine Burka benutzen.

Mein Bürogebäude würde vermutlich leer stehen, würde jeder mit Berufsverbot bedacht, der mal was böses gedacht hat.
Und ich hab insgesamt ca. 800 Kollegen.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Zunder »

Fliege hat geschrieben:(30 Aug 2021, 20:11)

Bezieht es sich möglicherweise auf Szenen wie diese?
"Bitte aufrichtig um Entschuldigung".

(Da stellt Tina Hassel von der ARD als Grünensympathisantin eine pseudokritische Frage an die Adresse von Annalena, um journalistischen Standards dem Schein nach zu entsprechen, doch sie wird von Grünen zurechtgewiesen, lässt sich diese parteipolitische Anmaßung gefallen und entschuldigt sich für die pseudokritische Frage.)
Um glauben zu können, daß es bei dieser Pseudo-Frage um etwas anderes ging als um die Denunziation von Annalena Baerbock muß man entweder Focus-Journalist oder gläubiger Focus-Leser sein. Springer-Jünger ginge auch.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Fliege »

Zunder hat geschrieben:(30 Aug 2021, 21:15)

Um glauben zu können, daß es bei dieser Pseudo-Frage um etwas anderes ging als um die Denunziation von Annalena Baerbock muß man entweder Focus-Journalist oder gläubiger Focus-Leser sein. Springer-Jünger ginge auch.
Meinst du, Tina habe Annalena denunzieren wollen oder gar denunziert?
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Zunder »

Fliege hat geschrieben:(30 Aug 2021, 21:19)

Meinst du, Tina habe Annalena denunzieren wollen oder gar denunziert?
Was glaubst du wohl, was die Frage bezwecken soll, wie Baerbock ihren Kindern erklären will, daß durch "die vermeidbaren Fehler ihrer Mutter vielleicht die Grünen die Chance verspielt hätten, diese entscheidenden Weichen in der Regierung" zu stellen, mit denen der Klimawandel noch hätte verhindert werden können?
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Uffhausen »

Billie Holiday hat geschrieben:(30 Aug 2021, 21:06)
Ich finde nur Berufsverbote zur Zähmung der Bürger nicht richtig.
Bei mir im Heim leistet grade ein 2015 hierher geflüchteter Iraker seine Sozialstunden ab (Versuchter Totschlag). Deutschland ist für ihn laut eigener Wortwahl ein "Hurensohnland", weil "wir" hier alles so genau nehmen, bzw. keine Rücksicht auf ihn nehmen, schließlich war er bei der Schlägerei total besoffen und da kann es ja schon mal vorkommen, dass man jemanden ins Koma prügelt, gell.

Er möchte gerne in der zu unserer Einrichtungen gehörenden Kita eine Ausbildung zum Erzieher machen (nicht, weil er Kinder mag - sondern weil er dann zur Arbeit nur wenige Meter Fußweg hätte) = würdest du ihm das ohne Weiteres zugestehen? Oder wäre es dir nicht auch lieber, man würde sich seine Kanditaten hier oder da genauer ansehen? Ich hoffe, man reduziert diesen Typen nicht einzig und allein auf seine Fluchtgeschichte (im Alter von 15 Jahren mit dem überbesetzten Schlepperboot über's Mittelmeer), wie man das wohl gemäß Wokeness gefälligst machen muss...
Und die wokesten Polizisten müssen nicht die besten sein - vielleicht lassen die ja schwule und farbige Verbrecher laufen, wer weiß. Klingt so weit hergeholt wie die Unterstellung, wer schlechte Witze liked, sei ein schlechter Polizist.
Die einfachste Lösung des Problems läge darin, dass die Leute endlich kapieren, dass sie nicht jeden Scheiß im Internet und seinen sozialen Medien veröffentlichen müssen, bzw, nicht alles mit einem Like oder Emoji bedenken müssen - nur weil es möglich ist und es eine Form von Meinungsfreiheit darstellt! Meinungsfreiheit ist keine läppische Entschuldigung = und sollte auch keinesfalls dazu verkommen dürfen!
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Fliege »

Zunder hat geschrieben:(30 Aug 2021, 21:49)

Was glaubst du wohl, was die Frage bezwecken soll, wie Baerbock ihren Kindern erklären will, daß durch "die vermeidbaren Fehler ihrer Mutter vielleicht die Grünen die Chance verspielt hätten, diese entscheidenden Weichen in der Regierung" zu stellen, mit denen der Klimawandel noch hätte verhindert werden können?
Ich glaube, Tina hat das versucht zu tun, was sie seit längerem tut, nämlich der grünen Idee zu huldigen.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Zunder »

Fliege hat geschrieben:(30 Aug 2021, 21:53)

Ich glaube, Tina hat das versucht zu tun, was sie seit längerem tut, nämlich der grünen Idee zu huldigen.
Tina Hassel ist Habeck-Fan.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Billie Holiday »

Uffhausen hat geschrieben:(30 Aug 2021, 21:51)

Bei mir im Heim leistet grade ein 2015 hierher geflüchteter Iraker seine Sozialstunden ab (Versuchter Totschlag). Deutschland ist für ihn laut eigener Wortwahl ein "Hurensohnland", weil "wir" hier alles so genau nehmen, bzw. keine Rücksicht auf ihn nehmen, schließlich war er bei der Schlägerei total besoffen und da kann es ja schon mal vorkommen, dass man jemanden ins Koma prügelt, gell.

