Bobo hat geschrieben:(21 May 2021, 16:01)
Zeig mal wo das steht. Zu Zivilisten habe ich bereits was geschrieben. Deshalb steht dort "Darüber hinaus .." Die Versorgungslinien feindlicher Truppen gehören in allen Kriegen zu den priorisierten Zielen. Die Antwort richtete sich auf die pauschale Behauptung, "Hunger darf keine Waffe sein". Ist und bleibt falsch.
Wir kommen zwar etwas vom Thema ab, aber trotzdem:
Es gibt dazu keine einzelne isolierte Bestimmung, die ich Dir nennen könnte. Es gibt im humanitären Völkerrecht aber zahlreiche Festlegungen, die genau das besagen. Die wichtigste und grundlegendste lautet: Kampfhandlungen sind auf Kombattanten zu beschränken. Die Zivilbevölkerung ist so weit wie möglich zu schonen. Die Zivilbevölkerung direkt anzugreifen, ist ein Kriegsverbrechen. Ich kann Dir das leider nicht mundgerecht servieren. Du musst Dich dazu schon mit dem humanitären Völkerrecht tiefergehend auseinandersetzen. Hier ein Link:
http://www.humanitaeres-voelkerrecht.de/HbZDv15.2.pdf
Ein Auszug daraus:
"
463. Angriffe sind auch verboten auf:
(...)
- für die Zivilbevölkerung lebensnotwendige Objekte, z.B. zur Erzeugung vonNahrungsmitteln, Bekleidung, Trinkwasserversorgungsanlagen, mit demZiel, die Versorgung der Zivilbevölkerung zu verhindern (5 54 Abs. 2; 6 14). Abweichungen von diesem Verbot sind nur auf eigenem Staatsgebietgestattet, wenn eine zwingende militärische Notwendigkeit dies erfordert (554 Abs. 3 und 5; 6 14),"
Aus diesem Grund ist es zum Beispiel zulässig, in einem Krieg eine Seeblockade zu verhängen, die dazu dienen soll, den Gegner von kriegswichtigen Gütern abzuschneiden. Es ist aber völkerrechtswidrig, mit so einer Blockade auch Lebensmittellieferungen zu unterbinden. Wird natürlich trotzdem gern mal gemacht. Es ist aber streng genommen ein Kriegsverbrechen!
Wir reden hier auch nicht über die "Versorgungslinien der feindlichen Truppen". Wir reden über Zivilisten, die nicht den feindlichen Truppen angehören.
Stell dir ein Völkerrecht vor, dass sagt: Man darf einen Feind zerstückeln, erschlagen, ersäufen, verbrennen, erschießen und sprengen, aber nicht hungern lassen. Absurd.
Das ist nicht absurd, sondern genau so gedacht. Zweck des humanitären Völkerrechts ist es, die Anwendung militärischer Gewalt auf das Militär zu beschränken. Wenn Krieg zum Vernichtungskrieg gegen die "gegnerische Bevölkerung" wird, ist definitiv eine Grenze überschritten.
Bitte nicht wieder Zivilisten vorschieben! Es ging um die pauschale Aussage, dass Hunger keine Waffe sein darf. So ist die Aussage schlicht falsch.
Ich schiebe da gar nichts vor. Es ist der zentrale Grundgedanke des humanitären Völkerrechts, dass zwischen Zivilisten und Kombattanten unterschieden werden muss. Nur darum geht es im Grunde. Waffen (ggf. auch Hunger!) dürfen nur gegen den bewaffneten Feind eingesetzt werden, nicht gegen Zivilisten!
Zur Verdeutlichung des theoretischen Charakters des Völkerrechts, versetze dich in die Situation eines Kommandeurs der Streitkräfte. Deine Truppe erreicht eine strategisch wichtige Stadt, in der sich starke feindliche Verbände verschanzt haben. Im schlimmsten Fall lässt der Feind die Bewohner nicht raus. Was sagt denn wohl das Völkerrecht dazu? Was steht überhaupt darin?
