Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

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Skeptiker

Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Skeptiker »

Im Focus habe ich einen interessanten Artikel zu den Hintergründen der letzten Attentate in Deutschland gefunden. Es geht da um die Täter und Taten von Würzburg, Hanau und Frankfurt.

Offensichtlich waren alle drei Täter schizophren. Dennoch scheint es Hindernisse zu geben, diese Leute Zwangszubehandeln - offensichtlich, weil es eine Gruppierung gibt, welche psychisch Kranken eine "Freiheit zur Krankheit" zuspricht.

Hier der wichtigste Inhalt:
Leider betreffen aber die Debatten darüber, wie man so etwas künftig verhindern könnte, nicht den Kern des Problems. Wenn jemand akut schizophren ist, wenn er ganz im Bann seines Wahns steht und dabei zunehmend Gewaltphantasien auftauchen – wie in Hanau: Der Täter wollte mit wenigen Ausnahmen die ganze Menschheit vernichten! – oder wenn wiederholt reale Drohungen mit Gewalt, das Herumfuchteln mit einem Messer etc. auftreten – wie in Würzburg – , dann sollte man einen solchen Patienten auch gegen seinen Willen behandeln können.

Doch genau das ist rechtlich in Deutschland zurzeit oft nicht möglich und darüber bedarf es einer kritischen, womöglich kontroversen gesellschaftlichen Debatte. Höchstrichterliche Entscheidungen auf diesem Feld haben nämlich in den vergangenen Jahren die Hürde für Behandlungen ohne oder gegen den Willen eines Patienten immer höher gelegt. Die Richter folgten da der Diktion einer kleinen, aber lautstarken Gruppe von Psychoseerfahrenen, die für sich die „Freiheit zur Krankheit“ reklamieren. Das kann man respektieren. Demgegenüber aber hat Klaus Gauger in seinem eindrucksvollen Buch „Meine Schizophrenie“ dagegen protestiert, dass diese deutsche Rechtslage ihm persönlich seine „Freiheit zur Gesundheit“ vorenthalten habe.
https://www.focus.de/gesundheit/news/wu ... 82098.html

In diesem Zusammenhang frage ich mich, ob es einen Zusammenhang zwischen den immer wieder auftretenden "schwer verhinderbaren" Fehleinschätzungen zur Gefahr ausgehend von bestimmten Personen gibt. Möglicherweise führt die beschriebene "Freiheit zur Krankheit" ja automatisch zu einem Risiko für die Allgemeinbevölkerung.

Kommt es diesen Gruppen vielleicht sogar gelegen, dass die von den Krankenausgeübten Taten dann unter falscher Flagge verstanden werden? Bei Würzburg wurde mE sehr schnell betont, dass der Täter krank war. Bei Hanau ist mir das so in der Form nicht bewusst. Kann man das auch als Hinweis darauf verstehen welche Interessengruppen Einfluss auf die daraus entstehenden Debatten ausüben? Vielleicht die selben, die auch "Freiheit zur Krankheit" unterstützen?

Für mich geht es also im Kern um die Grenzlinie zwischen Selbstbestimmung von Kranken und dem Schutzbedürfnis der Bevölkerung. Allerdings geht es auch darum, ob ein kranker Mensch, der nicht Herr seiner Sinne ist, häufiger mal entgegen seines Willens behandelt werden sollte. Und nein, das ist eben keine Frage die nur Mediziner beantworten können. Offensichtlich wird die medizinische Ebene an der Stelle ja sehr stark durch politische (=gesellschaftliche) Vorgaben dominiert.
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Alexyessin
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Alexyessin »

Skeptiker hat geschrieben:(13 Jul 2021, 12:38)


Für mich geht es also im Kern um die Grenzlinie zwischen Selbstbestimmung von Kranken und dem Schutzbedürfnis der Bevölkerung. Allerdings geht es auch darum, ob ein kranker Mensch, der nicht Herr seiner Sinne ist, häufiger mal entgegen seines Willens behandelt werden sollte. Und nein, das ist eben keine Frage die nur Mediziner beantworten können. Offensichtlich wird die medizinische Ebene an der Stelle ja sehr stark durch politische (=gesellschaftliche) Vorgaben dominiert.
Nicht der Mediziner entscheidet, sondern ein Richter. Immer wenn es um Zwangsunterbringung geht ist der Richter / die Richterin die Instanz. Natürlich werden Gutachten gelesen und bewertet, die von Medizinern und Psychologen erstellt werden, aber diese Frage beantworten nie die Mediziner.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Schnitter »

Skeptiker hat geschrieben:(13 Jul 2021, 12:38)
Für mich geht es also im Kern um die Grenzlinie zwischen Selbstbestimmung von Kranken und dem Schutzbedürfnis der Bevölkerung. Allerdings geht es auch darum, ob ein kranker Mensch, der nicht Herr seiner Sinne ist, häufiger mal entgegen seines Willens behandelt werden sollte.
Die selbe Frage habe ich mir schon mal bei schwerst Drogenabhängigen gestellt.

Nicht nur zum Schutz der anderen aber auch um ihnen selbst das Leben zu retten, denn zu 98 % dürfte das ja im frühzeitigem Tod enden.

Also quasi vereinfacht, und wahrscheinlich total falsch gedacht, 2 Jahre in Verwahrung, entsprechende Therapien etc. pp. und am Ende kommt da jemand raus der das mit guter Wahrscheinlichkeit so wahrnimmt als hätte man ihm ein neues Leben geschenkt.

Wie gesagt, wahrscheinlich viel zu naiv, und auch hier sprechen wahrscheinlich zig Gesetze dagegen.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Sören74 »

Skeptiker hat geschrieben:(13 Jul 2021, 12:38)

Für mich geht es also im Kern um die Grenzlinie zwischen Selbstbestimmung von Kranken und dem Schutzbedürfnis der Bevölkerung. Allerdings geht es auch darum, ob ein kranker Mensch, der nicht Herr seiner Sinne ist, häufiger mal entgegen seines Willens behandelt werden sollte.
Im Grunde genommen haben wir eine ähnliche Grenzziehung in den letzten 16 Monaten im Land vorgenommen. Die Selbstbestimmung von potentiell Infizierten und dem Schutzbedürfnis der Bevölkerung. Und wir sind immer noch dabei, eine vernünftige Grenzlinie zu finden.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von firlefanz11 »

Die Fürst mussten sie ja auch wieder entlassen...
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Skeptiker »

Alexyessin hat geschrieben:(13 Jul 2021, 12:51)
Nicht der Mediziner entscheidet, sondern ein Richter. Immer wenn es um Zwangsunterbringung geht ist der Richter / die Richterin die Instanz. Natürlich werden Gutachten gelesen und bewertet, die von Medizinern und Psychologen erstellt werden, aber diese Frage beantworten nie die Mediziner.
Korrekt, genau darum geht es.

In dem Artikel beklagt eben ein Mediziner, dass die Entscheidung zu Zwangsbehandlungen zu selten gemacht wird. Stattdessen gibt es sogar Zwangseinweisungen aber OHNE Zwangsbehandlung - was seiner Ansicht nach keinerlei Sinn macht.

Die Frage ist halt auch, warum es sich offenbar etabliert hat, dass scheinbar entgegen medizinischem Rat, Richter sich scheuen eine Zwangsbehandlung anzuordnen. Das scheint in dem Fall ein zeitgeistliches Urteil zu sein, bei dem aktuell eine Höhergewichtung der Meinung des Kranken besteht, zu Lasten einer medizinisch indizierten Behandlung.

Welche Neigung wird ein Schizophrener denn haben, ob es notwendig sein könnte ihn gegen seinen Willen zu behandeln? Der will das natürlich immer selber entscheiden - leider scheinbar oft zu Lasten einer eigentlich notwendigen Behandlung.

Ich finde durchaus, dass die Freiheitsrechte von Personen ein hohes Gut sind. Es darf aber der "freie Wille" eines Schizophrenen in meinen Augen nicht der Hinderungsgrund sein, notwendige Maßnahmen zu ergreifen um die Bevölkerung zu schützen. In den drei genannten Fällen waren die Täter offenbar alle in einem Zustand, der durchaus pathologisch zu nennen war. Wir reden da nicht mehr von psychologischen Auffälligkeiten, sondern von psychiatrischen Erkrankungen.

