2019 erschien ein wichtiges Buch zum Thema: "Judenhass im Internet" der Kognitionswissenschaftlerin Monika Schwarz-Friesel. Die damit die Ergebnisse eines längeren DFG-gefördertern Projekts vorstellt. Wie zu befürchten, hat gerade auch in den verschiedenen Plattformen des Internets der Antisemitismus nicht nur zugenommen sondern eine gewisse Art beschränkter Selbstzensur mehr und mehr abgelegt.
In der Reihe "Hörsaal" gab es 2019 einen Vortrag von Schwarz-Friesel. Einige ihrer zentralen Thesen
- Judenhass ist bereits seit 2000 Jahren ein "konstituierendes Phantasma" aller Kulturen, die der ersten monotheistischen Religion folgten. Eine Konstante.
- Judenhass unterscheidet sich wesentlich von "Fremdenhass" und "Rassismus"
- Der "Israelisierung" des Judenhasses in jüngerer Zeit steht die Tatsache gegenüber, dass auch dieser JUdenhass sich an klassischen antijüdischen Stereotypen orientiert, die in den meisten Fällen nix mit der aktuellen politischen Situation im Nahen Osten zu tun haben. Es gibt keinen "Judenhass 2.0" sondern nach wie vor den, den es seit etwa 2000 jahren gibt.
- Im Unterschied zu Fremdenhass oder Rassismus entsteht Judenhass nicht aus einem äußerlichen Anlass oder als Folge der Übersteigerung negativer Einstellungen gegenüber realen Menschengruppen
Soweit ist das alles nachvollziehbar. Die Konstanz dieses Judenhasses geht aber - möglicherweise - so weit, dass nicht nur keine äußeren sondern auch keine "inneren" Anlässe für Judenhass nachweisbar sein können. Die Autorin ließ die Moderatorin des "Hörsaals" (
https://www.deutschlandfunknova.de/beit ... astisch-zu) denn auch am Ende in sichtlicher Verstörung zurück. Ihre Frage, ob Antisemitismusforscher denn Kriterien nennen können für die Wahrscheinlichkeit, ob ein Mensch zum Judenhasser wird, könne man grundsätzlich nicht beantworten. Ist das so? Gelten bekannte Thesen, wie etwa die, dass ein verdrängtes Unterlegenheitsgefühl oder andere psychologische oder soziale Defizite Ursachen oder zumindest Anlass für Judenhass sein können, nicht mehr? Kann der Judenhass nur konstatiert und bekämpft und nicht hinsichtlich seiner sozialpsychologischen Ursachen analysiert werden? Dann, so könnte man provokativ einwenden, bedürfte es eigentlich "nur" einer freien Presse, der Polizei, des Verfassungsschutzes und einer Art ziviler Achtsamkeit und keiner Antismeitismusforschung.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)