JJazzGold hat geschrieben:(24 Mar 2021, 08:21)
Das freut mich für dich/euch.
Mich schränkt Corona massiv in der seit Jahrzehnten gelebten Bewegungsfreiheit ein und das stecke ich nicht mal eben so weg.
Auch wenn ich versuche, das Beste daraus zu machen, inzwischen sind Türen und Fenster erneuert und eine neue Küche eingebaut, finden nahezu täglich Video Gespräche mit der weltweit verstreuten Familie und Freunden statt, aber eine neue Nähe kann ich dabei nicht entdecken. Eher Frustration. Z.B. darüber, dass ich nicht, wie zuvor einfach darstellbar, meine langjährige beste Freundin beim langsamen Tod ihrer Mutter tröstend begleiten kann und ihr auch jetzt beim Umzug von RSA nach Österreich nicht aktiv helfen kann. Obwohl es Tests gibt. Dass meine Freunde in Hessen und Österreich quasi um die Ecke wohnen und es uns unmöglich ist, uns mal eben für ein langes Wochenende zu treffen. Obwohl es Tests gibt. Dass ich meine alte Mutter nicht, wie gewohnt, eine Woche mit nach Marienbad nehmen kann, jetzt schon das zweite Jahr in Folge. Obwohl es Tests gibt. Dass wir oberbayerischen Freunde uns nicht eine Woche im Haus eines Freundespaares am Gardasee treffen können. Obwohl es Tests gibt. Dass ich nicht mal eben kurz zu meiner verwitweten Cousine nach Portugal kann, um mit ihr lange Spaziergänge an der Küste zu unternehmen. Obwohl es Tests gibt.
Ich bin beschränkt auf das dörfliche Umfeld und selbst das ist deutlich eingeschränkt, was Treffen mit Freunden, Bekannten, Partei Kollegen, etc betrifft. Sicher, lieber auf dem Land mit viel Garten und Natur, als in einer Großstadtwohnung mit Balkon auf die Verkehrsstraße. Aber wer wie ich sein ganzes Leben problemlos und gerne “on tour“ war, für den bedeutet Corona quasi Einzelhaft. Das lässt sich nicht beschönigen. Da bleibt nur Augen zu und durch.
Was zwangsläufig Frust mit sich bringt, explizit angesichts der eklatanten Unfähigkeit dieser Regierung, auch im Bezug auf die verschlafene EU, die Krise erträglich zu organisieren. Was wiederum Verständnis für den Frust Anderer mit sich bringt.
Du sprichst mir aus der Seele.
Obwohl ich nicht ganz so mobil war/bin wie du und obwohl ich meine ganze Familie (Generationshaus mit Kindern und Enkeln) um mich habe, empfinde ich die lange Zeit der Einschränkungen als Einzelhaft/Käfighaltung. Telefonate und Video"konferenzen" reichen nicht aus, eine "neue Nähe" zu entwickeln, vor allem wenn alte Menschen - wie meine 86jährige Schwiegermutter - mit dieser Technik nichts anzufangen wissen.
Die Einschränkungen belasten nicht nur alte Menschen psychisch, sie belasten junge Menschen - insbesondere Kinder und Jugendliche - noch viel mehr, was sich v.a. an zunehmender Vereinsamung und Depressivität ausdrückt.
Ich sehe das bei meinen Enkeln, die immer stiller werden, die sich immer mehr in sich selbst zurück ziehen und ihren Lebensmut verlieren. Das mit ansehen zu müssen, frustriert nicht nur, es macht wütend. Es ist jetzt das zweite Jahr, in dem sie ihren Geburtstag ohne Freunde feiern müssen.
Was aber viel erschreckender ist, was unsere Politiker, in ihrem Wahn Leben und Gesundheit von Risikogruppen schützen zu wollen, so gar nicht auf dem Schirm haben - sie stehlen mit ihren Lockdowns und massiven Grundrechtsreinschränkungen
allen Menschen Lebenszeit, Lebenszeit, die uns älteren und alten Menschen nur noch in begrenztem Maße zur Verfügung steht, die durch nichts ersetzt werden und auch nicht aufgeholt werden kann und junge und ganz junge Menschen werden um wichtige Erlebnisse und Erfahrungen gebracht, indem sie sich nicht mit Freunden treffen dürfen, nicht feiern oder gemeinsam etwas unternehmen dürfen, werden ihnen auch die Möglichkeiten zu ersten Liebeserfahrungen, überhaupt zu Kontaktaufnahmen genommen.
Manch einer mag abwinken und solche Erlebnisse und Erfahrungen als unwichtig, gar unnötig einstufen - sie sind es jedoch nicht, im Gegenteil. Und wer ehrlich ist, wird bestätigen, wie wichtig solche Erlebnisse und Erfahrungen sind, wie gerne man sich daran erinnert.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.
Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen