Realist2014 hat geschrieben:(17 Jun 2020, 07:34)
Nein, das ist nicht der Fall.
Aber du kannst ja gerne mal versuchen mit den realen Zahlen- die ja öffentlich verfügbar sind- diese deine Behauptung zu untermauern
Individuelle Ansprüche wie Rente oder Arbeitsgeld können in diese Betrachtung natürlich nicht mit einbezogen werden.
Dann stell deine Rechnung mal auf....
Das ist wiederum korrekt. Das ergibt aber keine 1,2 Billionen Euro.
Mit den
heutigen Mitteln der Existenzsicherung ergäbe sich ein B
GE von ca 650 Euro plus 200 Euro KV.
Die 1,2 Billion wären für ein BGE in Höhe von 1500 Euro....
Das ist ncht zu finanzieren, außer man greift denen, die alles erwirtschaften , noch tiefer in die Tasche als heute ...
Ich weiß nicht, wie du genau auf die 650€ plus 200 Euro KV kommst. Das Existenzminimum im Steuerrecht liegt bei 9408€ - was 784€ im Monat entspricht. Die KV würde ich als Kopfpauschale wertmäßig auch mit 200€+x abschätzen - die 200€-Abschätzung ist schon ein wenig älter und dürfte inzwischen etwas (aber moderat) darüber liegen. Diese beiden Positionen zusammen dürften also aufgerundet etwa 1000€ im Monat entsprechen - im Jahr sind das 12.000€ - wenn man JEDEM Bürger dies in gleicher Höhe gewähren würde, wären wir bei angenommenen 83 Millionen Bürgern bei 996 Milliarden - also ungefähr bei der Billion. Da zum Existenzminimum auch im Steuerrecht - aber auch bei Hartz IV - regelmäßig noch ein paar weitere Goodies mit einbezogen werden (beispiel Haftpflichtversicherung wird bei Hartz IV übernommen bzw. im Steuerrecht als Pendant analog mit berücksichtigt - aber halt nur, wenn man eine hat...) ist der Betrag auch etwas höher anzusetzen als die reinen 784€ - so dass in Summe die Billion schon korrekt ist.
Berechtigterweise kann man sagen: Ja aber bei Kindern ist das ja viel weniger.....nur - wenn wir heute über Kinder nachdenken, dann gewährt der Staat eine Menge Zuschüsse, die auch keineswegs selbstverständlich sind. In einer BGE-Gesellschaft, in der Kinder auch die 1000€ im Monat bekämen, darf kann und muss man nochmals über so Themen wie kostenfreie Kindergärten und Schulen oder auch subventionierte Schwimmbäder u.ä. nachdenken. Ganz ohne Subventionen wird es nicht gehen - aber teilweise wird man die durch direkte Zuzahlungen ersetzen, wenn man Kindern ein gleichhohes BGE zugestehen will. Will man das aber nicht, sind die Summen halt auch niedriger.
Das ist eigentlich auch der Hauptaspekt um den es mir geht - auch 1,2 Billionen sind durchaus finanzierbar - wenn man im Gegenzug deutlich macht, aus welchen staatlichen Leistungen sich dann der Staat auch wieder zurückzieht. Heute subventioniert der Staat beispielsweise den Verkehr - und zwar sowohl den ÖPNV als auch die Straße - mit einem höheren Grundeinkommen könnte sich der Staat aus dieser Subvention zurückziehen, und mehr dem einzelnen Bürger überlassen. Dem stünde dann frei, ob er von seinem BGE in Straßennutzung investiert, oder eben in etwas anderes.
Ohne solche Ansätze zur Gegenfinanzierung ist der Rahmen für ein BGE ziemlich eng - weil ein BGE ja auch gesellschaftliche Akzeptanz in der Breite braucht. Und die wird ein BGE nur bekommen, wenn es nicht zu viele Verlierer einer entsprechenden Reform gibt.
Ich selbst bin klar ein Befürworter eines BGEs - weil ich ein BGE für einen konsequenteren und stringenteren Ansatz halte, wie man das Thema der Existenzgrundsicherung in einem modernen Staat organisieren kann. Den Kuddelmuddel und Mischmaschbetrieb den wir heute dabei rechtlich haben, halte ich für einen teure Katastrophe - die Verwaltungskosten für Hartz IV einerseits aber auch der nicht deckungsgleichen sondern nur ähnlichen Handhabung im Steuerrecht sind auch nicht zu unterschätzen und überfordern in der realistischen Einschätzung auch regelmäßig die meisten Bürger. Das ist schlecht, weil es wenig transparent ist.
Ich würde deshalb auch ein BGE über ein einheitliches Existenzgrundsicherungsgesetz einführen - welches aber Leistungsmäßig viele BGE-Befürworter enttäuschen würde. Denn bei den Leistungen würde ich mich recht nah an dem orientieren, was wir heute bei Hartz IV und/bzw. beim Steuerrecht haben. Vom Volumen her sind wir dann, wenn wir die KV mit berücksichtigen, etwa bei insgesamt eher 750 Mrd. Euro je Jahr - weil ich nicht sofort damit beginnen würde, Kinder wirklich gleich zu behandeln.
