tarkomed hat geschrieben:(10 Feb 2020, 12:48)
Eine Demokratisierung der AfD kann nur von der AfD selbst angestoßen werden, aber sie entwickelt sich seit ihrer Gründung nur in entgegengesetzter Richtung und solange es so ist, darf man sie auf keinen Fall mit politischen Ämtern betrauen. Das ist zumindest meine Hoffnung, die – wen wundert’s – deiner entgegensteht.
Der Witz ist, dass Lucke eigentlich gar nicht in dem Sinne von "mehr konservativ" von der Union enttäuscht war sondern im Sinne eines radikalen Wirtschaftsliberalismus eine Kritik an EU und Euro begann. Er war ja noch nicht mal, jedenfalls verstand er sich so nicht, ein EU-Gegner im klassischen Sinne. Seine AFD war ursprünglich mit dem Anspruch angetreten, "nichts rechts oder links" zu sein. Einige seiner frühen Mitstreiter hatten vielleicht ein unzureichendes, rein technokratisches Verständnis von Demokratie und Freiheitsrechten, aber sie waren keine Verfassungsgegner an sich.
Im Bemühen, zügig eine Basis aufzubauen, hat er sich dann Gauland und einige andere eingefangen, die irgendwelches Gepäck mit sich herumschleppten. Bei Gauland, Landesvorsitzender im vollkommen unwichtigen Brandenburg und als Zeitungsmann irgendwie honorig-vorzeigbar. Petry, die mit ihrem DDR-Knacks und ihrer strauchelnden Firma als Gattin eines Pfarrers auch nicht unbedingt rechtsradikal im eigentlichen Sinne anfing. Storch, deren undurchsichtiges Netzwerk auf libertären und radikalen Lobbyisten und Finanzvereinen irgendwo im Randbereich zwischen Union, FDP, Hayek-Gesellschaft und "altem Adel" kurios und schrullig, aber doch irgendwie nützlich für eine marktorientierte Korrekturbewegung zum Unionskurs aussah. Diese seltsame Truppe, mit der hätte man vielleicht wirklich irgendwie koalieren können, wenn es den konkreten Bedarf gegeben hätte - nur blieb ihr populistischer Kurs in Sachen Euro eine Minderheitenmeinung, die zwar interessant aber nicht zielführend und von der Mehrheit eben nicht gewollt war. Haften geblieben sind irgendwann die Enttäuschten, Versprengten und Rausgeworfenen aller Richtungen, die Spieler, Parteienfrikassierer, zunehmend eben auch die nicht bloß konservativen, die neurechten Netzwerke, karriereorientierte Personen aus dem Randbereich der NPD/REP usw. Im Lichte einer Anti-Partei und einer Sammlungsbewegung um das Eurothema wollte und konnte die Führung keine Grenzen setzen. Wer larmoyant über Tabus und Sprechverbote der "Altparteien" und "Systemmedien", diese Begriffe machten schnell die Runde, jammert, der kann eben schlecht die Tür zumachen, wo es ihm selbst zu bunt wird und gilt dann selbst als autoritär, wenn er es doch versucht.
Diese oben beschriebene Partei erkennt man heute nicht wieder. Von den Zauberlehrlingen der zweiten Reihe ist Petry irgendwann aus Selbstschutz gegangen, Storch wird als nützliche Idiotin geduldet und Gauland darf das leidlich noch vorzeigbare Präsidialmaskottchen spielen - zu dem Preis, dass er sich immer angestrengter einbilden muss, das gewollt zu haben, das er da schaffte und schafft. Mit dieser Formation ist kein koalieren - und sie gleitet immer weiter in den Bereich der prinzipiellen Gegnerschaft zu unserem demokratischen Rechtsstaat.