Abtreibungen mit Downsyndrom?

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Abtreibungen bei Kindern mit Downsyndrom?

Eher moralisch richtig (würde ich tun)
26
38%
Eher moralisch richtig (würde ich trotzdem nicht tun)
0
Keine Stimmen
Eher Unmoralisch (würde ich trotzdem tun)
10
15%
Eher Unmoralisch (würde ich nicht tun)
21
31%
Enthaltung
11
16%
 
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Misterfritz
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von Misterfritz »

Billie Holiday hat geschrieben:(11 Jan 2020, 10:42)

In der Theorie sagt sich alles so leicht.

Ich habe beruflich ab und an in zwei Förderschulen zu tun. Die Kinder mit Down Syndrom strahlen Lebensfreude und Wißbegierde aus.
Da gibt es aber andere geistige Einschränkungen, wo ich sagen muß, die Eltern tun mir von Herzen leid. Niemals wollte ich ein so geschädigtes Kind haben.
Und es kommt ja noch ein weiteres Problem hinzu:
Das Downsyndrom hat sehr viele Ausprägungen. Wir sehen oft im Fernsehen die Downer, die sehr wenige Einschränkungen haben. Das kann man aber mit so einem Test überhaupt nicht abklären, ob es nicht zu erheblich mehr Einschränkungen kommt.
Das Salz in der Suppe des Lebens ist nicht Selbstdisziplin, sondern kontrollierte Unvernunft ;)
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von lili »

JJazzGold hat geschrieben:(11 Jan 2020, 12:06)

Richtig, die Kassenfinanzierung des Bluttests ist durch. Ansonsten ist mir diesbezüglich keine neue politische Entscheidung in ein Gesetz gegossen bekannt.
Vielleicht könnten Sie verlinken, was Ihnen zuzüglich bekannt ist.

Das streite ich nicht ab. Ich meinte nur, dass es eine auführliche Diskussion gab. Gerade um die moralischen Aspekte.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von Stoner »

lili hat geschrieben:(11 Jan 2020, 11:39)

Es geht mir nicht um metaphyische Autoritäten, sondern um den Umgang mit Menschen die diverse Einschränkungen haben.

Das ist auch keine Sterbehilfe. Da derjenige selber entscheidet ob er sterben möchte. Da er z.B. starke Schmerzen hat und es nicht mehr aushält. Das hat aber nichts mit Pränataldiagnostik zu tun.
PID und PND oder haben nichts mit dem "Umgang mit Menschen die diverse Einschränkungen" zu tun, sondern es ist ein Umgang mit Embryonen und Föten. Und der Streit in der Ethik geht ja nun bekanntlich darum, welchen Status die haben - daher hatte ich auch den Begriff der Person oben ins Spiel gemacht. Um den wird nämlich gestritten, daran hängt vieles.

Dass die Abstimmung beim Down-Syndrom nicht eindeutiger ist, verwundert mich übrigens. Da ist mein Plädoyer, alle möglichen Test zuzulassen und auch zu bezahlen.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von Stoner »

odiug hat geschrieben:(11 Jan 2020, 12:09)

Nein ... weil ich der Moral ja irgendeine Autorität zuschreiben muss, wenn sie mich dazu bringen soll, entgegen meinen egoistischen Interesse zu handeln.
Und diese Autorität der Moral kann ich nicht in der Vernunft begründen.
Ergo bedarf es der Metaphysik, eines Verständnis des Ichs, der Welt, das sich jenseits des sinnlich Erfahrbaren befindet.
Was du meinst ist eine religiöse Autorität ... und wenn du willst, dass der Leser dich versteht, dann schreib auch verständlich und gaukle keine Kompetenz vor, indem du Fremdwörter benutzt, deren Bedeutung du nicht erfasst.
Wir könnten es statt mit einer Autorität beispielsweise auch mit Intersubjektivität versuchen. Und so ein "Ich" ist auch so eine Sache, Ihres ist ein ziemlich christlich konstruiertes Ding. Von Ansgar Beckermann gibt es schönen Satz: Es gibt kein Ich, es gibt nur mich.
Nein, ich meine schon metaphysische Autoritäten, es geht da nicht nur um Religion. Ihr komisches Ich, der Geist und solche Dinge.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von lili »

Bartleby hat geschrieben:(11 Jan 2020, 12:21)

PID und PND oder haben nichts mit dem "Umgang mit Menschen die diverse Einschränkungen" zu tun, sondern es ist ein Umgang mit Embryonen und Föten. Und der Streit in der Ethik geht ja nun bekanntlich darum, welchen Status die haben - daher hatte ich auch den Begriff der Person oben ins Spiel gemacht. Um den wird nämlich gestritten, daran hängt vieles.

Dass die Abstimmung beim Down-Syndrom nicht eindeutiger ist, verwundert mich übrigens. Da ist mein Plädoyer, alle möglichen Test zuzulassen und auch zu bezahlen.
Es hat aber gesellschaftliche Konsequenzen, weil die Gesellschaft schwache Menschen aussortieren wird. Mit solchen Maßnahmen wird es uns noch weiter schwer fallen: Menschen die anders sind als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu akzeptieren. An sich ist das moderne Technik mit reaktionärem Gedankengut.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von Stoner »

lili hat geschrieben:(11 Jan 2020, 12:33)

Es hat aber gesellschaftliche Konsequenzen, weil die Gesellschaft schwache Menschen aussortieren wird. Mit solchen Maßnahmen wird es uns noch weiter schwer fallen: Menschen die anders sind als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu akzeptieren. An sich ist das moderne Technik mit reaktionärem Gedankengut.
Dann wäre die ganze neoliberale Kultur, bei der man sich ständig hervor- oder abheben oder unterscheiden oder optimieren usw. usf. muss, ebenfalls reaktionäres Gedankengut, da die Verlierer des Bildungswahns bekanntlich auch "gefressen" werden.

