Gibt es eine Ideologie, die man vollständig erreichen sollte (auch im Extrem)?
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Gibt es eine Ideologie, die man vollständig erreichen sollte (auch im Extrem)?
Beim Spazierengehen kam mir heute der Gedanke, dass es doch ein immer wieder gesehener Effekt ist, dass Menschen bestimmte Ideale betreffend in Extremismus abgleiten.
Das trifft für rechts- und linksextremistische Ideale ebenso zu wie für religiöse Vorstellungen. Sämtliche schlimmen Gräuel der vergangenen Jahrhunderte, ließen sich wohl auf religiösen oder politischen Fanatismus zurückführen. Seien es die Kreuzzüge, die Inquisition oder die Verbrechen des Nationalsozialismus oder sozialistischer/kommunistischer Verirrungen.
Automatisch kommt man zu dem Schluss, dass es in der Mitte wohl am besten sein muss - zumindest nicht im Extrem. Nur was ist eigentlich ein Extrem, oder gibt es vielleicht ein Ideal welches man als extrem gut und richtig sehen müsste?
Kann extrem demokratisch und pluralistisch auch negativ sein, oder ist es ein unschuldiges Ideal? Weniger schwierig ist es vielleicht sich beim Kapitalismus zu entscheiden, ob er immer "gut" ist. Wenn man es nicht so extrem mag, ist dann aber extrem "mittig" als gut zu bewerten, oder ist eine Konzentration auf Positionen des Ausgleichs, in sich wieder ein Extrem, welches zu vermeiden ist?
Ich habe eine Vorstellung davon welches Extrem ich anstrebe, aber ich möchte gerne auch andere Meinungen hören.
Edit: Thread Titel geändert. "Gibt es das ideale Ideal" war nicht eindeutig genug. Es geht um Ideologien, also um ein ganzes Bündel von Vorstellungen wie eine Gesellschaft organisiert sein sollte.
Das trifft für rechts- und linksextremistische Ideale ebenso zu wie für religiöse Vorstellungen. Sämtliche schlimmen Gräuel der vergangenen Jahrhunderte, ließen sich wohl auf religiösen oder politischen Fanatismus zurückführen. Seien es die Kreuzzüge, die Inquisition oder die Verbrechen des Nationalsozialismus oder sozialistischer/kommunistischer Verirrungen.
Automatisch kommt man zu dem Schluss, dass es in der Mitte wohl am besten sein muss - zumindest nicht im Extrem. Nur was ist eigentlich ein Extrem, oder gibt es vielleicht ein Ideal welches man als extrem gut und richtig sehen müsste?
Kann extrem demokratisch und pluralistisch auch negativ sein, oder ist es ein unschuldiges Ideal? Weniger schwierig ist es vielleicht sich beim Kapitalismus zu entscheiden, ob er immer "gut" ist. Wenn man es nicht so extrem mag, ist dann aber extrem "mittig" als gut zu bewerten, oder ist eine Konzentration auf Positionen des Ausgleichs, in sich wieder ein Extrem, welches zu vermeiden ist?
Ich habe eine Vorstellung davon welches Extrem ich anstrebe, aber ich möchte gerne auch andere Meinungen hören.
Edit: Thread Titel geändert. "Gibt es das ideale Ideal" war nicht eindeutig genug. Es geht um Ideologien, also um ein ganzes Bündel von Vorstellungen wie eine Gesellschaft organisiert sein sollte.
Zuletzt geändert von Skeptiker am Mittwoch 6. Mai 2020, 12:45, insgesamt 2-mal geändert.
Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Sorry Skeptiker, aber ein "ideales Ideal" ist ein Pleonasmus. 

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"It's God's job to judge the terrorists, it's our duty to arrange that meeting." (IDF)
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Ist mir wursch. Es geht darum, ob es überhaupt ein Ideal gibt, dessen Erreichung so erstrebenswert ist, dass man es vollständig erfüllt sehen möchte. Der Titel soll das ironisch überspitzen um es in Kurzform greifbar und interessant zu machen.Vongole hat geschrieben:(05 May 2020, 00:41)
Sorry Skeptiker, aber ein "ideales Ideal" ist ein Pleonasmus.
Also, gibt es ein Ideal, welches die Gesellschaft radikal umsetzen sollte und welches auch dann noch positiv ist, wenn man es vollständig erreicht?
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Mitte und Ausgleich. Das sind doch alles fernöstliche Ideale. Das "Reich der Mitte" ist seit jeher: China. Und das seit Jahrtausenden schon. Der Westen dagegen war schon immer für Extreme gut.
Im "Reich der Mitte" müssen sich alle dem "Gemeinwohl" unterordnen. Was das bedeutet, bestimmten früher die konfuzianisch geprägten Mandarine und der Kaiserpalast. Heute wiederum die Partei. Im Endeffekt hat sich da kaum etwas geändert. Nur dass das moderne China immer mehr zu einer totalen digitalen Diktatur wird. Alles im Sinne des "Gemeinwohls".
Als jemand, der in Europa geboren und aufgewachsen ist, ist mir dagegen so etwas ein Gräuel. Hier dagegen haben wir die Menschenrechte. Und Minderheitenschutz. Eine Diktatur der "Mehrheit" wird es nicht geben.
Die westliche Demokratie halte ich für besser. Hier kann sich jeder einzelne für seine eigenen egoistischen Interessen einsetzen. Egoismus statt Unterordnung. Der einzige Fehler ist: Wir brauchen mehr mündige Bürger anstatt unmündiger Konsumenten. Da versagt der Staat in puncto Erziehungsfragen und bei der Bildung kläglich. Im Sinne der Aufklärung müssten die Kinder, Jugendlichen und auch die Älteren dazu erzogen werden, ihre Interessen zwar egoistisch, aber reif zu äußern. Aber die großen Parteien haben daran kein Interesse. Diese wollen nur unmündige Untertanen, die auf jeden Fall nur ebendiese großen Parteien wählen. Und am Ende machen die Parteien dennoch, was die Lobbyisten beispielsweise der Autoindustrie ihnen einflüstern. Und anstatt eine Vermögenssteuer einzuführen, die ihren Namen verdient, werden die Interessen der vielen kleinen Leute verraten. Wahrscheinlich hätten wir eine völlig andere Parteienlandschaft, wenn die Leute egoistisch, aber reif und intelligent wählen würden. Trotzdem möchte ich sagen: Im Westen ist nicht der Egoismus selbst das Problem, sondern der Punkt, dass die großen Egoisten alles kriegen, während die vielen kleinen Egoisten sich über den Tisch ziehen lassen. Auch wenn es aussieht, als ob wir hier eine Diktatur der großen Konzerne und ihrer Interessen hätten, müsste hier das Interesse der Mehrheit mehr in den Focus gerückt werden. Aber dazu müsste diese Mehrheit auch den Allerwertesten hochkriegen, sich reif informieren und anders wählen bzw. andere Parteien gründen.
Ich hoffe, klar gemacht zu haben, was ich kritisiere: In China herrscht eine Diktatur des Gemeinwohls, der sich jeder unterordnen muss. Hier im Westen haben wir ein Haifischbecken, in dem die wenigen großen Fische bzw. Haie alles bekommen, während die Mehrheit quasi gefressen wird. Die einfachen Bürger in der Masse müssten jedoch den Hintern hochkriegen, um sich ihre Interessen gegenüber den großen Fischen durchzusetzen. Was wir also brauchen, ist eine Stärkung der Rechte der Mehrheit bei gleichzeitigem Schutz aller schwachen Minderheiten. Stattdessen werden die großen Haie gepampert. Und alle anderen müssen bluten. Was wir hierzulande brauchen, ist keine Diktatur der Mehrheitsmeinung bzw. der Mitte im Sinne des Gemeinwohls. Aber auch die Quasidiktatur der größten Haifische ist schlecht. Gut wäre es, wenn die egoistischen Interessen einer Mehrheit bei gleichzeitigem Minderheitenschutz von schwachen Individuen und Gruppen besser berücksichtigt würden.
Davon abgesehen, halte ich den Weg der Mitte nicht immer für richtig. Es heißt ja nicht von ungefähr: "In Zeiten der Not bringt der Mittelweg den Tod."