Was drinsteht, kriegst Du nur raus, wenn Du es selbst liest. Sei aber darauf gefasst, dass Du recht lange lesen musst. Das sind nämlich tausende Seiten. Ich kann Dir das nicht hier mit 20 Zeilen mundgerecht zusammenfassen. An der Gültigkeit der Regeln ändert auch die Tatsache nichts, dass es in der Geschichte der Menschheit immer wieder Kommandeure gab, die es "militärisch sinnvoll" fanden, einfach mal auf das Völkerrecht zu pfeifen.
Wozu trainieren Soldaten den Häuserkampf? Woher weißt du als Soldat, wer an der nächsten Ecke auf dich wartet, wer Zivilist ist, wer bewaffnet und wer wirklich unbewaffneter Zivilist ist? Wenn er einer ist, warum läuft er während Kampfhandlungen draußen rum? Wie viel Zeit (Sekunden oder Minuten)willst du je Begegnung opfern, um herauszufinden, ob das Gegenüber ein Feind ist oder nur unbewaffneter Zivilist? Wie viel Zeit gibt dir ein Feind wohl zum Überlegen, ob er nicht doch eine verborgene Waffe trägt?
Soldaten trainieren den Häuserkampf gegen andere Soldaten. Sie trainieren üblicherweise nicht, Zivilisten über den Haufen zu knallen. Einen gegnerischen Soldaten erkennt man üblicherweise daran, dass er eine Uniform trägt und eine Waffe in der Hand hält. Eine alte Oma, die bloß was zu essen besorgen will, ist in der Regel gut zu unterscheiden von einem uniformierten Soldaten. Deshalb schreibt das humanitäre Völkerrecht unter anderem vor, dass jemand, der an Kampfhandlungen teilnimmt, den Kombattantenstatus verliert, wenn er keine Uniform oder gar die Uniform des Feindes trägt. Solche Leute werden nicht als Soldaten betrachtet, sondern als Verbrecher. Die müssen im Krieg auch nicht als Kriegsgefangene behandelt werden. Die dürfen einfach so an die Wand gestellt werden.
Du hast ja recht. Die Grenzen sind nicht immer genau zu erkennen. Ja, es gibt da regelmäßig auch "Unfälle". Krieg ist halt ein dreckiges Geschäft, das mit Waffen ausgeübt wird, die nicht gerade "präzise" wirken. Deshalb schreibt das humanitäre Völkerrecht vor, dass Zivilisten "so weit wie möglich" zu schonen sind! Wie ich schonmal geschrieben habe, heißt das letztlich, dass es nicht zu beanstanden ist, wenn im Krieg auch Zivilisten über die Klinge springen. Das lässt sich halt einfach nicht vermeiden. Es ist aber ein Unterschied, ob man Zivilisten umbringt, weil sie zufällig im Weg stehen, oder ob man sie ganz gezielt umbringt, um den Gegner gefügig zu machen.
Um mal zum Thema Israel und Gaza zurückzukommen: Die Israelis haben mit ihren Angriffen zweifellos auch viele Zivilisten umgebracht. Das war aber nicht vermeidbar. Weil die Hamas-Arschlöcher sich so gern zwischen Zivilisten verstecken, mussten die Israelis einfach in Kauf nehmen, dass Angriffe auf Hamas-Terroristen auch unschuldige Zivilisten treffen würden. Unvermeidlich. Die Alternative hätte darin bestanden, die Raketenangriffe der Hamas einfach demütig hinzunehmen. Israel hat in dem Konflikt das humanitäre Völkerrecht in vollem Umfang und vorbildlich respektiert. Wenn es wirklich darum gegangen wäre, ohne Rücksicht auf Verluste die Hamas plattzumachen, dann hätte Israel noch ganz andere Pfeile im Köcher gehabt. Dann würden wir jetzt allerdings über tausende Tote in Gaza reden. Dann gäbe es jetzt einen riesigen Krater, wo derzeit die "Metro"-Tunnel sind. Dann wären auch alle Wohnhäuser, die darüber stehen, jetzt ein Trümmerhaufen.
Theorie und Praxis. Ich schätze deine Meinung, aber als Soldat würdest du mit deinem Zaudern während eines ersten Häuserkampfs drauf gehen, es sei denn, dir bleibt stets genug Zeit, die Situation auszuloten. Allenfalls Wunschdenken.
Das liest sich fast so, als wärst Du der Ansicht, dass im Krieg jede beliebige Untat erlaubt ist.