Ich glaube, es hilft nicht weiter, an diesem Punkt wieder eine Rechts-Links-Debatte aufzuziehen. Sie würden für Ihre Position nämlich bei den radikalen Abtreibungsgegnern der Evangelikalen viel Zustimmung finden, weil auch so ein Kind der Wille Gottes ist. Lassen Sie uns diese Kategorien (reaktionär/progressiv) bitte vermeiden.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von lili »

Bartleby hat geschrieben:(11 Jan 2020, 12:40)

Dann wäre die ganze neoliberale Kultur, bei der man sich ständig hervor- oder abheben oder unterscheiden oder optimieren usw. usf. muss, ebenfalls reaktionäres Gedankengut, da die Verlierer des Bildungswahns bekanntlich auch "gefressen" werden.

Ich glaube, es hilft nicht weiter, an diesem Punkt wieder eine Rechts-Links-Debatte aufzuziehen. Sie würden für Ihre Position nämlich bei den radikalen Abtreibungsgegnern der Evangelikalen viel Zustimmung finden, weil auch so ein Kind der Wille Gottes ist. Lassen Sie uns diese Kategorien (reaktionär/progressiv) bitte vermeiden.
Ich kann es gerne vermeiden, allerdings stimme ich dem orbigen Absatz zu.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von BenJohn »

Umetarek hat geschrieben:(11 Jan 2020, 11:17)

Abgetrieben wurde schon immer, ich sehe nicht, dass das zu weiteren Schritten geführt hat.
In Zeiten als ohne Bedenken abgetrieben wurde, waren alte und kranke Menschen auch nicht viel wert.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von Umetarek »

BenJohn hat geschrieben:(11 Jan 2020, 12:51)

In Zeiten als ohne Bedenken abgetrieben wurde, waren alte und kranke Menschen auch nicht viel wert.
Wann wurde ohne Bedenken abgetrieben? Das wird wohl in den seltensten Fällen so sein.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von BenJohn »

Umetarek hat geschrieben:(11 Jan 2020, 13:11)

Wann wurde ohne Bedenken abgetrieben? Das wird wohl in den seltensten Fällen so sein.
Als es die christliche Moral noch nicht gab.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von Dark Angel »

lili hat geschrieben:(11 Jan 2020, 10:25)

Sie müssen differenzieren zwischen grundsätzliche Abtreibung die sich auf jedes Kind bezieht (Egal ob mit oder ohne Einschränkungen) oder eine Technik die jegliche Form von Einschränkung aufdeckt. Für mich hat es nichts mit individuelle Freiheit zu tun, da es auch gesellschaftliche Faktoren beeinhaltet. Die Frage wäre z.B.: Wie gehen wir mit Menschen um die diverse
Einschränkungen haben?
Entscheiden zu können, ob man ein behindertes Kind auf die Welt bringen und alle (persönlichen) Einschränkungen und Belastungen auf sich nehmen will, die damit verbunden sind, IST individuelle Freiheit und NUR individuelle Freiheit, die mit gesellschaftlichen Faktoren nicht das Geringste zu tun hat.
JEDER Frau muss die Möglichkeit eingeräumt werden, sich entsprechen zu entscheiden, wenn die technischen Voraussetzungen gegeben sind. Prämataldiagnostik bietet diese tehnischen Voraussetzungen!
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von Stoner »

JJazzGold hat geschrieben:(11 Jan 2020, 11:39)

Zum Glück wurde ich nie vor diese gravierende Entscheidung gestellt, die reichlich Überlegung und Absprache mit dem Partner erfordert. Aber hätte ich diese Entscheidung treffen müssen, gehe ich davon aus, dass ich mich für eine Abtreibung entschieden hätte, was ich nach wie vor als mein persönliches Recht betrachte.
Der letzte Punkt ist in Fragen der Ethik aber ein Zusatzpunkt: Das "Recht" der (werdenden) Mutter/Eltern. Das ist, so vermute ich, aber beim User lili nicht der ausschlaggebende Punkt. Sondern er beruft sich, wenn auch noch auf Umwegen, auf die Frage der Menschenwürde, an der letztlich die Betrachtung aller Folgen von PND und PID hängt. lili, so nehme ich an, sucht für seine Ethik einen Gedanken über Menschenwürde, den Michael Quante in "Menschenwürde und personale Autonomie" aus drei unterschiedlichen PID-feindlichen Ansätzen von Kollek, Schockenhoff und Stocker so zusammenfasst:
Menschenwürde schließt die Selektion menschlichen Lebens aufgrund einer Lebensqualitätsbewertung, die sich an Gesundheit und Krankheit orientiert, aus. Der Grund dafür ist, daß eine solche Lebensqualitätsbewertung entweder generell mit der Menschenwürde (aller Menschen) oder des betroffenen Embryos oder mit der von bestimmten Gruppen (potentiell) behinderter Menschen unvereinbar ist. (a.a.O. S. 55)
Denke ich jedenfalls mal, und das stünde dann wiederum zur Debatte im Falle der Schwangerschaftsabbrüche beim Down-Syndrom. Feststellen anhand der Rechtslage kann man aber, dass das Recht der Mutter hier höher bewertet wird als die Menschenwürde des Ungeborenen.
Zuletzt geändert von Stoner am Samstag 11. Januar 2020, 13:39, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von Umetarek »