Im "Reich der Mitte" müssen sich alle dem "Gemeinwohl" unterordnen. Was das bedeutet, bestimmten früher die konfuzianisch geprägten Mandarine und der Kaiserpalast. Heute wiederum die Partei. Im Endeffekt hat sich da kaum etwas geändert. Nur dass das moderne China immer mehr zu einer totalen digitalen Diktatur wird. Alles im Sinne des "Gemeinwohls".
Als jemand, der in Europa geboren und aufgewachsen ist, ist mir dagegen so etwas ein Gräuel. Hier dagegen haben wir die Menschenrechte. Und Minderheitenschutz. Eine Diktatur der "Mehrheit" wird es nicht geben.
Die westliche Demokratie halte ich für besser. Hier kann sich jeder einzelne für seine eigenen egoistischen Interessen einsetzen. Egoismus statt Unterordnung. Der einzige Fehler ist: Wir brauchen mehr mündige Bürger anstatt unmündiger Konsumenten. Da versagt der Staat in puncto Erziehungsfragen und bei der Bildung kläglich. Im Sinne der Aufklärung müssten die Kinder, Jugendlichen und auch die Älteren dazu erzogen werden, ihre Interessen zwar egoistisch, aber reif zu äußern. Aber die großen Parteien haben daran kein Interesse. Diese wollen nur unmündige Untertanen, die auf jeden Fall nur ebendiese großen Parteien wählen. Und am Ende machen die Parteien dennoch, was die Lobbyisten beispielsweise der Autoindustrie ihnen einflüstern. Und anstatt eine Vermögenssteuer einzuführen, die ihren Namen verdient, werden die Interessen der vielen kleinen Leute verraten. Wahrscheinlich hätten wir eine völlig andere Parteienlandschaft, wenn die Leute egoistisch, aber reif und intelligent wählen würden. Trotzdem möchte ich sagen: Im Westen ist nicht der Egoismus selbst das Problem, sondern der Punkt, dass die großen Egoisten alles kriegen, während die vielen kleinen Egoisten sich über den Tisch ziehen lassen. Auch wenn es aussieht, als ob wir hier eine Diktatur der großen Konzerne und ihrer Interessen hätten, müsste hier das Interesse der Mehrheit mehr in den Focus gerückt werden. Aber dazu müsste diese Mehrheit auch den Allerwertesten hochkriegen, sich reif informieren und anders wählen bzw. andere Parteien gründen.
Ich hoffe, klar gemacht zu haben, was ich kritisiere: In China herrscht eine Diktatur des Gemeinwohls, der sich jeder unterordnen muss. Hier im Westen haben wir ein Haifischbecken, in dem die wenigen großen Fische bzw. Haie alles bekommen, während die Mehrheit quasi gefressen wird. Die einfachen Bürger in der Masse müssten jedoch den Hintern hochkriegen, um sich ihre Interessen gegenüber den großen Fischen durchzusetzen. Was wir also brauchen, ist eine Stärkung der Rechte der Mehrheit bei gleichzeitigem Schutz aller schwachen Minderheiten. Stattdessen werden die großen Haie gepampert. Und alle anderen müssen bluten. Was wir hierzulande brauchen, ist keine Diktatur der Mehrheitsmeinung bzw. der Mitte im Sinne des Gemeinwohls. Aber auch die Quasidiktatur der größten Haifische ist schlecht. Gut wäre es, wenn die egoistischen Interessen einer Mehrheit bei gleichzeitigem Minderheitenschutz von schwachen Individuen und Gruppen besser berücksichtigt würden.
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Ein Ideal wird glorifiziert, es ist nicht empfänglich für Kritik, die Idealisten verweigern sich einer ungetrübten Anschauung, bis hin zu völliger Verweigerung von Logik. Daraus schließe ich, dass man sich der Ideale entsagen sollte, oder meinetwegen eins anstreben, aber immer mit der sehr realen Möglichkeit im Hinterkopf, dass man doch falsch liegen könnte.
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Okay. Aber "Reich der Mitte" bezieht sich wohl eher auf die Vorstellung der Chinesen, sich in der Mitte der Welt zu befinden. Das war weniger als mentale Ortsbeschreibung gedacht - soweit ich das verstehe.Progressiver hat geschrieben:(05 May 2020, 23:25)
Mitte und Ausgleich. Das sind doch alles fernöstliche Ideale. Das "Reich der Mitte" ist seit jeher: China. Und das seit Jahrtausenden schon. Der Westen dagegen war schon immer für Extreme gut.
Im "Reich der Mitte" müssen sich alle dem "Gemeinwohl" unterordnen. Was das bedeutet, bestimmten früher die konfuzianisch geprägten Mandarine und der Kaiserpalast. Heute wiederum die Partei. Im Endeffekt hat sich da kaum etwas geändert. Nur dass das moderne China immer mehr zu einer totalen digitalen Diktatur wird. Alles im Sinne des "Gemeinwohls".
Als jemand, der in Europa geboren und aufgewachsen ist, ist mir dagegen so etwas ein Gräuel. Hier dagegen haben wir die Menschenrechte. Und Minderheitenschutz. Eine Diktatur der "Mehrheit" wird es nicht geben.
Die westliche Demokratie halte ich für besser. Hier kann sich jeder einzelne für seine eigenen egoistischen Interessen einsetzen. Egoismus statt Unterordnung. Der einzige Fehler ist: Wir brauchen mehr mündige Bürger anstatt unmündiger Konsumenten. Da versagt der Staat in puncto Erziehungsfragen und bei der Bildung kläglich. Im Sinne der Aufklärung müssten die Kinder, Jugendlichen und auch die Älteren dazu erzogen werden, ihre Interessen zwar egoistisch, aber reif zu äußern. Aber die großen Parteien haben daran kein Interesse. Diese wollen nur unmündige Untertanen, die auf jeden Fall nur ebendiese großen Parteien wählen. Und am Ende machen die Parteien dennoch, was die Lobbyisten beispielsweise der Autoindustrie ihnen einflüstern. Und anstatt eine Vermögenssteuer einzuführen, die ihren Namen verdient, werden die Interessen der vielen kleinen Leute verraten. Wahrscheinlich hätten wir eine völlig andere Parteienlandschaft, wenn die Leute egoistisch, aber reif und intelligent wählen würden. Trotzdem möchte ich sagen: Im Westen ist nicht der Egoismus selbst das Problem, sondern der Punkt, dass die großen Egoisten alles kriegen, während die vielen kleinen Egoisten sich über den Tisch ziehen lassen. Auch wenn es aussieht, als ob wir hier eine Diktatur der großen Konzerne und ihrer Interessen hätten, müsste hier das Interesse der Mehrheit mehr in den Focus gerückt werden. Aber dazu müsste diese Mehrheit auch den Allerwertesten hochkriegen, sich reif informieren und anders wählen bzw. andere Parteien gründen.
Ich hoffe, klar gemacht zu haben, was ich kritisiere: In China herrscht eine Diktatur des Gemeinwohls, der sich jeder unterordnen muss. Hier im Westen haben wir ein Haifischbecken, in dem die wenigen großen Fische bzw. Haie alles bekommen, während die Mehrheit quasi gefressen wird. Die einfachen Bürger in der Masse müssten jedoch den Hintern hochkriegen, um sich ihre Interessen gegenüber den großen Fischen durchzusetzen. Was wir also brauchen, ist eine Stärkung der Rechte der Mehrheit bei gleichzeitigem Schutz aller schwachen Minderheiten. Stattdessen werden die großen Haie gepampert. Und alle anderen müssen bluten. Was wir hierzulande brauchen, ist keine Diktatur der Mehrheitsmeinung bzw. der Mitte im Sinne des Gemeinwohls. Aber auch die Quasidiktatur der größten Haifische ist schlecht. Gut wäre es, wenn die egoistischen Interessen einer Mehrheit bei gleichzeitigem Minderheitenschutz von schwachen Individuen und Gruppen besser berücksichtigt würden.
Davon abgesehen, halte ich den Weg der Mitte nicht immer für richtig. Es heißt ja nicht von ungefähr: "In Zeiten der Not bringt der Mittelweg den Tod."
Deine Beschreibungen beziehen sich eher darauf, wie sich ideologisch geprägte Gesellschaften entwickelt haben. Je extremer man versucht hat das Ideal zu erreichen, umso schlimmer ist das üblicherweise ausgegengen. Alles bekannt.
