DogStar hat geschrieben:(16 Apr 2020, 13:28)
Ohne Lockerungen soll die Ansteckungsrate ja inzwischen bei ~ 1 gelegen haben. Was mich wundert, weil die Infiziertenzahl ja (angeblich) zurückgeht. Mit den neuen Lockerungen, das sagt die Logik, wird die Rate wieder bei >1 liegen. Was dann früher oder später das Gesundheitssystem überlastet.
Gut - wie schon gesagt, man möchte sicherlich ausprobieren, welche Dinge gehen und welche eben nicht. Trotzdem dürfte klar sein, dass wir uns keine Lockerungen in einem Umfang werden leisten können, die es unserer Wirtschaft erlauben, weiter wie gewohnt zu funktionieren. Ich frage mich, ob man in verantwortlichen Kreisen bereits Alternativen diskutiert, die der Bevölkerung eine Grundversorgung ermöglichen ... wäre gut, wenn dem so wäre - sowas muss ja von langer Hand geplant werden, wenn es funktionieren soll ...
Gibt`s dazu schon irgendwelche Erkenntnisse? Oder traut man sich das nichtmal zu denken ...
Der Erfolg unseres Lockdown ist aus strategischer Sicht sehr ambivalent. Die Infektionsrate Rt ist eindeutig gesunken und wohl unter 1, aber auch nicht so niedrig, dass wir wüssten: Wir kommen so sehr schnell auf einige Dutzend Neuinfektionen pro Tag. Gleichzeitig sind die Erfolge der Eindämmungsstrategien im Ausland nicht ganz so klar, wie das zunächst scheint. Wenn man mal von Südkorea absieht, hat es bisher kein Land geschafft mit solch relativ "lockeren" Maßnahmen Rt unter 1 zu bringen. Der anfängliche Erfolg in Singapur relativiert sich im Zuge der jüngeren Entwicklungen.
Bei der gestrigen Pressekonferenz ist die Bundeskanzlerin der langfristigen Strategie ein wenig ausgewichen, ohne dass das allen aufgefallen wäre. Ein R > 1 muss verhindert werden, das hat sie zurecht klar gestellt, es scheint aber noch unklar, ob man jetzt langfristig auf R = 1 (sehr langsame Durchseuchung) oder R < 1 setzt (Supression). Man muss sich aber für eine Seite entscheiden. Denn: Nur wenn Herdenimmunität erreicht ist ODER Supression herrscht, kann man z.B. mit den Enkeln Oma und Opa besuchen. NICHT aber, wenn wir 1,5 Jahre zwischen den beiden Strategien hin und her wechseln mit jederzeit Zehntausenden Infizierten. Gleichzeitig bleibt auch die Frage: Was ist mit unseren Nachbarstaaten, oder dem weiteren Ausland? Was passiert, wenn Staat A auf Supression setzt und Staat B auf "Herdenimmunisierung". Dann werden Grenzen zwangsläufig für längere Zeit geschlossen bleiben.
Meiner persönlichen Meinung nach bleibt die Strategie "langsame Durchseuchung" nach wie vor nicht zu verantworten. Die Informationslage dazu ist noch wie vor zu dünn, die Risiken und der Erfolg der Strategie kaum abzuschätzen.