BenJohn hat geschrieben:(11 Jan 2020, 13:14)

Als es die christliche Moral noch nicht gab.
Ach Quark.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von Stoner »

Dark Angel hat geschrieben:(11 Jan 2020, 13:35)

Entscheiden zu können, ob man ein behindertes Kind auf die Welt bringen und alle (persönlichen) Einschränkungen und Belastungen auf sich nehmen will, die damit verbunden sind, IST individuelle Freiheit und NUR individuelle Freiheit, die mit gesellschaftlichen Faktoren nicht das Geringste zu tun hat.
JEDER Frau muss die Möglichkeit eingeräumt werden, sich entsprechen zu entscheiden, wenn die technischen Voraussetzungen gegeben sind. Prämataldiagnostik bietet diese tehnischen Voraussetzungen!
Das, mit Verlaub, ist nun auch wieder ziemlich einseitig und falsch obendrein. Außer Sie würden dann auch dem Abbruch bis zum letzten Tag zustimmen, und müssten dann noch erklären, warum ein schwerstbehindertes Neugeborenes (weil vielleicht nicht alle Untersuchungen gemacht wurden) nicht auch getötet werden dürfte. Das sind normativen Frage, und normative Fragen verweisen auf den gesellschaftlichen Zusammenhang, gesellschaftliche Faktoren. Wie der Begriff der "individuellen Freiheit" auch. Also bitte auch einmal ein bisschen nachdenken vorm Ideologisieren in diesem Falle. ;)
Zuletzt geändert von Stoner am Samstag 11. Januar 2020, 14:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von Dark Angel »

lili hat geschrieben:(11 Jan 2020, 10:49)

Ich kritisiere hauptsächlich die Pränataldiagnostik und ich finde es unmoralisch.
Was ist wohl unmoralischer - schon in einem relativ frühem Stadium der Schwangerschaft Behinderungen, Fehlentwicklungen und/oder Organschäden zu erkennen und diese ggf mit entsprechenden Medikamenten und/oder durch Einleiten einer Frühgeburt mit anschließendem invasiven Eingriff (Operation) beheben zu können oder den Tod von Frau und Ungeborenem billigend in Kauf zu nehmen?
Dazu mal ein ganz persönliches Beispiel:
Als meine Tochter ihr erstes Kind erwartete, wurde mittels Pränataldiagnostik festgestellt, dass bei dem Fetus eine (mögliche) Fehlentwicklung vorliegt. Sie konnte sich für eine Abtreibung oder die Fortsetzung der Schwangerschaft entscheiden.
Sie entschied sich GEGEN eine Abtreibung! Daraufhin wurde ihr mitgeteilt, dass sie in diesem Fall die Schwangerschaft nicht austragen könne und eine Frühgeburt eingeleitet werden müsse. Sie bekam Medikamente, die die Entwicklung der Lunge beschleunigten, musste im Abstand von zwei Wochen für jeweils 24 Stunden zu Untersuchungen ins Krankenhaus und die letzten 8 Wochen bis zur Einleitung der Frühgeburt stationär, mit strenger Bettruhe.
Dennoch kam es zu Komplikationen, die einen Notkaiserschnitt erforderten - in erster Linie um IHR Leben zu retten.
Das Kind überlebte, die Diagnose lautete Krebs. Das Neugeborene wurde operiert - OP dauerte 8 Stunden - anschließend Chemotherapie und 8 Wochen Inkubator, danach weitere 8 Wochen intensivmedizinische Betreuung.
In den ersten 5 Jahren halbjährlich MRT-Untersuchungen und vierteljählich Sonographie, danach 1mal jährlich MRT und halbjährlich Sonographie. Erst jetzt - nach 10 Jahren - gilt mein Enkel als geheilt.

OHNE die Möglichkeit der Pränataldiagnostik wäre meine Tochten im 7. Monat ihrer Schwangerschaft gestorben!
Wäre der Verzicht auf Pränataldiagnostik etwa moralischer gewesen?
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von Stoner »

Umetarek hat geschrieben:(11 Jan 2020, 13:39)

Ach Quark.
Richtig. Denn im Mittelalter war der Embryo sowieso erst nach 40 Tagen (m) oder 80 Tagen (w) beseelt, entsprechend war das auch noch kein Mensch. Heute ist schon ein Prä-Embryo aufgrund der Potenzialität, ein Mensch zu werden, nach christlichem Willen geschützt.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von JJazzGold »

Bartleby hat geschrieben:(11 Jan 2020, 13:38)

Der letzte Punkt ist in Fragen der Ethik aber ein Zusatzpunkt: Das "Recht" der (werdenden) Mutter/Eltern. Das ist, so vermute ich, aber beim User lili nicht der ausschlaggebende Punkt. Sondern er beruft sich, wenn auch noch auf Umwegen, auf die Frage der Menschenwürde, an der letztlich die Betrachtung aller Folgen von PND und PID hängt. lili, so nehme ich an, sucht für seine Ethik einen Gedanken über Menschenwürde, den Michael Quante in "Menschenwürde und personale Autonomie" aus drei unterschiedlichen PID-feindlichen Ansätzen von Kollek, Schockenhoff und Stocker so zusammenfasst:



Denke ich jedenfalls mal, und das stünde dann wiederum zur Debatte im Falle der Schwangerschaftsabbrüche beim Down-Syndrom. Feststellen anhand der Rechtslage kann man aber, dass das Recht der Mutter hier höher bewertet wird als die Menschenwürde des Ungeborenen.
Eine künstlich etablierte Kollision von Menschenwürde. Da sich die Würde nicht aus der bloßen Existenz speist, sondern in erster Linie von den Begleitumständen der Existenz, kann eine Entscheidung nur von dem Verantwortlichen in Abwägung für die Würde beider Lebewesen getroffen werden und das ist nicht der Staat, nicht die Gesellschaft, nicht Lili, oder irgendein nicht verantwortlicher Dritter. Denn jeder externe Eingriff in die Verantwortung schmälert bis zur Unkenntlichkeit die Würde des Verantwortlichen, in erster Linie der Mutter, aber auch des Partners, so vorhanden.

Hier mit extern etablierter Moral zum Zweck des Zwangs zu argumentieren, zeigt die dekadenten Ausmaße umfassenden Wohlstands. Würde "die Gesellschaft" eingedampft auf einen Clan, sähe die anzusetzende Moral deutlich anders aus.

Ich grüble noch, ob ich meine Sichtweise in diesen kurzen Abschnitten verdeutlichen konnte. ;)
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von Dark Angel »

Bartleby hat geschrieben:(11 Jan 2020, 13:43)

Das, mit Verlaub, ist nun auch wieder ziemlich einseitig und falsch obendrein. Außer Sie würden dann auch dem Abbruch bis zum letzten Tag zustimmen, und müssten dann noch erklären, warum ein schwerstbehindertes Neugeborenes (weil vielleicht nicht alle Untersuchungen gemacht wurden) nicht auch getötet werden dürfte. Das sind normativen Frage, und normative Fragen verweisen auf den gesellschaftlichen Zusammenhang, gesellschaftliche Faktoren. Wie der Begriff der "individuellen Freiheit" auch. Also bitte auch einmal ein bisschen nachdenken vorm Ideologisieren in diesem Falle. ;)
Hier geht es um PND und Downsyndrom!
Downsyndrom kann mittels PND bereits in der 21./22. SSW festgestellt werden, Organfehlentwicklungen und schwerste körperliche Behinderungen ebenfalls.
Was soll also diese Nebelkerze?

Auf Behinderungen, die durch Komplikationen während des Geburtsvorgangs eintreten können, hat niemand Einfluss und um diese geht es hier auch nicht!

Es ist und bleibt die Entscheidung der Schwangeren bzw der werdenden Eltern, ob sie ein Kind mit Downsyndrom aufziehen wollen oder nicht.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von BlueMonday »

Moral ist die Antwort auf die Frage "Was soll ich tun?". Die Würde des wirklichen Menschen liegt darin, diese Antwort für sich zu finden und danach zu handeln und mit den Wirkungen dieses Handelns im Nachgang wiederum umzugehen.
So etwas wie die hier vorgeschlagene Option "Eher moralisch richtig (würde ich trotzdem nicht tun)" ist Ausdruck von Unmoral, denn dann würde man gegen seine eigene Moral handeln.

Und dann: Moral hat einen Plural.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
BenJohn

Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von BenJohn »

Bartleby hat geschrieben:(11 Jan 2020, 14:09)

Richtig. Denn im Mittelalter war der Embryo sowieso erst nach 40 Tagen (m) oder 80 Tagen (w) beseelt, entsprechend war das auch noch kein Mensch. Heute ist schon ein Prä-Embryo aufgrund der Potenzialität, ein Mensch zu werden, nach christlichem Willen geschützt.
Immerhin gab es im Mittelalter schon eine Frist. Vor dem christlichen Zeitalter gab es die nicht. Nach und nach haben wir uns weiterentwickelt. Zumindest was die Wertigkeit des Menschen und des Lebens angeht. Nicht alles aus dem Christentum war gut. Aber das war und ist gut.

Und jetzt geht es halt wieder langsam zurück. Und das ist auch nur konsequent. Da wo es keine moralische Instanz gibt, ist der Mensch sein eigener Gott. Das heisst nicht, das wir gleich wieder ins Heidentum zurückfallen. Der Humanismus ist ja schliesslich auch christlich geprägt. Aber die Gefahr, dass es immer einen Schritt weiter geht, ist auf jeden Fall vorhanden. Darüber kann man doch diskutieren.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von Tom Bombadil »

Merkwürdiges Thema. In Sachen Abtreibung heißt es doch immer, dass die Frau das alleinige Recht hat über den "Zellhaufen" zu entscheiden. Warum sollte das jetzt bei Downsyndrom plötzlich anders sein?
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naddy
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von naddy »

Tom Bombadil hat geschrieben:(11 Jan 2020, 14:23)

Merkwürdiges Thema. In Sachen Abtreibung heißt es doch immer, dass die Frau das alleinige Recht hat über den "Zellhaufen" zu entscheiden. Warum sollte das jetzt bei Downsyndrom plötzlich anders sein?
Sarkastisch zugespitzt, aber gut. :thumbup:

Manege frei zum Kampf der Ideologien.
"Das gefährliche an der Dummheit ist, daß sie die dumm macht, die ihr begegnen." (Sokrates).
BenJohn

Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von BenJohn »

Tom Bombadil hat geschrieben:(11 Jan 2020, 14:23)

Merkwürdiges Thema. In Sachen Abtreibung heißt es doch immer, dass die Frau das alleinige Recht hat über den "Zellhaufen" zu entscheiden. Warum sollte das jetzt bei Downsyndrom plötzlich anders sein?
Jeder hat das Recht selbst zu entscheiden. Aber man kann ja drüber diskutieren. Und eventuell kann man den einen oder anderen Gedankenanstoss geben.
Skeptiker

Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von Skeptiker »

Tom Bombadil hat geschrieben:(11 Jan 2020, 14:23)
Merkwürdiges Thema. In Sachen Abtreibung heißt es doch immer, dass die Frau das alleinige Recht hat über den "Zellhaufen" zu entscheiden. Warum sollte das jetzt bei Downsyndrom plötzlich anders sein?
Nein, es geht hier eben nicht um eine Rechtsfrage. Die ist geklärt.

