Senexx hat geschrieben:(13 Feb 2020, 11:02)
Ich hätte dam mal eine Frage? Welches Problem haben Sie damit, anzuerkennen, dass die DDR ein Unrechtsstaat war? Ist das eine persönliche Sache?
Gegenfrage: Warum ist das überhaupt so wichtig für Sie, die DDR als "Unrechtsstaat" zu bezeichnen? Und um Ihre Worte zu gebrauchen: Eine "persönliche Sache"?
Wie gesagt, ich schließ mich Ramelow und Gysi an: Ja, es gab Unrecht; der Begriff "Unrechtsstaat" ist jedoch staatsrechtlich und geschichtlich nicht zu halten. Und ich selbst? Ich hab das hier schon gefühlte hundert Male erläutert: Meine Familie hatte selbst unter der SED und der DDR leiden müssen. Nach der Wende erhielt mein Vater von der PDS eine Rehabilitations-Urkunde als "Wiedergutmachung" für erlittenes Unrecht. Meine Kindheit und Jugend war geprägt von entsprechenden Restriktionen. Dennoch konnte ich Abitur machen und studieren. Vielleicht deshalb, weil ich zwar sehr kritisch war wegen meiner Vita und das auch jederzeit offen geäußert habe, ich aber dennoch keine ausgesprochene Gegnerin der DDR war. Ich wollte nie rüber in den Westen "abhauen", ich empfand den Kapitalismus a la BRD nie als echte Alternative. Und: Nein, ich war kein "Kader" und auch nicht begünstigt aufgrund irgendeiner herausragenden Stellung im System. Nichts von alledem. Im Gegenteil. Um so etwas zu verstehen, muss man die Ambivalenz dahinter verstehen. Das setzt schon ein wenig Wissen über die verschiedenen Phasen der DDR und etliche Erfahrungen voraus. Und man muss Widersprüche aushalten und in Widersprüchen denken können. Kein einziges menschliches Leben gleicht einem anderen Leben wie ein Ei dem anderen. Keine einzige Gesellschaft ist nur schlecht oder nur gut. Und niemals würde ich leugnen oder verharmlosen, was Stasi und SED mit den Menschen gemacht haben. Das wär ja auch völlig absurd, wo wir selbst etliches Schlimme unter deren Ägide erlebt haben. Ungute Geschichte. Und nochmal: Ja, es gab Unrecht, großes sogar. Aber der komplexe, alles umfassende Begriff "Unrechtsstaat" passt dennoch nicht.
Zitat:
Lothar de Maizière, letzter Ministerpräsident der DDR und Mitglied der CDU (DDR), bezeichnet die Vokabel „Unrechtsstaat“ als unglücklich, da der Begriff unterstelle, dass alles, was dort im Namen des Rechts geschehen ist, Unrecht gewesen sei.[27] Auch die Politikwissenschaftlerin Gesine Schwan lehnt die pauschalisierende Anwendung des Begriffs „Unrechtsstaat“ auf die DDR ab. Zwar sei die DDR kein Rechtsstaat gewesen, ihre einseitige Beschreibung als Unrechtsstaat stelle aber Arbeit und Leben sämtlicher ehemaliger DDR-Bürger unter einen moralischen Generalverdacht.[28]
https://de.wikipedia.org/wiki/Unrechtsstaat
Lothar de Maizière gehört der CDU an, Gesine Schwan der SPD.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz