Afghanistan 2019 und aktuelles

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lili
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von lili »

US-Truppe in Afghanistan: Ein Ende im Chaos

https://www.msn.com/de-de/nachrichten/p ... np1taskbar

Ein ewiges hin und her. :(
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Quatschki
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Quatschki »

Das Tragische in dem Fall ist ja auch, dass die ungeimpfen Taliban sich mit der hochaggresiven Delta-Variante anstecken und dann ohne Intensivstationen dastehen, oder sehr wahrscheinlich LongCovid bekommen werden, was immer noch unterschätzt wird.
Drauf so sprach Herr Lehrer Lämpel:
„Dies ist wieder ein Exempel!“
Skeptiker

Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Skeptiker »

Quatschki hat geschrieben:(13 Aug 2021, 21:54)
Das Tragische in dem Fall ist ja auch, dass die ungeimpfen Taliban sich mit der hochaggresiven Delta-Variante anstecken und dann ohne Intensivstationen dastehen, oder sehr wahrscheinlich LongCovid bekommen werden, was immer noch unterschätzt wird.
Ja, die haben auch immernoch nicht verstanden, welches Eigentor sie sich schießen, indem sie nicht gendern. Tragisch. :rolleyes:
Liberty
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Liberty »

Quatschki hat geschrieben:(13 Aug 2021, 21:47)
Die Frage stelle ich mir auch immer. Schon beim islamischen Staat.
Aber es gibt viele historische Beispiele, wo eine kleine gut organisierte Macht die Kontrolle über zerfallenen oder innerlich zersplitterte Staaten gewonnen hat, auch indem sie die Fraktionen gegeneinander ausspielt.
Kabul hat mehr Einwohner als Berlin. Wieviele Personen braucht man alleine nur um die öffentliche Ordnung in so einer grossen Stadt zu sichern?

Die Taliban haben aktuell Kandahar und Herat unter ihrer Kontrolle. Das sind Grosstädte mit jeweils so vielen Einwohnern wie Dortmund.

Und dann bedenke die Weite des Landes. Aktuell kontrollieren die Taliban bereits eine Fläche grösser als Deutschland.

Ohne eine breite Zustimmung oder wenigstens Akzeptanz der Bevölkerung wäre das meiner Meinung nach nicht möglich.
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Quatschki
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Quatschki »

Liberty hat geschrieben:(13 Aug 2021, 22:27)

Kabul hat mehr Einwohner als Berlin. Wieviele Personen braucht man alleine nur um die öffentliche Ordnung in so einer grossen Stadt zu sichern?

Die Taliban haben aktuell Kandahar und Herat unter ihrer Kontrolle. Das sind Grosstädte mit jeweils so vielen Einwohnern wie Dortmund.

Und dann bedenke die Weite des Landes. Aktuell kontrollieren die Taliban bereits eine Fläche grösser als Deutschland.

Ohne eine breite Zustimmung oder wenigstens Akzeptanz der Bevölkerung wäre das meiner Meinung nach nicht möglich.
Das läuft wie im Mittelalter, wo der König auch nicht in der Fläche präsent war,
Oder als die Mongolen China eroberten.
Man findet und ernennt lokale Statthalter, erhöht und erniedrigt, belohnt und bestraft, verbreitet Respekt und Furcht, hält Gericht, exemplarisch zwar nur, aber man sorgt dafür, dass die statuierten Exempel bekannt werden.

Die Versorgung der Millionenmetropole ist natürlich nicht so trivial,
vielleicht werden salafistische Milliardäre als Sponsor einspringen, wenn sie im Gegenzug ein paar Terrorcamps errichten dürfen...
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Liberty »

Quatschki hat geschrieben:(13 Aug 2021, 22:46)
Man findet und ernennt lokale Statthalter, erhöht und erniedrigt, belohnt und bestraft, verbreitet Respekt und Furcht, hält Gericht, exemplarisch zwar nur, aber man sorgt dafür, dass die statuierten Exempel bekannt werden.
Die Paschtunen leben doch in Clan- und Stammesstrukturen. Ich denke mal das läuft einfach so, dass da ein Stammesführer sich vor Ort sich einfach mit Taliban verständigt und dann arbeitet man eben zusammen.

Ist ja auch nicht so, dass Afghanistan ohne Taliban dafür bekannt wäre ein linksgrünes Hippie-Land zu sein. Die Menschen und Traditionen dort sind zutiefst vom Islam geprägt. Die Burka ist auch keine Erfindung der Taliban gewesen, sondern ein traditionelles Gewandt in der afghanischen Kultur. Ausserhalb Kabuls ist es praktisch normal, dass Frauen nur in Burka den öffentlichen Raum betreten. Die Taliban sind mit ihren Vorstellungen vermutlich nicht so sehr weit weg von dem, was in Afghanistan ohnehin als Normalität angesehen wird.
lili
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von lili »