Er möchte gerne in der zu unserer Einrichtungen gehörenden Kita eine Ausbildung zum Erzieher machen (nicht, weil er Kinder mag - sondern weil er dann zur Arbeit nur wenige Meter Fußweg hätte) = würdest du ihm das ohne Weiteres zugestehen? Oder wäre es dir nicht auch lieber, man würde sich seine Kanditaten hier oder da genauer ansehen? Ich hoffe, man reduziert diesen Typen nicht einzig und allein auf seine Fluchtgeschichte (im Alter von 15 Jahren mit dem überbesetzten Schlepperboot über's Mittelmeer), wie man das wohl gemäß Wokeness gefälligst machen muss...


Die einfachste Lösung des Problems läge darin, dass die Leute endlich kapieren, dass sie nicht jeden Scheiß im Internet und seinen sozialen Medien veröffentlichen müssen, bzw, nicht alles mit einem Like oder Emoji bedenken müssen - nur weil es möglich ist und es eine Form von Meinungsfreiheit darstellt! Meinungsfreiheit ist keine läppische Entschuldigung = und sollte auch keinesfalls dazu verkommen dürfen!
Ich würde jemanden, der versucht hat, jemanden totzuschlagen, nicht unbedingt mit jemandem auf eine Stufe stellen, der einen schlechten Witz geliked hat. Bei versuchtem Totschlag frag ich mich sowieso, warum derjenige frei rumläuft.
Aber Gefahr für die Bürger geht selbstverständlich von Leuten mit schlechtem Geschmack aus.
Die große Empörungslust läßt viele Maß und Mitte verlieren. Ich bin empört, also lebe ich.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Stoner »

Billie Holiday hat geschrieben:(31 Aug 2021, 07:48)

Ich würde jemanden, der versucht hat, jemanden totzuschlagen, nicht unbedingt mit jemandem auf eine Stufe stellen, der einen schlechten Witz geliked hat. Bei versuchtem Totschlag frag ich mich sowieso, warum derjenige frei rumläuft.
Aber Gefahr für die Bürger geht selbstverständlich von Leuten mit schlechtem Geschmack aus.
Die große Empörungslust läßt viele Maß und Mitte verlieren. Ich bin empört, also lebe ich.
Ja, dieser Faschismus des Herzens findet begeisterte Anhänger.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Uffhausen »

Billie Holiday hat geschrieben:(31 Aug 2021, 07:48)
Ich würde jemanden, der versucht hat, jemanden totzuschlagen, nicht unbedingt mit jemandem auf eine Stufe stellen, der einen schlechten Witz geliked hat.
Damit ich von meinen Vorgesetzten vor die Tür gestellt werde, muss ich nicht erst einen Bewohner pflegerisch grob vernachlässigen oder gesundheitlich gefährden; es reicht, wenn ich eine Zeit lang immer zu spät zum Dienst erscheine, und mein Verhalten mit einem "schlechten Wecker" verharmlose. Ich hoffe du verstehst, wie ich meine. Es entscheiden nicht immer Taten, auch moralische Einstellungen können bewertet werden.
Zuletzt geändert von Uffhausen am Dienstag 31. August 2021, 09:03, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Billie Holiday »

Stoner hat geschrieben:(31 Aug 2021, 08:55)

Ja, dieser Faschismus des Herzens findet begeisterte Anhänger.
Man ahnt, wer im Mittelalter begeistert in erster Reihe vor den Scheiterhaufen stand.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Billie Holiday »

Uffhausen hat geschrieben:(31 Aug 2021, 08:59)

Damit ich von meinen Vorgesetzten vor die Tür gestellt werde, muss ich nicht erst einen Bewohner pflegerisch grob vernachlässigen oder gesundheitlich gefährden; es reicht, wenn ich eine Zeit lang immer zu spät zum Dienst erscheine, und mein Verhalten mit einem "schlechten Wecker" verharmlose. Ich hoffe du verstehst, wie ich meine. Es entscheiden nicht immer Taten, auch moralische Einstellungen können bewertet werden.
Schlechte Arbeitsmoral hat auch nichts mit schlechtem Geschmack zu tun.
Aber gut, ich kann mich nicht verständlich ausdrücken.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von schokoschendrezki »

