Bobo hat geschrieben:(28 Nov 2020, 14:42)
Das ist leicht zu beantworten. Weil man sonst jeden x-beliebigen Staat weltweit in die Diskussion mit einbeziehen müsste.
Was ich ausdrücklich auch tue. Alles andere macht hinsichtlich der ethisch/moralisch diskutierten Grunsätze bzw. Rechtsauffassungen etc. auch keinen Sinn. Entsprechend ist der Thread im Sinne des Threaderstellers auch nicht auf die USA beschränkt oder sinngebend beschränkbar.
Bobo hat geschrieben:(28 Nov 2020, 14:42)
Ohne dass ich über Zahlen verfüge, behaupte ich, dass in praktisch jedem Land der Welt gemordet wird oder wurde.
Da stimme ich Ihnen vollkommen zu. Allerdings ist diese höchst unerfreuliche Realität kein Grund für die Todessrafe.
Weder im mordverhindernden präventiven (abschreckenden) Sinne. Erst recht nicht als ethisch/moralische Grundlage für eine glaubwürdige und moderne Rechtsauffassung und Rechtssprechung.
Die auch sichtbar die Fesseln der Evolution hinter sich lässt. Die der Mensch zwar vielleicht als ewige Urinstinkte in sich tragen mag. Aber kraft seiner Ratio auch erkennen kann, dass das, was vormals in seinem Werdegang (vielleicht) noch passend und angebracht sein konnte. Im jetzigen geistigen Entwicklungsstand sich ändernder Zeiten keinen Sinn mehr macht. Ausser, sich in die Gefahr zu begeben, genauso selbstherrlich über Leben und Tod anderer zu entscheiden, wie es ein Täter selbst tut und genau dafür den höchsten Bann und Ablehnung dieses (mördrischen) Verhaltens von der Gesellschaft erhält.
Par parri referre, Gleiches mit Gleichem zu vergelten ist eine, sagen wir mal, deutlich aus der Zeit gefallene Rechtsauffassung, die nur eines kennt: Rache und mit gleicher Münze heimzuzahlen.
Eine Haltung, die grundlegend an einem menschlichen und gesellschaftlichen Verhalten festhält, das der Menschheit nichts als fortdauernde Kriege und Massenmorde brachte. Mit welchr Begründung auch immer. An Phantasie für "gerechtfertigte" Gründe, andere, zumal im wehrlosen, in Gewahrsam genommenen Zustand staatlicherseits zu töten wie ein zappelndes Schwein in der Schlachterei, fehlte es der Krone der Schöpfung dabei nie.
Zu weniger Morden führte die Todesstrafe jedenfalls nicht. Auch nicht die Aussicht des Täters, in Falle des Ertapptwerdens dafür auch getötet zu werden.
Im Regelfall geht ein Täter immer davon aus, nicht erkannt oder erwischt zu werden. Insbesonders derjenige Tätertyp, der wirklich gemeingefährlich ist, zweifellos auch immer wieder morden würde, so er in Freiheit käme. Solche Täter sind aber oft nach aussen alles andere als erkennbare Mörder. Im Gegenteil, ihr perfekt gespieltes freundliches und durchaus einnehmendes Wesen und die oft hervorragenden Eigenschaften der Antizipation machen sie so brisant und zu Fällen, die nach Verbüßung der eigentlichen Haftstrafe nur in Hochsicherheitsverwahrung bis zu ihre natürlichen Tod verbleiben müssen.
Diese Täter sind in Haft bzw. vielmehr in der Sicherungsverwahrung aber nicht die mordlustigen Monster, die auch in Gewahrsam nichts weiter im Sinn hätten, als andere umzubringen. Weil Sie nichts zu verlieren hätten.
Ich weiss nicht, ob sie das Buch des Profilers Dr. Thomas Müller kennen? (Tielbild: Bestie Mensch mit ihm als Bildportait auf dem Bucheinband

- nach dem man ihn sofort als Unhold ansehen könnte). Er schildert einen Fall, als er einen extrem gefährlichen, wegen mehrfacher grausamster Morde in Sicherungsverwahrung einsitzenden Täter befragen und interviewen wollte. Um mehr Erkenntnisse über solche Täter und ihre Tötungsmotive zu gewinnen. Vor allem auch, zur Verbesserung bei der Überführung/Ermittlung solcher Täter. Ein Glücksfall insofern, als der Täter einem Gespräch mit ihm zustimmte.
Dr. Müller wurde dazu von einem Freund an einem nasskalten, schneenieseligem Frühdezembertag zu der Sicherungsverwahrungsanstalt gefahren, hatte trotz des zu erwartenden Schneematsches aber nur einen kurzen Weg zur Anstalt vor sich und deshalb ganz normale Sommerhalbschuhe an. Leider war der Weg dann doch etwas weitläufiger, seine Schuhe waren durchnässt und es fror ihn auch ordentlich.
