Kritikaster hat geschrieben:(07 Feb 2020, 10:01)
"Natürlich" ist es nicht, Faschist zu sein, aber, ja, Höcke ist einer, "auf einer überprüfbaren Tasachengrundlage beruhend".
Wie üblich macht es sich unsere Justiz auch in diesem Fall - glücklicherweise - noch nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Die aufmerksame Lektüre des folgenden Links kann auch hier durchaus kathartische Wirkung entfalten.
Denn der
"Beschluss im Verwaltungsstreitverfahren" stellt lediglich fest:
I.Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Auflage in Nr. I.1. des Bescheides der Antragsgegnerin vom 25.09.2019 („Die Bezeichnung Faschist ist im Rahmen der Versammlung untersagt.“) wird wiederhergestellt
In der Begründung des Entscheids setzt sich das Gericht - neben den üblichen Formalien - ausführlich mit dem Thema "Meinungsfreiheit" auseinander und kommt dabei zu sehr interessanten Feststellungen. Unter anderem:
vgme.thüringen hat geschrieben:Die Antragsgegnerin hat die Auflage damit begründet, das gewählte Kundgebungsthema sei strafrechtlich relevant als Beleidigung i.S.d. § 185 StGB. Hieran ist richtig, dass die Bezeichnung „Faschist“ ehrverletzenden Charakter haben kann. Der Begriff „Faschist" im heutigen politischen Sprachgebrauch hat die Bedeutung, dass damit der abwertende Vorwurf antidemokratischer, totalitärer, übersteigert nationalistischer und/oder militaristischer Neigungen und Verhaltensformen erhoben wird. ...Dem durch Art. 5 Abs. 1GG geschützten Grundrecht der Meinungsfreiheit kommt jedoch dann bestimmende Bedeutung zu, wenn - wie hier - Gesichtspunkte der öffentlichen Meinungsbildung eine Rolle spielen. Im politischen Meinungskampf sind übertreibende und verallgemeinernde Kennzeichnungen des Gegners ebenso hinzunehmen wie scharfe, drastische, taktlose und unhöfliche Formulierungen, die in der Hitze der Auseinandersetzung ...als bloßes Vergreifen im Ton erscheinen. Was nach der gebotenen Güterabwägung im Sinne einer Angemessenheitsprüfung an negativer Kritik zulässig ist, hängt wesentlich davon ab, ob die in Frage stehenden Äußerungen im Rahmen einer geistigen Auseinandersetzung fallen, die die Allgemeinheit berührende Themen zum Gegenstand hat und daher im weitesten Sinne der öffentlichen Meinungsbildung dient. Dabei wird der Schutz der freien Meinungsäußerung umso mehr überwiegen, je mehr Gewicht den davon betroffenen Fragen für die Allgemeinheit zukommt und persönliche Belange in der Auseinandersetzung in den Hintergrund treten (zum vorhergehenden vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 13. 05.1976, 2 Ss 215/75, MDR 1978, 421)...
Zu beachten ist hierbei indes, dass Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht nur sachlich-differenzierte Äu-ßerungen schützt, sondern gerade Kritik auch pointiert, polemisch und überspitzt erfolgen darf; insoweit liegt die Grenze zulässiger Meinungsäußerungen nicht schon da, wo eine polemische Zuspitzung für die Äußerung sachlicher Kritik nicht erforderlich ist (vgl. BVerfGE 82, 272 <283 f.>; 85, 1 <16>). ...
Damit hat die Antragstellerin in einem für den Prüfungsumfang im Eilverfahren und angesichts der Kürze der für die Entscheidung des Gerichts verbleibenden Zeit in ausreichendem Umfang glaubhaft gemacht, dass ihr Werturteil nicht aus der Luft gegriffen ist, sondern auf einer überprüfbaren Tatsachengrundlage beruht, dass es hier um eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Frage hinsichtlich eines an prominenter Stelle agierenden Politikers geht und damit die Auseinandersetzung in der Sache, und nicht - auch bei polemischer und überspitzter Kritik - die Diffamierung der Person im Vordergrund steht.
Ich finde die prinzipiellen Erwägungen des Gerichts zur Meinungsfreiheit wesentlich relevanter als die Frage, ob man Höcke nun als "Faschist" bezeichnen darf oder nicht. Insbesondere die Formulierung:
Im politischen Meinungskampf sind übertreibende und verallgemeinernde Kennzeichnungen des Gegners ebenso hinzunehmen wie scharfe, drastische, taktlose und unhöfliche Formulierungen, die in der Hitze der Auseinandersetzung ...als bloßes Vergreifen im Ton erscheinen.
dürfte die Abgrenzung zur gerade viralen "Hass"-Thematik nicht gerade erleichtern. Und überdies die Moderatoren in Diskussionsforen vor einige Probleme stellen, wenn sie ernstgenommen wird. Da hilft dann nur noch das "Hausrecht".

"Das gefährliche an der Dummheit ist, daß sie die dumm macht, die ihr begegnen." (Sokrates).