Es geht um eine philosophische Fragestellung. Hat Dawkins entsprechend des Eingangsbeitrages Recht mit der Behauptung, es wäre unmoralisch ein Kind zur Welt zu bringen, wenn man schon früh in der Schwangerschaft weiß, dass es das Downsyndrom hat.

Es geht also nicht nur darum, ob die Frau das Recht dazu hätte, sondern ob es geradezu geboten wäre.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von naddy »

Skeptiker hat geschrieben:(11 Jan 2020, 14:38)

Es geht um eine philosophische Fragestellung. Hat Dawkins entsprechend des Eingangsbeitrages Recht mit der Behauptung, es wäre unmoralisch ein Kind zur Welt zu bringen, wenn man schon früh in der Schwangerschaft weiß, dass es das Downsyndrom hat.
Das ist selbstverständlich eine Frage der jeweils angewandten Moral, deren Extrempositionen sich einerseits in "Leben als Gottesgeschenk" und andererseits in "Absolutes Selbstbestimmungsrecht der Frau" artikulieren. Deshalb sagte ich ja: Manege frei!
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von aleph »

BenJohn hat geschrieben:(11 Jan 2020, 14:20)

Immerhin gab es im Mittelalter schon eine Frist. Vor dem christlichen Zeitalter gab es die nicht. Nach und nach haben wir uns weiterentwickelt. Zumindest was die Wertigkeit des Menschen und des Lebens angeht. Nicht alles aus dem Christentum war gut. Aber das war und ist gut.
bei den römern hat der vater entschieden, ob er das neugeborene kind will, oder ob es ausgesetzt wird
Auf dem Weg zum Abgrund kann eine Panne lebensrettend sein. Walter Jens
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von lili »

JJazzGold hat geschrieben:(11 Jan 2020, 14:15)

Eine künstlich etablierte Kollision von Menschenwürde. Da sich die Würde nicht aus der bloßen Existenz speist, sondern in erster Linie von den Begleitumständen der Existenz, kann eine Entscheidung nur von dem Verantwortlichen in Abwägung für die Würde beider Lebewesen getroffen werden und das ist nicht der Staat, nicht die Gesellschaft, nicht Lili, oder irgendein nicht verantwortlicher Dritter. Denn jeder externe Eingriff in die Verantwortung schmälert bis zur Unkenntlichkeit die Würde des Verantwortlichen, in erster Linie der Mutter, aber auch des Partners, so vorhanden.

Hier mit extern etablierter Moral zum Zweck des Zwangs zu argumentieren, zeigt die dekadenten Ausmaße umfassenden Wohlstands. Würde "die Gesellschaft" eingedampft auf einen Clan, sähe die anzusetzende Moral deutlich anders aus.

Ich grüble noch, ob ich meine Sichtweise in diesen kurzen Abschnitten verdeutlichen konnte. ;)

Es geht nicht um Zwang, sondern um die moderne Technik? Wie weit darf sie gehen und was kommt als nächstes?
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von PeterK »

lili hat geschrieben:(11 Jan 2020, 10:49)
Ich kritisiere hauptsächlich die Pränataldiagnostik und ich finde es unmoralisch.
Warum? Wir haben das checken lassen und - Gott sei Dank - es ist ein Junge geworden (sogar ein gesunder).
BenJohn

Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von BenJohn »

PeterK hat geschrieben:(11 Jan 2020, 15:05)

Warum? Wir haben das checken lassen und - Gott sei Dank - es ist ein Junge geworden (sogar ein gesunder).
:D
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von aleph »

Hier ist es ja so, dass die frau ein Kind möchte, aber bitte mit bestimmten eigenschaften, wie downsyndrom. Das ist zuchtauswahl und eugenik. Ein mensch mit downsyndrom kann hier ein glückliches und erfülltes leben leben, es gib in jeder größeren stadt einrichtungen, die sich um diese personen kümmern und angehörige entlasten.

Hier sind alle personen mit erbkrankheit betroffen. Theoretisch könnte die frau auch spätabtreiben lassen, weil der fötus nur einen arm hat.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von JJazzGold »

lili hat geschrieben:(11 Jan 2020, 15:05)

Es geht nicht um Zwang, sondern um die moderne Technik? Wie weit darf sie gehen und was kommt als nächstes?
Es geht nach wie vor um Trisonomie 21. Die moderne Technik erlaubt eine frühzeitige Entdeckung, was ich im Sinne der Betroffenen begrüße.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt

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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von Skeptiker »

naddy hat geschrieben:(11 Jan 2020, 14:44)
Das ist selbstverständlich eine Frage der jeweils angewandten Moral, deren Extrempositionen sich einerseits in "Leben als Gottesgeschenk" und andererseits in "Absolutes Selbstbestimmungsrecht der Frau" artikulieren. Deshalb sagte ich ja: Manege frei!
Davon sehe ich es eher losgelöst.