Billie Holiday hat geschrieben:(31 Aug 2021, 07:48)

Ich würde jemanden, der versucht hat, jemanden totzuschlagen, nicht unbedingt mit jemandem auf eine Stufe stellen, der einen schlechten Witz geliked hat. Bei versuchtem Totschlag frag ich mich sowieso, warum derjenige frei rumläuft.
Aber Gefahr für die Bürger geht selbstverständlich von Leuten mit schlechtem Geschmack aus.
Die große Empörungslust läßt viele Maß und Mitte verlieren. Ich bin empört, also lebe ich.
Empörungslust gab es natürlich auch schon früher. In bestimmten Tageszeitungen kannst Du diese ganzseitigen "Jetzt-Reichts"-Schlagzeilen über Jahrzehnte hinweg zurückverfolgen. Was nach meinen Beobachtungen und Erfahrungen heute anders ist, ist die Empörung direkt im Alltagsleben und im menschlichen Umgang. Ich habs schon mal geschildert. Ich hatte vor einigen Tagen beim Radfahren meinen Gepäckträgerspannriemen verloren, steige ab und schieb das Rad ein Stück zurück, um das Teil aufzuheben. Auf einer Nebenstraße. Schon der nächste Autofahrer lässt seine Scheibe herunter und brüllt mich an: Ob ich nicht weiß, dass es zum Schieben einen Fußweg gibt? So sieht das heute aus. Selbst Radfahrer unter sich auf dem Radweg brüllen sich gegenseitig an. Ist das "Tugendterror"? Wohl eher nicht. Aufs Gratewohl spekuliert würde ich eher vermuten, dass es sich in vielen Fällen um die Übertragung des rüden Tons in den verschiedenen "sozialen" Netzwerken auf die Realität handelt. Bloß nix unkommentiert lassen!

Ich bin für eine demonstrative Zurschaustellung von Langsamkeit und Gelassenheit. In Frankreich zu Zeiten der Belle Epoque, also so um 1900 herum, war es in Paris kurzzeitig zur Macke einiger Leute geworden, mit einer Schildkröte spazieren zu gehen. Also wirklich: Das hat mir gefallen! Das würde ich auch mal gerne machen. Ich weiß nur nicht, wie man eine Schildkröte an die Leine nimmt und ob das aus Sicht von tugendhaftem Tierschutz auch einer Schildkröte gefallen würde.
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Skeptiker

Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Skeptiker »

Billie Holiday hat geschrieben:(31 Aug 2021, 09:04)
Schlechte Arbeitsmoral hat auch nichts mit schlechtem Geschmack zu tun.
Aber gut, ich kann mich nicht verständlich ausdrücken.
Das ist ein Generationenproblem.

Früher hat man den Menschen die Freiheit gegeben eine private Meinung haben zu dürfen, die typischerweise keine Konsequenzen für die beruflichen Dinge hatte. Nannte sich "Freiheit", oder "Trennung von Privat und Beruf".

Heute leben wir in einer Haltungsgesellschaft, in der das Zeichen setzen über Allem steht. Ein guter Mitarbeiter muss auch ein guter Mensch sein. Es ist vollkommen normal geworden spiesserhaft in das Leben der anderen Menschen hineinzuregieren, weil die Spießer mittlerweile in der Oberhand sind. Die Spiesser werden sich selbstredend niemals als solche sehen - die Schrebergärtner wollen ja auch nur kein Unkraut auf ihrem perfekten Rasen. Dass es den Zoff gibt, dafür ist selbstverständlich der böse Nachbar schuld, der nicht genauso denkt.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Billie Holiday »

Ich weiß nicht, was die Story mit Berufsverboten zu tun hat.
Brüllende Autofahrer erlebe ich hier nicht, ist wohl ein Problem der hippen Großstädte. Kein Mensch regt sich hier auf, wenn jemand sein Rad schiebt. Muß fürchterlich sein in diesen angeblich tollen Großstädten, jeder brüllt rum.
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Billie Holiday
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Billie Holiday »

Skeptiker hat geschrieben:(31 Aug 2021, 09:14)

Das ist ein Generationenproblem.

Früher hat man den Menschen die Freiheit gegeben eine private Meinung haben zu dürfen, die typischerweise keine Konsequenzen für die beruflichen Dinge hatte. Nannte sich "Freiheit", oder "Trennung von Privat und Beruf".