Die Frage die ich habe geht allerdings in die Richtung zu überlegen, ob es bislang schlicht die falschen Ideologien waren, die man versucht hat zu erreichen, oder ob es schon von vornherein das falsche Prinzip ist das Ideal der Ideologie auch tatsächlich erreichen zu wollen.
Üblicherweise bildet sich z.B. eine Meinung aus den unterschiedlichsten Einflüssen der Ideologien. So ergibt sich in der Gesellschaft ein Spannungsfeld, dass immer einen Kompromiss darstellt. Personen oder Gesellschaften aber, die tatsächlich versuchen ein Ideal zu erreichen, müssen typischerweise radikale Einschnitte dort vornehmen, wo dieses Ideal mit den Idealen der anderen inkompatibel sind. Freiheit und Gleichheit sind solche Gegensätze, die sich im Extrem ausschließen.
Gibt es aber ein Ideal, bzw. eine Ideologie, die so formuliert auch bei extremer Anwendung positiv für die Gesellschaft wäre? Beispiel: Wäre eine christliche Gesellschaft eine bessere Gesellschaft? Oder eine maximal tolerante, oder ... ? Oder dient die Ideologie immer nur als Richtungsweiser, für den Weg zum Ziel, welches man um Gottes Willen aber niemals erreichen zu versuchen sollte?
Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Gibt es ein "zu human", wenn ich den Humanismus betrachte?Umetarek hat geschrieben:(06 May 2020, 08:56)
Ein Ideal wird glorifiziert, es ist nicht empfänglich für Kritik, die Idealisten verweigern sich einer ungetrübten Anschauung, bis hin zu völliger Verweigerung von Logik. Daraus schließe ich, dass man sich der Ideale entsagen sollte, oder meinetwegen eins anstreben, aber immer mit der sehr realen Möglichkeit im Hinterkopf, dass man doch falsch liegen könnte.
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Ich bin sicher, dass man auch diese Idee pervertieren kann. Leider.Skeptiker hat geschrieben:(06 May 2020, 09:22)
Gibt es ein "zu human", wenn ich den Humanismus betrachte?
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Ideal und Ideologie sind verschiedenes, sollten nicht verwechselt oder vermischt werden. Ersteres ist ein individuelle Kategorie, sozusagen für den Hausgebrauch. Das zweite bedingt eine Verbreitung in einer Gruppe, welche ihre Weltanschauung und Agieren einer Anzahl von Thesen unterordnet.Skeptiker hat geschrieben:(06 May 2020, 09:17)
Gibt es aber ein Ideal, bzw. eine Ideologie, die so formuliert auch bei extremer Anwendung positiv für die Gesellschaft wäre? Beispiel: Wäre eine christliche Gesellschaft eine bessere Gesellschaft? Oder eine maximal tolerante, oder ... ? Oder dient die Ideologie immer nur als Richtungsweiser, für den Weg zum Ziel, welches man um Gottes Willen aber niemals erreichen zu versuchen sollte?
I guess I should warn you, if I turn out to be particularly clear, you've probably misunderstood what I've said.
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Human ist das Adjektiv zu Humanität und nicht zu Humanismus.Skeptiker hat geschrieben:(06 May 2020, 09:22)
Gibt es ein "zu human", wenn ich den Humanismus betrachte?
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Dann ist Humanität der kategorische Imperativ zum Humanismus?3x schwarzer Kater hat geschrieben:(06 May 2020, 10:18)
Human ist das Adjektiv zu Humanität und nicht zu Humanismus.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
Den Falschen und den Unsrigen.
Aus den USA.
Den Falschen und den Unsrigen.
Aus den USA.
Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Allein die Frage nach dem idealen Ideal beinhaltet schon das Extreme, denn das Ideal ist bereits ein utopisches Vollkommenheitsmuster. Ein Ideal ist eine Vision die lediglich ein Ziel projizieren soll, um die Richtung eines Bestrebens anzuzeigen. Was sollte dann das ideale Ideal sein?Skeptiker hat geschrieben:(05 May 2020, 01:00)
Ist mir wursch. Es geht darum, ob es überhaupt ein Ideal gibt, dessen Erreichung so erstrebenswert ist, dass man es vollständig erfüllt sehen möchte. Der Titel soll das ironisch überspitzen um es in Kurzform greifbar und interessant zu machen.
Also, gibt es ein Ideal, welches die Gesellschaft radikal umsetzen sollte und welches auch dann noch positiv ist, wenn man es vollständig erreicht?
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Diesen Gedankengang solltest du etwas genauer erläutern.unity in diversity hat geschrieben:(06 May 2020, 10:29)
Dann ist Humanität der kategorische Imperativ zum Humanismus?
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Mir kam in etwa Gleiches in den Sinn. Dieser Problematik kann man sich ja nicht mit Werturteilen nähern, wie der Threadersteller das macht. Da begibt er sich ja schon sehr in genau das Denkmuster, das er eigentlich bemängelt.tarkomed hat geschrieben:(06 May 2020, 10:53)
Allein die Frage nach dem idealen Ideal beinhaltet schon das Extreme, denn das Ideal ist bereits ein utopisches Vollkommenheitsmuster. Ein Ideal ist eine Vision die lediglich ein Ziel projizieren soll, um die Richtung eines Bestrebens anzuzeigen. Was sollte dann das ideale Ideal sein?
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
In China gibt es die meisten Milliardäre...Progressiver hat geschrieben:(05 May 2020, 23:25)
Ich hoffe, klar gemacht zu haben, was ich kritisiere: In China herrscht eine Diktatur des Gemeinwohls, der sich jeder unterordnen muss. Hier im Westen haben wir ein Haifischbecken, in dem die wenigen großen Fische bzw. Haie alles bekommen, während die Mehrheit quasi gefressen wird. d."
In China herrscht Raubtierkapitalsimus - bei uns soziale Marktwitschaft.
Da stimmt schon die Ausgangsbasis des Vergleichs nicht.
Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Mich stört die Verknüpfung eines Vollkommenheitsmusters mit Extremismus und das sogar in gesteigerter Form, nämlich die vollkommene Vollkommenheit, obwohl bereits die Vollkommenheit utopisch und lediglich ein Ziel ist. Extremismus strebt keine Vollkommenheit an, sondern orientiert sich eher an totalitären Weltbildern.3x schwarzer Kater hat geschrieben:(06 May 2020, 11:05)
Mir kam in etwa Gleiches in den Sinn. Dieser Problematik kann man sich ja nicht mit Werturteilen nähern, wie der Threadersteller das macht. Da begibt er sich ja schon sehr in genau das Denkmuster, das er eigentlich bemängelt.
Gib dich nicht so, dass alle andern dich für etwas halten, was du nicht sein willst.
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Wobei man natürlich schon darüber was "Vollkommenheit" bedeutet trefflich streiten kann. Und selbst, wenn man sie definiert und gefunden haben zu scheint, man immer noch drüber nachdenken darf, ob man das tatsächlich willtarkomed hat geschrieben:(06 May 2020, 11:33)
Mich stört die Verknüpfung eines Vollkommenheitsmusters mit Extremismus und das sogar in gesteigerter Form, nämlich die vollkommene Vollkommenheit, obwohl bereits die Vollkommenheit utopisch und lediglich ein Ziel ist. Extremismus strebt keine Vollkommenheit an, sondern orientiert sich eher an totalitären Weltbildern.

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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Wenn man nicht mal an sich selbst den Anspruch stellen darf, vollkommen zu sein, dann sollte man auch keinen Anspruch auf eine vollkommene Welt stellen, denn dort wäre man nicht zuhause.3x schwarzer Kater hat geschrieben:(06 May 2020, 11:36)
Wobei man natürlich schon darüber was "Vollkommenheit" bedeutet trefflich streiten kann. Und selbst, wenn man sie definiert und gefunden haben zu scheint, man immer noch drüber nachdenken darf, ob man das tatsächlich will
Vollkommen kann man nur erst nach seinem Tod sein, denn ab dann kann man sich nicht mehr verbessern.

