jorikke hat geschrieben:(29 Dec 2020, 11:12)
Meine lieber Kohlhaas, deine Art sich in etwas hinein zu steigern ist schon einem Namensvetter von dir nicht gut bekommen.
Wenn du, nach eigener Aussage " im Herzen ein Sozi bist" , so ist das zunächst einmal sehr zu loben. Allerdings sind deine Texte von einer Art als wolltest du Alfred im Nachhinein bestätigen.
Das mag der literarischen Figur nicht gut bekommen sein, es hat sie aber unsterblich gemacht. Was nicht heißen soll, dass ich nach Unsterblichkeit strebe. Ich wäre natürlich gern unsterblich, aber... egal, ich weiche vom Thema ab.
Nebenbei: Wer ist Alfred? Der hieß doch Michael.
Zwei deiner Kernaussagen sind:
1. Söder sollte hier nicht diskutiert werden, da er mit dem Thema "Die Zukunft der CDU" nichts zu tun hat.
Da muss ich widersprechen. Man kann hier selbstverständlich auch gern über Söder diskutieren. Ich fände es nur hilfreich für die Diskussion, wenn man einem Diskussionsteilnehmer nicht Aussagen über den künftigen CDU-Vorsitzenden im Mund verdrehen würde, indem man Söder ins Spiel bringt. Der CDU-Vorsitz ist das eine Thema, die Kanzlerkandidatur ist ein anderes Thema. Nur wenn man CDU-Vorsitz und Kanzlerkandidatur als naturgemäß identisch empfindet, macht es Sinn, beide Themen gleichzeitig diskutieren zu wollen. Dann gehört Söder aber nicht da rein, denn der ist nunmal nicht Mitglied der CDU und kann niemals Vorsitzender der CDU werden.
Von mir aus darf Söder gern Kanzlerkandidat werden. Darüber müssen CDU und CSU befinden. Fakt ist trotzdem, dass die CDU mit der Entscheidung über ihren künftigen Vorsitzenden eine Richtungsentscheidung fällt. Ganz unabhängig von Söder. Fakt ist außerdem, dass von den CDU-Bewerbern bislang nur einer explizit offen gelassen hat, ob die Entscheidung über den CDU-Vorsitz auch zwingend eine Entscheidung über die Kanzlerkandidatur sein muss!
2. Wird Merz Kanzlerkandidat wird er keine Regierung bilden können, da speziell die Grünen niemals in eine Koalition mit ihm gehen würden.
Beides ist grundverkehrt, weil:
Zu 1.
Ihrer Natur nach ist die CDU eine sehr pragmatische Partei. Deshalb wird sie oft spöttisch als Kanzlerwahlverein bezeichnet. Dahinter steckt die richtige Vermutung, sie wird sich stets hinter den Kandidaten stellen, von dem sie die größte Wählerresonanz erwartet. Schon deshalb ist ein Kanzlerkandidat inhaltlich nicht von der Zukunftsaussicht der CDU zu trennen. Schon bin ich zwangsläufig wieder bei Söder. Schaut man sich die aktuellen Umfragen nach dem möglichen und gewünschten Kanzlerkandidaten an, liegt Söder weit vor Merz, Laschek und Röttgen. Wie gesagt, aus Sicht der Wähler. Das widerlegt auch die "altertümliche" Annahme ein Bayer hätte in Restdeutschland keine Chance. Schnee von gestern und aus heutiger Sicht pillepalle.
Allerdings werden die Karten neu gemischt, sind nach der Wahl eines neuen Parteivorsitzenden zwei der drei CDU Vortänzer ausgeschieden.
Zu 2.
Bei den letzten Koalitionsverhandlungen standen die Grünen bereits kurz vor einer Koalition mit der CDU. Du behauptest also, die Person Merz würde einen entscheidenden Unterschied ausmachen, und eine Regierungszusammenarbeit mit der CDU unmöglich machen. In der Politik gibt aber den Unterschied zwischen Wunsch und Machbaren. Die politischen Wünsche der Parteien werden in Parteiprogrammen festgelegt. Was davon umgesetzt werden kann wird in Koalitionsverhandlungen entschieden. Dabei achten die Parteien darauf jeder Seite ein paar Bonbons zuzuschieben um keine als Verlierer dastehen zu lassen. So kann man immerhin einen Teil seiner Vorstellungen verwirklichen. Die Alternative hieße Opposition und die lt. Münte "Mist". Gut zu erkennen das auch ein Sozi mal recht haben kann. In dieser realen Welt ist es deshalb völlig egal ob ein Kandidat Müller, Meier, Schulze oder Merz heißt. Nach erfolgreichen Koalitionsverhandlungen werden sich alle vor laufenden Kameras in die Arme nehmen und lieb haben. An die Schlachten der Vergangenheit wird sich niemand mehr erinnern wollen.
Einer wollte bei den letzten Koalitionsverhandlungen den moralischen Saubermann machen. "Lieber nicht regieren als falsch regieren." Der moralische Aspekt ging dann bei weiteren Eseleien vollends flöten. Seine Partei, die im Grunde angesehen und für ihre Verhältnisse eigentlich Ergebnisse zwischen 8 und 12% einbringen müsste, dümpelt jetzt zwischen 4 u. 5% rum. Ein Trauerspiel. Das wissen die Grünen sehr wohl und deshalb spielt eine Personalfrage eine absolut untergeordnete Rolle.
Na, das wäre ja furchtbar für die CDU! Warum diskutieren wir dann überhaupt über die Frage? Deiner Auslegung nach wäre es doch völlig egal, ob die CDU den Merz oder den Laschet oder den Röttgen oder eine Vogelscheuche zum Vorsitzenden ernennt.
Ich sehe das nicht so. Ich denke, dass sich die drei Kandidaten (Vogelscheuche nehme ich mal raus... ;-)) politisch-inhaltlich deutlich unterscheiden. Mit ihrer Wahl werden die 1001 Delegierten also eine Richtungsentscheidung treffen. Ganz unabhängig von der Frage, was irgendwann mal mit Söder passiert. Die Frage "Söder oder nicht Söder" stellt sich erst, wenn die CDU in der Wahl stärkste Fraktion wird und einen hinreichend starken Koalitionspartner findet. Entscheidend ist erstmal nur die Richtungsentscheidung.
Und da gilt: Es mag ja sein, dass die CDU/CSU nur so eine Art Kanzlerwahlverein ist. Den Grünen und der SPD hat man sowas aber noch nie nachgesagt. Für die ist es von entscheidender Bedeutung, für welche "Richtung" der neue CDU-Vorsitzende steht. Und da bleibe ich bei meiner Meinung: Eine Merz-CDU ist weder für die Grünen noch für die SPD koalitionsfähig. Die SPD wird sich ohnehin nicht mehr auf eine weitere SPD-vernichtende Groko einlassen. Bleiben also nur die Grünen. Ich mag mich irren. Wir werden es ja dann sehen.