Skeptiker hat geschrieben:(05 Apr 2021, 10:06)
Es gibt viele Gesellschaften die ein viel stärkeres "wir" leben.
Es gibt niemanden, absolut niemanden, der keine Gruppenzugehörigkeit besitzt.
Das ist vollkommen korrekt - aber: Verpflichtet Gruppenzugehörigkeit zu einem bestimmten Empfinden?
Bzgl. des Konfliktes zwischen Deutschland und der Türkei wegen des Flüchtlingsabkommens, bekam man den Eindruck, dass persönliche Kritik bspw. von der Merkel auf Erdogan allein bezogen von vielen Türken als gesamtgesellschaftliche Kritik von allen Deutschen an der Nation Türkei verstanden wird. Das ist etwas, was mensch in Deutschland gar nicht (mehr?) kennt (wonach sich aber vorrangig Rechte zutiefst sehnen). Wenn Erdogan die Merkel eine blöde Kuh schimpfen würde, würde sich in Deutschland niemand auch nur ansatzweise persönlich angesprochen fühlen, bzw. aufgrund nationaler Gruppenzugehörigkeit Deutschland und alle Deutsche durch die Türkei und alle Türken als beleidigt betrachten.
Ich denke, viele Ausländer nehmen uns Deutsche deswegen auch nicht sonderlich ernst, weil uns eben Nationalbewusstsein und -stolz fehlt - was von vielen Angehörigen anderer Nationen schon quasi mit der Muttermilch aufgenommen wird. Vielleicht ist Deutschland deswegen auch so attraktiv für Einwanderer: Man muss bei uns kein neues Leben beginnen, sondern kann sein altes Leben weiterführen.
Natürlich hat jeder eine Gruppenzugehörigkeit - wenn man es genau nimmt, sondern unzählige davon. In Deutschland, bzw. für Deutsche, spielt das aber in der Regel keine Rolle - wir achten eher darauf, was uns unterscheidet und weniger darauf, was uns verbindet. Keine Ahnung, ob es das auch in anderen Nationen so gibt; ist es vielleicht ein Beweis für das Klischee des angeblich typisch-deutschen Pessimismus oder ist es vielleicht ein rein "westlich-demokratisches" Phänomen? Ist es eine natürliche Entwicklung oder politische Manipulation?

"Man kann auf seinem Standpunkt stehen, aber man sollte nicht darauf sitzen." Erich Kästner