Heute leben wir in einer Haltungsgesellschaft, in der das Zeichen setzen über Allem steht. Ein guter Mitarbeiter muss auch ein guter Mensch sein. Es ist vollkommen normal geworden spiesserhaft in das Leben der anderen Menschen hineinzuregieren, weil die Spießer mittlerweile in der Oberhand sind. Die Spiesser werden sich selbstredend niemals als solche sehen - die Schrebergärtner wollen ja auch nur kein Unkraut auf ihrem perfekten Rasen. Dass es den Zoff gibt, dafür ist selbstverständlich der böse Nachbar schuld, der nicht genauso denkt.
.....der werfe den ersten Stein.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Uffhausen »

Billie Holiday hat geschrieben:(31 Aug 2021, 09:04)
Schlechte Arbeitsmoral hat auch nichts mit schlechtem Geschmack zu tun.
Aber gut, ich kann mich nicht verständlich ausdrücken.
Insofern zu befürchten ist, dass sich schlechter Geschmack auf die Arbeitsmoral auswirkt, vielleicht schon. Das man da gerade bei der Polizei vorsichtioger ist, kann ich persönlich nachvollziehen und befürworte es auch. Ich persönlich möchte nicht von einem Polizisten anders behandelt werden, nur weil diesem aus privaten Gründen vielleicht meine Nase nicht gefällt.

Hätte sich der junge Mann jetzt nur um einen Aushilfsjob als Warenvorzieher beim örtlichen Discounter beworben, würde ich dir wahrscheinlich beipflichten, dass das eine nicht zwingend was mit dem anderen zu tun haben muss.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von schokoschendrezki »

Skeptiker hat geschrieben:(31 Aug 2021, 09:14)

Das ist ein Generationenproblem.

Früher hat man den Menschen die Freiheit gegeben eine private Meinung haben zu dürfen, die typischerweise keine Konsequenzen für die beruflichen Dinge hatte. Nannte sich "Freiheit", oder "Trennung von Privat und Beruf".

Heute leben wir in einer Haltungsgesellschaft, in der das Zeichen setzen über Allem steht. Ein guter Mitarbeiter muss auch ein guter Mensch sein. Es ist vollkommen normal geworden spiesserhaft in das Leben der anderen Menschen hineinzuregieren, weil die Spießer mittlerweile in der Oberhand sind. Die Spiesser werden sich selbstredend niemals als solche sehen - die Schrebergärtner wollen ja auch nur kein Unkraut auf ihrem perfekten Rasen. Dass es den Zoff gibt, dafür ist selbstverständlich der böse Nachbar schuld, der nicht genauso denkt.
Das kann man (so) nicht verallgemeinern. Wirklich nicht! Wenn Du von früher redest ... Früher, zwischen 1972 und 1979 gabs den sogenannten "Radikalenerlass" und "Berufsverbote" im öffentlichen Dienst. Die Prüfung auf "verfassungsfeindliche Aktivitäten". Das war "früher". Dieser Radikalenerlass richtete sich hauptsächlich gegen als politisch links wahrgenommene Personen. Was ist heute bzw. gegenwärtig? Heute wird eine klar verfassungsfeindliche Partei wie die NPD eben nicht etwa verboten (2017). Auch wenn im Urteil ausdrücklich von der Verfassungsfeindlichkeit und den menschenrechtsfeindlichen Zielen dieser Partei die Rede ist. Schlicht und einfach deshalb, weil das Gebot der Meinungsfreiheit, abgewogen gegen die Gefährlichkeit dieser Partei angesichts ihrer geringen gesellschaftlichen Präsenz als höher eingestuft wurde. Und das ist auch richtig so! Da kann man doch nun wirklich und wahrhaftig nicht von "Freiheitlich früher" und von "Haltungsgesellschaft heute" sprechen. Die Fakten, die Fakten sprechen klar dagegen!
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Billie Holiday »

Uffhausen hat geschrieben:(31 Aug 2021, 09:20)

Insofern zu befürchten ist, dass sich schlechter Geschmack auf die Arbeitsmoral auswirkt, vielleicht schon. Das man da gerade bei der Polizei vorsichtioger ist, kann ich persönlich nachvollziehen und befürworte es auch. Ich persönlich möchte nicht von einem Polizisten anders behandelt werden, nur weil diesem aus privaten Gründen vielleicht meine Nase nicht gefällt.

Hätte sich der junge Mann jetzt nur um einen Aushilfsjob als Warenvorzieher beim örtlichen Discounter beworben, würde ich dir wahrscheinlich beipflichten, dass das eine nicht zwingend was mit dem anderen zu tun haben muss.
Hast du dich schon mal privat mit Polizisten unterhalten?
Hoffentlich glaubst du nicht, dass die alle woke und milde gestimmt sind.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von schokoschendrezki »

Uffhausen hat geschrieben:(31 Aug 2021, 09:20)

Insofern zu befürchten ist, dass sich schlechter Geschmack auf die Arbeitsmoral auswirkt, vielleicht schon. Das man da gerade bei der Polizei vorsichtioger ist, kann ich persönlich nachvollziehen und befürworte es auch. Ich persönlich möchte nicht von einem Polizisten anders behandelt werden, nur weil diesem aus privaten Gründen vielleicht meine Nase nicht gefällt.