US-Regierung spricht Afghanen Kampfbereitschaft ab - ,,Geld kann keinen Willen kaufen"

https://www.welt.de/politik/ausland/art ... t-vor.html

Jetzt wird die Hilflosigkeit der deutschen Afghanistan-Politik überdeutlich

https://www.welt.de/politik/deutschland ... litik.html

Was sollen sie denn machen? Wie sollen sie sich gegen die durchsetzen?
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Platon
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Platon »

China wird wohl die Taliban als Herrscher von Afghanistan anerkennen, wenn sie Kabul erobern. Man hat damit exzellente Beziehungen zu mehreren Ländern in der Region, vor allem Taliban/Afghanistan, Iran und Pakistan, während man Indien jetzt eher als Gegner sieht. Da deutet sich eine geopolitische Neuordnung auf dem asiatischen Kontinent an.
China is ready to recognize the Taliban as the legitimate rulers in Afghanistan if the extremist group manages to topple the democratically elected government in Kabul — which would also undermine the Biden administration’s main leverage against the insurgents, according to intelligence sources.

Beijing had previously pressured the Taliban to work toward a peace agreement with President Ashraf Ghani’s government — and joined other countries, including the US, to say it would not recognize any government “imposed through the use of military force.”

However, new Chinese military and intelligence assessments have prompted leaders in Beijing to prepare to formalize their relationship with the Taliban, according to US News & World Report, which cited multiple American and foreign intelligence sources.[...]
https://nypost.com/2021/08/13/china-pre ... vt-report/

Unterdessen haben die Taliban gestern Helmland, Lashkar Gah und Qalat, Zabul erobert, womöglich auch Qala-i Naw. Damit ist nach dem Fall von Herat und Kandahar der Kampfeswille der Regierungstruppen komplett zusammengebrochen und im gesamten Westen des Landes hat sich eine durchgängige Taliban-Herrschaft etabliert.
https://nypost.com/2021/08/13/taliban-c ... ghanistan/
Zuletzt geändert von Platon am Samstag 14. August 2021, 12:51, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Platon »

Die Taliban haben mit Ismail Khan den lokalen Warlord gefangen genommen. Sehr symbolisch dafür, dass die Warlords, welche de facto von der NATO als lokale Partner unterstützt wurden, nach dem Abzug der ausländischen Truppen nicht die Macht haben um selbst genug Unterstützung für den Kampf gegen die Taliban zu mobilisieren. Sie wurden bereits in den 90ern von den Taliban besiegt, saßen nun 20 Jahre in ihren Palästen und werden nun erneut überrannt.
KABUL, Aug 13 (Reuters) - Taliban insurgents have seized most of Herat, Afghanistan's third largest city,and also captured Ismail Khan, the veteran local commander leading militia resistance there, local officials said on Friday.

The fall of Herat, the latest in a series of major provincial cities to be taken by the Taliban in the past few days, has dealt a shocking blow to the government of President Ashraf Ghani only weeks after the withdrawal of U.S. forces.

One official said Afghan government forces had agreed to withdraw from Herat airport, 15 km (nine miles) from the city, and the Army Corps commander's headquarters, the last centres under their control. However other sources said Afghan forces were still at the airport as of 1 p.m. local time (0830 GMT).

"The Taliban agreed that they will not pose any threat or harm to the government officials who surrendered," said provincial council member Ghulam Habib Hashimi.[...]
https://www.reuters.com/world/asia-paci ... 021-08-13/

Die Taliban sagen nun, dass er sich den Taliban angeschlossen hat. Er wird wohl ein lokaler Warlord unter der Herrschaft der Taliban bleiben bzw. es gibt ein Video auf Twitter wo er das selbst sagt.
Zuletzt geändert von Platon am Samstag 14. August 2021, 12:59, insgesamt 1-mal geändert.
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Adam Smith
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Adam Smith »

Quatschki hat geschrieben:(13 Aug 2021, 21:54)

Das Tragische in dem Fall ist ja auch, dass die ungeimpfen Taliban sich mit der hochaggresiven Delta-Variante anstecken und dann ohne Intensivstationen dastehen, oder sehr wahrscheinlich LongCovid bekommen werden, was immer noch unterschätzt wird.
Die Taliban nehmen das Virus nicht ernst. Das dürfte allen klar sein.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Platon »

Wenn man sieht wie schnell die NATO-Mächte jetzt ihre Botschaften leer räumen wollen ist die Frage ob um Kabul überhaupt noch gekämpft wird. Die besten Truppen, d.h. die Spezialkräfte und Kommandoeinheiten, hatte die Regierung z.B. nach Kandahar geschickt. Dort haben sie ein paar Wochen durchgehalten sich aber jetzt massenhaft ergeben müssen bzw. sind geflohen. Die Taliban rücken zur Stunde komplett ohne Gegenwehr auf Kabul vor und können alle ihre Kräfte auf Mazari- Sharif und Kabul konzentrieren, wo sie dann aller Vorraussicht nach klar überlegen sein werden. Wer irgendwie Verstand hat versucht jetzt alles an Geld zusammen zu packen was man finden kann und das Land zu verlassen.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von olli »

Platon hat geschrieben:(14 Aug 2021, 12:50)