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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Ja, ich überlege den Thread umzubenennen um das etwas klarer zu machen.oga hat geschrieben:(06 May 2020, 09:38)
Ideal und Ideologie sind verschiedenes, sollten nicht verwechselt oder vermischt werden. Ersteres ist ein individuelle Kategorie, sozusagen für den Hausgebrauch. Das zweite bedingt eine Verbreitung in einer Gruppe, welche ihre Weltanschauung und Agieren einer Anzahl von Thesen unterordnet.
Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Korrekt. Dann frage ich mal "kann es ein zu humanistisch geben?".3x schwarzer Kater hat geschrieben:(06 May 2020, 10:18)
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Kommt darauf an, aus wessen Sicht. Die des Individuums, oder die der Gemeinschaft.Skeptiker hat geschrieben:(05 May 2020, 01:00)
Ist mir wursch. Es geht darum, ob es überhaupt ein Ideal gibt, dessen Erreichung so erstrebenswert ist, dass man es vollständig erfüllt sehen möchte.
Wenn die Gemeinschaft/Gesellschaft einen Konsens findet. Nur gibt es halt verschiedene Gesellschaften mit unterschiedlicher Sozialisierung und Prägung. Entsprechend wirkt sich das auf gemeinsame Ideale/Idealismus aus. "Ideales Ideal" definiere ich für mich als "Konsens".Also, gibt es ein Ideal, welches die Gesellschaft radikal umsetzen sollte und welches auch dann noch positiv ist, wenn man es vollständig erreicht?
Statt "ideales Ideal" fände ich es wichtiger, eine gemeinsame Ethik zu finden. Im Zuge der Globalisierung ist eine solche leider auch global nötig.
Aber ob im Kleinen (Individuum) oder im Großen (Gesellschaft/Weltgesellschaft) stehen dem doch meist eigene Interessen entgegen.
Will heißen. So lange der Mensch nicht fähig ist das Wohl der Gemeinschaft über das eigene Wohl zu setzen, wird das niemals gelingen.
Maximal eine Einigung auf minimale, gemeinsame Statuten. Bestes Beispiel ist doch die EU, dass nichts funktioniert

In der Schweiz ist das anders. Aber auch Volksabstimmungen und mündige Bürger bringen mitunter unreife Entscheidungen hervor. Das Volk entscheidet hauptsächlich emotional. In parlamentarischen Prozessen kann dies abgemildert werden.Progressiver hat geschrieben: Die westliche Demokratie halte ich für besser. Hier kann sich jeder einzelne für seine eigenen egoistischen Interessen einsetzen. Egoismus statt Unterordnung. Der einzige Fehler ist: Wir brauchen mehr mündige Bürger anstatt unmündiger Konsumenten. Da versagt der Staat in puncto Erziehungsfragen und bei der Bildung kläglich. Im Sinne der Aufklärung müssten die Kinder, Jugendlichen und auch die Älteren dazu erzogen werden, ihre Interessen zwar egoistisch, aber reif zu äußern. Aber die großen Parteien haben daran kein Interesse. Diese wollen nur unmündige Untertanen, die auf jeden Fall nur ebendiese großen Parteien wählen.
Im Grundansatz verstehe ich, was du meinst. Kann das auf mich bezogen aber nicht bestätigen. Es kommt immer darauf an, wie derjenige mit seinen Idealen umgeht. Ich z. B. habe einige Ideale. Dumm nur, dass ich sie manchmal nicht selbst einhalten kannUmetarek hat geschrieben:Ein Ideal wird glorifiziert, es ist nicht empfänglich für Kritik, die Idealisten verweigern sich einer ungetrübten Anschauung, bis hin zu völliger Verweigerung von Logik. Daraus schließe ich, dass man sich der Ideale entsagen sollte, oder meinetwegen eins anstreben, aber immer mit der sehr realen Möglichkeit im Hinterkopf, dass man doch falsch liegen könnte.

Auch bin ich anderen "Idealen", bzw. Sichtweisen offen gegenüber und bereit, mich mit Andersdenken auseinander zu setzen und meine Anschauung zu hinterfragen.
Ideale sind doch letztlich immer ein Entwicklungsprozess. Denn Gesellschaften ändern sich. Damit auch ihre Ideale. In den 70-er gab es den § 175. Schwule wurden bestraft, inzwischen dürfen sie Kinder adoptieren, oder Genehmigungspflicht durch den Ehemann, wenn Frauen arbeiten wollten, Wahlrecht.... Es gibt noch mehr Beispiele in der jüngeren Geschichte. Und das ist gut so!
Von so her sind gemeinsame/gesellschaftliche Ideale wichtig und dienen als Orientierung und geben uns eine "Ordnung". Sie müssen aber im Fluss bleiben. Sonst bleibt man stehen, alles erstarrt und Weiterentwicklung ist nicht möglich.
Warum töten wir Menschen die Menschen töten, um den Menschen zu zeigen, dass Töten falsch ist?
Amnesty International.
Amnesty International.
Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Ich bin da durchaus bei dir, allerdings spiele ich mal des Teufels Advokat und frage dich: "Wie kann denn etwas zu human/humanistisch sein?". Ist dieses Ziel zu erreichen nicht "absolut gut"? Kann es da eine zweite Meinung dazu geben?Umetarek hat geschrieben:(06 May 2020, 09:25)
Ich bin sicher, dass man auch diese Idee pervertieren kann. Leider.
Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Hübsches FremdwortVongole hat geschrieben:(05 May 2020, 00:41)
Sorry Skeptiker, aber ein "ideales Ideal" ist ein Pleonasmus.

Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Ja, ich habe den Titel einfach angepasst, damit wir nicht über Begrifflichkeiten stolpern - die Hinweise waren ja korrekt.Selina hat geschrieben:(06 May 2020, 12:53)
Hübsches FremdwortNoch nie gehört. Ich kenne das eher als Tautologie. Scheint aber in etwa dasselbe zu sein. Und was den vorigen Thread-Titel anbelangt, den mit dem "idealen Ideal", den fand ich irgendwie origineller und treffender. Man kann Tautologien auch mit Absicht verwenden, um auf eine Sache mit besonderer stilistischer Verstärkung hinzuweisen oder um etwas zu ironisieren. Die jetzige Überschrift halte ich für eher nicht so anregend. Aber gut, das Thema, das dahintersteckt, ist schon interessant irgendwo.
Denkst Du denn es gäbe ein ideales Ideal? Haben wir also bislang nur noch nicht das richtige Ideal gefunden, oder ist es schon falsch nicht nur danach zu streben, sondern es ernsthaft und unbedingt erreichen zu wollen?
Re: Gibt es eine Ideologie, die man vollständig erreichen sollte (auch im Extrem)?
Meines Erachtens können das nur Ideale sein, die möglichst unabhängig von den konkreten Gegebenheiten dieser Welt sind und nur auf dem Freien Willen fußen.Skeptiker hat geschrieben:(05 May 2020, 00:27)
Beim Spazierengehen kam mir heute der Gedanke, dass es doch ein immer wieder gesehener Effekt ist, dass Menschen bestimmte Ideale betreffend in Extremismus abgleiten.
Das trifft für rechts- und linksextremistische Ideale ebenso zu wie für religiöse Vorstellungen. Sämtliche schlimmen Gräuel der vergangenen Jahrhunderte, ließen sich wohl auf religiösen oder politischen Fanatismus zurückführen. Seien es die Kreuzzüge, die Inquisition oder die Verbrechen des Nationalsozialismus oder sozialistischer/kommunistischer Verirrungen.
Automatisch kommt man zu dem Schluss, dass es in der Mitte wohl am besten sein muss - zumindest nicht im Extrem. Nur was ist eigentlich ein Extrem, oder gibt es vielleicht ein Ideal welches man als extrem gut und richtig sehen müsste?
Kann extrem demokratisch und pluralistisch auch negativ sein, oder ist es ein unschuldiges Ideal? Weniger schwierig ist es vielleicht sich beim Kapitalismus zu entscheiden, ob er immer "gut" ist. Wenn man es nicht so extrem mag, ist dann aber extrem "mittig" als gut zu bewerten, oder ist eine Konzentration auf Positionen des Ausgleichs, in sich wieder ein Extrem, welches zu vermeiden ist?
Ich habe eine Vorstellung davon welches Extrem ich anstrebe, aber ich möchte gerne auch andere Meinungen hören.
