Elmar Brok hat geschrieben:(01 Apr 2021, 23:52)
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... An der Uni dürften die allermeisten Inhalte weiterhin vermittelt und gelernt werden. Gewisse Einbußen gibt es natürlich. Das lässt sich nicht verhindern. Es sind aber keine "verlorenen" Semester und kein großer Qualitätsverlust.
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Volle Zustimmung zu den Betrachtungen, mit welchen Versäumnissen in Schulen unvermeidlich in Zeiten der Pandemie zu rechnen ist. Man kann ganz einfach nicht erwarten, daß Kinder sich aus lauter Freude am Lernen mit dem Erwerb von Wissen befassen werden, das sie nicht im gelebten Alltag umsetzen können. Bei Heranwachsenden sollte man in der Hinsicht mehr Neugier und Ehrgeiz erwarten. So kenne ich das von meinen Kindern, die ich mit hochroten Ohren vor ihren Büchern "erwischt" habe, trotz stattfindenden Unterrichts.
In der Uni wird man vermutlich trennen müssen. Dort, wo praktische Übungen im Labor vorgesehen sind, wird eine Lücke entstehen... und die eigenständige Vorstellung und Deutung von Ergebnissen wird nicht möglich sein. So lange es sich dabei um öde, von Jahrgang zu Jahrgang wiederholte Übungen handelt, könnte man noch beispielhaft Messreihen ausgeben und sie besprechen und deuten. Wird aber auch der Versuchsaufbau aus verfügbaren Bausteinen erwartet, dann ist damit gar nichts möglich. Theoretisches Wissen zur Vorbereitung auf solche Untersuchungen versandet, wird also nicht verfestigt. Ich rede hier von MINT-Studien, die auch auf Studien- und Diplomarbeiten in den Instituten aufbauen. Da bleibt wohl nichts weiter übrig, als diese Studieninhalte zu verschieben. Verzichtbar sind sie sicher nicht. Speziell für Ingenieure sind praktische Erfahrungen in Betrieben studienbegleitend in den Semesterferien ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung, schon um sich ein Bild von Möglichkeiten und Abläufen im "richtigen Betrieb" machen zu können. Dadurch gewann meine Fächerauswahl im Studium ihren ganz eigenen Charakter.
Meine Vermutung: Das Studium im MINT-Bereich verlängert sich mindestens um die Dauer der studienbegeleitenden praktischen Erfahrungen, die ja auch in der Prüfungsordnung vorausgesetzt werden. Oder wir erzeugen Absolventen, die am Anfang ihrer Berufszeit diese fehlenden Kenntnisse nachholen. Das wurde mir erst bewußt, als ich mit italienischen Absolventen zu arbeiten hatte, die im Studium fast nur theoretische Kenntnisse erwerben konnten und dann doch recht ratlos vor den Aufgaben standen, für die sie eingesetzt werden sollten. Das lief dann viele Monate nur im Tandem begleitend zu deutschen Berufsanfängern. Nach 2 Jahren waren die Herren und Damen natürlich auch topfit, denn an Ehrgeiz und theoretischem Wissen fehlte es dort wirklich nicht.
Darauf wird sich die gewerbliche Wirtschaft ein zu stellen haben. Ok, mein Berufsbild wurde vor fast 60 Jahren geprägt. Ich vermute aber doch immer noch sehr ähnliche Ansätze, weil ich ja bis vor 15 Jahren immer mit diesen Erwartungen auf die neuen Mitarbeiter zugegangen bin.