Wenn man sieht wie schnell die NATO-Mächte jetzt ihre Botschaften leer räumen wollen ist die Frage ob um Kabul überhaupt noch gekämpft wird.
Der Widerstand ist doch schon längst gebrochen. Wenn man sieht wie trandüsig Deutschland seine Rückholaktion organisiert werden die gar keine Möglichkeit haben überhaupt ein Flugzeug in Kabul landen zu lassen und in der US-Botschaft sind sie vom schreddern zum verbrennen übergegangen, die wissen das sie keine Zeit mehr haben.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Elmar Brok »

Was ich nicht so ganz verstehe. Man kam nach Afghanistan, um die Terrorzellen zu bekämpfen. Jetzt geht man raus und in drei Jahren stehen diese Terrorzellen wieder?
Skeptiker

Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Skeptiker »

Elmar Brok hat geschrieben:(14 Aug 2021, 13:11)

Was ich nicht so ganz verstehe. Man kam nach Afghanistan, um die Terrorzellen zu bekämpfen. Jetzt geht man raus und in drei Jahren stehen diese Terrorzellen wieder?
Ja richtig. Das nennt sich „verlieren eines Krieges“. Bedeutet die Gegenseite gewinnt und kann dann machen was SIE für richtig hält.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von NicMan »

Elmar Brok hat geschrieben:(14 Aug 2021, 13:11)

Was ich nicht so ganz verstehe. Man kam nach Afghanistan, um die Terrorzellen zu bekämpfen. Jetzt geht man raus und in drei Jahren stehen diese Terrorzellen wieder?
Die letzten Jahre hatte man sich mit einem militärischen Patt arrangiert, die Terrorzellen waren also im Grunde genommen nie weg. Man kann sich fragen, ob die Begnügung mit einem Patt wirklich genug Einsatz war.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von olli »

Seehofer & Konsorten wird es freuen, da wird man die Diskussion um die Terrorgefahr sicher wieder aus der Mottenkiste kramen.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Adam Smith »

Elmar Brok hat geschrieben:(14 Aug 2021, 13:11)

Was ich nicht so ganz verstehe. Man kam nach Afghanistan, um die Terrorzellen zu bekämpfen. Jetzt geht man raus und in drei Jahren stehen diese Terrorzellen wieder?
Wenn die Bevölkerung die Scharia haben möchte, dann möchte die Bevölkerung die Scharia haben.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von NicMan »

Adam Smith hat geschrieben:(14 Aug 2021, 13:14)

Wenn die Bevölkerung die Scharia haben möchte, dann möchte die Bevölkerung die Scharia haben.
Ich würde es nicht soo stark verallgemeinern, aber es muss zumindest in größeren Teilen der Bevölkerung starken Rückhalt oder zumindest Toleranz für die Taliban geben.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Platon »

Elmar Brok hat geschrieben:(14 Aug 2021, 13:11)

Was ich nicht so ganz verstehe. Man kam nach Afghanistan, um die Terrorzellen zu bekämpfen. Jetzt geht man raus und in drei Jahren stehen diese Terrorzellen wieder?
Nicht wirklich. Die Terrorzellen wurden 2001 von den USA zerstört und es sind auch 20 Jahre vergangen und al Qaida ist nicht mehr das was es mal war: der Tod von Bin Laden, der Krieg in Syrien, der Aufstieg und Fall des IS uvm.

Es ist davon auszugehen, dass die Taliban und die CIA sich in irgendeiner Form darauf geeinigt haben, dass die Taliban keine Angriffe auf die USA mehr zulassen als Bedingung für eine diplomatische Einigung, die den Abzug der USA erlaubt hat.

Daher werden die Taliban schlau genug sein, dass eine Wiederholung der Ereignisse von 2001 sich nicht ereignen. Das betrifft ja nicht nur die USA. Für China ist es ja auch sehr zentral, dass die Taliban keine islamistischen Kämpfer in Xinjang unterstützen. Es ist ja letztlich so, dass die Welt auf lange Sicht gesehen schon bereit ist die Taliban zu akzeptieren, wenn sie keine Gefahr für den Rest der Welt darstellen, weil sie Terroristen Unterschlupf gewähren. Daher werden sie sich entsprechend verhalten.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von olli »

Wirklich starkes Interesse gibt es auch in den Medien nicht mehr. Der Westen hat schon lange mit Afghanistan und dem Irak abgeschlossen. Für die USA und die Verbündeten ist das die größte militärische Pleite, da wird schnell der Mantel des Schweigens drübergestülpt. Das sich die Taliban an irgendwelche Abmachungen mit den USA halten ? Ich glaube es nicht und man sieht ja auch das sie sich ihrer Stärke bewusst sind. Was am Ende übrig bleibt ist nur die Tatsache das man die Taliban technisch und militärisch aufgerüstet hat. Statt Rauchzeichen verwenden sie jetzt Satelittentelefone und statt Mulis jetzt HummWees.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von NicMan »

olli hat geschrieben:(14 Aug 2021, 13:29)

