Brainiac hat geschrieben:(28 Apr 2020, 22:25)
Die Unterteilung Hardware vs. Software ist aber meines Erachtens nicht trennscharf. Ein Computersystem speichert Informationen ab und verändert dadurch sein Verhalten, wodurch es lernen kann. Informationen werden auf einer marktgängigen Festplatte in der Regel unter Einsatz von Magnetismus dauerhaft gespeichert, also basierend auf der elektromagnetischen Wechselwirkung. Wo ist hier, vereinfacht gesprochen, der grundsätzliche Unterschied zu den chemischen Prozessen und Verbindungen, die im menschlichen Gehirn ablaufen und die ebenfalls auf der elektromagnetischen Wechselwirkung basieren?
Nehmen wir an, es gelingt, Neuronen komplett virtuell nachzubilden - mit ihren Eigenschaften und ihrem Verhalten. (Ich habe keine Ahnung, ob man evtl. schon so weit ist.) Dann können komplexe Systeme solcher virtuellen Neuronen analoge feste Verbindungen aufbauen, wie dies im menschlichen Gehirn geschieht, und diese auf welchem Speichermedium auch immer abspeichern. Und dadurch würde das System lernen.
Mag sein, dass es schneller zum Ziel führt, sich möglichst eng am menschlichen "Bauplan" eines Gehirns zu orientieren und somit Neuronen physisch, nicht nur virtuell, nachzubauen. Sicher bin ich mir da aber nicht. Meines Wissens steht die synthetische Biologie noch ganz am Anfang in ihren Versuchen, auch nur einzelne synthetische Zellen im Labor zu erzeugen, die mit den real vorkommenden organischen Zellen (incl. DNA, Stoffwechsel, Reizbarkeit etc.) vergleichbar wären, ohne nur eine grobe Kopie derselben zu sein. Somit kann es auch sein, dass es schneller zum Ziel führt, sich nicht zu sehr an der im Menschen vorkommenden "Hardware" zu orientieren.
Und nebenbei ist das auch eine Frage der eigentlichen Zielstellung von KI. Ist es denn ein Selbstzweck, menschliche Intelligenz zu reproduzieren? Was haben wir davon? Das Ziel sollte es doch wohl eher sein, virtuelle Systeme zu schaffen, die die Menschheit bei der Lösung schwieriger Herausforderungen bestmöglich unterstützen. Und Dinge tun können, die Menschen nicht können - beispielsweise Komplexitätsstufen zu beherrschen, die Menschen grundsätzlich überfordern. Dazu sollte man sich vielleicht gerade nicht zu sehr am Menschen orientieren, denn von letzteren gibt es ja schon ein paar.
Seit man die Enzyme kennt,
die eine pluripotente oder omnipotente Stammzelle zu einem bestimmten Zelltyp spezifiziert,
ist die syntethische Biologie einen großen Schritt vorangekommen.
Noch vor drei Jahren war es immer ein Zufallstreffer, oder man spezifizierte sie mit äußeren Reizen,
wie Stößen auf die Petrischale, wenn man eine Knorpelzelle möchte.
Die Maus hat nicht weniger DNA-Abschnitte, wenn es um das Gehrin geht, als der Mensch.
Bei der Maus steht da einfach sinngemäß 2 Gramm und beim Menschen 1,4 Kg.
Draunter steht dann in Klammer: freier Verwendungszweck.
Ähnlich, wie die komplizierte Bälkchenstruktur in den Knochen sich erst durch die Belastung bilden,
ähnlich sind es im Gehirn sich gegenseitig hemmened und sich gegenseitig verstärkende Signale,
welche so komplexe Strukturen wie den Homunkulus entstehen lassen.
Ankommende Nervenreize von naheliegenden Körperregionen werden fast gleichzeig gereizt,
und somit im Hirn auch nahebeiander im sensiblen Feld gruppiert.
Ähnlich verhält es sich auch mit dem Sehzetrum.
Zur Frage nach dem Sinn kann ich selbst keine klare Antwort geben.
Eine mögliche Antwort hat JosefG gerade gegeben.
Aber schau mal, unsere Computer haben selbst jetzt noch nicht die Fähigkeiten,
ein Bild so gut zu interpretieren, wie es ein 3-Jähriges Kind kann.
Sie erkennen nicht den Unterschied, wo Menschen mit Spaß im Meer baden,
oder vor einer Tsunami-Welle flüchten.
Autonome verantwortungsvolle Tätigkeiten würde ich einem heutigen System noch nicht übertragen.
Sie benötigen noch wesentlich mehr Empathie.
Alles dies sind Gründe, aus denene sie uns durchaus ähnlicher werden sollten.
Ja, nun kommt sicherlich der Einwand weshalb überhaupt Verantwortung auf EDV-Systeme übertragen.
Aber das lässt sich nicht mehr umkehren, Algorythmem bestimmen schon längst mehr in unserer Welt,
als uns das bewusst ist. Möge ihnen dafür hoffentlich ein humanistisches Denken beschert werden.