Ich sehe große Vorteile in einem einheitlichen Existenzgrundsicherungsgesetz - als eigenständige Säule im Bereich der sozialen Sicherung, die auch wesentliche Teile des heutigen sozialen Sicherungssystems übernimmt. Dass dann recht schnell eine 3/4 Billion finanziell auf dem Tablett liegt, schreckt mich wenig, weil es bei weiten Teilen einer solchen Reform um Rechte Tasche/Linke Tasche geht - sich also wenig verändert. In den Details aber ändert sich doch einiges - weil wir heute beispielsweise unterschiedliche rechtliche Behandlungen des Existenzminimums im Steuerrecht und bei Hartz IV haben, wenn es um Ehepaare geht - oder auch wenn man über die Thematik der Grundsicherung bei Kindern nachdenkt, die in Form von Kindergeld und Kinderfreibetrag alles andere als stringent organisiert ist - vor allem auch dann, wenn man noch die Behandlung von Kindern bei Hartz IV mit in die Betrachtung einbezieht. Was da heute passiert, halte ich für recht fragwürdig! Würde man das einheitlich in einem Existenzgrundsicherungsgesetz behandeln, sehe ich viele positive Aspekte darin.
Mit einem einheitlichen Existenzgrundsicherungsgesetz könnte man auch dramatisch die Schärfe aus der Rentenproblematik nehmen. Denn eigentlich dient heute bei Otto-Normalo oder Monika Mustermann wesentliche Teile der Rentenvorsorge nur der Existenzgrundsicherung - und weil das so ist, haben wir Gerechtigkeitsfragestellungen, wenn jemand über viele Jahre in die Rentenkasse einzahlt - aber nur zu wenig einzahlt - und dann nur eine Rente unterhalb der Grundsicherung bekommt. Dann tauchen eine Reihe an Gerechtigkeitsfragestellungen auf, die nicht trivial sind - beispielsweise die Fragestellung, warum jemand, der über 30 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt hat, bei niedrigen Einzahlungen gleich zu jemanden behandelt wird, der nie eingezahlt hat.....mit einem einheitlichen Existenzgrundsicherungsgesetz könnte man dies stringenter und konsequenter organisieren.
WEIL man dann einige Ungerechtigkeiten des derzeitigen Systems gnadenlos offenlegen würde, und diese dann auch wohl abstellen würde, würde dies auch etwas mehr unterm Strich kosten, als es heute kostet. Doch diese Mehrkosten belaufen sich im zweistelligen Milliardenbereich je Jahr an Zusatzkosten, die finanziert werden müssten. Wer auf das Steuersystem draufschaut, und dort nachvollzieht, welche Bevölkerungsgruppe sich wie stark an der Finanzierung unserer Gesellschaft beteiligt, findet auch da eine erstaunlich gute Gleichverteilung in Deutschland. Derzeit ist es vor allem die Gruppe der sehr Reichen und Superreichen, die moderat zu wenig zur Staatsfinanzierung beitragen. Dieser Gruppe kann man die Zusatzkosten für eine faire Organisation der Existenzgrundsicherung aber auch zumuten - insofern sehe ich durchaus eine realistische Chance, dass man eine Art BGE über ein Existenzgrundsicherungsgesetz für Alle einführen kann.
DIESE Variante enttäsucht sicherlich die meisten BGE-Befürworter, vor allem die, die von hohen BGEs träumen, um sich einen lauen Lenz machen zu können. Trotzdem ist es bisher die Variante, die mich am meisten begeistert und überzeugt - weil ich vor allem auch dem Status Quo im Sozialsystem recht kritisch gegenüberstehe und hier an vielen Stellen großen Reformbedarf sehe. Mit der Einführung eines Existenzgrundsicherungsgesetzes könnte man damit einen fundamentalen Einstieg in eine BGE-GEsellschaft organisieren - der dennoch weder unsere Bürger noch unseren Staat überfordern würde, der aber aufgrund des anderen Kernansatzes das Potential hat, Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft zu liefern.
Systemisch halte ich nichts davon, unser bestehendes Sozialsystem einfach unverändert weiter betreiben zu wollen - zu schwierig ist es, ohne grundlegende Reformen auf die anstehenden Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft innerhalb des bestehenden Systems zu reagieren.
Ich halte aus grundlegenden Überlegungen heraus hier BGE-Systeme und BGE-Ansätze für überlegen und zukunftsfähiger. Sie sind einfach stringenter und konsequenter organisierbar. Das spart auch hohe und unnötige Verwaltungskosten!
Doch aus den gleichen grundlegenden Überlegungen gebe ich auch überhöhten Vorstellungen von BGE-Puristen eine Absage - wer BGEs will, um das Schlaraffenland einzuführen, wird scheitern. Eine BGE-Gesellschaft wird im großen und ganzen nicht in der Breite das Schlaraffenland ermöglichen - sondern im Wesentlichen sich an dem leistungsmäßig orientieren, was wir auch heute schon als Gesellschaft bereit sind zu finanzieren.
Tatsächlich aber liegt diese Bereitschaft monetär in etwa bei Gesamtbeträgen die Wertmäßig 750 Mrd. bis 1 Billion entsprechen - weshalb ich prinzipiell Zahlen auch in dieser Höhe für beherrschbar halte - weil wir diese auch heute schon beherrschen.