Haben wir es da mit einem weiteren Auswuchs von Kuscheljustiz zu tun, der durch einen extrem liberalen Zeitgeist gestützt ist?
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Skeptiker »

Schnitter hat geschrieben:(13 Jul 2021, 12:55)
Die selbe Frage habe ich mir schon mal bei schwerst Drogenabhängigen gestellt.
...
Ja, bei einer Suchterkrankung ist das Problem wohl ähnlich gelagert - allerdings ohne den Aspekt der Gefährdung der Bevölkerung (wenn man von Belästigungen und Beschaffungskriminalität mal absieht).

Da geht es dann aber auch schon ins Philosophische, weil theoretisch die Süchtigen noch Herr ihrer Entscheidungen sind. Dass es wohl zu ihrem Besseren wäre einen Entzug zu machen, ist eh klar, aber die Aussicht auf Erfolg, gegen den Willen des Patienten, einen Entzug zu machen, dürfte minimal sein. Allerdings höher als Unwillige einfach weiter versacken zu lassen.

Der wichtigste Aspekt scheint mir zu sein, dass erst dann Zwangsmaßnahmen greifen können, wenn die Menschen nicht mehr in der Lage sind eine eigene Entscheidung zu treffen. Aber was genau definiert diesen Zustand? Akute Schizophrenie? In meinen Augen ja. Alkoholismus? Eher nicht. Abhängigkeit von harten Drogen? Eventuell.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Schnitter »

Skeptiker hat geschrieben:(13 Jul 2021, 16:13)

Ja, bei einer Suchterkrankung ist das Problem wohl ähnlich gelagert - allerdings ohne den Aspekt der Gefährdung der Bevölkerung (wenn man von Belästigungen und Beschaffungskriminalität mal absieht).
Naja, also neben der Tatsache dass Junkies bereits in mein Auto und mein Haus eingebrochen sind hatte ich am Neckarufer auch mal ein Messer am Hals. Ob der jetzt durchgezogen hätte sei dahin gestellt, aber so eine Situation möchte ich nie mehr erleben ;)
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Umetarek »

Skeptiker hat geschrieben:(13 Jul 2021, 16:13)
Der wichtigste Aspekt scheint mir zu sein, dass erst dann Zwangsmaßnahmen greifen können, wenn die Menschen nicht mehr in der Lage sind eine eigene Entscheidung zu treffen. Aber was genau definiert diesen Zustand? Akute Schizophrenie? In meinen Augen ja. Alkoholismus? Eher nicht. Abhängigkeit von harten Drogen? Eventuell.
Was genau umfasst das Gebiet akute Schizophrenie und welche Nebenwirkungen haben die eingesetzten Medikamente?
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Alexyessin »

Skeptiker hat geschrieben:(13 Jul 2021, 15:58)

Korrekt, genau darum geht es.

In dem Artikel beklagt eben ein Mediziner, dass die Entscheidung zu Zwangsbehandlungen zu selten gemacht wird. Stattdessen gibt es sogar Zwangseinweisungen aber OHNE Zwangsbehandlung - was seiner Ansicht nach keinerlei Sinn macht.

Die Frage ist halt auch, warum es sich offenbar etabliert hat, dass scheinbar entgegen medizinischem Rat, Richter sich scheuen eine Zwangsbehandlung anzuordnen. Das scheint in dem Fall ein zeitgeistliches Urteil zu sein, bei dem aktuell eine Höhergewichtung der Meinung des Kranken besteht, zu Lasten einer medizinisch indizierten Behandlung.

Welche Neigung wird ein Schizophrener denn haben, ob es notwendig sein könnte ihn gegen seinen Willen zu behandeln? Der will das natürlich immer selber entscheiden - leider scheinbar oft zu Lasten einer eigentlich notwendigen Behandlung.

Ich finde durchaus, dass die Freiheitsrechte von Personen ein hohes Gut sind. Es darf aber der "freie Wille" eines Schizophrenen in meinen Augen nicht der Hinderungsgrund sein, notwendige Maßnahmen zu ergreifen um die Bevölkerung zu schützen. In den drei genannten Fällen waren die Täter offenbar alle in einem Zustand, der durchaus pathologisch zu nennen war. Wir reden da nicht mehr von psychologischen Auffälligkeiten, sondern von psychiatrischen Erkrankungen.

Haben wir es da mit einem weiteren Auswuchs von Kuscheljustiz zu tun, der durch einen extrem liberalen Zeitgeist gestützt ist?
Das war schon immer so. Also zumindest kann ich das seit 2002 feststellen. Es dauert lange, bis ein Richter dich länger "einweist". Eine Schizophrenie alleine, ein Alkoholdellier, eine manische Phase, dass allein rechtfertigt sich nie. Temporär für ein paar Tage, eventuell auch für drei Wochen - das geht. Aber langfristiges Wegsperren braucht einen wirklich heftigen Grund. Und das gibt es halt so nicht.
Selbst ein Schizophrener ( das sind übrigens NICHT die mit den Stimmen ) oder ein Psychotiker ( die haben das mit den Stimmen ) hat das Recht auf ein normales Leben. Dafür gibt es ja durchaus die jeweiligen Therapieformen ( medizinisch und psychologisch / psychiatrisch ) und die meisten der Erkranken nützen das eben auch.
Was noch häufiger bei brutalen Verbrechen eine Rolle spiel sind eh Soziopathien. Und denen merkst du nix an, bis es passiert.

Kurzum, hier von Kuscheljustiz sprechen zu wollen, weil die Hürden so hoch sind, halte ich für falsch.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Alexyessin »

Skeptiker hat geschrieben:(13 Jul 2021, 16:13)

Ja, bei einer Suchterkrankung ist das Problem wohl ähnlich gelagert - allerdings ohne den Aspekt der Gefährdung der Bevölkerung (wenn man von Belästigungen und Beschaffungskriminalität mal absieht).
Ein Säufer der auf 1,5 Spiegel durch die Gegend fährt ist sehr wohl eine Gefährdung für die Bevölkerung. Nur so mal erwähnt. Und ob das wirklich weniger sind wage ich arg zu bezweifeln.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Skeptiker »

Umetarek hat geschrieben:(13 Jul 2021, 16:28)
Was genau umfasst das Gebiet akute Schizophrenie und welche Nebenwirkungen haben die eingesetzten Medikamente?
Mit einer aktuen Schizophrenie meine ich eine, die nicht nur akut, sondern auch so gravierend ist, dass sie eine ernsthafte Gefährdung für Patienten und Mitmenschen mit sich bringt. Das müssen Ärzte beurteilen, ist aber mW einfacher zu diagnostizieren, wie Rückfallneigung irgendwelcher Straftäter (Vergewaltigung, usw.). Bei Schizophrenie gibt es mW Verfahren diese einigermaßen sicher zu diagnostizieren und in der Schwere zu bewerten. Also kann man auch Empfehlungen daraus ableiten (denen aber offenbar richterlich oft nicht entsprochen wird - wenn man dem Artikel glauben kann).

Ich bin kein Experte bei der medikamentösen Behandlung von Schizophrenie. Daher hier mal aus Wikipedia:
Medikamentöse Behandlung
In einer akuten Phase steht dabei die medikamentöse Behandlung im Vordergrund und sie verbleibt unter der gesamten Behandlung als die Basis der Therapie.[61] In erster Linie werden dabei Antipsychotika (auch: Neuroleptika) eingesetzt, die spezifisch auf psychotische Symptome (positive Symptomatik, also etwa die Halluzinationen) wirken. Sie beeinflussen die Signalübertragung durch Neurotransmitter im Gehirn und können oft relativ schnell die Akut-Symptomatik mildern oder beseitigen. Neuroleptika führen nicht zu einer Gewöhnung oder Abhängigkeit. In einer Metaanalyse von 2017 wurde ermittelt, dass die Sterblichkeitsrate von Schizophrenie-Patienten durch Medikation mit Neuroleptika nahezu halbiert wurde.[62]

Klassische Antipsychotika
Ältere Neuroleptika (auch: typische Neuroleptika oder Neuroleptika der ersten Generation) beeinflussen vornehmlich die Signalübertragung durch Dopamin. Da Dopamin unter anderem auch wesentliche Funktionen bei der Bewegungssteuerung hat, treten in diesem Bereich teilweise gravierende Nebenwirkungen auf, sogenannte extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen (tardive Dyskinesien) mit Bewegungsstörungen, hauptsächlich im Gesichtsbereich und an den Extremitäten, parkinsonähnliche Symptome und quälender Bewegungsunruhe (Akathisie). Besonders problematisch sind hierbei die Spätdyskinesien, die erst nach längerer Zeit der Einnahme auftreten und nach Absetzen der Medikation teilweise bestehen bleiben. Klassische Neuroleptika können zur Erhöhung des Prolaktinspiegels im Blut (Hyperprolaktinämie) führen, und dies wiederum kann eine Unterdrückung der Estradiolproduktion bewirken. Hierdurch werden Langzeitfolgen wie emotionale Instabilität, Osteoporose, eine Erhöhung des kardiovaskulären Risikos und kognitive Störungen für möglich gehalten. Deswegen wird oft eine Östrogensubstitution durchgeführt.[63]

