Michael_B hat geschrieben:(15 Aug 2021, 19:44)
Naja, wer in diesem Wahlkampf keine Zweifel hat, wen er wählen soll, dem fehlt der politische Sachverstand ;-)
Dies mag bis zu einem bestimmten Grad zutreffen. Wer jedoch anhand vergangener Regierungspraxis beobachten konnte, wofür die jeweiligen Parteien auch in der Praxis stehen, der weiß zumindest, bei wem er sich die Finger verbrennen wird, falls er sein Kreuz bei ihnen machen will. So reicht es mir auch schon für die bessere Orientierung aus, zu wissen, welche dieser Wahlvereinigungen ich besser niemals bzw. nie wieder wählen sollte. Und irgendwo findet sich dann hoffentlich doch eine Partei, der ich meine Stimme geben kann. Ich denke nämlich gar nicht daran, mein Wahlrecht ungenutzt verfallen zu lassen. Auch wenn es Mühe macht, die Parteiprogramme durchzulesen. Aber sich nicht zu informieren, ist in etwa so, wie -im Extremfall- die NSDAP zu wählen, ohne vorher "Mein Kampf" gelesen zu haben. Dummheit nützt in diesem Fall vor Strafe nicht. Ich für meinen Fall halte jedenfalls nichts von scheinbar inhaltsleeren Personenwahlkämpfen. Aber auch das sogenannte "negative campaigning" zeugt nur von einem Mangel an Argumenten für die eigene Position.
Und außerdem würde die Parteienlandschaft sowieso anders aussehen, wenn mehr Wahlberechtigte sich mehr mit Politik beschäftigen würden. Das Sein bestimmt das Bewusstsein. Aber dies gilt auch umgekehrt. Ich behaupte jedenfalls: Wenn mehr Leute sich überhaupt mal ihrer eigenen Interessen bewusst werden und danach wählen würden, dann würde die gesamte politische Landschaft anders aussehen. Das dies aber nicht so ist, liegt zum einen daran, dass bestimmte Parteien eine asymmetrische Demobilisierung betreiben. Man muss aber auch die Wähler in die Verantwortung nehmen. Diese wollen oft am liebsten einfache Antworten auf schwierige Probleme. Und ansonsten soll die Politik sie am liebsten in Ruhe lassen. Und so kriegt jedes Volk die Regierung, die es verdient. Obwohl ich doch selbst sagen müsste, dass ich eine bessere Meinung von beispielsweise den Deutschen habe, als dass sie die derzeitige Regierung verdient hätten. So liegt es eben auch an jedem Wahlberechtigten selbst, ob er sich nur als passiver Konsument sieht, dem die Politik alle Probleme wegzaubern soll oder aber als aktiver "homo politicus" bzw. politischer Mensch, der wenigstens alle vier Jahre am Wahltag sein Kreuz egoistisch im positiven und langfristigen Sinne und verantwortungsvoll macht. Die meisten Politiker denken nämlich nur bis zur nächsten Wahl voraus. Langfristiges und strategisches Denken findet sich selten. Es wird Zeit, dieses Vor-Sich-Her-Wurschteln zu beenden.
Ich für meinen Teil sehe allerdings bei keiner der bereits im Bundestag sitzenden Parteien gute Ansätze, die ich wenigstens zu fünfzig bis achtzig Prozent unterstützen könnte. Ein gesundes Misstrauen und eine gewisse Distanz zu den diversen Parteien ist also immer angebracht. Am Ende weiß ich jedoch trotzdem, wen ich wählen werde.