Unité 1 hat geschrieben:(09 Mar 2020, 23:10)
Das ist keine Begründung auf deine Behauptung, dass Erdogan genau diesen "Furor" gebraucht hätte. Lass uns doch mal bitte bei dieser Perspektive bleiben, welchen Nutzen Erdogan daraus ziehen könnte, wenn die EU die Grenzen öffnet. Ich sehe es so, dass das Erpressungspotential sich aus der Haltung bzw. dem kommunizierten Anspruch der EU ergibt, Hüterin der Menschenrechte zu sein, aus dem tatsächlichen Geschehen an der Außengrenze inkl. der entstandenen Bilder und des raus resultierenden offensichtlichen Widerspruchs. Das verschwindet, sobald die Grenzen öffnen.
Nach deiner Logik dürfte ein Geiselnehmer seine Geisel niemals mit der Waffe bedrohen, weil ja die Umsetzung seiner Androhung seinen Faustpfand zerstört. Dennoch tut er das natürlich, weil er ja durch die Drohung etwas erreichen möchte.
Eine Grenzöffnung würde in diesem Fall das Drohpotential nicht einmal vermindern, weil nach belieben Leute nachgeschickt werden können. Je stärker die Migrationsbewegung, umso größer der politische Konflikt in der EU, umso größer die Abhängigkeit der EU von Erdogan bei der Bewältigung des Problems.
Die moralische Erpressung die du oben schilderst ist übrigens nur ein Teilaspekt. Natürlich will man in Europa einen Standard wahren. Den Politikern ist allerdings der innere Friede im Lande wichtiger als der Heiligenschein. Die haben deutlich mehr Sorge vor Problemen durch Massenimmigration, als sie Sorge haben es könne jemand an der Grenze verletzt werden.
Dein letzter Punkt ist etwas beliebig. Soweit ich weiß, existiert eine Abriegelung im Süden der Türkei an der syrischen Grenze. Das Potential ist also begrenzt.
Wer riegelt die Grenze denn ab? Kleiner Tipp, derjenige kann sie auch wieder öffnen. Zudem ist Erdogan in Syrien aktiv.
Die meisten Leute die nun "rübergeschickt" werden sind übrigens Wirtschaftsflüchtlinge, die mit dem Syrienkonflikt nichts zu tun haben:
„Während es vor fünf Jahren vor allem Kriegsflüchtlinge aus Syrien waren, die sich über die griechische Grenze in Sicherheit brachten, sind es heute hauptsächlich Migranten, die aus wirtschaftlichen Gründen ihre Heimatländer verlassen haben“, sagte Avgerinos zu FOCUS Online. „Die übergroße Zahl kommt aus Afghanistan, gefolgt von Pakistan. Und es sind inzwischen auch sehr viele Afrikaner dabei – vor allem aus Äthiopien, Marokko und Algerien.“
https://www.focus.de/politik/ausland/sc ... 38162.html
Abgesehen davon, dass bei weitem nicht alle "rübermachen wollen", wer Jahre an einem Ort verbringt, der richtet sich dort ein. Im Übrigen sehe ich das anders, aber wie gesagt, ich würde gerne diskutieren, wo der Gewinn für Erdogan bei einer Grenzöffnung liegen sollte.
Wie oben geschrieben. Je größer das Problem, und das wird durch Grenzöffnung eben NICHT beseitigt, umso größer die Wichtigkeit von Erdogan. Er hat ein ganzes Bündel von Wünschen in Richtung EU.