Kant hat das gründlich ausgearbeitet und so ist sein Kategorischer Imperativ entstanden: Möglichst so handeln, dass man ein allgemeines Gesetz daraus machen könnte - ohne dabei irgendwelche inhaltlichen Vorgaben des Handelns zu formulieren. Oder sein Sapere Aude, oder wie ich es formulieren würde, "genau hinsehen, selbständig denken".
Das ist fast immer richtig und anzustreben. Aber auch hier lassen sich Fälle konstruieren, wo solche Maximen, ins Extrem getrieben, fragwürdig werden können. Der Kategorische Imperativ würde es einem zum Beispiel bei penibler Auslegung verbieten, Gesetzeswidrigkeiten zugunsten eines wichtiger erscheinenden Ziels zu begehen - wie etwa, Straftaten von Verwandten/Freunden nicht der Polizei zu melden, oder aus Protest gegen den ÖR den Rundfunkbeitrag nicht mehr zu zahlen (

Der im Thread genannte Humanismus kann, ins Extreme getrieben, die eigene Verteidigung verhindern und dann fragwürdig werden.
Kurzum: Ich wage die Behauptung, dass es nicht das eine formulierbare Ideal geben kann, das nicht ins Extreme gezogen fragwürdig wird. Sondern, es gibt viele Ideale, die miteinander in Konkurrenz stehen und stehen müssen. Welche einem wichtig sind und wie man sie austariert, muss die freie Entscheidung jedes einzelnen bleiben. Sonst sind sie auch wenig wert.
History doesn't repeat itself, but it often rhymes (Twain). Unfortunately, we can't predict the rhyme.
Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Ich tu mich da immer schwer mit Begrifflichkeiten.Skeptiker hat geschrieben:(05 May 2020, 01:00)
Ist mir wursch. Es geht darum, ob es überhaupt ein Ideal gibt, dessen Erreichung so erstrebenswert ist, dass man es vollständig erfüllt sehen möchte. Der Titel soll das ironisch überspitzen um es in Kurzform greifbar und interessant zu machen.
Also, gibt es ein Ideal, welches die Gesellschaft radikal umsetzen sollte und welches auch dann noch positiv ist, wenn man es vollständig erreicht?
Ideal scheint mir unerreichbar aber anstrebenswert
Idealismus ist in meinem Verständnis positiv besetzt, aber mit Tendenz zur Naivität(?)Der Philosoph Paul Lorenzen bestimmt das Adjektiv ‚ideal‘ operativ als das Anstreben einer Norm, der man nicht vollständig (sondern nur angenähert) genügen kann. Dabei wird das Substantiv ‚Ideal‘ als Kriterium für das Maß der Annäherung verwendet
Im ethischen Idealismus wird davon ausgegangen, dass wir durch vernünftige, verlässliche und verbindliche Überlegungen unser Handeln begründen und regeln können und sollen. Im alltäglichen Sprachgebrauch kann ‚Idealismus‘ z. B. eine altruistische, selbstlose Haltung bezeichnen
Ideologie nehme ich in letzter Zeit immer mehr als negativ gefärbt wahr.
Zitate aus QuelleIn der Wissenssoziologie hat sich Ideologie hingegen als Bezeichnung für ausformulierte Leitbilder sozialer Gruppen oder Organisationen durchgesetzt, die zur Begründung und Rechtfertigung ihres Handelns dienen ...
Dann stellt sich mir auch noch die Frage, was passiert, wenn wir einen Idealzustand erreichen? Schluss Ende Aus? Oder gibt es dann neue Ideen, Ideale oder Idealismus oder Ideologie?
Im Laufe ihres steinernen Daseins nehmen sogar manche Denkmäler menschliche Züge an.
© Martin Gerhard Reisenberg
(1949 - 2023), Diplom-Bibliothekar und Autor
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Re: Gibt es eine Ideologie, die man vollständig erreichen sollte (auch im Extrem)?
Das Thema Ideologien halte ich für interessant. Ich würde das Ganze nur nicht auf die Extreme beschränken. Denn es gibt viele Leute, die bezeichnen sich selbst als links, würden sich aber strikt dagegen verwahren, gleichzeitig als linksextrem bezeichnet zu werden. Linkssein umfasst eine sehr breite Palette von Anschauungen und Zugehörigkeiten: Es gibt linke Grüne, linke Sozialdemokraten und linke Linke. Ich hab sogar auch schon CDU-Leute getroffen oder gehört, die auf ganz bestimmten Themenfeldern linke Positionen vertreten. Neben konservativen. Linksextrem zu sein, wie einige Connewitzer, ist noch mal etwas ganz anderes, eher etwas Marginales im Linkssein allgemein. Beim Rechts-Sein - ich sage eher beim Konservativ-Sein - ist es ähnlich. Viele Leute nennen sich "rechts", ohne mit Rechtsextremen in einen Topf geworfen werden zu wollen. Sie sind halt nur sehr konservativ und die Grenzen sind manchmal fließend. Hatten wir ja auch schon oft dieses Thema mit den "fließenden Grenzen".Skeptiker hat geschrieben:(05 May 2020, 00:27)
Beim Spazierengehen kam mir heute der Gedanke, dass es doch ein immer wieder gesehener Effekt ist, dass Menschen bestimmte Ideale betreffend in Extremismus abgleiten.
Das trifft für rechts- und linksextremistische Ideale ebenso zu wie für religiöse Vorstellungen. Sämtliche schlimmen Gräuel der vergangenen Jahrhunderte, ließen sich wohl auf religiösen oder politischen Fanatismus zurückführen. Seien es die Kreuzzüge, die Inquisition oder die Verbrechen des Nationalsozialismus oder sozialistischer/kommunistischer Verirrungen.
Automatisch kommt man zu dem Schluss, dass es in der Mitte wohl am besten sein muss - zumindest nicht im Extrem. Nur was ist eigentlich ein Extrem, oder gibt es vielleicht ein Ideal welches man als extrem gut und richtig sehen müsste?
Kann extrem demokratisch und pluralistisch auch negativ sein, oder ist es ein unschuldiges Ideal? Weniger schwierig ist es vielleicht sich beim Kapitalismus zu entscheiden, ob er immer "gut" ist. Wenn man es nicht so extrem mag, ist dann aber extrem "mittig" als gut zu bewerten, oder ist eine Konzentration auf Positionen des Ausgleichs, in sich wieder ein Extrem, welches zu vermeiden ist?
Ich habe eine Vorstellung davon welches Extrem ich anstrebe, aber ich möchte gerne auch andere Meinungen hören.
Edit: Thread Titel geändert. "Gibt es das ideale Ideal" war nicht eindeutig genug. Es geht um Ideologien, also um ein ganzes Bündel von Vorstellungen wie eine Gesellschaft organisiert sein sollte.
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Nein, es gibt kein "ideales Ideal". Finde ich zumindest. Das Leben ist so derartig differenziert, dass sich wohl jeder eine Menge Teilaspekte aus verschiedenen Idealvorstellungen zusammensucht und sich sein eigenes Wertesystem zusammenbaut. Wichtig ist es dabei, mit seinen eigenen Vorstellungen andere nicht zu verletzen, auszugrenzen und zu diffamieren. Ansonsten ist (fast) alles denkbar.Skeptiker hat geschrieben:(06 May 2020, 12:57)
Ja, ich habe den Titel einfach angepasst, damit wir nicht über Begrifflichkeiten stolpern - die Hinweise waren ja korrekt.
Denkst Du denn es gäbe ein ideales Ideal? Haben wir also bislang nur noch nicht das richtige Ideal gefunden, oder ist es schon falsch nicht nur danach zu streben, sondern es ernsthaft und unbedingt erreichen zu wollen?
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Bis auf das was nicht ins eigene Weltbild passt

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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Diesen Gedanken von dir, dass Ideale immer auch eine Entwicklung durchlaufen, finde ich besonders wichtig. Ideale sind nichts Statisches, nichts Unverrückbares, nichts Endliches. Und ich finde auch den anderen Gedanken von dir gut, nämlich, dass man im Austausch mit anderen bleiben sollte. Nur in diesem Austausch, im Miteinander, im Disput, im Zuhören kann man die Probe aufs Exempel machen, kann man sich auch mal korrigieren oder einfach bestätigt finden. Man kann immer dazu lernen und sich jederzeit korrigieren. Alles ist im Fluss, in der Bewegung, in der Entwicklung. Richtig.That's me hat geschrieben:(06 May 2020, 12:36)
Kommt darauf an, aus wessen Sicht. Die des Individuums, oder die der Gemeinschaft.