Hätte sich der junge Mann jetzt nur um einen Aushilfsjob als Warenvorzieher beim örtlichen Discounter beworben, würde ich dir wahrscheinlich beipflichten, dass das eine nicht zwingend was mit dem anderen zu tun haben muss.
Meine jüngsten Erfahrungen mit der Polizei bestätigen eigentlich diese Sicht ... die Beamten sind eher vorsichtig. Wenn eine Demo genehmigt ist, dann ist sie genehmigt. Und dann wird sie gegen Störaktionen von mir geschützt. Auch wenn es sich um noch so nonkonforme und deppenhafte Demos handelt. Der Polizist gibt zwar zu, dass er diese Störungen persönlich verstehen kann, dass er aber per Gesetz dazu verpflichtet ist, eine genehmigte Demos gegen Störungen zu schützen. Ich habe überhaupt nicht, in keinster Weise das Gefühl, nicht reden und schreiben zu dürfen, was ich will oder dafür irgendwelche Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Ich rede und schreibe, was ich denke. Einschränkungslos. Ich legs allerdings auch in keinster Weise darauf an, everybodys darling zu sein oder einen Tross von irgendwelchen Followern vorzuweisen.

Vielleicht sind meine Maßstäbe aber auch irgendwie verdorben. Ich hab in meiner DDR-Vergangenheit mit ganz anderen Dimensionen von Verfolgung, Meinungsfreiheitseinschränkung und "Haltungsgesellschaft" zu tun bekommen.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Uffhausen »

Billie Holiday hat geschrieben:(31 Aug 2021, 09:47)
Ein Polizist soll sich an Recht und Gesetz halten.
In den heutigen Zeiten zählt aber - leider Gottes - auch sein privates Verhalten bspw. in den Sozialen Medien mit. Und nicht nur bei Polizisten/Beamten. Dass viele Arbeitgeber mitunter auch (ungefragt) die Profile ihrer Anwärter/Mitarbeiter in den Sozialen Medien ausforsten, um sich ein erweiteres Gesamtbild über deren Persönlichkeiten zu schaffen, ist nichts Neues mehr. Damit muss man heutzutage rechnen.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Uffhausen »

schokoschendrezki hat geschrieben:(31 Aug 2021, 09:49)
Meine jüngsten Erfahrungen mit der Polizei bestätigen eigentlich diese Sicht ... die Beamten sind eher vorsichtig.
Ihnen bleibt auch nichts anderes übrig. Jemanden im Internet zu diskreditieren geht spielend einfach und rasend schnell. Wenn ein Polizist eine Demo von Rechten vor einem Linken Störenfried versucht zu schützen, heißt es vielleicht sogleich im Internet, die Polizei wäre von Rechten unterwandert. Dazu noch ein passender Schnappschuß oder ein Video und schon bricht der Shitstorm los. So ist das halt heute in Zeiten von Facebook & Co.

Ob es seitens der Polizei arbeitstechnisch, recht- und gesetzmäßig gar nichts zu kritisieren gibt; alles korrekt nach Plan und Vorschriften abgelaufen interessiert im Grunde niemanden. Die visuellen Eindrücke aus den Sozialen Medien nebst anklagender Wortwahl wiegen mehr, als die tatsächliche Wahrheit.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Stoner »

schokoschendrezki hat geschrieben:(31 Aug 2021, 09:38)

Das kann man (so) nicht verallgemeinern. Wirklich nicht! Wenn Du von früher redest ... Früher, zwischen 1972 und 1979 gabs den sogenannten "Radikalenerlass" und "Berufsverbote" im öffentlichen Dienst. Die Prüfung auf "verfassungsfeindliche Aktivitäten". Das war "früher". Dieser Radikalenerlass richtete sich hauptsächlich gegen als politisch links wahrgenommene Personen. Was ist heute bzw. gegenwärtig? Heute wird eine klar verfassungsfeindliche Partei wie die NPD eben nicht etwa verboten (2017). Auch wenn im Urteil ausdrücklich von der Verfassungsfeindlichkeit und den menschenrechtsfeindlichen Zielen dieser Partei die Rede ist. Schlicht und einfach deshalb, weil das Gebot der Meinungsfreiheit, abgewogen gegen die Gefährlichkeit dieser Partei angesichts ihrer geringen gesellschaftlichen Präsenz als höher eingestuft wurde. Und das ist auch richtig so! Da kann man doch nun wirklich und wahrhaftig nicht von "Freiheitlich früher" und von "Haltungsgesellschaft heute" sprechen. Die Fakten, die Fakten sprechen klar dagegen!
Sie vermischen eine staatliche Praxis mit einer gesellschaftlichen Praxis. Damals hat der Staat die Freiheitsrechte einiger weniger eingeschränkt, heute entsteht in der Gesellschaft eine Bewegung, die die Freiheitsrechte möglichst aller einschränken möchte. Wokeness ist Bürgerkrieg von unten gegen Freiheit durch Anpassungszwang, das Berufsverbot war eine Freiheitsbeschränkung von oben, die sich nicht durchgesetzt hat, weil man letztendlich den Popanz des Ganzen zur Kenntnis nehmen musste. Wokeness, Gender & Co. sind dagegen längst in den Unternehmen, die so den Kampf um "Talente" und die hierfür erforderliche Reputation führen, angekommen. Sobald die Babyboomer alle aus Beruf und Politik verschwunden sind, wird dieser Anpassungsdruck Alltag sein. Es ist nichts als eine säkulare religiöse, kollektivistische Idee der Gleichheit, die damit verwirklicht wird. Aber Gleichheit ist nun einmal der große Antipode der Freiheit, das sollte doch inzwischen dem letzten dämmern.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Selina »