Atypische Antipsychotika
Mit der Einführung des Clozapins 1972 gab es ein Präparat, das bei gleichzeitig überlegener Wirkung keine der extrapyramidalen Nebenwirkungen zeigte. Die danach eingeführten Antipsychotika sind Versuche, diese überlegene Wirkung zu erreichen, ohne die bei dem Clozapin auftretenden Nebenwirkungen, vor allem die Blutbildveränderungen, in Kauf zu nehmen.[64]

Extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen bestehen auch bei den neueren atypischen Neuroleptika. Sie sind hier jedoch in der Regel geringer und unterscheiden sich je nach Präparat, vorheriger Behandlung und persönlicher Konstitution des Patienten.[65][66][67]
https://de.wikipedia.org/wiki/Schizophr ... Behandlung

Je nach eingesetztem Medikament, gibt es also auch Nebenwirkungen, aber dem steht die Wirkung "reduzierte Sterblichkeit" gegenüber. Wir reden hier also nicht über eine leichte Befindlichkeitsstörung, sondern eine Erkrankung, die Menschen in den Selbstmord (oder Mord) treibt. Daher ja die Fragestellung "Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?".
franzmannzini

Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von franzmannzini »

Skeptiker hat geschrieben:...
Für mich geht es also im Kern um die Grenzlinie zwischen Selbstbestimmung von Kranken und dem Schutzbedürfnis der Bevölkerung. Allerdings geht es auch darum, ob ein kranker Mensch, der nicht Herr seiner Sinne ist, häufiger mal entgegen seines Willens behandelt werden sollte. Und nein, das ist eben keine Frage die nur Mediziner beantworten können. Offensichtlich wird die medizinische Ebene an der Stelle ja sehr stark durch politische (=gesellschaftliche) Vorgaben dominiert.
Eine psychische Krankheit oder Geisteskrankheit muß aber erst einmal festgestellt werden, was sich bei einigen Krankheiten als äußerst schwierig herausstellt.
Häufig wird eine solche Krankheit erst im Zusammenhang mit einer Tat festgestellt, die Paragraphen des Strafgesetzbuches berühren.
Gerade Schizophrenie gibt es in sehr vielen Stufen und Facetten, man kann hier nur sehr schlecht voraus sagen, wie sich die jeweilige Krankheitsschwere (vielfältige Symptome)
auf eventuell daraus resultierenden Handlungen auswirkt.
Ebenso sind die Ursachen für eine solche Krankheit nicht genau klar. Manche Thesen gehen davon aus, das es eine z.B. genetische Disposition gibt, kann sein,
muß aber nicht sein, Drogenkonsum geht auch usw.
In Deutschland laufen ca 800.000 Menschen herum, bei denen Schizophrenie diagnostiziert wurde, womit davon auszugehen ist, das mindestens
noch einmal so viele unbekannte Schizophrene herumlaufen.
Jetzt kannst du dich entscheiden wen du und warum zwangsbehandeln willst.
Falls Du mal Deinen Führerschein wegen Alkohol am Steuer verlierst, ab einer bestimmten Promille-Zahl,
dann dann ist eine Zwangsbehandlung (Therapie) ganz sicher.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Alexyessin »

franzmannzini hat geschrieben:(13 Jul 2021, 16:46)

Falls Du mal Deinen Führerschein wegen Alkohol am Steuer verlierst, ab einer bestimmten Promille-Zahl,
dann dann ist eine Zwangsbehandlung (Therapie) ganz sicher.
Wenn du deinen Schein wieder willst. Sonst nicht.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Skeptiker »

Alexyessin hat geschrieben:(13 Jul 2021, 16:35)
Das war schon immer so. Also zumindest kann ich das seit 2002 feststellen. Es dauert lange, bis ein Richter dich länger "einweist". Eine Schizophrenie alleine, ein Alkoholdellier, eine manische Phase, dass allein rechtfertigt sich nie. Temporär für ein paar Tage, eventuell auch für drei Wochen - das geht. Aber langfristiges Wegsperren braucht einen wirklich heftigen Grund. Und das gibt es halt so nicht.
Selbst ein Schizophrener ( das sind übrigens NICHT die mit den Stimmen ) oder ein Psychotiker ( die haben das mit den Stimmen ) hat das Recht auf ein normales Leben. Dafür gibt es ja durchaus die jeweiligen Therapieformen ( medizinisch und psychologisch / psychiatrisch ) und die meisten der Erkranken nützen das eben auch.
Was noch häufiger bei brutalen Verbrechen eine Rolle spiel sind eh Soziopathien. Und denen merkst du nix an, bis es passiert.

Kurzum, hier von Kuscheljustiz sprechen zu wollen, weil die Hürden so hoch sind, halte ich für falsch.
Also nochmal: Es geht nicht um eine "Zwangseinweisung", sondern um eine "Zwangsbehandlung". Das ist ein Unterschied.

Ich persönlich würde die Hürde für eine Zwangsbehandlung eher unter der einer Zwangseinweisung ansetzen. In der Realität scheint es genau umgekehrt zu sein. Ich frage mich ob das schlau ist.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Alexyessin »

Skeptiker hat geschrieben:(13 Jul 2021, 16:50)

Also nochmal: Es geht nicht um eine "Zwangseinweisung", sondern um eine "Zwangsbehandlung". Das ist ein Unterschied.

Ich persönlich würde die Hürde für eine Zwangsbehandlung eher unter der einer Zwangseinweisung ansetzen. In der Realität scheint es genau umgekehrt zu sein. Ich frage mich ob das schlau ist.
Du kannst aber nur Zwangsbehandeln, wenn du den Patienten unter Kontrolle hast - ergo, Zwangseinweisung. Sonst geht da gar nichts. In den Kliniken gibt es natürlich die Schluckkontrolle, aber auch die kann jeder der will, umgehen. ( Tabletten sind meistens so klein, daß sie unter der Zunge versteckt werden können oder sie gehen danach auskotzen )
Du kannst leichter noch jemanden wegsperren - sofern die öffentlichen Belange es notwendig erachten - als ihn Zwangsbehandeln. Wenn du deine Psychische Krankheit nicht behandeln lassen möchtest, dann schaffen das Tabletten alleine eh nicht. Dazu musst du aufmachen wollen.

Also mit Zwang, egal ob Einweisung oder Behandlung, kommst du nicht wirklich weiter.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von odiug »

Also: ich sag nur Gustl Mollath !
Und der ist eben kein Einzelfall.
Ich möchte nicht wissen, wie viele etwas schrullige Erbonkel entmündigt in der Psychiatrie zugedröhnt vegetieren, damit die lieben Neffen und Nichten schneller das Einfamilienhaus verscherbeln können.

So nebenbei empfehle ich einem jeden mal die Lektüre von Michel Foucault.
Ich bin da sehr skeptisch mit dem Vorsatz: Wir meinen es ja nur gut :eek:
franzmannzini

Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von franzmannzini »

Alexyessin hat geschrieben:(13 Jul 2021, 16:48)

Wenn du deinen Schein wieder willst. Sonst nicht.
Wer will den nicht wieder ? Vielleicht ein Anhänger der Verkehrswende.
Ich war erstaunt, was Menschen so alles in Kauf nehmen um den Lappen wieder zu bekommen,
dazu gehörte auch das Umarmen von Bäumen um Mitarbeit vorzutäuschen oder noch viel unwürdigere Dinge.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Progressiver »

Was hat dieser Thread jetzt bitte schön mit "Kuscheljustiz" zu tun? Der Attentäter von Würzburg war vorher schon kurz in psychiatrischer Behandlung. Die Ärzte dort konnten aber keine Gefahr feststellen, die von ihm ausgehen würde. Vielleicht braucht es aber auch nur bessere und mehr Psychiater und Psychologen? Die Versorgung mit solchen Ärzten ist nämlich ein Witz! Wer nicht schon betreut wird und Hilfe braucht, der muss oft Monate lang warten, bis er oder sie einen Therapieplatz bekommt. Dies gilt für alle Formen von psychischen Beschwerden. Psychische Krankheiten werden einfach nicht ernst genommen in dem Sinne, dass sie insbesondere für die Betroffenen lebensgefährlich sind. Und wenn dann ab und zu einer austickt, nachdem die Gesellschaft die ganze Zeit weggeguckt hat, ist hinterher das Geschrei groß. Und überhaupt scheint es ja so zu sein, dass auch bei psychischen Erkrankungen aus Kostengründen die Patienten mit "offenen Wunden" entlassen werden. Vielleicht sollte man überhaupt mal aufhören damit, das Gesundheitssystem kaputt zu sparen!