Wirklich starkes Interesse gibt es auch in den Medien nicht mehr. Der Westen hat schon lange mit Afghanistan und dem Irak abgeschlossen. Für die USA und die Verbündeten ist das die größte militärische Pleite, da wird schnell der Mantel des Schweigens drübergestülpt. Das sich die Taliban an irgendwelche Abmachungen mit den USA halten ? Ich glaube es nicht und man sieht ja auch das sie sich ihrer Stärke bewusst sind. Was am Ende übrig bleibt ist nur die Tatsache das man die Taliban technisch und militärisch aufgerüstet hat. Statt Rauchzeichen verwenden sie jetzt Satelittentelefone und statt Mulis jetzt HummWees.
Das mit der Aufrüstung ist wirklich katastrophal nach hinten losgegangen. In den letzten Tagen sieht man häufig, wie die Taliban mit kampflos aufgegebenen und intakten modernen militärischen Fahrzeugen vorrücken. Von solchen Gerätschaften hätte man dort vor einiger Zeit nur träumen können.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Eiskalt »

Tja. Ganz offenbar hat man sich nicht darum bemüht integere Personen in die entsprechenden Positionen zu bekommen.

Für solche Leute kämpft dann keiner.
Wer hinter die Paywall kann, kann auch hier Berichte von deutschen Veteranen lesen:

[url]https://www.welt.de/politik/deutschland ... h-war.html?[/

Die bestätigen das.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von NicMan »

Platon hat geschrieben:(13 Aug 2021, 08:46)

Die Regierung muss sich jetzt auf Kabul und Mazar i Sharif konzentrieren und hoffen, dass man in den letzten Wochen nicht durch Überdehnung seine besten Truppen bereits verheizt hat...
Offenbar wird wenigstens Mazar-I-Sharif erbittert verteidigt, aber auch das scheint nichts mehr zu bringen. Die Taliban stehen schon vor Kabul. Sobald eine der beiden Städte fällt kann man das Kapitel wohl abhaken https://www.tagesschau.de/ausland/afgha ... h-105.html
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von NicMan »

Polemische Zusammenfassung: vor 20 Jahren kamen westliche Armeen um die Taliban-Terroristen aus Afghanistan zu vertreiben. Jetzt ziehen sie wieder ab und lassen ihr Equipment bei der afghanischen Armee. Die kämpft nicht gegen die Taliban. Taliban nehmen sich das Land und Equipment.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von olli »

Es geht noch polemischer : Wir verteidigen Deutschland am Hindukusch
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Michael Alexander »

Eiskalt hat geschrieben:(14 Aug 2021, 13:43)

Tja. Ganz offenbar hat man sich nicht darum bemüht integere Personen in die entsprechenden Positionen zu bekommen.

Für solche Leute kämpft dann keiner.
Wer hinter die Paywall kann, kann auch hier Berichte von deutschen Veteranen lesen:

[url]https://www.welt.de/politik/deutschland ... h-war.html?[/

Die bestätigen das.
Afghanistan hat eine Fläche von 653.000 Quadratkilometern, was fast so gross ist wie Deutschland und Polen zusammengenommen, und zeichnet sich durch eine äusserst schwierige Geographie aus, mit Bergen von über 5.000 Metern Höhe im zentralen Bergland und von über 7.000 Metern im Hindukusch. Die Bevölkerung zählt 38 Millionen Einwohner, was einer Verdreifachung innerhalb einer Generation entspricht (!), und setzt sich aus einer Vielzahl unterschiedlicher Ethnien zusammen.

Obwohl Afghanistan nicht einmal die Hälfte der Einwohner Deutschlands hat, gibt es dort ähnlich viele junge Männer wie in Deutschland. Beispielsweise hat der Jahrgang der 21-jährigen eine Stärke von etwa 420.000 Mann.

Die Amerikaner hatten maximal ca. 100.000 Mann in Afghanistan, und dies nur für eine relativ kurze Zeit in den Jahren 2010 und 2011. 2016, noch unter Obama, war die Truppenstärke bereits auf unter 10.000 reduziert worden. Kontingente andere Nationen waren stets kleiner und häufig auf die Hilfe der Amerikaner angewiesen.

Was will ich damit sagen?

Mit einer so geringen Truppenstärke ist es nicht möglich, ein Land wie Afghanistan ohne Rückgriff auf lokale Kräfte zu beherrschen. Hätte man nicht lokale Milizen zu Verbündeten genommen, hätte man Afghanistan nie unter Kontrolle gebracht. Man ist also Kompromisse eingegangen, weil man nicht mit einer halben Million oder besser einer Million Mann einmarschieren wollte, was auch sehr viel mehr eigene Verluste bedeutet hätte.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Michael_B »

Platon hat geschrieben:(14 Aug 2021, 12:50)

Wenn man sieht wie schnell die NATO-Mächte jetzt ihre Botschaften leer räumen wollen ist die Frage ob um Kabul überhaupt noch gekämpft wird. Die besten Truppen, d.h. die Spezialkräfte und Kommandoeinheiten, hatte die Regierung z.B. nach Kandahar geschickt. Dort haben sie ein paar Wochen durchgehalten sich aber jetzt massenhaft ergeben müssen bzw. sind geflohen. Die Taliban rücken zur Stunde komplett ohne Gegenwehr auf Kabul vor und können alle ihre Kräfte auf Mazari- Sharif und Kabul konzentrieren, wo sie dann aller Vorraussicht nach klar überlegen sein werden. Wer irgendwie Verstand hat versucht jetzt alles an Geld zusammen zu packen was man finden kann und das Land zu verlassen.
Du hattest doch vor ein paar Tagen noch geschrieben, die Truppenstärke wäre ca. 300.000 zu 60.000 für die Regierungstruppen.