Das Ammenmärchen, man dürfe nicht mehr alles sagen, wird natürlich von der Neuen Rechten (mit ihrem hiesigen Kern, der AfD) verbreitet. Erzkonservative mit großer Nähe zu Rechtsaußen plappern das nach. Das hat Methode, ist aber leicht zu durchschauen. Sie selbst sind mit ihren ständigen Meinungsäußerungen im Netz das beste Beispiel dafür, dass alles gesagt werden darf. Natürlich immer nur bis zur Grenze der Volksverhetzung. Aber gesagt wird von denen quasi alles. Auch ziemlich viel Blödsinn.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von tarkomed »

Uffhausen hat geschrieben:(30 Aug 2021, 21:51)

Bei mir im Heim leistet grade ein 2015 hierher geflüchteter Iraker seine Sozialstunden ab (Versuchter Totschlag). Deutschland ist für ihn laut eigener Wortwahl ein "Hurensohnland", weil "wir" hier alles so genau nehmen, bzw. keine Rücksicht auf ihn nehmen, schließlich war er bei der Schlägerei total besoffen und da kann es ja schon mal vorkommen, dass man jemanden ins Koma prügelt, gell.

Er möchte gerne in der zu unserer Einrichtungen gehörenden Kita eine Ausbildung zum Erzieher machen (nicht, weil er Kinder mag - sondern weil er dann zur Arbeit nur wenige Meter Fußweg hätte) = würdest du ihm das ohne Weiteres zugestehen? Oder wäre es dir nicht auch lieber, man würde sich seine Kanditaten hier oder da genauer ansehen? Ich hoffe, man reduziert diesen Typen nicht einzig und allein auf seine Fluchtgeschichte (im Alter von 15 Jahren mit dem überbesetzten Schlepperboot über's Mittelmeer), wie man das wohl gemäß Wokeness gefälligst machen muss...


Die einfachste Lösung des Problems läge darin, dass die Leute endlich kapieren, dass sie nicht jeden Scheiß im Internet und seinen sozialen Medien veröffentlichen müssen
[Unterstreichung von mir]
Warum tust du es dann hier? Noch dazu, ganz ohne Belege?
Zuletzt geändert von tarkomed am Dienstag 31. August 2021, 11:19, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von tarkomed »

Stoner hat geschrieben:(31 Aug 2021, 08:55)

Ja, dieser Faschismus des Herzens findet begeisterte Anhänger.
Viel gefährlicher bleibt dennoch der des Kopfes…
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von schokoschendrezki »

Stoner hat geschrieben:(31 Aug 2021, 10:44)

Sie vermischen eine staatliche Praxis mit einer gesellschaftlichen Praxis. Damals hat der Staat die Freiheitsrechte einiger weniger eingeschränkt, heute entsteht in der Gesellschaft eine Bewegung, die die Freiheitsrechte möglichst aller einschränken möchte. Wokeness ist Bürgerkrieg von unten gegen Freiheit durch Anpassungszwang, das Berufsverbot war eine Freiheitsbeschränkung von oben, die sich nicht durchgesetzt hat, weil man letztendlich den Popanz des Ganzen zur Kenntnis nehmen musste. Wokeness, Gender & Co. sind dagegen längst in den Unternehmen, die so den Kampf um "Talente" und die hierfür erforderliche Reputation führen, angekommen. Sobald die Babyboomer alle aus Beruf und Politik verschwunden sind, wird dieser Anpassungsdruck Alltag sein. Es ist nichts als eine säkulare religiöse, kollektivistische Idee der Gleichheit, die damit verwirklicht wird. Aber Gleichheit ist nun einmal der große Antipode der Freiheit, das sollte doch inzwischen dem letzten dämmern.
Dieser tatsächlich vorhandenen Tendenz in der Gesellschaft und auch in der bundesdeutschen Gesellschaft steht aber eine total und komplett gegenläufige Tendenz entgegen. Die der bekannte Soziologe Andreas Reckwitz in einem sehr einflussreichen Buch von 2017 unter dem Titel "Gesellschaft der Singularitäten" beschreibt. Diese (heutige) Gesellschaft der Singularitäten steht einer Gesellschaft von früher diametral gegenüber: Die der bundesdeutschen Nachkriegs-Gesellschaft des Sozialkorporatismus. Ganz richtig. Die des Interessensausgleichs zwischen "Arbeitnehmern" und "Arbeitgebern" zum Beispiel. Und dieser Sozialkorporatismus wirkte nicht einfach freiheitsbeschränkend "von oben" sondern volle Kanne auch von unten. Er war, besonders in der Adenauer-Zeit, ausgeprägt jugend- und intellektuellenfeindlich von unten. ("Die sollte man alle ..." und bei dem und dem "hätts das nicht gegeben" ... ich verkneife mir den Rest).

