Skull hat geschrieben:(17 Jan 2021, 12:23)
Kapazitäten und Ressourcen sind begrenzt.
Mir ist klar...dass DIR der Tote in Bayern näher geht, als der Tote in Argentinien.
Der (weiterhin) begrenzte Impfstoff kann aber nur einmal vergeben werden. Egal, ob in Thüringen oder in Namibia.
Da habe ich anscheinend andere Maßstäbe.
Ich finde es nachvollziehbar, dass nicht Länder wie Deutschland, sich 100 Prozent Ihrer gewünschten Impfdosen,
in kürzester Zeit über den Preis oder anderer Mögkichkeiten, sichern. Sichern können.
Genausowenig, dass ich mich vor Dir vordrängele, weil ich über die besseren Kontakte verfüge,
oder einfach einen höheren Preis bezahle. Du magst das in Ordnung finden. Ich nicht.
mfg
Dies ist wenigstens ein ehrlicher Beitrag. Daraus geht hervor, dass du anerkennst, dass tatsächlich ein Mangel an Impfstoff besteht. Diese Tatsache war ja noch nicht bei allen angekommen - vielleicht kannst du das beispielsweise dem Foristen Schnitter erklären. Ich finde diesen Beitrag auch wichtig, um die Entscheidung von Merkel und anderen nachvollziehen zu können, in dem Sinne, dass bewusst entschieden wurde, mehr Todesfälle in Deutschland im Rahmen der europäischen Solidarität zu akzeptieren.
Ansonsten teile ich deine Einstellung nicht, ich neige da eher zu einer Realpolitik, die im übrigen auch vom Amtseid der Bundeskanzlerin gedeckt ist. Das von dir vorgebrachte Argument könnte man ja auf alle möglichen Ressourcen anwenden: auf die Corona-Impfung, aber auch auf andere Medikamente und medizinische Eingriffe, und darüber hinaus auf alle Waren, die eben nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen.
Was meinst du, wie viele Menschen in ärmeren Ländern sterben, weil sie nicht die medizinische Versorgung erhalten wie in Deutschland? Es gibt neben der Corona-Impfung viele weitere innovative Medikamente, die eben zunächst nur in wenigen Ländern überhaupt erhältlich sind (in aller Regel sind die USA, die Schweiz und Deutschland unter den ersten), während anderswo, selbst in entwickelten Ländern wie Frankreich oder Polen die Leute warten müssen, bis sie Zugang erhalten. Und in vielen Entwicklungsländern gibt es die Medikamente erst viel später, wenn sie nach Ablaufen von Rechten viel günstiger geworden sind, und selbst dann nicht für alle Bevölkerungsschichten.
Natürlich sollten prinzipiell alle Menschen Zugang zu wichtigen Medikamenten haben. Man muss hier aber pragmatisch bleiben und kann nicht viele andere Aspekte, etwa wirtschaftlicher oder rechtlicher Natur, einfach ignorieren. Immerhin profitieren auch Patienten in armen Ländern nach einer gewissen Zeit von den in den Industrieländern geschaffenen Innovationen. So gab es beispielsweise Mitte der Neunzigerjahre Durchbrüche in der Therapie von AIDS, die mittlerweile weltweit zur Verfügung stehen. 1996 aber war das ganz anders.
Wem es nur um die richtige moralische Gesinnung geht, stößt bald an Grenzen. Wie kannst du es beispielsweise verantworten, dass du Geld für deinen Urlaub aufwendest? Solltest du das Geld nicht lieber dafür zur Verfügung stellen, dass armen Leuten in Namibia geholfen wird? Wieso erwartest du die beste medizinische Versorgung für dich und deine Familie, wenn doch klar ist, dass die dafür aufgewendeten Ressourcen woanders effizienter eingesetzt werden könnten?
Ich finde, dass wir akzeptieren müssen, dass unserer primärer Referenzrahmen der Nationalstaat ist. Ansonsten wird man in Probleme hineingezogen, die wir kaum beeinflussen können. Viele Entwicklungsländer kranken nicht etwa daran, dass wir ihnen etwas wegnehmen oder vorenthalten, sondern an ihren eigenen korrupten Eliten und an dem eigenen Unwillen, ihre Gesellschaften gerechter und moderner zu machen.