Und auch unter den Jugendlichen hat die Zahl der psychischen Krankheiten in der Corona-Krise dramatisch zugenommen. Insgesamt betrachtet, haben die Kliniken und Therapeuten gerade mal die Kapazitäten frei, um diejenigen zu behandeln, die kurz vor dem Selbstmord stehen. Auch, wer an Burnout leidet, musste schon vor Corona mindestens ein halbes Jahr auf einen Therapieplatz warten.

Insgesamt betrachtet, werden psychische Erkrankungen jedenfalls immer noch zu sehr tabuisiert und stigmatisiert. Es sollte zum Schulunterricht gehören, dass auch über psychische Erkrankungen aufgeklärt wird. Die Inklusive sollte besser vonstatten gehen. Dann würden sich auch die Betroffenen eher trauen, sich zu melden, wenn sie psychische Probleme haben. Ja, und natürlich darf auch bei den Schulpsychologen nicht gespart werden.

Wer an der Gesundheit spart -auch an der psychischen-, der riskiert Tote aus Fahrlässigkeit. Insofern würde ich auch die Politik da in die Pflicht nehmen. Und nein: Auch eine Depression ist beispielsweise nicht vorbei, wenn man sich ein wenig mehr anstrengt. Das gleiche gilt für Panikattacken.
"Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum." Friedrich Nietzsche

"Wer nur einen Hammer als Werkzeug hat, dem wird bald jedes Problem zum Nagel."
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Alexyessin »

franzmannzini hat geschrieben:(13 Jul 2021, 17:04)

Wer will den nicht wieder ? Vielleicht ein Anhänger der Verkehrswende.
Ich war erstaunt, was Menschen so alles in Kauf nehmen um den Lappen wieder zu bekommen,
dazu gehörte auch das Umarmen von Bäumen um Mitarbeit vorzutäuschen oder noch viel unwürdigere Dinge.
Ich kenn schon welche, die erst gar keinen Schein mehr wollten. Normale Menschen, die wussten, das sie lieber saufen als Autofahren.

Bei welcher Suchttherapie musst du bitte Bäume umarmen?
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Sören74 »

Skeptiker hat geschrieben:(13 Jul 2021, 16:13)

Ja, bei einer Suchterkrankung ist das Problem wohl ähnlich gelagert - allerdings ohne den Aspekt der Gefährdung der Bevölkerung (wenn man von Belästigungen und Beschaffungskriminalität mal absieht).
Ungefähr ein Drittel aller Körperverletzungen finden unter Alkoholeinfluss statt. Wenn man berücksichtigt, dass im Normalfall nicht ein Drittel aller Menschen momentan unter Alkoholeinfluss stehen, sondern deutlich weniger, bedeuten Alkohol und alle Suchtkrankheiten dazu eine deutliche Gefahrenpotenzierung.

https://www.kenn-dein-limit.info/news/a ... fluss.html
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von franzmannzini »

Alexyessin hat geschrieben:(13 Jul 2021, 17:07)
Ich kenn schon welche, die erst gar keinen Schein mehr wollten. Normale Menschen, die wussten, das sie lieber saufen als Autofahren.
Bei welcher Suchttherapie musst du bitte Bäume umarmen?
Hatte ich schon mal irgend wo geschrieben.
Und nein, keine Suchttherapie, eher eine Psychotherapie (Verkehrstherapie+++).
Ein akkreditierter Therapeut, das ist der der den Persilschein für den MPU-Gutachter verfasst, hat eine Frau.

Die ist Schamanin. Da es darum geht möglichst viele Stunden zu erhaschen, konnte man wählen:
45min beim Therapeuten für 65€ (äußerst harter Gesprächsstil, Ehrenrühriges inklusive)
oder
180€ bei der Schamanin für 80€ (easy peasy Schmanenzeugs)

Übrigens musstest du da keine Bäume umarmen, aber einige dachten man müßte es,
um später der Persil-Schein zu bekommen.

Mein (wirklich) letzter Persilschein hat 3.000€ gekostet, Schamanenstunden + Therapeutenstunden.
Ziel war Abstinenz (taktische Vorgabe), Ergebnis ist 0,00Promille beim führen von Fahrzeugen jeglicher Art.

Beim ersten Mal 1992 oder so, hatte es noch gereicht dem MPU-Psychologen ohne jegliche Vorbereitung die phantastischste Geschichte der Welt zu erzählen,
die ich vor dem Spiegel etliche Male probte, damit sie ganz sicher sitzt. Das würde heute nicht mehr funktionieren.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Sören74 »

Progressiver hat geschrieben:(13 Jul 2021, 17:07)

Was hat dieser Thread jetzt bitte schön mit "Kuscheljustiz" zu tun? Der Attentäter von Würzburg war vorher schon kurz in psychiatrischer Behandlung. Die Ärzte dort konnten aber keine Gefahr feststellen, die von ihm ausgehen würde. Vielleicht braucht es aber auch nur bessere und mehr Psychiater und Psychologen?
Ja. Vielleicht muss man sich mit dem Gedanken anfreunden, dass es nie eine genaue Diagnose geben wird und auch nicht, wie gefährlich ein Mensch gegenüber anderen und sich selbst sein wird. Wenn dem so wäre, dann würde man auch eine Vielzahl an Suiziden verhindern können. Aber wenn überhaupt wird man nur grob eine Einschätzung darüber abgeben können, wie gefährlich jemand für sich und andere sein wird.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Alexyessin »

franzmannzini hat geschrieben:(13 Jul 2021, 17:28)

Hatte ich schon mal irgend wo geschrieben.
Und nein, keine Suchttherapie, eher eine Psychotherapie (Verkehrstherapie+++).
Ein akkreditierter Therapeut, das ist der der den Persilschein für den MPU-Gutachter verfasst, hat eine Frau.

Die ist Schamanin. Da es darum geht möglichst viele Stunden zu erhaschen, konnte man wählen:
45min beim Therapeuten für 65€ (äußerst harter Gesprächsstil, Ehrenrühriges inklusive)
oder
180€ bei der Schamanin für 80€ (easy peasy Schmanenzeugs)

Übrigens musstest du da keine Bäume umarmen, aber einige dachten man müßte es,
um später der Persil-Schein zu bekommen.

Mein (wirklich) letzter Persilschein hat 3.000€ gekostet, Schamanenstunden + Therapeutenstunden.
Ziel war Abstinenz (taktische Vorgabe), Ergebnis ist 0,00Promille beim führen von Fahrzeugen jeglicher Art.

Beim ersten Mal 1992 oder so, hatte es noch gereicht dem MPU-Psychologen ohne jegliche Vorbereitung die phantastischste Geschichte der Welt zu erzählen,
die ich vor dem Spiegel etliche Male probte, damit sie ganz sicher sitzt. Das würde heute nicht mehr funktionieren.
In Bayern brauchst du eine abgeschloßene Therapie ( Sucht ) und ein Jahr nachweisbar ohne Alkohol. Und da sind sie tricky, die rufen dich an und dann musst du am Abend Haare abzupfen gehen. Kenn jemanden, den haben sie die ersten drei Monate vier Mal geholt, dann vier Monate gar nicht und dann noch mal zwei. Er war halt schlau genug gar nicht zu trinken, daher wars ihm egal. Wer keine Haare mehr hat, der muss alle zwei Wochen zur Blutentnahme ( Gamma gt-Wert )
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin kein Nazi, aber...
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von franzmannzini »

Alexyessin hat geschrieben:(13 Jul 2021, 17:34)

