Es wird gecancelt. Das ist alter Wein in neuen Schläuchen.
Na jedenfalls, ich kann mich über all diese Dinge umfassend informieren, ich könnte, wenn ich wollte, selbst einen rechts- oder linksradikalen Blog oder einen flache-Erde-Blog betreiben ... Wenn es um irgednwie um Cancel-Culture oder Moralismus-Diktate geht ... ich weiß immer nicht im entferntesten, wovon überhaupt die Rede ist.
Es ist etwas komplexer. Durch die Klumpung der Kommunikation und Öffentlichkeit auf wenigen sozialen Netzwerken sind Foren (wie dieses) leider im Aussterben begriffen. Die Kommentarspalten unter den großen Zeitungen sind hoffnungslos übermoderiert, meist mit Freischalt-Wartezeiten und Wortfiltern, die eine echte spannende Debatte unmöglich machen.
Politiker finden das toll, weil sie jetzt einige wenige Firmen haben, die sie "greifen können" statt Millionen kleiner Blogs, die außerhalb ihres Landes liegen und in Sekunden umziehen können.
Die kann es zwar immer noch geben, aber haben ohne teure Werbung so gut wie keine Reichweite. Mithin werden sie nicht wahrgenommen. Und selbst wenn sie die nötige Prominenz haben, kann der Cancel-Culture-Druck auf den Anbieter geschossen werden. Im letzten Fall war es ein rechtes Nachrichtenportal, das auf den Systemen von Amazon Web Services lag.
AWS wollte sich natürlich als politisch korrekt darstellen und hat den Vertrag gekündigt ("Virtue Signaling"), also muss das System jetzt erstmal einen neuen Host finden.
Auch wenn ich die dort verbreiteten Fake News und rechten Gruppen verachte, finde ich es doch besorgniserregend, wenn Firmen aus PR-Gründen unliebsame Sachen einfach mitcanceln um besonders hip und modern zu wirken (und selbstverständlich selbst nicht gerade zimperlich mit Mitarbeitern ohne Abschluss und Perspektive umgehen).
Wenn man Bücher aus Schulbibliotheken und Buchläden verbannt und nur noch "weichgespülte" Versionen verkauft, wenn nicht jemand ausdrücklich das Original verlangt, ist auch eine Form des Cancelns. Umgekehrt verlangen doch gerade die Fighter dieser Kultur allerorten, dass Dinge "sichtbar gemacht" werden. Das scheint aber nur schlimm zu sein, wenn es in ihrem Sinne wirkt.