Ammianus hat geschrieben:(21 Aug 2020, 21:32)
So richtig clever geht es weder bei Demokratien noch sonstwo zu. Man denke nur an die Ausbürgerung Biermanns in den 70ern.
Naja. Meine persönliche Meinung ist, den Biermann hätten sie ruhig behalten dürfen. Aber davon abgesehen hast du recht, die Kreise, die das zog, das war insgesamt eher nicht von Vorteil für die da drüben. Da hat man ganze Schichten von der Regierung dauerhaft entfremdet.
Oder jetzt Weissrussland mit dem 80-Prozent-Schnauzbart. Aber es funktioniert immer eine Weile.
Ja. Man hätte ihm vermutlich einfach geglaubt, dass er unter den gegebenen Bedingungen 55% oder sowas macht. Die 80% hat wohl selbst unter seinen Parteigängern niemand für voll nehmen können. Aber da war er sich zu fein.
Ich würde mir als Russe es mehrfach überlegen, ob ich eine Führungsrolle in der Opposition einnehme. Zum Glück sind jetzt im Gegensatz zur Zeit der kommunistischen Herrschaft die Grenzen offen. Da ist es wie mit den jungen intelligenten und gebildeten Iraner. Man geht einfach ins Ausland. Würde ich auch machen. Bin kein Held.
Niemand muss ein Held sein. Vielleicht ist das auch der Grund, warum die uns vorliegenden "Helden" auch nicht so richtig zünden. Der Nawalnik macht jetzt seit Jahren in Opposition. Vielen ist er bis heute kein Begriff - da kann er wenig dran machen, Eigentümerstruktur der Medien, Behinderungen usw. Aber selbst unter denen, die ihn kennen ist er nach Erhebungen, die DW 2019 berichtete, eher nicht so der Bringer. Mal kommt er meganational daher, mal mehr liberal. Es wäre gut, wenn es neben ihm mehr Köpfe gäbe, die authentisch für jeweils einen bestimmten politischen Weg stehen würden - meinetwegen auch Kommunisten und Nationale und Religiöse wenn man unbedingt muss. Aber da kaum wer unbedingt muss und es gute Gründe gibt, nicht den Helden zu spielen, steht der nun wirklich abgenutzten und kritikablen Regierung Putin vor allem der gegenüber. Das ist ganz schlecht. Es verzögern sich notwendige Prozesse des Generationenübergangs und der Modernisierung und Neuorientierung. Ich kann Revoluzzer-Romantik fast noch weniger abgewinnen als dem Stillstand. Es ist mir lieber, wenn die Dinge ungehindert ihren friedlichen, unwiderstehlichen Weg gehen. Der Vergleich mit der verknöcherten Spät-DDR ist für Putin im Grunde viel schlimmer als der mit irgendwelchen frühsowjetischen Säuberungswellen. Wenn der Nawalnik jetzt wirklich stirbt, hat Russland viele neue Probleme.