In Bayern brauchst du eine abgeschloßene Therapie ( Sucht ) und ein Jahr nachweisbar ohne Alkohol. Und da sind sie tricky, die rufen dich an und dann musst du am Abend Haare abzupfen gehen. Kenn jemanden, den haben sie die ersten drei Monate vier Mal geholt, dann vier Monate gar nicht und dann noch mal zwei. Er war halt schlau genug gar nicht zu trinken, daher wars ihm egal. Wer keine Haare mehr hat, der muss alle zwei Wochen zur Blutentnahme ( Gamma gt-Wert )
In Berlin wird der Urin-Test angewendet, einmal monatlich per Telefonanruf ( 3 Tage nachweisbar ), allerdings war es sehr unwahrscheinlich, das man nach
zwei Tagen oder so noch mal angerufen wurde, man konnte sich also nach dem Test in die Besinnungslosigkeit saufen.
Letztendlich werden aber tatsächlich Süchtige von den, so wie ich meine, Gelegenheitstrinkern getrennt.
Ein tatsächlich Süchtiger bekommt seinen Schein meistens auch nicht wieder.
Zu dieser Zeit habe ich ca. 12 Monate tatsächlich keinen Alkohol getrunken, aber nur um für mich selbst raus zu finden, ob ich das wirklich kann.
Es war sehr aufschlußreich, sich auf einer sehr feuchtfröhlichen Party aufzuhalten, und selbst nichts getrunken zu haben,
quasi eine Studie: Wie bin ich, wenn ich betrunken bin. :)
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Alexyessin »

franzmannzini hat geschrieben:(13 Jul 2021, 17:47)

In Berlin wird der Urin-Test angewendet, einmal monatlich per Telefonanruf ( 3 Tage nachweisbar ), allerdings war es sehr unwahrscheinlich, das man nach
zwei Tagen oder so noch mal angerufen wurde, man konnte sich also nach dem Test in die Besinnungslosigkeit saufen.
Letztendlich werden aber tatsächlich Süchtige von den, so wie ich meine, Gelegenheitstrinkern getrennt.
Ein tatsächlich Süchtiger bekommt seinen Schein meistens auch nicht wieder.
Zu dieser Zeit habe ich ca. 12 Monate tatsächlich keinen Alkohol getrunken, aber nur um für mich selbst raus zu finden, ob ich das wirklich kann.
Es war sehr aufschlußreich, sich auf einer sehr feuchtfröhlichen Party aufzuhalten, und selbst nichts getrunken zu haben,
quasi eine Studie: Wie bin ich, wenn ich betrunken bin. :)
Wir schweifen hier ab, aber in dem einen Punkt gebe ich dir Recht. Sie wollen damit wirklich die "Scheiße passiert" Scheinverlierer von den "Istjaschonimmergutgegangen" Scheinversäufern trennen. Gibt ja auch Sinn. Ansonsten lassen wir das Thema hier, ich denk, sonst kommen wir gut ins OT.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von franzmannzini »

Alexyessin hat geschrieben:(13 Jul 2021, 17:51)

Wir schweifen hier ab, aber in dem einen Punkt gebe ich dir Recht. Sie wollen damit wirklich die "Scheiße passiert" Scheinverlierer von den "Istjaschonimmergutgegangen" Scheinversäufern trennen. Gibt ja auch Sinn. Ansonsten lassen wir das Thema hier, ich denk, sonst kommen wir gut ins OT.
Natürlich würde das ins OT wandern.
Obwohl Sucht auch eine psychische Erkrankung ist, oder sein kann, die Folgen für die Gesellschaft hat, wie z.B. Drogenkriminalität.
Allerdings ist mir immer noch nicht klar, wie man erkennen will, das jemand durch seine psychische Erkrankung gefährlich für die Gesellschaft ist,
bevor er durch eine Straftat auffällig geworden ist.
Und selbst dann sehe ich es als äußerst schwierig an, eine Geisteskrankheit zu diagnostizieren, die eine Zwangsbehandlung notwendig macht.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bin ich der Meinung, das hier im Großen und Ganzen keine weitere Verschärfung unternommen werden sollte.
Es gibt zwar nach wie vor Einzelfälle, bei welchen ich kein Verständnis für entsprechende Entscheidungen der Gerichte aufbringen kann,
aber es sind Einzelfälle.
Vielleicht sollte hier nur noch mal untersucht werden, wie die Akkreditierung von "Therapeuten" erfolgt, die schließlich in die Lage versetzt werden positive Gutachten zu erstellen,
welche bei Gericht von Vorteil sind.
Zum Schluß noch eine Anekdote:
MPU-Psychologe zu mir: "Ich hätte ihnen den Führerschein nicht wieder gegeben." :)
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Alexyessin »

franzmannzini hat geschrieben:(13 Jul 2021, 19:34)

Natürlich würde das ins OT wandern.
Obwohl Sucht auch eine psychische Erkrankung ist, oder sein kann, die Folgen für die Gesellschaft hat, wie z.B. Drogenkriminalität.
Allerdings ist mir immer noch nicht klar, wie man erkennen will, das jemand durch seine psychische Erkrankung gefährlich für die Gesellschaft ist,
bevor er durch eine Straftat auffällig geworden ist.
Und selbst dann sehe ich es als äußerst schwierig an, eine Geisteskrankheit zu diagnostizieren, die eine Zwangsbehandlung notwendig macht.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bin ich der Meinung, das hier im Großen und Ganzen keine weitere Verschärfung unternommen werden sollte.
Es gibt zwar nach wie vor Einzelfälle, bei welchen ich kein Verständnis für entsprechende Entscheidungen der Gerichte aufbringen kann,
aber es sind Einzelfälle.
Vielleicht sollte hier nur noch mal untersucht werden, wie die Akkreditierung von "Therapeuten" erfolgt, die schließlich in die Lage versetzt werden positive Gutachten zu erstellen,
welche bei Gericht von Vorteil sind.
Zum Schluß noch eine Anekdote:
MPU-Psychologe zu mir: "Ich hätte ihnen den Führerschein nicht wieder gegeben." :)
Sucht ist eine Krankheit. Soviel steht nun mal fest. Die Frage ist da halt auch immer, ist sich der Süchtige sich seiner Krankheit bewusst und wenn er sich bewusst ist, will er sich behandeln lassen. Aber auch hier - wie von dir gut geschrieben - back to topic sehe ich keine Notwendigkeit die Zwangsbehandlungen einzuführen. Schau, ich bin Raucher, ich bin süchtig, ich müsste aufhören. Darf man mich deswegen zwangsbehandeln? Nein.
Wie ich vorhin schon geschrieben hab, geht meiner Meinung nach die Gefahr weniger von Psychotikern oder Schizophrenen aus sondern von denen mit soziopathischen Störungen.
Jene, die bei Gewalt an Menschen keine Gefühle entwickeln können. Aber auch diesen Kranken merkt die Gesellschaft es meist erst, wenn was passiert ist.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Progressiver »

Sören74 hat geschrieben:(13 Jul 2021, 17:30)

Ja. Vielleicht muss man sich mit dem Gedanken anfreunden, dass es nie eine genaue Diagnose geben wird und auch nicht, wie gefährlich ein Mensch gegenüber anderen und sich selbst sein wird. Wenn dem so wäre, dann würde man auch eine Vielzahl an Suiziden verhindern können. Aber wenn überhaupt wird man nur grob eine Einschätzung darüber abgeben können, wie gefährlich jemand für sich und andere sein wird.
Aus eigener Erfahrung kann ich sowieso das Gegenteil berichten. Als ich seinerzeit anfing, mich nach der Schulzeit und dem Zivildienst, in ein Studium zu stürzen, erkrankte ich ebenfalls akut an einer Psychose. Da ich bemerkte, dass ich psychische Probleme bekam, war gleich im ersten Semester einer der ersten Schritte der Gang zur psychologischen Studienberatung der Universität. Diese schickte mich gleich zum Psychiater, der mir gleich die richtige Diagnose an den Kopf knallte, ohne sie mir zu erklären. Stattdessen wollte er mir eine Beruhigungsspritze geben. Als ich zögerte, wurde ich zur örtlichen Klinik geschickt. Dort wurde ich von einer Psychologin untersucht, die gerade einmal ihr Studium fertig hatte. Diese diagnostizierte mir lediglich eine Anpassungsstörung, was sich als falsch herausstellte. Eine Psychiaterin ließ mich in einen Kernspindtomographen stecken, um mich näher zu untersuchen. Ansonsten fühlte ich mich von ihr mit meinen Problemen nicht ernst genommen. Ich hatte den Eindruck, dass sie mich wegekeln wollte. Also brach ich den Kontakt zu ihr ab. Ich schwor mir, nie wieder zu solchen Quacksalbern zum gehen. Ich wollte meine Probleme in der folgenden Zeit alleine lösen, obwohl ich starke Einsamkeitsdepressionen hatte. Oder hätte ich zu meinen Eltern gehen sollen? Ich dachte, ich wollte mein Studium mit aller Gewalt weiterführen. Wenn ich meinen Eltern von meinen zusätzlichen psychischen Problemen berichtet hätte, dann würden sie sich noch mehr Sorgen machen. Also schwieg ich ihnen gegenüber. An einen Studienabbruch dachte ich damals noch nicht, da ich ahnte, dass ich die gleichen Probleme weiter haben würde, wenn ich stattdessen mit einer Ausbildung beginnen würde. So machte ich also weiter.