Wieso sind die Taliban dann in jeder Schlacht überlegen? Da stimmt doch was nicht.
Michael_B
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Michael_B »

Elmar Brok hat geschrieben:(14 Aug 2021, 13:11)

Was ich nicht so ganz verstehe. Man kam nach Afghanistan, um die Terrorzellen zu bekämpfen. Jetzt geht man raus und in drei Jahren stehen diese Terrorzellen wieder?
Das versteht wohl keiner. Totale Pleite.
olli
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von olli »

Michael Alexander hat geschrieben:
Was will ich damit sagen?

Mit einer so geringen Truppenstärke ist es nicht möglich, ein Land wie Afghanistan ohne Rückgriff auf lokale Kräfte zu beherrschen. Hätte man nicht lokale Milizen zu Verbündeten genommen, hätte man Afghanistan nie unter Kontrolle gebracht. Man ist also Kompromisse eingegangen, weil man nicht mit einer halben Million oder besser einer Million Mann einmarschieren wollte, was auch sehr viel mehr eigene Verluste bedeutet hätte.
Richtig aber das war von Anfang an klar, wer A sagt muss auch B sagen, aber das wollte dann auch niemand. Hätte man wirklich gewollt hätte man über Jahrzehnte eine starke Militärmacht stationieren müssen bis Generationen mit westlicher Kultur aufgewachsen wären und die Taliban sich selbst überlebt hätten.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von yogi61 »

Der frühere Bundeswehr-General Hans-Lothar Domröse hält den Afghanistaneinsatz der Nato für gescheitert. Das Konzept "train, assist, advise (trainieren, unterstützen, beraten)" sei nicht aufgegangen, sagte er am Samstag auf NDR Info. Obwohl die afghanische Armee gut ausgebildet und ausgestattet sei, setze sie ihre Mittel nicht ein. Die Soldaten wüssten offenbar nicht, wofür sie kämpfen, sagte Domröse
Domröse sagte, er könne sich vorstellen, dass China, Pakistan oder Iran die Taliban eher zur Mäßigung bewegen könnten als westliche Staaten. "Es scheint sich zu bewahrheiten, dass mit Geld allein man den Afghanen nicht helfen kann." Der Ex-Militär forderte, Lehren aus der Erfahrung zu ziehen, dass der Aufwand vergeblich gewesen sei. Die beiden einzigen sinnvollen Wege seien für ihn entweder ein unbefristetes Engagement oder "nicht mehr hingehen".
https://www.sueddeutsche.de/politik/afg ... -1.5377155

Das sagt so ziemlich alles.
Two unique places, one heart
https://www.youtube.com/watch?v=Ca9jtQhnjek
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Platon »

Michael_B hat geschrieben:(14 Aug 2021, 14:13)

Du hattest doch vor ein paar Tagen noch geschrieben, die Truppenstärke wäre ca. 300.000 zu 60.000 für die Regierungstruppen.

Wieso sind die Taliban dann in jeder Schlacht überlegen? Da stimmt doch was nicht.
-->
Platon hat geschrieben:(09 Aug 2021, 03:23)

Der Vergleich trifft es wahrscheinlich. Zum Beispiel in vielen arabischen Staaten ist die Armee total aufgeblasen, aber letztlich vor allem ein Arbeitgeber bzw. Mittel zur Patronage durch die Unterstützer mit Gehältern versorgt werden können. Auf dem Papier ist man dann mehrere hunderttausend Mann stark und bis an die Zähne bewaffnet. Wenn eine derartig aufgeblasene Armee einem Feind gegenübertritt der motiviert ist und wahrscheinlich gewinnen wird, dann desertiert ein nicht geringer Teil der Leute sofort, was dann natürlich schnell alle anderen demoralisiert. Die irakische Armee hat das ja bereits zwei Mal gemacht. Einmal im Golfkrieg gegen die USA und auch zu Beginn im Kampf gegen den IS. Diese Leute haben sich die Uniform angezogen um Gehälter zu kassieren, aber nicht um in einem scheinbar aussichtslosen Kampf zu sterben. Es gibt schon auf Seiten der Regierung in Kabul Leute die kämpfen und motiviert sind, das ist aber nur ein Bruchteil der Leute die formell zu den Streitkräften gehören. In Afghanistan dürfte es daher eine ähnliche Situation geben und man findet jetzt im Ernstfall raus wer von den Leuten überhaupt in einem Krieg kämpfen will, den man womöglich verlieren wird.