Wenn die Gemeinschaft/Gesellschaft einen Konsens findet. Nur gibt es halt verschiedene Gesellschaften mit unterschiedlicher Sozialisierung und Prägung. Entsprechend wirkt sich das auf gemeinsame Ideale/Idealismus aus. "Ideales Ideal" definiere ich für mich als "Konsens".
Statt "ideales Ideal" fände ich es wichtiger, eine gemeinsame Ethik zu finden. Im Zuge der Globalisierung ist eine solche leider auch global nötig.
Aber ob im Kleinen (Individuum) oder im Großen (Gesellschaft/Weltgesellschaft) stehen dem doch meist eigene Interessen entgegen.
Will heißen. So lange der Mensch nicht fähig ist das Wohl der Gemeinschaft über das eigene Wohl zu setzen, wird das niemals gelingen.
Maximal eine Einigung auf minimale, gemeinsame Statuten. Bestes Beispiel ist doch die EU, dass nichts funktioniert
In der Schweiz ist das anders. Aber auch Volksabstimmungen und mündige Bürger bringen mitunter unreife Entscheidungen hervor. Das Volk entscheidet hauptsächlich emotional. In parlamentarischen Prozessen kann dies abgemildert werden.
Im Grundansatz verstehe ich, was du meinst. Kann das auf mich bezogen aber nicht bestätigen. Es kommt immer darauf an, wie derjenige mit seinen Idealen umgeht. Ich z. B. habe einige Ideale. Dumm nur, dass ich sie manchmal nicht selbst einhalten kann
Auch bin ich anderen "Idealen", bzw. Sichtweisen offen gegenüber und bereit, mich mit Andersdenken auseinander zu setzen und meine Anschauung zu hinterfragen.
Ideale sind doch letztlich immer ein Entwicklungsprozess. Denn Gesellschaften ändern sich. Damit auch ihre Ideale. In den 70-er gab es den § 175. Schwule wurden bestraft, inzwischen dürfen sie Kinder adoptieren, oder Genehmigungspflicht durch den Ehemann, wenn Frauen arbeiten wollten, Wahlrecht.... Es gibt noch mehr Beispiele in der jüngeren Geschichte. Und das ist gut so!
Von so her sind gemeinsame/gesellschaftliche Ideale wichtig und dienen als Orientierung und geben uns eine "Ordnung". Sie müssen aber im Fluss bleiben. Sonst bleibt man stehen, alles erstarrt und Weiterentwicklung ist nicht möglich.
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Ich finde es schon ganz ok, dass man für sich selbst Menschenfeindlichkeit, Rassismus, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit aus seinem eigenen Weltbild ausschließt. Ja.3x schwarzer Kater hat geschrieben:(06 May 2020, 13:46)
Bis auf das was nicht ins eigene Weltbild passt
Deswegen schrieb ich ja auch wortwörtlich: Wichtig ist es dabei, mit seinen eigenen Vorstellungen andere nicht zu verletzen, auszugrenzen und zu diffamieren. Ansonsten ist (fast) alles denkbar.
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Re: Gibt es eine Ideologie, die man vollständig erreichen sollte (auch im Extrem)?
Wenn man versucht ein Ideal mit alle Mitteln durchzusetzen, dann erreicht man das Gegenteil. Menschen ticken halt nicht alle gleich.Skeptiker hat geschrieben:(05 May 2020, 00:27)
Beim Spazierengehen kam mir heute der Gedanke, dass es doch ein immer wieder gesehener Effekt ist, dass Menschen bestimmte Ideale betreffend in Extremismus abgleiten.
Das trifft für rechts- und linksextremistische Ideale ebenso zu wie für religiöse Vorstellungen. Sämtliche schlimmen Gräuel der vergangenen Jahrhunderte, ließen sich wohl auf religiösen oder politischen Fanatismus zurückführen. Seien es die Kreuzzüge, die Inquisition oder die Verbrechen des Nationalsozialismus oder sozialistischer/kommunistischer Verirrungen.
Automatisch kommt man zu dem Schluss, dass es in der Mitte wohl am besten sein muss - zumindest nicht im Extrem. Nur was ist eigentlich ein Extrem, oder gibt es vielleicht ein Ideal welches man als extrem gut und richtig sehen müsste?
Kann extrem demokratisch und pluralistisch auch negativ sein, oder ist es ein unschuldiges Ideal? Weniger schwierig ist es vielleicht sich beim Kapitalismus zu entscheiden, ob er immer "gut" ist. Wenn man es nicht so extrem mag, ist dann aber extrem "mittig" als gut zu bewerten, oder ist eine Konzentration auf Positionen des Ausgleichs, in sich wieder ein Extrem, welches zu vermeiden ist?
Ich habe eine Vorstellung davon welches Extrem ich anstrebe, aber ich möchte gerne auch andere Meinungen hören.
Edit: Thread Titel geändert. "Gibt es das ideale Ideal" war nicht eindeutig genug. Es geht um Ideologien, also um ein ganzes Bündel von Vorstellungen wie eine Gesellschaft organisiert sein sollte.
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Wenn du das aber nun machst, weil die Vorstellungen nun mal nicht mit deinen Werten übereinstimmen?Selina hat geschrieben:(06 May 2020, 13:51)
Wichtig ist es dabei, mit seinen eigenen Vorstellungen andere nicht zu verletzen, auszugrenzen und zu diffamieren.
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Re: Gibt es eine Ideologie, die man vollständig erreichen sollte (auch im Extrem)?
Letztlich geht es um die Totale. Ob es eben eine einzige gültige wahre Ansicht gibt oder geben sollte. Wenn man das vermeint, handelt man sich das Problem ein, wiederum einen totalen Anspruch zu erheben. Man erhebt total den Anspruch, dass man keine totale Ansprüche erheben sollte. Ein offensichtlicher performativer Selbstwiderspruch. Ein ähnliches Problem gibt es bspw. beim "kritischen Rationalismus" oder auch beim Relativismus, der letztlich auch auf sich selbst angewandt werden muss um den Selbstwiderspruch aufzuheben. Heraus kam dann ein pankritischer Rationalismus (Bartley).
Praktisch heißt das, dass man immer mit Positionen umgehen muss, die totale Ansprüche erheben. Aber in dem Moment, in dem man ihnen entgegentritt, zeigt man performativ, dass sie gar nicht total sind und sein können und nur einen Teil betreffen, ein partikulares Interesse. Das wird immer der Lauf der Welt sein. Es wird immer Alternativen, Gegenbewegungen, Protest geben. Und das ist gut so.
edit:
Faust kommt er mir dazu gerade in den Sinn als er beginnt die Bibel zu übersetzen:
Geschrieben steht: "Im Anfang war das Wort!"
Hier stock' ich schon! Wer hilft mir weiter fort? . . .
Mir hilft der Geist! Auf einmal seh' ich Rat
Und schreibe getrost: Im Anfang war die Tat!
Die Tat ist das Befreiende, Sinnstiftende und Teilende. Nur Teile können sich (relativ) zueinander bewegen. Das Totale ist tot und bewegungslos.
Praktisch heißt das, dass man immer mit Positionen umgehen muss, die totale Ansprüche erheben. Aber in dem Moment, in dem man ihnen entgegentritt, zeigt man performativ, dass sie gar nicht total sind und sein können und nur einen Teil betreffen, ein partikulares Interesse. Das wird immer der Lauf der Welt sein. Es wird immer Alternativen, Gegenbewegungen, Protest geben. Und das ist gut so.
edit:
Faust kommt er mir dazu gerade in den Sinn als er beginnt die Bibel zu übersetzen:
Geschrieben steht: "Im Anfang war das Wort!"
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Die Tat ist das Befreiende, Sinnstiftende und Teilende. Nur Teile können sich (relativ) zueinander bewegen. Das Totale ist tot und bewegungslos.