Das allerverrückteste an der gesamten Geschichte war, dass ich meinen letzten Hauptseminarschein, den ich an dieser Universität machen durfte, mit einer "Eins" bestand. Da ich über die Jahre hinweg immer mehr Angst bekam, dass mir mein Leben entgleiten würde, strengte ich mich immer mehr an, um genau dies zu verhindern. Wie bei so vielen üblich, dachte ich auch, ich würde mich in einem Krieg befinden. In meinem Kopf feierte die Paranoia auch fröhliche Urzustände. Als ich das Gefühl bekam, dass ich psychisch absolut nicht mehr konnte, bin ich dann doch zu meinen Eltern gegangen. Und diese haben mich dann eingewiesen.

Was ich aber sagen will, ist: Solange man nicht akut selbstmordgefährdet oder extrem verhaltensauffällig ist, bekommt man oftmals keine Behandlung. Und die Nachbarn und Kommilitonen scheren sich einen Dreck um einen, wenn man psychische Probleme hat. Ähnliches gilt oftmals für die Psychiater. Siehe oben. Wenn man dann aber ganz am Boden ist, dann probieren sie alle möglichen Medikamentencocktails an einem aus. Manche haben Glück. Bei denen hilft schon der erste Cocktail. Diejenigen, die Pech haben, müssen aber irgendwann in ein Pflegeheim, weil sie kaputttherapiert wurden. An begleitende Psychotherapie kann ich mich auch nicht erinnern. Bei mir war es jedenfalls so: Solange ich konnte, versuchte ich mich zu beherrschen und mein Leben im Griff zu halten. Ich ahnte, dass mir niemand helfen konnte außer ich mir selbst. Ich wurde auch nie gewalttätig oder laut. Die beste Entscheidung in meinem Studium war dennoch, dass ich selbst die Reißleine ziehen konnte. Andere können das nicht. Diese sind dann jetzt schon lange tot. Aber mein Eindruck war gewesen: Wenn ich mich selbst nicht mit allerletzter Kraft zu meinen Eltern schleppe, um ihnen zu sagen, dass ich nicht mehr konnte, dann würde ich draufgehen.

Von den Psychiatern sowie den anderen Mitmenschen in meiner Universitätsstadt bekam ich keine Hilfe in meiner psychischen Ausnahmesituation. Die Psychiater in der Klinik wiederum wollten mich derart mit Medikamenten zupumpen, dass ein normales Leben nicht mehr möglich war. Glücklicherweise hatte ich dann noch Hilfe von woanders. Außerdem war ich noch nie jemand, der früh aufgibt. Ich habe es im Laufe der Zeit immer mehr geschafft, mich ins Leben zurückzukämpfen. Aber dumme Sprüche musste ich mir nach der Klinik ebenfalls auch von der Familie eines Onkels anhören: "Psychose? Ja hat er denn Drogen genommen?" Nein, hatte ich nie. "Und ihm ist jetzt psychisch zu schlecht, um uns besuchen zu kommen? Wieso strengt er sich nicht an?" Mit diesem Teil der Familie haben wir auch keinen Kontakt mehr.

Im Nachhinein weiß ich jedenfalls, dass die Leute in meiner Universitätsstadt nicht alle gegen mich waren, als ich psychotisch war. Aber psychische Erkrankung hin oder her: Schon zu meiner Zeit waren die Menschen gleichgültig genug, dass es sie völlig kalt ließ, wie es ihren Mitmenschen ging. Dies dürfte sich heute noch verschlimmert haben.

Von daher wären meine Forderungen vor allem, dass die Menschen emphatischer auf ihre Mitmenschen zugehen sollten. Psychische Krankheiten sollten darüber hinaus nicht tabuisiert oder stigmatisiert werden, damit die Betroffenen leichter aus sich heraus gehen können, um ihre psychischen Probleme zu berichten. Es braucht eine bessere Versorgung mit Psychologen und Psychiatern bzw. mit Therapieplätzen. Und was die Schulen betrifft: Mehr Schulpsychologen bzw. ein Aufklärungsunterricht über psychische Erkrankungen wäre förderlich. Ich sehe da zwar schon die Rechtsknaller kommen, die dann behaupten, dass sich dann alle mit den psychischen Erkrankungen anstecken können, wenn man dies macht. Wenn dagegen psychische Erkrankte generell kriminalisiert und unter Generalverdacht gestellt werden, so ist dieser Schritt nicht hilfreich. Es ist statistisch erwiesen, dass im Durchschnitt psychisch Erkrankte sogar weniger kriminell sind als sogenannte "Gesunde". Und die meisten Morde und Vergewaltigungen werden sowieso von "Normalos" verübt, die voll zurechnungsfähig sind. Die wissen also, was sie tun. Und im schlimmsten Fall sind sie eben Soziopathen.
"Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum." Friedrich Nietzsche

"Wer nur einen Hammer als Werkzeug hat, dem wird bald jedes Problem zum Nagel."
franzmannzini

Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von franzmannzini »

Progressiver hat geschrieben:(13 Jul 2021, 20:05)
... Und im schlimmsten Fall sind sie eben Soziopathen.
Der schlimmste Soziopath ist ein intelligenter/gebildeter Soziopath, er ist eigentlich ein Psychopath der gut spielen kann.
Seine dissoziale Persönlichkeitsstörung kann er leicht überspielen (Schauspielern), so daß nur ein sehr erfahrener Psychoanalytiker die Persönlichkeitsstörung bemerkt.

Anekdote:
Als sehr junger Mensch war ich auch auffällig, ADHS war noch nicht erfunden.
In Folge wurde ich zu drei Kinderpsychologen geschickt (Jugendreferat der DDR), den ersten beiden,
gelang es nicht mich zu bezwingen, sie fingen an, mich anzubrüllen, der*innen dritte eine Kinderpsychologin
stellte nach wenigen Tests fest ---> Unterforderung---> zu spät---> Einweisung in eine Erziehungsanstalt von Margot H..
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Bielefeld09 »

Progressiver hat geschrieben:(13 Jul 2021, 17:07)

Was hat dieser Thread jetzt bitte schön mit "Kuscheljustiz" zu tun? Der Attentäter von Würzburg war vorher schon kurz in psychiatrischer Behandlung. Die Ärzte dort konnten aber keine Gefahr feststellen, die von ihm ausgehen würde. Vielleicht braucht es aber auch nur bessere und mehr Psychiater und Psychologen? Die Versorgung mit solchen Ärzten ist nämlich ein Witz! Wer nicht schon betreut wird und Hilfe braucht, der muss oft Monate lang warten, bis er oder sie einen Therapieplatz bekommt. Dies gilt für alle Formen von psychischen Beschwerden. Psychische Krankheiten werden einfach nicht ernst genommen in dem Sinne, dass sie insbesondere für die Betroffenen lebensgefährlich sind. Und wenn dann ab und zu einer austickt, nachdem die Gesellschaft die ganze Zeit weggeguckt hat, ist hinterher das Geschrei groß. Und überhaupt scheint es ja so zu sein, dass auch bei psychischen Erkrankungen aus Kostengründen die Patienten mit "offenen Wunden" entlassen werden. Vielleicht sollte man überhaupt mal aufhören damit, das Gesundheitssystem kaputt zu sparen!

Und auch unter den Jugendlichen hat die Zahl der psychischen Krankheiten in der Corona-Krise dramatisch zugenommen. Insgesamt betrachtet, haben die Kliniken und Therapeuten gerade mal die Kapazitäten frei, um diejenigen zu behandeln, die kurz vor dem Selbstmord stehen. Auch, wer an Burnout leidet, musste schon vor Corona mindestens ein halbes Jahr auf einen Therapieplatz warten.

Insgesamt betrachtet, werden psychische Erkrankungen jedenfalls immer noch zu sehr tabuisiert und stigmatisiert. Es sollte zum Schulunterricht gehören, dass auch über psychische Erkrankungen aufgeklärt wird. Die Inklusive sollte besser vonstatten gehen. Dann würden sich auch die Betroffenen eher trauen, sich zu melden, wenn sie psychische Probleme haben. Ja, und natürlich darf auch bei den Schulpsychologen nicht gespart werden.