Weil wer in den letzten 10-20 Jahren für die Taliban gekämpft hat, der ist bereit ernsthaft zu kämpfen und hat vor allem auch schon eine Menge Kampferfahrung und will sich nun seinen Platz sichern am Tisch des zukünftigen Afghanistans.
:)
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Michael_B »

VT-Modus an:
Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte allerdings erst am Montag den Abzug der Bundeswehr verteidigt. "Wer die Taliban dauerhaft besiegen will, müsste einen sehr harten und langen Kampfeinsatz führen", sagte sie. Die CDU-Politikerin stellte in Frage, ob Parlament und Gesellschaft in Deutschland dazu bereit seien. (14.8.2021)
Könnte es sein, dass man erstmal aus Afghanistan raus geht um sich angesichts des zu erwartenden Taliban-Wahnsinns eine breite Unterstützung für einen unbefristeten Einsatz zu holen und dann wieder - ohne relevante Kritik in der Heimat - weiterzumachen?

VT-Modus aus

Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass man die Bevölkerung in Afghanistan dauerhaft diesen Radikalen überlassen möchte.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Adam Smith »

Michael_B hat geschrieben:(14 Aug 2021, 14:52)

Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass man die Bevölkerung in Afghanistan dauerhaft diesen Radikalen überlassen möchte.
Die Armee hat sich im Grunde kampflos ergeben. Eine Unterstützung für Kräfte jenseits der Scharia gibt es in der Praxis nicht. Vielleicht ändert sich das in ein paar Generationen mal. Vielleicht auch nicht.
Das ist Kapitalismus:

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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von lili »

Bundeswehr bereitet großen Evakuierungseinsatz in Kabul vor

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Da bin ich mal gespannt wie das ausgehen wird.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Platon »

Michael_B hat geschrieben:(14 Aug 2021, 14:52)

VT-Modus an:
Könnte es sein, dass man erstmal aus Afghanistan raus geht um sich angesichts des zu erwartenden Taliban-Wahnsinns eine breite Unterstützung für einen unbefristeten Einsatz zu holen und dann wieder - ohne relevante Kritik in der Heimat - weiterzumachen?
VT-Modus aus

Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass man die Bevölkerung in Afghanistan dauerhaft diesen Radikalen überlassen möchte.
Es war von Anfang an so, dass sich der Aufwand für Afghanistan eigentlich nicht lohnt. Man hat ja bereits 20 Jahre lang Geld verbrannt und es gibt in Afghanistan nichts Materielles was diesen Aufwand wirklich rechtfertigt. An Ressourcen gibt es nur Seltene Erden und Erzvorkommen, die man aber nicht abbauen kann solange noch Bürgerkrieg herrscht, weswegen da auch nie groß was passiert ist. Vermutlich wird das erst jetzt nach einer Machtübernahme der Taliban etwas mit Investitionen aus China.

Daher sind die USA unter Biden jetzt auch bereit sang und klanglos aus Afghanistan abzuziehen und die aktuelle Blamage hinzunehmen, weil dadurch in der globalen Betrachtung entsprechende ökonomische und militärische Ressourcen frei werden für andere Gebiete. Am Ende ist eine Machtübernahme der Taliban auch nicht das Schlimmste, weil dadurch dem Land und der Welt ein langer Bürgerkrieg mit Millionen Kriegsflüchtlingen erspart bleibt und endlich einmal Stabilität im Land eintritt.
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Troh.Klaus
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Troh.Klaus »

olli hat geschrieben:(13 Aug 2021, 12:03)
naja Afghanistan war ja mal "westlich" orientiert, also ohne Scharia, Burka und mit Frauenrechten. War dem Westen dann doch zu kommunistisch und man hat die Taliban zu ihren Verbündeten gemacht um das zu stürzen. Hunderttausende Söldner wurden im nahen Osten angeworben, vor allem aus Saudi-Arabien und nach Afghanistan verfrachtet. Finanziert von wen wundert es noch: Uns. Ja wir kennen noch die heldenhafte Glorifizierung dieser "Freiheitskämpfer", man denke nur an diesen Kino-Schund ala Rambo wo uns in der Jugend eingesäuselt wurde was für tolle Helden diese Taliban seien. Ja,Ja, lang ist es her.
Das waren nicht die Taliban, sondern die "Mujaheddin", u.a. der berüchtigte Gulbuddin Hekmatyar. Die Taliban beendeten 1996 die ungeliebte Herrschaft der Mujaheddin mit Ausnahme des Nordens, der weiterhin unter Kontrolle von Schah Achmad Massoud und Abdoul Dostum stand. Die Taliban wurden damals in weiten Teilen Afghanistans als "Befreier" begrüßt.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Platon »

Troh.Klaus hat geschrieben:(14 Aug 2021, 16:27)

Das waren nicht die Taliban, sondern die "Mujaheddin", u.a. der berüchtigte Gulbuddin Hekmatyar. Die Taliban beendeten 1996 die ungeliebte Herrschaft der Mujaheddin mit Ausnahme des Nordens, der weiterhin unter Kontrolle von Schah Achmad Massoud und Abdoul Dostum stand. Die Taliban wurden damals in weiten Teilen Afghanistans als "Befreier" begrüßt.
Hekmatyar gibt es übrigens immer noch. Er war ja nach 2001 Teil des Taliban-Aufstands und 2016 hatte er Frieden mit der afghanischen Regierung geschlossen.
Ich weiß gar nicht auf welcher Seite er in der aktuellen Situation kämpft.