Zuletzt geändert von BlueMonday am Mittwoch 6. Mai 2020, 14:49, insgesamt 1-mal geändert.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
Re: Gibt es eine Ideologie, die man vollständig erreichen sollte (auch im Extrem)?
Von allen möglichen Formen des
XXX-ismus,
wäre doch der Idealismus an erträglichsten und ertragreichsten.
XXX-ismus,
wäre doch der Idealismus an erträglichsten und ertragreichsten.
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
-
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Aus meiner Sicht ein klares Ja!Skeptiker hat geschrieben:(06 May 2020, 12:04)
Korrekt. Dann frage ich mal "kann es ein zu humanistisch geben?".
Zu humanistische Menschen würden alles tun zum anderen zu helfen und ihre eigenen egoistischen Interessen völlig vernachlässigen.
Das würde die Inhaber dieser extremen Ideologie im besten Fall nur auslaugen und in den BurnOut treiben, im schlimmsten Fall würde sich jemand für andere Menschen ans Kreuz nageln lassen (Anspielung beabsichtigt).
Für mich muss eine Ideologie (oder ein Ideologiegemisch) genug evolutionäre Fitness beinhalten, so dass sie sich und ihren Träger nicht selbst zerstört. Sonst ist auch eine „gute“ Ideologie nur ein Strohfeuer, welches den Träger verbrennt..
Und schon sind wir beim Kritik am „Gutmenschen“ (die in den seltensten Fällen wirklich so extrem altruistisch sind, aber gerne den Anschein erwecken wollen).
Re: Gibt es eine Ideologie, die man vollständig erreichen sollte (auch im Extrem)?
Ab "edit" hundertprozentiger Zuspruch.BlueMonday hat geschrieben:(06 May 2020, 14:43)
Letztlich geht es um die Totale. Ob es eben eine einzige gültige wahre Ansicht gibt oder geben sollte. Wenn man das vermeint, handelt man sich das Problem ein, wiederum einen totalen Anspruch zu erheben. Man erhebt total den Anspruch, dass man keine totale Ansprüche erheben sollte. Ein offensichtlicher performativer Selbstwiderspruch. Ein ähnliches Problem gibt es bspw. beim "kritischen Rationalismus" oder auch beim Relativismus, der letztlich auch auf sich selbst angewandt werden muss um den Selbstwiderspruch aufzuheben. Heraus kam dann ein pankritischer Rationalismus (Bartley).
Praktisch heißt das, dass man immer mit Positionen umgehen muss, die totale Ansprüche erheben. Aber in dem Moment, in dem man ihnen entgegentritt, zeigt man performativ, dass sie gar nicht total sind und sein können und nur einen Teil betreffen, ein partikulares Interesse. Das wird immer der Lauf der Welt sein. Es wird immer Alternativen, Gegenbewegungen, Protest geben. Und das ist gut so.
edit:
Faust kommt er mir dazu gerade in den Sinn als er beginnt die Bibel zu übersetzen:
Geschrieben steht: "Im Anfang war das Wort!"
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Und schreibe getrost: Im Anfang war die Tat!
Die Tat ist das Befreiende, Sinnstiftende und Teilende. Nur Teile können sich (relativ) zueinander bewegen. Das Totale ist tot und bewegungslos.
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Ich verletze andere nicht mit meinen philosophischen und politischen Auffassungen. Wenn es so wäre, wäre mir das dann in meinem langen Leben mit hunderten von Begegnungen und Gesprächen schon mal signalisiert worden.3x schwarzer Kater hat geschrieben:(06 May 2020, 14:16)
Wenn du das aber nun machst, weil die Vorstellungen nun mal nicht mit deinen Werten übereinstimmen?
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Nun, das ideale Ideal wäre halt das Ziel, welches man nicht nur anstreben sollte, sondern ein Ziel, welches man ernsthaft versuchen sollte zu erreichen.tarkomed hat geschrieben:(06 May 2020, 10:53)
Allein die Frage nach dem idealen Ideal beinhaltet schon das Extreme, denn das Ideal ist bereits ein utopisches Vollkommenheitsmuster. Ein Ideal ist eine Vision die lediglich ein Ziel projizieren soll, um die Richtung eines Bestrebens anzuzeigen. Was sollte dann das ideale Ideal sein?
Es geht um den Unterschied zwischen z.B. ernsthaftem Bestreben etwas genau so umzusetzen (Alle Menschen sind gleich, alle Leute um mich herum sind weiß und deutsch, alle Menschen sind gut, ...), oder es als Meinungspol in einer Welt voller Meinungspole ohne jeweiligen Anspruch auf Wahrhaftigkeit zu verstehen.
Dabei muss man es allerdings auch aushalten können die eigenen Ideale den selben Regeln zu unterwerfen. Es ist leicht mit dem Finger auf Fundamentalreligiöse, Kommunisten oder Faschisten zu zeigen und deren Fehler zu erkennen. Viel größer ist die Erkenntnis, wenn man sich vergegenwärtigt, dass auch sicher als „gut“ verortete Ideale wie Pluralismus, Toleranz, ja sogar Gleichberechtigung keine absoluten Werte sind (z.B. in mancher Corona Thematik erkennbar).
Um es gleich vorwegzunehmen, natürlich sehe auch ich die genannten Werte als gut und richtig an. Ich denke allerdings, dass viele Menschen heute auf eine Art und Weise Argumentieren, als würden sie bestimmte Ideale nicht nur als richtig ansehen, sondern als wenn es gelten würde eine Welt außerhalb ihrer eigenen Ideale für illegitim zu erklären.
Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Nein, Pluralismus, Toleranz, Gleichberechtigung sind keine absoluten Werte, wie du schreibst. Sehe ich auch so. Sie entwickeln sich innerhalb eines ganzen Wertegefüges, im Rahmen gesellschaftlichen Interagierens, im Zusammenhang mit Normvorstellungen. Was aber meinst du genau, wenn du sagst, viele Menschen würden so argumentieren, als erklärten sie die "Welt außerhalb ihrer eigenen Ideale für illegitim"? Hast du dafür ein konkretes Beispiel?Skeptiker hat geschrieben:(06 May 2020, 18:00)
Nun, das ideale Ideal wäre halt das Ziel, welches man nicht nur anstreben sollte, sondern ein Ziel, welches man ernsthaft versuchen sollte zu erreichen.
Es geht um den Unterschied zwischen z.B. ernsthaftem Bestreben etwas genau so umzusetzen (Alle Menschen sind gleich, alle Leute um mich herum sind weiß und deutsch, alle Menschen sind gut, ...), oder es als Meinungspol in einer Welt voller Meinungspole ohne jeweiligen Anspruch auf Wahrhaftigkeit zu verstehen.
Dabei muss man es allerdings auch aushalten können die eigenen Ideale den selben Regeln zu unterwerfen. Es ist leicht mit dem Finger auf Fundamentalreligiöse, Kommunisten oder Faschisten zu zeigen und deren Fehler zu erkennen. Viel größer ist die Erkenntnis, wenn man sich vergegenwärtigt, dass auch sicher als „gut“ verortete Ideale wie Pluralismus, Toleranz, ja sogar Gleichberechtigung keine absoluten Werte sind (z.B. in mancher Corona Thematik erkennbar).
Um es gleich vorwegzunehmen, natürlich sehe auch ich die genannten Werte als gut und richtig an. Ich denke allerdings, dass viele Menschen heute auf eine Art und Weise Argumentieren, als würden sie bestimmte Ideale nicht nur als richtig ansehen, sondern als wenn es gelten würde eine Welt außerhalb ihrer eigenen Ideale für illegitim zu erklären.
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Da verwechselst du wohl Humanismus mit Altruismus. Kann passieren.watisdatdenn? hat geschrieben:(06 May 2020, 14:53)
Zu humanistische Menschen würden alles tun zum anderen zu helfen und ihre eigenen egoistischen Interessen völlig vernachlässigen.
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Wie wäre es mit den Störungen von Vorlesungen von Professoren oder Lesungen von Politikern? Da sind wohl Menschen der Meinung, ihr eigenes Ideal stände über den Rechten der anderen.Selina hat geschrieben:(06 May 2020, 18:25)
Nein, Pluralismus, Toleranz, Gleichberechtigung sind keine absoluten Werte, wie du schreibst. Sehe ich auch so. Sie entwickeln sich innerhalb eines ganzen Wertegefüges, im Rahmen gesellschaftlichen Interagierens, im Zusammenhang mit Normvorstellungen. Was aber meinst du genau, wenn du sagst, viele Menschen würden so argumentieren, als erklärten sie die "Welt außerhalb ihrer eigenen Ideale für illegitim"? Hast du dafür ein konkretes Beispiel?