Im streng bewachten Interviewraum erschien dann der Täter und setzte sich freundlich lächelnd und höflich zu ihm an den Tisch. Auf den er seine Termoskanne mit heissen Tee stellte, die ihm als persönliche Freiheit in der SV zugestanden wurde.
Der mehrfache Mörder bot ihm sofort freundlich an, ob er eine heisse Tasse Tee wolle, bei diesen nasskalten Wetter? - Müller, immer noch total ausgefroren und kälteklamm, nahm das gerne an. Obwohl er sich im Vorfeld "geschworen" hatte, nicht auf die Raffinesse solcher Täter hereinzufallen und auch überzeugt war, dass dies bei ihm als erfahrenem Pofiler ins Leere Laufen würde.
Das Gespräch begann, Müller trank "seinen" Tee und befragte den Täter, der ihm im Laufe des Interviews noch eine weitere Tasse anbot, die Müller als wärmende Quelle schätzte. In einer Gesprächsathmosphäre, die ansonsten von ziemlicher Gefühlskälte des Täters und dessen immer dürrer werdenden Auskunftsfreunde geprägt war..
Am Ende des Gesprächs bedankte sich der Täter, weiterhin höflich bleibend mit einem Anflug eines Lächelns und fragte Dr. Müller, wie ihm der Tee geschmeckt hätte? ... In mir, so Dr. Müller, begann unwillkürlich in diesem Augenblick Alles zu gefrieren...Ihm fiel jäh ein, dass der Täter seinerseits keinen einzigen Schluck Tee getrunken hatte. Ein Umstand, den er zwar registriert hatte, ihm aber keinerlei Bedeutung beimaß.
Der Gedanke, so Dr. Müller, schoß mir durch den Kopf, dass er mich jederzeit vergiften/umbringen hätte können, wenn er denn gewollt hätte. Und ich hätte es nicht bemerkt oder verhindern können. Hatte er aber zu Müllers Glück nicht.
Insofern mag Ihnen diese ausführliche Geschichte vielleicht dazu dienen, dass die Annahme, Mörder hätten im Knast/Sicherungsverwahrung eh nichts zu verlieren und werden daher dort weiter töten, auf eher sehr subjektiven und entsprechend wackligen Füßen stehen könnte, mit der Sie für Todestrafe auf Bewährung plädieren.
Dieser Täter würde sicher wieder morden, käme er je in Freiheit, was in diesem Fall auzuschließen ist. Aber -besonders sehr gefährliche Mörder - haben oft ein gewisses persönliches Anspruchsdenken an abgrundtiefe und gefühlskalte Grausamkeit.
Und Motive, die ausserhalb jeder normalen Vorstellungskraft liegen. Die aber nicht bedeuten, dass solche Täter jede Möglichkeit für weitere Morde nützten würden. Ein vergifteter Tee für einen Profiler war oder ist diesem hochgefährlichen und auch sehr intelligenten Mehrfachmörder offensichtlich viel zu "profan".
Bobo hat geschrieben:(28 Nov 2020, 14:42)
Die Diskussion zur US-Todesstrafe kann m. E. aber nur dahingehend laufen, dass man sich Gedanken über die Umstände des Landes bzw. einzelner Bundesstaaten macht...
Bezüglich der speziellen Betrachtung "nur" der USA würde ich ihnen da nicht widersprechen, ohne allerdings die Todesstrafe in diesem Land für gerechtfertigt zu halten. Aber anhören würde ich mir befürwortende Gründe trotzdem.
Bobo hat geschrieben:(28 Nov 2020, 14:42)
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Mir war halt aufgefallen, dass diverse Wiederholungstäter unter den Straftätern waren. Nicht allein wegen Mord, sondern z. B. wegen Vergewaltigung. Sie saßen ihre Zeitstrafe ab, wurden entlassen und vergewaltigten erneut! Dieses mal jedoch töteten sie ihre Opfer, wissend, dass die erneute Verurteilung automatisch Lebenslänglich oder mehrere Jahrzehnte brächte.
Das Argument der Wiederholungstäter, und der Rückfallquote wird immer wieder vorgebracht. Entsprechende Statistiken zeigen aber, das therapierte Straftäter weit weniger rüchfällig werden, als behauptet. Im Gegenteil, die Behauptung, dass Wiederholungstäter die Regel sind, wird durch die deutliche Mehrheit und Realtität nicht rückfällig gewordener ehemaliger Straftäter widerlegt.
Für eine Befürwortung der Todesstrafe - egal ob auf "Bewährung", wie Sie das vorschlagen, oder durch staatlich vollzogene Vergasung/evtl. entpersonalisierte "Selbst"erschießungsanlagen oder was auch immer der "Mensch"heit zum staatlichen Töten noch einfallen wird, ist das in meinen Augen nicht stichhaltig oder ausreichend. Die Todesstrafe durch den Staat ist als ethisch/moralischer Austritt aus der Menschheit grundsätzlich abzulehnen. Soweit es meine Sicht betrifft.