Für mich geht es da eher um ethische Fragen, wie z.B. :
  • Ist das Downsyndrom eine Krankheit oder eine Besonderheit?
  • Ist es gerechtfertigt oder sogar angeraten eine Pränataldiagnostik durchzuführen, die erlaubt nach diesem Merkmal auszuwerten?
  • Ist es ethischer Abzutreiben um einem "gesunden" Kind eine bessere Chance auf Leben zu geben?
  • Darf das Leid von Eltern in die ethische Bewertung der Fragestellung mit einbezogen werden?
  • Was unterscheidet die pränatale Bekämpfung von Downsyndrom von pränataler Filterung ästhetischer oder rassistischer Eigenschaften?
  • ...
Da ist also viel mehr dran, als alleine die Fragestellung, wer gerade die Macht in der Gesellschaft hat die Abtreibungsdebatte zu seinen Gunsten zu entscheiden.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von PeterK »

lili hat geschrieben:(11 Jan 2020, 15:05)
Es geht nicht um Zwang, sondern um die moderne Technik? Wie weit darf sie gehen und was kommt als nächstes?
Vielleicht kommen demnächst Fortschritte in der Pränataltherapie (die auf die Pränataldiagnostik angewiesen ist). Das wäre doch großartig.
BenJohn

Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von BenJohn »

JJazzGold hat geschrieben:(11 Jan 2020, 15:08)

Es geht nach wie vor um Trisonomie 21. Die moderne Technik erlaubt eine frühzeitige Entdeckung, was ich im Sinne der Betroffenen begrüße.
Es gibt dabei aber eine Gefahr. Und zwar für die Menschen, die nicht abtreiben, obwohl sie wissen, dass das Kind behindert zu Welt kommen wird. Es darf nicht so weit kommen, dass man diese Menschen beschuldigt. Das muss die Entscheidung jedes einzelnen bleiben.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von lili »

Dark Angel hat geschrieben:(11 Jan 2020, 13:59)

Was ist wohl unmoralischer - schon in einem relativ frühem Stadium der Schwangerschaft Behinderungen, Fehlentwicklungen und/oder Organschäden zu erkennen und diese ggf mit entsprechenden Medikamenten und/oder durch Einleiten einer Frühgeburt mit anschließendem invasiven Eingriff (Operation) beheben zu können oder den Tod von Frau und Ungeborenem billigend in Kauf zu nehmen?
Dazu mal ein ganz persönliches Beispiel:
Als meine Tochter ihr erstes Kind erwartete, wurde mittels Pränataldiagnostik festgestellt, dass bei dem Fetus eine (mögliche) Fehlentwicklung vorliegt. Sie konnte sich für eine Abtreibung oder die Fortsetzung der Schwangerschaft entscheiden.
Sie entschied sich GEGEN eine Abtreibung! Daraufhin wurde ihr mitgeteilt, dass sie in diesem Fall die Schwangerschaft nicht austragen könne und eine Frühgeburt eingeleitet werden müsse. Sie bekam Medikamente, die die Entwicklung der Lunge beschleunigten, musste im Abstand von zwei Wochen für jeweils 24 Stunden zu Untersuchungen ins Krankenhaus und die letzten 8 Wochen bis zur Einleitung der Frühgeburt stationär, mit strenger Bettruhe.
Dennoch kam es zu Komplikationen, die einen Notkaiserschnitt erforderten - in erster Linie um IHR Leben zu retten.
Das Kind überlebte, die Diagnose lautete Krebs. Das Neugeborene wurde operiert - OP dauerte 8 Stunden - anschließend Chemotherapie und 8 Wochen Inkubator, danach weitere 8 Wochen intensivmedizinische Betreuung.
In den ersten 5 Jahren halbjährlich MRT-Untersuchungen und vierteljählich Sonographie, danach 1mal jährlich MRT und halbjährlich Sonographie. Erst jetzt - nach 10 Jahren - gilt mein Enkel als geheilt.

OHNE die Möglichkeit der Pränataldiagnostik wäre meine Tochten im 7. Monat ihrer Schwangerschaft gestorben!
Wäre der Verzicht auf Pränataldiagnostik etwa moralischer gewesen?

Das ist natürlich eine schreckliche Situation. Mir geht es aber hauptsächlich um Island. Da wird gar kein Kind mehr mit Down Syndrom geboren. Sie werden abgetrieben. Wie soll sich ein noch lebendes Down-Syndrom Kind fühlen? Wie geht die Gesellschaft mit Andersartigkeit um? Stell dir mal vor es gäbe im Mittelalter eine Technik die herausfinden würde, ob das Kind eine andere sexuelle Orientierung hätte? Wie hätten sich die meisten entschieden? Wenn wir mehr Vielfältigkeit zulassen würden. Indem man z.B. gesellschaftliche Rahmbedingungen erweitert. Dann wird jede Form von Andersartigkeit nicht als Belastung, sondern als eine Form von Bereicherung angesehen.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von aleph »

JJazzGold hat geschrieben:(11 Jan 2020, 14:15)

Eine künstlich etablierte Kollision von Menschenwürde. Da sich die Würde nicht aus der bloßen Existenz speist, sondern in erster Linie von den Begleitumständen der Existenz, kann eine Entscheidung nur von dem Verantwortlichen in Abwägung für die Würde beider Lebewesen getroffen werden und das ist nicht der Staat, nicht die Gesellschaft, nicht Lili, oder irgendein nicht verantwortlicher Dritter. Denn jeder externe Eingriff in die Verantwortung schmälert bis zur Unkenntlichkeit die Würde des Verantwortlichen, in erster Linie der Mutter, aber auch des Partners, so vorhanden.

