Eulenwoelfchen hat geschrieben:(01 Nov 2020, 11:10)
Als Angela Merkel etwa vor 5 Wochen vor einer drastischen Zunahme der Infektionen warnte, und dabei die Zahl von 19200 Neuinfektionen bis Weihnachten in den Raum stellte, wurde sie von allen möglichen Seiten als panik- und unheilsverkündende "Kassandra" angeschossen. Statt Optimismus und Zuversicht zu verbreiten = allses halb so wild.
Was Experten wie Prof. Streeck ganz besonders gerne erklärten, indem sie 20.000 Infektionen/Tag für kein Drama erklärten, mit dem man bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der damaligen lockeren Bedingungen und Schutzmaßnahmen ganz normal leben könne. Im Gegensatz zu Prof. Streeck scheint Frau Dr. Merkel allerdings, wie andere Virologen/Intensivmediziner/Epedemiologen etc. auch, etwas mehr Ahnung von Mathematik zu haben, als Herr Prof. Streeck.
Und wie die Realität stand heute zeigt, war Merkels Warnung keine Panikmache, sondern eine wohldosierte Warnung, die man als sehr optimistisch einordnen müsste. Sie hatte als Kanzlerin gute politische Gründe, die Anzahl der Neuinfektionen nicht zu dramatisieren. Obwohl ich sicher bin, dass ihr schon damals klar war, daß ihre Prognose sowohl hinsichtlich des Tempos als auch der Steigerungen von Neuinfektionen viel zu niedrig angesetzt war.
Was hätte es erst für einen Aufschrei gegeben, um nicht zu sagen, den vogelzeigenden Finger am Kopf, hätte die Kanzlerin gesagt, daß Deutschland Ende Oktober bei 19.000 Neuinfektionen sein werde, wenn sich das sorglose Verhalten (von alt und jung) und die kontraproduktiven politischen Beschwichtigungsstimmen nicht der Realität der Mathematik stellen.
Prof. Hendrik Streeck, einer jener Experten, wie auch Herr Gassen mit seinen Gassenhauern, die sich öffentlich immer wieder gegen die Kanzlerin stellte, bezeichnete selbst 20.000 Neuinfektionen für jederzeit beherrschbar und nicht weiter schlimm. Entsprechend hält er Einschränkungen für nicht angebracht. Er erklärt nun allerdings in einem Interview in der SZ vom Wochenende, daß ihn der rasche Anstieg nun doch etwas überraschte. Er sogar freimütig zugab, sich auch in der Vergangenheit schon mit Einschätzungen geirrt zu haben, als er im Frühjahr z.B. das Tragen von Schutzmasken als sinnlos und für nicht angebracht hielt.
Was er dann aber revidierte, und mittlerweile auch aus wissenschaftlicher Sicht, für eine positive Schutzkomponente
im Kampf gegen dieses Virus ansieht.
Fakt ist, daß sich nicht nur die Neuinfektionen dramatisch erhöhen, sondern auch eindeutig eine Verschiebung der Altersstrukturen bei Neuinfizierten zeigt, wieder und leider hin in Richtung älterer Menschen. Und auch hier Merkels Warnungen vor einem Überlaufen der Klinikfälle keine Panikmache ist. Führende Intensivmediziner wie Prof. Kluge, Leiter der Intensivmedizin. Abteilung der Uniklinik Hamburg warnen ebenso wie Merkel, vor einer möglichen Überlastung des Gesundheitswesens.
Diese medizin. Experten müssen letztlich die Coronakrise für uns alle meistern. Auch über Belastungsgrenzen hinaus, genauso wie das Laborwesen oder niedergelassene Hausärzte. Sie alle halten die jetzt getroffenen Maßnahmen und Einschränkungen für eher noch zu schwach, ebenso für zu spät eingeleitet, auf alle Fälle für dringendst notwendig.
Das Positionspapier der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dessen Präsidenten Gassen, wurde von fast allen medizinischen Einzelfachverbänden scharf kritisiert und in wesentlichen Aussage zurückgewiesen. Man sei weder vorher informiert worden, noch zur eigenen, fachlichen Meinung und Einschätzung gefragt worden. Ein fragwürdiger Coup des Herrn Gassen, dessen dahinterstehende Motive - zumindest mir - unerklärlich und nebulös erscheinen. Sich die Frage aufdrängen könnte, ob Herr Gassen FDP-Mitglied ist?
Nach einer wissenschaftlichen Studie der Max Planck- Gesellschaft für Dynamik und Organisation wird sich die Zahl der Todesfälle in den ersten beidne Novemberwochen auf möglicherweise bis zu 600 coronaverursachtenTodesfälle - täglich - erhöhen.
Anhand der bereits geschehenen Zunahmen von Neuinfektionen bis heute. Man gibt ungefähr einen Zeitversatz von 14 Tagen an, mit dem die Zunahme der Todesfälle (und auch schwerer und langdauernder Intensivpatientenfälle) den Neuinfektionszahlen "hinterherlaufen". Exponentiell zunehmend, wohlgemerkt.
Realistisch wird die Zahl der Neuinfektionen noch weiter steigen. Der "lockdown light" beginnt ja erst ab morgen. Und die
R-Werte, sowohl der 7-Tage Wert als auch der Langzeit R-Wert sind deutlich über 1, meist sogar zunehmend statt unter 1 sinkend, was auf eine Verdoppelung in ca, 10 Tagen hinweist. Sofern der R-Wert etwa auf dem Niveau verharrt, was schon sehr positiv wäre, bedeutet das allerdings immer noch, dass wir Ende der kommenden Woche bei mind. 25.000 Neuinfektionen sein werden. Und Ende der übernächsten Woche bei ca. 32.000 -35.000 Neuinfektionen. Mit einer weiteren Verschiebung hin zu älteren Meschen, den sog. Hochrisikogruppen, die ab ca. 55 Jahren aufwärts angegeben werden.
Die Frage - auch an Virologen wie Herrn Prof. Streeck - wird also sein, wieviele Tote man sich leisten muss und wird? Oder dies ganz nach Trump'scher lesart shitegal ist. Einen lockdown jedenfalls rechtfertigen höhere Todesfallzahlen niemals. Wie in den USA, oder anderen europäischen Ländern wie FRA, ESP oder ITA oder UK.
Etwas Schwund ist halt immer...Man muss einfach der Realität der Natur ins Auge sehen, mit dem diese uns durch das Virus zeigt, dass eine durchschnittliche Lebenserwartung von 80 Jahren und mehr nichts ist, was dieser Planet der Menschheit garantiert. Von dieser Warte aus kann ich Herrn Streeck, Herrn Lindner und sogar Mr. Trump und all die Gegner von Einschränkungen wg. des Covid19-Virus und deren Sicht zumindest nachvollziehen. Verstehen muss ich es ja nicht. Oder sogar akzeptieren.
ironie-on:
Ein Umdenken, was krisensichere Arbeitsplätze angeht, kann auch nicht schaden. Die einzige Branche, die bisher wg. Covid-19 nicht jammerte, keine staatl. Unterstützung verlangte, auch von keinem Berufs"verbot" betroffen ist und war, sind die Bestattungsinstitute. Was spräche dagegen, wenn sich z.B. Bankangestellte umorientierten? - Die Branchen sind sich ja nicht ganz unähnlich. Beide befassen sich mit der Beerdigung von Existenzen.

ironie-off