Wer an der Gesundheit spart -auch an der psychischen-, der riskiert Tote aus Fahrlässigkeit. Insofern würde ich auch die Politik da in die Pflicht nehmen. Und nein: Auch eine Depression ist beispielsweise nicht vorbei, wenn man sich ein wenig mehr anstrengt. Das gleiche gilt für Panikattacken.
Sorry, aber wir müssen nichts anderes tun,
als unserem Nachbarn die Tageszeit zu sagen.
Wir müssen nichts anderes tun , als der Oma nebenan die Tür aufzuhalten.
Und wir müssen besonderen Menschen eben besondere Aufmerksamkeit schenken.
das nennt sich Nachbarschaftshilfe.
Warum nicht?
Sorry Mods, lasst diese Laden am laufen. Das ist eben Demokratie :( :p
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Bielefeld09 »

Bin sicherlich blöde.
Aber welche Sicherung verspricht dieser Mann?
Gut aufpassen.
Sorry Mods, lasst diese Laden am laufen. Das ist eben Demokratie :( :p
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Bielefeld09 »

Stimmt schon. Aber ich glaube das Du nur die lieben kennst.
Sorry Mods, lasst diese Laden am laufen. Das ist eben Demokratie :( :p
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Bielefeld09 »

franzmannzini hat geschrieben:(13 Jul 2021, 20:20)

Der schlimmste Soziopath ist ein intelligenter/gebildeter Soziopath, er ist eigentlich ein Psychopath der gut spielen kann.
Seine dissoziale Persönlichkeitsstörung kann er leicht überspielen (Schauspielern), so daß nur ein sehr erfahrener Psychoanalytiker die Persönlichkeitsstörung bemerkt.

Anekdote:
Als sehr junger Mensch war ich auch auffällig, ADHS war noch nicht erfunden.
In Folge wurde ich zu drei Kinderpsychologen geschickt (Jugendreferat der DDR), den ersten beiden,
gelang es nicht mich zu bezwingen, sie fingen an, mich anzubrüllen, der*innen dritte eine Kinderpsychologin
stellte nach wenigen Tests fest ---> Unterforderung---> zu spät---> Einweisung in eine Erziehungsanstalt von Margot H..
Was erzählen Sie für einen Unfug?
Jugendhilfe schützt nicht gegen Drogen.
So einfach sind Wahrheiten. Noch Fragen.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Bielefeld09 »

Sorry, aber die Frage stellt sich nicht.
Bei Suchtfragen hätte ich Dir mehr zugetraut.
In meiner Welt gibt es Grenzen.
Sorry, das ich das anders sehe.
2 Brüder verloren an Drogen.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Papaloooo »

Aus meiner Erfahrung, ich arbeitete 3 Jahre in psychosomatischen Einrichtungen,
aber auch mal in einer Behinderteneinrichtung, in einer Psychiatrie und in diversen Altenheimen,
teils mit Menschen, welche recht auffällig sind, möchte ich dazu sagen:

Mehr als 90 % der Menschen, welche Schizophren sind, oder auch nur gelegentlich eine Psychose entwickeln,
sind in diesem Zustand ängstlich, misstrauend und ziehen sich zurück.
Jene knapp 10 % die dabei gefährliche Aggressionen entwickeln und gewalttätig werden sind von den anderen klar zu unterscheiden.
Hinzu kommt vielleicht noch zu einem kleinen Anteil jene Bipolaren, die in der Manie zur körperlichen Aggression neigen.

Okay, es mag darunter (also der 1. Gruppe) noch welche geben, die aus der Ängstlichkeit heraus (sie fühlen sich in die Ecke gedrängt, obgleich keine Bedrohung vorliegt) zur "Gegenwehr" greifen, aber das kommt seltener vor.

Aber dort, wo die Aggressionen bekannt sind,
da müsste aus meiner Sicht schon schneller mit Freiheitsentzug begonnen werden.

In der Regel wissen Bipolare von ihrer manischen Seite aus ihren gesunden Phasen heraus.

In beiden Fällen (Manie und Schizophrenie) also der Plus-Symptomatik muss bei zu Aggression neigenden Menschen rasch gehandelt werden.
In beiden Fällen herrscht eine Assoziationsflut durch den Dopaminüberschuss,
dieser ist durch Neuroleptika leicht zu bremsen.

Besonders gefährlich wird es insbesondere dann, wenn eine asoziale kulturelle Prägung zusätzlich vorliegt.
"Tötet die Ungläubigen, wo immer ihr sie findet" im Islam.
"Wer zum Schwert greift, kommt durch das Schwert um" im Christentum.
Ja, letzteres sei auch gesagt, dies hatte ein Christenfanatiker gesagt, nachdem er einen Abtreibungsarzt in den USA erschossen hatte.

Sollte solch eine Fanatisierung bekannt sein,
und zusätzlich eine Schizophrenie oder Manie mit körperlicher Gewalt,
dann ist die Zwangsunterbringung dringlich erforderlich.
Und hierfür müssen auch die Gesetze angepasst werden.

Klar kann es dann immer wieder auch mal einen Menschen zu Unrecht treffen,
man muss also auf Intrigen (wie bei Gustl Mollath) auch acht geben.
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von discipula »

Skeptiker hat geschrieben:(13 Jul 2021, 16:50)
Ich persönlich würde die Hürde für eine Zwangsbehandlung eher unter der einer Zwangseinweisung ansetzen. In der Realität scheint es genau umgekehrt zu sein. Ich frage mich ob das schlau ist.
ja, das ist schlau.

Die restliche Bevölkerung soll mit minimalen (nicht maximalen) Mitteln vor gefährlichen Leuten geschützt werden. Einssperren erreicht dieses Ziel.

Der Wunsch, zu gesunden, muss allerdings von einem Menschen selbst kommen. Inklusive auch die Wahl der Therapie. Gerade psychiatrische Medikamente sind selbst nicht ungefährlich, benötigen Disziplin im Einnehmen, das Ausschleichen geht teils sehr sehr lange und wer sich daran nicht hält, droht in noch grössere Krisen zu kippen... nein nein, sowas macht man freiwillig, oder gar nicht.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Billie Holiday »

franzmannzini hat geschrieben:(13 Jul 2021, 20:20)

Der schlimmste Soziopath ist ein intelligenter/gebildeter Soziopath, er ist eigentlich ein Psychopath der gut spielen kann.
Seine dissoziale Persönlichkeitsstörung kann er leicht überspielen (Schauspielern), so daß nur ein sehr erfahrener Psychoanalytiker die Persönlichkeitsstörung bemerkt.

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Als sehr junger Mensch war ich auch auffällig, ADHS war noch nicht erfunden.
In Folge wurde ich zu drei Kinderpsychologen geschickt (Jugendreferat der DDR), den ersten beiden,
gelang es nicht mich zu bezwingen, sie fingen an, mich anzubrüllen, der*innen dritte eine Kinderpsychologin
stellte nach wenigen Tests fest ---> Unterforderung---> zu spät---> Einweisung in eine Erziehungsanstalt von Margot H..
Du warst in einem Jugendwerkhof? :eek:
„Wer mich beleidigt, bestimme ich.“ (Klaus Kinski)

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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Sören74 »

Papaloooo hat geschrieben:(14 Jul 2021, 05:28)

Jene knapp 10 % die dabei gefährliche Aggressionen entwickeln und gewalttätig werden sind von den anderen klar zu unterscheiden.
Stellt sich bei diesen Untersuchungen nicht auch die Frage, ob diese Aggressionen nach innen oder nach außen gerichtet sind?
Papaloooo hat geschrieben: Aber dort, wo die Aggressionen bekannt sind,
da müsste aus meiner Sicht schon schneller mit Freiheitsentzug begonnen werden.

In der Regel wissen Bipolare von ihrer manischen Seite aus ihren gesunden Phasen heraus.
Schlägst Du gerade ernsthaft vor, Menschen mit bipolaren Stören die Freiheit zu entziehen?
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Teeernte »

Sören74 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 12:24)

Stellt sich bei diesen Untersuchungen nicht auch die Frage, ob diese Aggressionen nach innen oder nach außen gerichtet sind?