Ich glaube er steht pro Forma auf der Seite der Regierung, aber das dürfte sich in Kürze ändern ^^.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Troh.Klaus »

Skeptiker hat geschrieben:(13 Aug 2021, 21:37)
Es kann in einem Krieg immer nur einen Sieger geben. Der Westen hat sich entschieden diesen Krieg nicht gewinnen zu wollen oder zu können. Damit haben sie ihn verloren. Jeder, der die Alliierten unterstützt hat, z.B. Übersetzer, hat damit ebenfalls verloren. Und mit verloren meine ich nicht "ein Spiel", sondern seine Aussicht auf ein normales Leben - ggf. überhaupt sein Leben.
Ja, so ist das leider.
In Deutschland hat man sich ja lange Zeit nicht mal getraut, das Wort "Krieg" offiziell in den Mund zu nehmen. Man ist also bereits zum Hindukusch gepilgert in der festen Absicht, keinen Krieg zu gewinnen.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von olli »

Troh.Klaus hat geschrieben:(14 Aug 2021, 16:27)

Das waren nicht die Taliban, sondern die "Mujaheddin", u.a. der berüchtigte Gulbuddin Hekmatyar. Die Taliban beendeten 1996 die ungeliebte Herrschaft der Mujaheddin mit Ausnahme des Nordens, der weiterhin unter Kontrolle von Schah Achmad Massoud und Abdoul Dostum stand. Die Taliban wurden damals in weiten Teilen Afghanistans als "Befreier" begrüßt.

quere "Gotteskrieger" sind sie alle. Anderer Name, gleicher Inhalt
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Kohlhaas »

Skeptiker hat geschrieben:(13 Aug 2021, 21:37)

Das ist wirklich nicht mehr zu ertragen, was du hier für einen Unsinn schreibst. Du hast ganz offensichtlich nicht verstanden was da vor sich geht und hetzt nun gegen Leute, die vom Westen in die Scheiße reingeritten wurden und nun mit den Taliban leben (bzw. sterben) müssen.

Dass es keinen Widerstand seitens der Afghanen gibt, ist reine Kriegslogik. Die Schutzmacht zieht ab und es ist klar, dass die Taliban die Macht übernehmen. Es ist auch klar, was die mit Widerständlern machen.
Nur ein Beispiel von vielen:

"Ein Polizeisprecher sagte, es habe keine Verstärkung aus Kabul gegeben. Daher habe man die Stadt nicht halten können. Sarandsch wurde offenbar kampflos übergeben."

https://www.tagesschau.de/ausland/asien ... n-163.html

Auch die Grenzübergänge im Norden und zum Iran hin wurden kampflos übergeben. Es gab nur ganz vereinzelt Widerstand gegen den Vormarsch der Taliban. Schwafel gefälligst nicht rum, dass dort gerade Gebiete in harten Gefechten die Eigentümer wechseln würden. Nichts davon ist der Fall. Die Leute sind auch ganz sicher nicht vom Westen in diese Scheiße hineingeritten worden. Die hatten ihre Taliban schon lange vorher. Die Nato ist gewisss nicht dafür verantwortlich, dass es die Taliban gibt. Die Nato hat diese Taliban nur 20 Jahre lang niedergehalten. Spar Dir gefälligst Deine unqualifizierten Behauptungen über meine angebliche "Hetze". Das ist nichts als blödes Gewäsch.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Adam Smith »

olli hat geschrieben:(14 Aug 2021, 16:44)

quere "Gotteskrieger" sind sie alle. Anderer Name, gleicher Inhalt
Die Grundlage ist ja die Scharia die umgesetzt wird.
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Kohlhaas »

Michael_B hat geschrieben:(14 Aug 2021, 14:13)

Du hattest doch vor ein paar Tagen noch geschrieben, die Truppenstärke wäre ca. 300.000 zu 60.000 für die Regierungstruppen.

Wieso sind die Taliban dann in jeder Schlacht überlegen? Da stimmt doch was nicht.
Von welchen Schlachten sprichst Du? Es finden doch gar keine Schlachten statt. Die Armee hat sich sang- und klanglos aufgelöst.
Slava Ukraini
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Skeptiker »

Kohlhaas hat geschrieben:(14 Aug 2021, 17:45)

Nur ein Beispiel von vielen:

"Ein Polizeisprecher sagte, es habe keine Verstärkung aus Kabul gegeben. Daher habe man die Stadt nicht halten können. Sarandsch wurde offenbar kampflos übergeben."

https://www.tagesschau.de/ausland/asien ... n-163.html

Auch die Grenzübergänge im Norden und zum Iran hin wurden kampflos übergeben. Es gab nur ganz vereinzelt Widerstand gegen den Vormarsch der Taliban. Schwafel gefälligst nicht rum, dass dort gerade Gebiete in harten Gefechten die Eigentümer wechseln würden.
Wo soll ich solchen Unsinn behauptet haben? Gute Güte, du verstehst es einfach nicht. Jeder Mensch in Afghanistan weiß, dass die Taliban die Macht übernehmen, weil die Bevölkerung diese unterstützt. Da ist jeder Kampf zwecklos.