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Den Utilitarismus (unsere Ethik) sollte man vollständig erreichen. Nur wie er jetzt genau erreicht werden kann ist teilweise unklar.
Das ist Kapitalismus:
Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Lucke ist Mitbegründer einer rechtsradikalen Partei, die es damals zur Gründung durchaus in Ansätzen auch schon war. Rechtsradikalität (bis hin zum Rechtsextremismus) ist wegen ihrer inhumanen ausgrenzenden Denkungsart nicht gerne gesehen in den meisten Hörsälen. Das ist auch gut so. Denn wozu geschichtsrevisionistische, nationalistische und rassistische Parteien in der Lage sind, kennen wir aus der Geschichte. Da sagen sich humanistisch gebildete Studenten halt: Nee, nicht schon wieder. Was Thomas de Maizière anbelangt, den hätte ich dagegen locker reden lassen. Solche Sichtweisen kann man sich anhören und dann im Disput seine Meinung dazu sagen.Skeptiker hat geschrieben:(06 May 2020, 19:25)
Wie wäre es mit den Störungen von Vorlesungen von Professoren oder Lesungen von Politikern? Da sind wohl Menschen der Meinung, ihr eigenes Ideal stände über den Rechten der anderen.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Du wolltest von mir ein Beispiel genannt bekommen. Du musst dich nicht gleich zum Teil des Beispiels machen.Selina hat geschrieben:(06 May 2020, 19:33)
Lucke ist Mitbegründer einer rechtsradikalen Partei, die es damals zur Gründung durchaus in Ansätzen auch schon war. Rechtsradikalität (bis hin zum Rechtsextremismus) ist wegen ihrer inhumanen ausgrenzenden Denkungsart nicht gerne gesehen in den meisten Hörsälen. Das ist auch gut so. Denn wozu geschichtsrevisionistische, nationalistische und rassistische Parteien in der Lage sind, kennen wir aus der Geschichte. Da sagen sich humanistisch gebildete Studenten halt: Nee, nicht schon wieder.
Hat man aber nicht. Ganz richtig, hätte man tun sollen, auch bei Lucke. Das ist im Kern das gleiche.Was Thomas de Maizière anbelangt, den hätte ich dagegen locker reden lassen. Solche Sichtweisen kann man sich anhören und dann im Disput seine Meinung dazu sagen.
Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Nein. Da liegen Welten zwischen den Beiden.Skeptiker hat geschrieben:(06 May 2020, 19:45)
Du wolltest von mir ein Beispiel genannt bekommen. Du musst dich nicht gleich zum Teil des Beispiels machen.
Hat man aber nicht. Ganz richtig, hätte man tun sollen, auch bei Lucke. Das ist im Kern das gleiche.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Bei dieser Argumentationsweise fällt mir dann immer "Milch" ein.Selina hat geschrieben:(06 May 2020, 19:33)
Lucke ist Mitbegründer einer rechtsradikalen Partei, die es damals zur Gründung durchaus in Ansätzen auch schon war. Rechtsradikalität (bis hin zum Rechtsextremismus) ist wegen ihrer inhumanen ausgrenzenden Denkungsart nicht gerne gesehen in den meisten Hörsälen. Das ist auch gut so. Denn wozu geschichtsrevisionistische, nationalistische und rassistische Parteien in der Lage sind, kennen wir aus der Geschichte. Da sagen sich humanistisch gebildete Studenten halt: Nee, nicht schon wieder. Was Thomas de Maizière anbelangt, den hätte ich dagegen locker reden lassen. Solche Sichtweisen kann man sich anhören und dann im Disput seine Meinung dazu sagen.
"Ich möchte an einem Ort sein, an dem es keine Politik gibt, keine Waffen, keine Religion."
Libanesin Anfang August 2020
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Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Tatsächlich? Welches Thema hatten denn die Veranstaltungen?
Das war allerdings eine Rhetorische Frage, weil es in beiden Fällen belanglos war. Es ging nicht um Themen, es ging darum Personen zum Schweigen zu bringen. Da liegen also keine Welten dazwischen.
Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Die AfD war anfangs keine rechtsradikale Partei. Es war ein eu-kritische Partei. Irgendwann hat sich halt der rechtsradikale Bodensatz durchgesetzt.Selina hat geschrieben:(06 May 2020, 19:33)
Lucke ist Mitbegründer einer rechtsradikalen Partei, die es damals zur Gründung durchaus in Ansätzen auch schon war. Rechtsradikalität (bis hin zum Rechtsextremismus) ist wegen ihrer inhumanen ausgrenzenden Denkungsart nicht gerne gesehen in den meisten Hörsälen. Das ist auch gut so. Denn wozu geschichtsrevisionistische, nationalistische und rassistische Parteien in der Lage sind, kennen wir aus der Geschichte. Da sagen sich humanistisch gebildete Studenten halt: Nee, nicht schon wieder. Was Thomas de Maizière anbelangt, den hätte ich dagegen locker reden lassen. Solche Sichtweisen kann man sich anhören und dann im Disput seine Meinung dazu sagen.
Re: Gibt es ein ideales Ideal?
Es wurde hier bereits darüber diskutiert, ob es sich bei deiner Formulierung um Pleonasmus oder Tautologie handelt. Aus meiner Sicht war sie weder noch. Wenn du vor einem Substantiv seine Adjektivform vorsetzt, dann kann es höchstens als ein Steigerungsversuch interpretiert werden, aber in diesem Fall ist das Substantiv nicht steigerungsfähig. Es ist, wie wenn du vollkommene Vollkommenheit geschrieben hättest, denn vollkommener als vollkommen gibt es nicht. Dieses gesteigerte Ideal dann mit Extremismus zu verknüpfen und mit allen möglichen Extremismus Varianten zu schmücken, das war mir dann zu viel und das ist es immer noch. Wenn du überall Meinungspole siehst, dann liegt es an dir und wenn du demokratische und pluralistische Einstellungen auch zu extremen Einstellungen dazuzählst, dann ist das für mich keine Basis für eine vernünftige Diskussion.Skeptiker hat geschrieben:(06 May 2020, 18:00)
Nun, das ideale Ideal wäre halt das Ziel, welches man nicht nur anstreben sollte, sondern ein Ziel, welches man ernsthaft versuchen sollte zu erreichen.
Es geht um den Unterschied zwischen z.B. ernsthaftem Bestreben etwas genau so umzusetzen (Alle Menschen sind gleich, alle Leute um mich herum sind weiß und deutsch, alle Menschen sind gut, ...), oder es als Meinungspol in einer Welt voller Meinungspole ohne jeweiligen Anspruch auf Wahrhaftigkeit zu verstehen.
Dabei muss man es allerdings auch aushalten können die eigenen Ideale den selben Regeln zu unterwerfen. Es ist leicht mit dem Finger auf Fundamentalreligiöse, Kommunisten oder Faschisten zu zeigen und deren Fehler zu erkennen. Viel größer ist die Erkenntnis, wenn man sich vergegenwärtigt, dass auch sicher als „gut“ verortete Ideale wie Pluralismus, Toleranz, ja sogar Gleichberechtigung keine absoluten Werte sind (z.B. in mancher Corona Thematik erkennbar).
Um es gleich vorwegzunehmen, natürlich sehe auch ich die genannten Werte als gut und richtig an. Ich denke allerdings, dass viele Menschen heute auf eine Art und Weise Argumentieren, als würden sie bestimmte Ideale nicht nur als richtig ansehen, sondern als wenn es gelten würde eine Welt außerhalb ihrer eigenen Ideale für illegitim zu erklären.
Auf diesen Beitrag werde ich vielleicht morgen dennoch näher eingehen, weil mir im Moment die Zeit fehlt.
Gib dich nicht so, dass alle andern dich für etwas halten, was du nicht sein willst.
Wenn sie es trotzdem tun, dann bist du es...
Wenn sie es trotzdem tun, dann bist du es...