Die Gesellschaft von heute ist vor allem eins: In immer mehr separierte soziale Millieus unterteilt. Schon von daher sind Begriffe wie "Haltungsgesellschaft" unzulässig. Die als positiv gewerteten Haltungen sind in den einzelnen Sozialmillieus vollkommen unterschiedlich.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von schokoschendrezki »

Das Problem besteht aus konservativer Sicht vielleicht und unter anderem auch darin, dass man noch immer von "bestimmenden Leitmedien" ausgeht. Dass die FAZ oder die Tagesthemen irgendwie eine repäsentative Sicht irgendeiner fiktiven "bürgerlichen Mitte" sind. Das sind sie in ihrem Selbstverständnis vielleicht auch. Aber nicht mehr in ihrer gesamtgesellschaftlichen Wirkung. In der Gesamtgesellschaft gehts bei den einen um "Ehre", bei den anderen um "Vaterland", bei wieder anderen um einen elitären Intellkualismus, bei wieder anderen um Geld, bei wieder andern um Technologie, Raumfahrt und schnelle Autos, bei wieder anderen um Spaß und Party und bei wiederum anderen um Ostalgie usw. usf.

Klar erscheinen in FAZ, ZEIT, SZ usw. moralisierend antirassistische Artikel. Nur: Welche wirkliche Bedeutung und Wirkung haben diese eigentlich?
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(31 Aug 2021, 10:57)

Das Ammenmärchen, man dürfe nicht mehr alles sagen, wird natürlich von der Neuen Rechten (mit ihrem hiesigen Kern, der AfD) verbreitet. Erzkonservative mit großer Nähe zu Rechtsaußen plappern das nach. Das hat Methode, ist aber leicht zu durchschauen. Sie selbst sind mit ihren ständigen Meinungsäußerungen im Netz das beste Beispiel dafür, dass alles gesagt werden darf. Natürlich immer nur bis zur Grenze der Volksverhetzung. Aber gesagt wird von denen quasi alles. Auch ziemlich viel Blödsinn.
Dies ist allerdings nur im Zusammenhang mit dem - oftmals völkischen - Konsens-, Herkunfts- und Zusammenhaltsbedürfnis der Neuen Rechten erklärbar. Klar: Wenn man eine "Gemeinschaft" bilden will, sich als Teil einer "Gemeinschaft", einer "Nation" fühlen möchte ... dann macht es sich natürlich schlecht, wenn man irgendwie Außenseiteransichten vertritt oder meint, solche zu vertreten oder einfach nur das flaue Gefühl hat, irgendwie nicht gemocht zu werden. Mein Tip dafür ist: Dieses Gefühl, nicht gemocht zu werden und als Außenseiter dazustehen ... ins positive wenden. Eine selbstbestimmte Umkehrung der Verhältnisse vorzunehmen.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Billie Holiday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(31 Aug 2021, 11:35)

Dies ist allerdings nur im Zusammenhang mit dem - oftmals völkischen - Konsens-, Herkunfts- und Zusammenhaltsbedürfnis der Neuen Rechten erklärbar. Klar: Wenn man eine "Gemeinschaft" bilden will, sich als Teil einer "Gemeinschaft", einer "Nation" fühlen möchte ... dann macht es sich natürlich schlecht, wenn man irgendwie Außenseiteransichten vertritt oder meint, solche zu vertreten oder einfach nur das flaue Gefühl hat, irgendwie nicht gemocht zu werden. Mein Tip dafür ist: Dieses Gefühl, nicht gemocht zu werden und als Außenseiter dazustehen ... ins positive wenden. Eine selbstbestimmte Umkehrung der Verhältnisse vorzunehmen.
Wer will denn von Linkslastigen gemocht werden außer Linkslastige?
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von tarkomed »