Hier mit extern etablierter Moral zum Zweck des Zwangs zu argumentieren, zeigt die dekadenten Ausmaße umfassenden Wohlstands. Würde "die Gesellschaft" eingedampft auf einen Clan, sähe die anzusetzende Moral deutlich anders aus.

Ich grüble noch, ob ich meine Sichtweise in diesen kurzen Abschnitten verdeutlichen konnte. ;)
Die begleitumstände sind wohl oft so, dass die eltern sich über das kind freuen und es wollen, bis der arzt sagt, leider ist es behindert. Da sind dann nicht die begleitumstände entscheidend, sondern eine unerwünschte eigenschaft des kindes.

Ich sehe das durchaus problematisch
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von lili »

JJazzGold hat geschrieben:(11 Jan 2020, 15:08)

Es geht nach wie vor um Trisonomie 21. Die moderne Technik erlaubt eine frühzeitige Entdeckung, was ich im Sinne der Betroffenen begrüße.

Es befürwortet indirekt die Abtreibung.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von JJazzGold »

BenJohn hat geschrieben:(11 Jan 2020, 15:11)

Es gibt dabei aber eine Gefahr. Und zwar für die Menschen, die nicht abtreiben, obwohl sie wissen, dass das Kind behindert zu Welt kommen wird. Es darf nicht so weit kommen, dass man diese Menschen beschuldigt. Das muss die Entscheidung jedes einzelnen bleiben.
Quote JJazzGold

"...kann eine Entscheidung nur von dem Verantwortlichen in Abwägung für die Würde beider Lebewesen getroffen werden und das ist nicht der Staat, nicht die Gesellschaft, nicht Lili, oder irgendein nicht verantwortlicher Dritter. Denn jeder externe Eingriff in die Verantwortung schmälert bis zur Unkenntlichkeit die Würde des Verantwortlichen, in erster Linie der Mutter, aber auch des Partners, so vorhanden."

Unquote

Das bezieht sich eindeutig formuliert, sowohl auf die Entscheidung abzutreiben, als auch nicht abzutreiben.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von JJazzGold »

aleph hat geschrieben:(11 Jan 2020, 15:12)

Die begleitumstände sind wohl oft so, dass die eltern sich über das kind freuen und es wollen, bis der arzt sagt, leider ist es behindert. Da sind dann nicht die begleitumstände entscheidend, sondern eine unerwünschte eigenschaft des kindes.

Ich sehe das durchaus problematisch
Nichts desto trotz obliegt die Entscheidung den Verantwortlichen und das sind und bleiben die Eltern. Alles andere wäre Zwang, egal ob dieser gesellschaftlich moralisch oder staatlich gesetzlich, oder in Kombination von beidem ausgeübt wird.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von JJazzGold »

lili hat geschrieben:(11 Jan 2020, 15:13)

Es befürwortet indirekt die Abtreibung.
Nein.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt

https://www.youtube.com/watch?v=9FBu2rVuXGI
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von lili »

JJazzGold hat geschrieben:(11 Jan 2020, 15:18)

Nichts desto trotz obliegt die Entscheidung den Verantwortlichen und das sind und bleiben die Eltern. Alles andere wäre Zwang, egal ob dieser gesellschaftlich moralisch oder staatlich gesetzlich, oder in Kombination von beidem ausgeübt wird.
Ach und die Pränataldiagnostik wird doch dann auch staatlich gefördert oder nicht? Die Frage ist ja auch ob die Ergebnisse nicht die Entscheidungsgewalt der Eltern manipulieren? Es wird sicherlich defizitär und einseitig rübergebracht werden.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von BenJohn »

JJazzGold hat geschrieben:(11 Jan 2020, 15:15)

Quote JJazzGold

"...kann eine Entscheidung nur von dem Verantwortlichen in Abwägung für die Würde beider Lebewesen getroffen werden und das ist nicht der Staat, nicht die Gesellschaft, nicht Lili, oder irgendein nicht verantwortlicher Dritter. Denn jeder externe Eingriff in die Verantwortung schmälert bis zur Unkenntlichkeit die Würde des Verantwortlichen, in erster Linie der Mutter, aber auch des Partners, so vorhanden."

Unquote

Das bezieht sich eindeutig formuliert, sowohl auf die Entscheidung abzutreiben, als auch nicht abzutreiben.
Ja natürlich. Ich habe mich dabei nicht auf dich bezogen. Ich wollte es nur allgemein in den Raum werfen.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von lili »

JJazzGold hat geschrieben:(11 Jan 2020, 15:18)

Nein.
doch, weil es um die Perfektion des Menschen geht.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von Umetarek »

Bartleby hat geschrieben:(11 Jan 2020, 14:09)

Richtig. Denn im Mittelalter war der Embryo sowieso erst nach 40 Tagen (m) oder 80 Tagen (w) beseelt, entsprechend war das auch noch kein Mensch. Heute ist schon ein Prä-Embryo aufgrund der Potenzialität, ein Mensch zu werden, nach christlichem Willen geschützt.
Was richtig? Das Mittelalter war christlich und selbst da wurden die Alten nicht auf den Misthaufen geschmissen, wenn sie nicht mehr so konnten. Auf der anderen Seite kommt ein ungetauftes Kind ins Fegefeuer, was soll man da sagen...
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von Umetarek »

lili hat geschrieben:(11 Jan 2020, 15:11)

