tarkomed hat geschrieben:(23 Aug 2020, 16:10)
Naja, es ist nicht die Berliner Zeitung, sondern Milosz Matuschek, also derselbe Milosz Matuschek, der sich laut Wikipedia auch so äußern kann:
Im verlinkten Bericht ist mir jedoch besonders dieser Ausschnitt ins Auge gestochen:
Er meint also, diejenigen, die die Folgen des Rassismus von Geburt an zu ertragen haben, ohne irgendwas selbst verschuldet zu haben, sie sollen es ertragen, dass ihr Leben und ihre Existenz von vornherein beeinträchtigt blieben, nur damit andere ihren Rassismus ungestraft ausleben dürfen. Letztere haben jedoch eine bürgerliche Existenz aufbauen können, weil sie keiner rassistischen Diskriminierung ausgesetzt waren und ihnen alle Türen offenstanden. Wenn sie dann auch noch ihre privilegierte Position nutzen, um ihre niederen Instinkte auszuleben – denn Rassismus nährt sich von niederen Instinkten – dann müssen sie mit Ausgrenzung rechnen oder gar Gefährdung ihrer Existenz.
Das, was Alexis de Tocqueville vor 200 Jahren geschrieben hat, bezieht sich im Übrigen auf die Zeit von vor 200 Jahren. Dieses Ausgraben jahrhundertealter Texte, um seine Argumentation zu untermauern, deutet darauf hin, dass er nichts aktuelles, auf unsere Demokratie bezogenes, gefunden hat.
Ich habe weiter oben geschrieben, dass die Cancel Culture Aktivisten leicht als PR-Helfer umfunktioniert werden können für Autoren, die Bücher gegen Cancel Culture schreiben.
Es gibt jedoch auch den umgekehrten Fall: solche, die sich besonders engagiert gegen Cancel Culture einsetzen, sorgen auch dafür, dass das Thema Rassismus aktuell bleibt und ins Bewusstsein auch derjenigen Menschen gerufen wird, die sich bis dahin noch keine Gedanken über Rassismus und seine Folgen gemacht haben. Je mehr also manche User auch hier darüber schimpfen, dass beispielsweise plötzlich Straßennamen geändert werden sollen und über sonstige ähnliche Lappalien, umso mehr machen sie sich vielleicht zu PR-Helfern gegen Rassismus.
Nur weiter so, mal sehen, wer am Ende die Oberhand behält…
Matuschek hat geklaut oder zumindest abgekupfert, denn der Satz »Geben Sie Gedankenfreiheit« ist aus einem Werk von Schiller. Also, selbst wenn Matuschek nicht ganz der richtige Bote wäre, so hätte die Botschaft immer noch eine gewisse Bedeutung.
Die Besonderheit liegt vielleicht eher darin, dass der Nämliche sie explizit an die Linke richtet anstatt an die Rechte.
Ob Joanne Rowling tatsächlich meinte, man müsse von morgens bis abends mit Rassismus leben als sie sich über die Formulierung »Menschen, die menstruieren« lustig machte und konstatierte, es gäbe doch ein Wort dafür?
Die Einigung zwischen Dieter Nuhr und der DFG besagt u. a., dass ein miteinander reden besser sei als das Löschen - ist das nun PR für oder gegen Rassismus?
Schlußendlich weigert sich die Kabarettistin Lisa Eckhart, Witze zu erklären. Im Gegenteil, sie macht sich noch lustig darüber, wie man denn das Publikum für - so wörtlich - »strunzdumm« halten könne. Der Auftritt ist entsprechend von Polizeischutz begleitet. Auch hierbei stellt sich doch die Frage - ist das PR für oder gegen Rassismus?
Hat es überhaupt irgendetwas damit zu tun? Oder hat es nicht viel eher etwas mit identitätspolitischer Orthodoxie zu tun, die sich nicht um den Rechtsstaat schert, sondern ausschließlich an der eigenen Party interessiert ist? Beobachter beschreiben die Stornierungsbewegung unterschiedlich, das Motiv von Bestrafung und Macht scheint jedoch von primärer Bedeutung zu sein.