Stoner hat geschrieben:(31 Aug 2021, 10:44)Es ist nichts als eine säkulare religiöse, kollektivistische Idee der Gleichheit, die damit verwirklicht wird. Aber Gleichheit ist nun einmal der große Antipode der Freiheit, das sollte doch inzwischen dem letzten dämmern.
Du vermischst schon wieder – bewusst? – Gleichberechtigung mich Gleichheit. Gleichberechtigung ist auch mit der Einschränkung der Freiheit derer verbunden, die mehr Rechte für sich beanspruchen und das mithilfe der Beschneidung der Rechte anderer durchzusetzen versuchen. Es geht nicht um Gleichheit im Sinne von "alle haben Anspruch auf alle Reichtümer des Landes", sondern "allen stehen die gleichen Rechte zu"; das Grundprinzip eines funktionierenden modernen Rechtsstaats.
Es wird niemandem etwas weggenommen dadurch, sondern anderen das zugestanden, was viele bereits durch ihre Geburt hatten, nämlich die gleiche Wertschätzung.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(31 Aug 2021, 11:35)

Dies ist allerdings nur im Zusammenhang mit dem - oftmals völkischen - Konsens-, Herkunfts- und Zusammenhaltsbedürfnis der Neuen Rechten erklärbar. Klar: Wenn man eine "Gemeinschaft" bilden will, sich als Teil einer "Gemeinschaft", einer "Nation" fühlen möchte ... dann macht es sich natürlich schlecht, wenn man irgendwie Außenseiteransichten vertritt oder meint, solche zu vertreten oder einfach nur das flaue Gefühl hat, irgendwie nicht gemocht zu werden. Mein Tip dafür ist: Dieses Gefühl, nicht gemocht zu werden und als Außenseiter dazustehen ... ins positive wenden. Eine selbstbestimmte Umkehrung der Verhältnisse vorzunehmen.
Das hat meines Erachtens vor allem mit der Strategie der Neuen Rechten, in alle Bereiche des Lebens vorzudringen und einen "System- und Regierungswechsel" zu organisieren, zu tun. Dafür braucht sie quasi ganz dringend den Eindruck in wachsenden Teilen der Gesellschaft, "ja, man darf wirklich nicht mehr alles sagen, das muss dringend geändert werden. Also hinweg mit dem linksgrünen Meinungskartell". Wobei ja sogar Leute wie Merkel dazugezählt werden. Schau dir an, was dieser Maaßen so schwafelt. Da sind die Grenzen zu ganz weit rechtsaußen längst fließend. Die Legende von der angeblich fehlenden Meinungsfreiheit gehört zu den lebensnotwendigen Strategien der Neuen Rechten.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Selina hat geschrieben:(31 Aug 2021, 11:49)

Das hat meines Erachtens vor allem mit der Strategie der Neuen Rechten, in alle Bereiche des Lebens vorzudringen und einen "System- und Regierungswechsel" zu organisieren, zu tun. Dafür braucht sie quasi ganz dringend den Eindruck in wachsenden Teilen der Gesellschaft, "ja, man darf wirklich nicht mehr alles sagen, das muss dringend geändert werden. Also hinweg mit dem linksgrünen Meinungskartell". Wobei ja sogar Leute wie Merkel dazugezählt werden. Schau dir an, was dieser Maaßen so schwafelt. Da sind die Grenzen zu ganz weit rechtsaußen längst fließend. Die Legende von der angeblich fehlenden Meinungsfreiheit gehört zu den lebensnotwendigen Strategien der Neuen Rechten.
Die neue Yuppie Linke der Wokeisten haben die gleiche faschistische Tendenz wie die nuen Rechten und ja sie stellen jeden in die Nazi Ecke der sich nicht ihrem Meinungsdiktat unterwirft. Meinungs Freiheit gibt es nicht unter Wokeisten! Entweder mit uns oder gegen uns!

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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von tarkomed »

Selina hat geschrieben:(31 Aug 2021, 11:49)Die Legende von der angeblich fehlenden Meinungsfreiheit gehört zu den lebensnotwendigen Strategien der Neuen Rechten.
Der Versuch eben, die Demokratie mithilfe ihrer inherenten demokratischen Werte zu bekämpfen.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von Selina »

tarkomed hat geschrieben:(31 Aug 2021, 12:02)

Der Versuch eben, die Demokratie mithilfe ihrer inherenten demokratischen Werte zu bekämpfen.
Genau. Der Versuch des Schlagens mit den eigenen Waffen. Man delegitimiert die Demokratie mit ihrer Presse- und Meinungsfreiheit, um die Notwendigkeit einer "Machtübernahme" zu begründen.
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Re: Woke: Befreiung von Rassismus, oder identitärer Tugendterror?

Beitrag von tarkomed »

Selina hat geschrieben:(31 Aug 2021, 12:07)

Genau. Der Versuch des Schlagens mit den eigenen Waffen. Man delegitimiert die Demokratie mit ihrer Presse- und Meinungsfreiheit, um die Notwendigkeit einer "Machtübernahme" zu begründen.
Ein durchsichtiges Konzept, aber schon seit Jahren ein Dauerbrenner. Ob sie damit durchkommen?... :)
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