Das ist natürlich eine schreckliche Situation. Mir geht es aber hauptsächlich um Island. Da wird gar kein Kind mehr mit Down Syndrom geboren. Sie werden abgetrieben. Wie soll sich ein noch lebendes Down-Syndrom Kind fühlen? Wie geht die Gesellschaft mit Andersartigkeit um? Stell dir mal vor es gäbe im Mittelalter eine Technik die herausfinden würde, ob das Kind eine andere sexuelle Orientierung hätte? Wie hätten sich die meisten entschieden? Wenn wir mehr Vielfältigkeit zulassen würden. Indem man z.B. gesellschaftliche Rahmbedingungen erweitert. Dann wird jede Form von Andersartigkeit nicht als Belastung, sondern als eine Form von Bereicherung angesehen.
Ist man gezwungen abzutreiben, wenn das Kind Downsyndrom hat? Ich wage das zu bezweifeln.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von JJazzGold »

lili hat geschrieben:(11 Jan 2020, 15:21)

Ach und die Pränataldiagnostik wird doch dann auch staatlich gefördert oder nicht? Die Frage ist ja auch ob die Ergebnisse nicht die Entscheidungsgewalt der Eltern manipulieren? Es wird sicherlich defizitär und einseitig rübergebracht werden.
Wie können Ihrer Meinung nach Eltern eine Entscheidung treffen, wenn sie keine frühzeitige Kenntnis aufgrund von eingesetzter Technik haben?
Was Sie wollen ist der ultimative Zwang zum Gebären.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von lili »

Umetarek hat geschrieben:(11 Jan 2020, 15:28)

Ist man gezwungen abzutreiben, wenn das Kind Downsyndrom hat? Ich wage das zu bezweifeln.
Es gab auch in einem Bericht die Meinung, dass eine Mutter von dieser Pränataldiagnostik unter Druck gesetzt wurde.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von Fliege »

lili hat geschrieben:(11 Jan 2020, 11:20)
Es geht mir um die Pränataldiagnostik und die Grenzen die wir gesellschaftlich ziehen wollen. Außerdem kann es theoretisch weltweit durchgeführt werden. Deshalb werde ich sicherlich nicht auswandern. Grundsätzlich ist es eine moralische Debatte, da auch politisch keine Einigkeit besteht.
JJazzGold hat geschrieben:(11 Jan 2020, 11:23)
Die Grenze ist gesetzlich eindeutig gezogen. Es sind Sie, die daran rütteln will.
Es ist allerdings zulässig, Gesetze ändern zu wollen. Andernfalls wäre Opposition verboten. Vielmehr ist Opposition geradezu erwünscht.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von JJazzGold »

BenJohn hat geschrieben:(11 Jan 2020, 15:21)

Ja natürlich. Ich habe mich dabei nicht auf dich bezogen. Ich wollte es nur allgemein in den Raum werfen.
Ok.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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Re: Abtreibungen mit Downsyndrom?

Beitrag von naddy »

Skeptiker hat geschrieben:(11 Jan 2020, 15:09)

Davon sehe ich es eher losgelöst.

Für mich geht es da eher um ethische Fragen, wie z.B. :
Ist das Downsyndrom eine Krankheit oder eine Besonderheit?
Offensichtlich ist die Begriffsdefinition von der moralischen Einstellung abhängig, wenn "Krankheit" als etwas zu Bekämpfendes, "Besonderheit" als etwas zu Förderndes verstanden wird. In rein normativem Sinne ist jede Krankheit auch eine "Besonderheit", weil sie durch eine Abweichung vom statistischen Normalfall definiert ist.
Ist es gerechtfertigt oder sogar angeraten eine Pränataldiagnostik durchzuführen, die erlaubt nach diesem Merkmal auszuwerten?
Was soll an einer Pränataldiagnostik "ungerechtfertigt" sein? Die Moralfrage stellt sich erst in dem Moment, wo das Ergebnis zum Selektionskriterium wird.
Ist es ethischer Abzutreiben um einem "gesunden" Kind eine bessere Chance auf Leben zu geben?
Durch Abtreibung entsteht kein gesundes Kind, es wird nur ein "ungesundes" verhindert. Ob das moralische Recht dazu besteht, hängt wie gesagt von den persönlichen Moralvorstellungen ab.
Darf das Leid von Eltern in die ethische Bewertung der Fragestellung mit einbezogen werden?
Gleiche Antwort.
Was unterscheidet die pränatale Bekämpfung von Downsyndrom von pränataler Filterung ästhetischer oder rassistischer Eigenschaften?
Die vermutlich größere Schnittmenge auch unterschiedlicher Moralvorstellungen. Die intendierte Verhinderung eines leidvollen Lebens dürfte auf mehr Akzeptanz stoßen, als die Präferenz einer bestimmten Augenfarbe.
Da ist also viel mehr dran, als alleine die Fragestellung, wer gerade die Macht in der Gesellschaft hat die Abtreibungsdebatte zu seinen Gunsten zu entscheiden.
Diese Frage wurde bisher auch nicht gestellt, wenn ich nicht irre.
"Das gefährliche an der Dummheit ist, daß sie die dumm macht, die ihr begegnen." (Sokrates).
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