Da ist leider immer noch dein alter Widerspruch enthalten. Vielleicht hilft es dir ja, wenn wir es formaler angehen.Gorman hat geschrieben:(21 Jan 2021, 02:22)
Mit beurteilen meinte ich, das man nicht beurteilen KANN, ob es KEIN Game Changer ist.
Wie wollen sie heute beurteilen das die Impfung kein Game Changer ist, wenn die Impfung das hält, was versprochen wurde ---> Game Changer
Und die "Trendwende" ist ja keine Trendwende, sondern das Ergebnis eines Lockdown, in dem wir ja nicht ewig verbleiben möchten, oder?
Eine ganz klare, einfache Kausalität: A bewirkt B. A -> B. Da wir einen wissenschaftlichen Anspruch haben, ist das nur eine These. Zur dieser These gibt es die ebenso glasklare Gegenthese, dass A nicht B bewirkt.
Und du behauptest nun, dass man zum Zeitpunkt X zwar die These A -> B aufstellen könne, aber für die Gegenthese abwarten müsse, weil man zum Zeitpunkt X gar nicht urteilen könne.
Was ist ein Urteil? Ein Urteil ist eine Entscheidung, ein Schnitt durch die Welt und dieser bedarf offensichtlich mindestens zweier Möglichkeiten, Denkbarkeiten, Alternativen. Sprich, entweder kann man zum Zeitpunkt X urteilen, also in die eine oder andere Richtung ein Urteil fällen, oder eben nicht. Gibt es weniger als zwei Möglichkeiten, dann ist ein Beurteilen unmöglich wie überflüssig, denn dann hat man es mit einer Zwangsläufigkeit zu tun. Kurz: sobald du von "beurteilen" sprichst, öffnest du damit zum Zeitpunkt X mindestens zwei Türen.
Nehmen wir ein weniger formales, aber ebenso völlig unverfängliches, wie hypothetisches Beispiel. Unverfänglichkeit erleichtert das Denken, nicht. Öffnet gewissermaßen dem Nachdenken die Tür, verscheucht den "bias", die Voreingenommenheit.
Nehmen wir an, dass an einem finsteren Schicksalstag sich bei einigen blütenweißen Zuchtkaninchen das schöne Fell verfärbt. Es wird fleckig und lila. Das schmälert ungemein den Wert dieser Tierchen. Unter den Züchtern geht die nackte Angst um, dass es nicht bei Einzelfällen bleiben könnte. Man wendet sich an Wissenschaft und fachverständige Experten, die sich diesem völlig neuartigen Phänomen annehmen sollen. Ein findiger Finder findet dann auch alsbald heraus, dass die Verfärbung mit dem veränderten Sonnenlicht zusammenhängen könnte (Wieder unsere These! A bewirkt B). Daraufhin entwickelt unser findiger Erfinder einen besonders sensitiven Test, der auch leichteste Verfärbungen des Kanichenfells objektiv feststellen kann. So sensitiv, dass er auch Verfärbungen feststellt, die es gar nicht gibt oder keine wirkliche Rolle fürs Zuchtergebnis spielen. Weitere Tests folgen. Der Verdacht scheint sich zu erhärten. Und nicht nur das, unserer findiger Erfinder findet auch eine Lösung! Ein Mittelchen untergemischt ins Futter wirkt es der Fellverfärbung der kleinen Pelztierchen entgegen.
Die frohe Nachricht verbreitet sich in Windeseile unter den Züchtern, Steine fallen von den Züchterherzen. Aber halt! Vielleicht sollte man nicht so voreilig sein. Man sollte die Wirksamkeit wissenschaftlich feststellen. Eine Studie muss her.
50.000 Tiere werden nun zufällig("randomisiert") ausgewählt. Alle Altersgruppen, Geschlechter, Herkünfte udn Regionen sind vertreten. Die Tiere werden wieder zufällig in zwei große Gruppen geteilt. Die eine Gruppe erhält das vermutet wirksame Mittelchen gegen die Verfärbung. Die Kontrollgruppe erhält ein wirkungsloses Placebo ins Futter.
Die Wochen vergehen, beide Gruppen werden gleichmaßen und ausgiebig dem Sonnenlicht ausgesetzt. Das mit Spannung erwartete Ergebnis ist endlich da. Wir unterstellen der Einfachheit halber griffige Zahlen. In der Placebogruppe kam es zu 100 Verfärbungen, in der andere Gruppe gab es nur 10 Verfärbungen. Das Mittel wirkt! Der Mittelproduzent verkündet freudig, dass sein Mittel in 9 von 10 Fällen die Verfärbung verhindert. Ein "game changer"! So würde ich es als Produzent auch verkaufen. Die armen Tierchen müssen nicht mehr vorm Sonnenlicht geschützt werden, dürfen endlich wieder frische Luft schnuppern und müssen nicht mehr so intensiv betreut werden. Der eine oder andere Züchter sieht es bei einem Blick auf die Studie aber etwas anders. Im Grunde hat das Mittel bei dieser geringen Inzidenz(100/25.000) nur 90 Verfärbungen von 25.000 Tieren verhindert, bei 10 hat es versagt und bei 24.900 Tieren haben andere, noch unbekannte Faktoren die Verfärbung verhindert. Ein "game changer" sei das nicht gerade, findet ein Züchter. Der eine oder andere Züchter mag sich für das neue Mittelchen entscheiden, aber andere bleiben verhalten und verzichten auf das Wundermittel...
Und du sagst nun, am Tag X, nach der großen Studie könne man nur so urteilen wie der Mittelproduzent, aber nicht wie der skeptische Züchter, der müsse erst mal zahlen und das Mittel probieren und später könne er dann sein Urteil fällen.