Der eigentliche Kampf den man hätte führen müssen, wäre der gewesen, Afghanistan auch in den Köpfen der Menschen dort zu einem modernen Staat zu machen. Aber auch wenn hier immernoch Leute glauben ein Rechtsstaat wäre durch die Gesetze und Institutionen definiert - hier sehen wir wie schnell dieses Luftschloss in sich zusammenfällt, wenn die Menschen die den Staat bilden, eben keine demokratischen Rechtsstaatler sind. Die bauen ihre Theokratie auf und sind happy damit. So viel ist dann alles westliche Gedöns wert - eben nichts.
Nichts davon ist der Fall. Die Leute sind auch ganz sicher nicht vom Westen in diese Scheiße hineingeritten worden. Die hatten ihre Taliban schon lange vorher. Die Nato ist gewisss nicht dafür verantwortlich, dass es die Taliban gibt. Die Nato hat diese Taliban nur 20 Jahre lang niedergehalten. Spar Dir gefälligst Deine unqualifizierten Behauptungen über meine angebliche "Hetze". Das ist nichts als blödes Gewäsch.
PUUUUAAAAAAHHHHHHH, du hast ja garnichts verstanden. Natürlich gab es die Taliban schon vorher. OMG - das hat ja keinen Sinn mit dir ... :rolleyes:
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von NicMan »

NicMan hat geschrieben:(14 Aug 2021, 13:44)

Offenbar wird wenigstens Mazar-I-Sharif erbittert verteidigt, aber auch das scheint nichts mehr zu bringen. Die Taliban stehen schon vor Kabul. Sobald eine der beiden Städte fällt kann man das Kapitel wohl abhaken https://www.tagesschau.de/ausland/afgha ... h-105.html
Ähm... nun ja... offenbar wurde die Stadt nun kampflos übergeben: https://www.spiegel.de/ausland/taliban- ... CQgO1dEMph

Solangsam kommt hier zur unerträglichen Tragik auch noch eine Lachnummer.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von lili »

Die Taliban töten eine Frau nach der anderen


https://www.zeit.de/politik/ausland/202 ... rsch-kabul

Die Situation wird sich noch weiter verschärfen.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Platon »

NicMan hat geschrieben:(14 Aug 2021, 19:41)

Ähm... nun ja... offenbar wurde die Stadt nun kampflos übergeben: https://www.spiegel.de/ausland/taliban- ... CQgO1dEMph

Solangsam kommt hier zur unerträglichen Tragik auch noch eine Lachnummer.
Da muss man sich langsam fragen, ob man denn am Ende wenigstens noch Kabul verteidigen wird.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Platon »

Zumindest braucht man sich jetzt keine Gedanken mehr machen, dass ehemalige Ortskräfte der Bundeswehr schnell ein Visum bräuchten.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Elmar Brok »

Hier sieht man aber auch ganz gut ein Problem an Demokratie. Oder gesellschaftlicher Wahrnehmung. Militärexperten hätte im Voraus so sehr warnen können wie man will, die Meinung zum Abzug der Truppen aus Afghanistan ändert sich erst in dem Moment, wo wir jetzt diese Nachrichten und Bilder sehen.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von Quatschki »

Elmar Brok hat geschrieben:(14 Aug 2021, 20:06)

Hier sieht man aber auch ganz gut ein Problem an Demokratie. Oder gesellschaftlicher Wahrnehmung. Militärexperten hätte im Voraus so sehr warnen können wie man will, die Meinung zum Abzug der Truppen aus Afghanistan ändert sich erst in dem Moment, wo wir jetzt diese Nachrichten und Bilder sehen.
Die Meinung ändert sich überhaupt nicht.
Die üblichen Verdächtigen schreien nur lauter.
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Re: Afghanistan 2019 und aktuelles

Beitrag von NicMan »

Platon hat geschrieben:(14 Aug 2021, 20:00)

Da muss man sich langsam fragen, ob man denn am Ende wenigstens noch Kabul verteidigen wird.
Das frage ich mich auch und das scheint auch die letzte spannende Frage zu sein. Nach Kabul sollen ja Menschen vor den Taliban geflüchtet seien, in Kabul sei die Bevölkerung außerdem am modernsten eingestellt - was wohl passiert, wenn die Taliban da einrücken? Da müsste es eigentlich Widerstand geben, auch in der Zivilbevölkerung, es sei denn, es handelt sich hier um massive Fehleinschätzungen oder alle in Afghanistan haben sich bereits mit der Niederlage abgefunden, bzw. sind eher dem Lager der Sieger, der Taliban zuzurechnen.
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