Schlägst Du gerade ernsthaft vor, Menschen mit bipolaren Stören die Freiheit zu entziehen?
Ob "DIE" nun den ZUG nehmen ....oder einen "Freiflug" - sobald GEFAHR für die Allgemeinheit entsteht - gibts nur "Unterbringung".
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
Skeptiker

Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Skeptiker »

Sören74 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 12:24)
...
Schlägst Du gerade ernsthaft vor, Menschen mit bipolaren Stören die Freiheit zu entziehen?
Wir reden hier ja über eine Frage der Grenzziehung in der Gesellschaft. Da macht es mE wenig Sinn, Aussagen emotional und inhaltlich zu übersteigern.

Es wird sicherlich nicht darum gehen "grundsätzlich" Menschen mit bipolaren Störungen die Freiheit zu entziehen. Wichtig wäre aber durchaus zu erkennen, in welchen Fällen diese Menschen stark von einer Behandlung profitieren könnten, obwohl typischerweise auf wenig Einsicht beim Betroffenen zu hoffen ist. Zudem muss immer wieder auch das Schutzbedürfnis der Gesellschaft betrachtet werden. Selbstverständlich wäre es unverhältnismäßig aufgrund dieses Sicherheitsbedürfnisses "alle" Menschen mit bipolaren Störungen wegzusperren. Auf der anderen Seite hielte ich es ebenfalls für unverhältnismäßig, dass dort wo eine Behandlung dringend geboten ist um Gefahren zu vermeiden, man aber auf Ignoranz beim Betroffenen stößt, es dann einfach "laufen zu lassen". Da würde ich die Gesellschaft unnötigen Gefahren ausgesetzt sehen.

Insofern unterstütze ich durchaus Papaloos Ansatz. Es muss klar sein, dass die Freiheit des Kranken bei der Gefährdung der Mitmenschen endet. Krankheitsbilder, die eine Gefährdung der Mitmenschen nahelegen, erfordern in meinen Augen einen gewissen Grad der Kooperation des Patienten. Es muss Konsequenzen haben, wenn die nicht gegeben ist. Die müssen ja nicht immer aus Freiheitsentzug bestehen, aber "einfach laufen lassen" wird potentiellen Opfern nicht gerecht.
Sören74

Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Sören74 »

Skeptiker hat geschrieben:(14 Jul 2021, 12:39)
Wichtig wäre aber durchaus zu erkennen, in welchen Fällen diese Menschen stark von einer Behandlung profitieren könnten, obwohl typischerweise auf wenig Einsicht beim Betroffenen zu hoffen ist. Zudem muss immer wieder auch das Schutzbedürfnis der Gesellschaft betrachtet werden.
Wenn das Deine wirkliche Argumentationschiene ist, dann wäre ich wirklich vorsichtig, dass diese nicht auch gegen Dich verwendet wird. Die Idee, man muss einer Behandlung zustimmen, wenn sie mehr Nutzen als Kosten für die Gesellschaft bringt, kann auch dann angewandt werden, wenn es medizinische Behandlungen betrifft, die Dir vorgeschlagen werden, aber Du nicht machen möchtest. Konsequent weitergedacht kann das auch ganz andere Fälle betreffen, beispielsweise Alkohol am Steuer. Man könnte dann durchaus argumentieren, wer mit Alkohol am Steuer erwischt wird, sollte dauerhaft die Fahrerlaubnis entzogen bekommen, denn die Wiederholungsgefahr ist einfach zu groß und man müsse die Gesellschaft schließlich vor verheerenden Unfällen schützen. Dasselbe kann man auch bei Straftaten, die unter Alkoholeinfluss liefen, sagen. Auch da könnte man eine dauerhafte Sicherheitsverwahrung fordern, außer der Patient verpflichtet sich zu einer Therapie.
Skeptiker hat geschrieben: Selbstverständlich wäre es unverhältnismäßig aufgrund dieses Sicherheitsbedürfnisses "alle" Menschen mit bipolaren Störungen wegzusperren. Auf der anderen Seite hielte ich es ebenfalls für unverhältnismäßig, dass dort wo eine Behandlung dringend geboten ist um Gefahren zu vermeiden, man aber auf Ignoranz beim Betroffenen stößt, es dann einfach "laufen zu lassen". Da würde ich die Gesellschaft unnötigen Gefahren ausgesetzt sehen.
Der relevante Punkt ist, wie definiert sich "eine Behandlung dringend geboten"? Das wäre doch dann keine rein medizinische Einschätzung mehr, sondern eine juristisch motivierte. Und wenn schon denn schon, würde ich an erster Stelle die Behandlung von Alkoholsüchten sehen, da diese Sucht zu sehr vielen Straftaten und Körperverletzungen führen. Aber genau diesen Aspekt hast Du in einem vorangegangenen Beitrag heruntergespielt. Warum eigentlich?
Sören74

Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Sören74 »

Um mal bei dem Thema Alkoholsucht, was auch zu den psychischen Erkrankungen zählt, weiter zu machen, es gibt Gerichtsurteile, die die Fälle zur Zwangseinlieferung klar abgrenzen. Das Hauptkriterium lautet in den Fällen bei der Selbstgefährdung.

"Unter Betreuung stehende schwer alkoholkranke Menschen können zu ihrem eigenen Schutz zwangsweise in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht werden. Voraussetzung für die Freiheitsentziehung ist, dass die Alkoholsucht einem „geistigen Gebrechen“ vergleichbar ist und der Betroffene keinen eigenen freien Willen mehr bilden kann, entschied der Bundesgerichtshof."

"Eine Alkoholsucht allein oder eine bestehende Rückfallgefahr rechtfertige eine zwangsweise Unterbringung dagegen noch nicht, so die Karlsruher Richter."

"Der BGH hielt in seinem Beschluss vom 18. Juli 2018 die zwangsweise Unterbringung in der Psychiatrie für gerechtfertigt. Eine Alkoholsucht allein oder eine bestehende Rückfallgefahr könne die Unterbringung aber nicht begründen. Auch dürften Alkoholkranke, so wie jeder andere Mensch auch, Hilfen ablehnen."

https://www.vdk.de/deutschland/pages/th ... ng?dscc=ok
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Papaloooo »

Sören74 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 12:24)
Schlägst Du gerade ernsthaft vor, Menschen mit bipolaren Stören die Freiheit zu entziehen?
Im Falle der Manie, und wenn eine auffällige Fremdgefährdung da ist, wie ich es geschrieben habe, dann ja.
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
Sören74

Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Sören74 »

Papaloooo hat geschrieben:(14 Jul 2021, 13:58)

Im Falle der Manie, und wenn eine auffällige Fremdgefährdung da ist, wie ich es geschrieben habe, dann ja.
Eine "auffällige" Fremdgefährdung halte ich nicht für ausreichend und im übrigen auch Gerichte nicht. Das müssen schon recht hohe und nicht manipulierbare Kriterien sein, um das zuzulassen.
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Fuerst_48
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Fuerst_48 »

Wer mit sich und seiner Umgebung nicht zurechtkommt, gehört therapiert. Wer aber sich oder andere Menschen durch sein Verhalten gefährdet, gehört zwangstherapiert.
discipula
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von discipula »

Fuerst_48 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 14:07)

Wer mit sich und seiner Umgebung nicht zurechtkommt, gehört therapiert. Wer aber sich oder andere Menschen durch sein Verhalten gefährdet, gehört zwangstherapiert.
Wer andere gefährdet, gehört aus dem Verkehr gezogen, sodass er (ist ja meist ein er, selten eine sie) keinen Schaden mehr anrichten kann.

Zwangstherapien erreichen dies nicht. Wegsperren schon.

Eine Therapie soll ein Angebot sein, für jene, die das wollen.
Schnitter
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Schnitter »

discipula hat geschrieben:(14 Jul 2021, 14:20)

Wer andere gefährdet, gehört aus dem Verkehr gezogen, sodass er (ist ja meist ein er, selten eine sie) keinen Schaden mehr anrichten kann.
Gilt das auch für die Besucher einer Covidioten Demo ? :p
discipula
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von discipula »

Schnitter hat geschrieben:(14 Jul 2021, 14:25)

Gilt das auch für die Besucher einer Covidioten Demo ? :p
nö, die gefährden ja niemanden.
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Papaloooo
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Papaloooo »

Sören74 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 14:05)

Eine "auffällige" Fremdgefährdung halte ich nicht für ausreichend und im übrigen auch Gerichte nicht. Das müssen schon recht hohe und nicht manipulierbare Kriterien sein, um das zuzulassen.
Eine auffällige Fremdgefährdung liegt vor, wenn jemand schnell handgreiflich wird, wenn jemand grundlos auf andere Menschen einprügelt.
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
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