Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

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Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Raskolnikof »

Moin!
Leider wurden die beiden Threads „Abschaffung von Bargeld“ und „Alternativen zum Bargeld – Vor-und Nachteile der Systeme“ von einigen Usern immer wieder dazu genutzt um über das Grundsatzthema Datenschutz und Datensicherheit zu referieren oder auch die Digitalisierung in verschiedenen Bereichen zu kritisierten. Dabei wurde zumeist aus dem Bauch heraus kritisiert ohne nachvollziehbar Kritik zu begründen. Um die beiden o.g. Threads nicht zu „verwässern“ habe ich jetzt mal diesen Thread aufgemacht, um an konkreten Beispielen wie z.B. Dänemark die Vor- und Nachteile dieser „Digitalisierungswut“ der Dänen aufzuzeigen, wobei aus meiner Sicht die Vorteile überwiegen. Speziell bei den häufig genannten Nachteilen würde ich mir aber auch belastbare Belege für entsprechende Behauptungen wünschen. Auf reine Ängste, Vermutungen und Behauptungen kann ja schlecht reagiert bzw. argumentiert werden.

Ich fange dann mal mit Dänemark an, unserem nördlichen Nachbarstaat, dessen Bevölkerung seit Jahren stets einen der ersten Plätze im Zufriedenheitsranking des World Happiness Report zählen. Demnach sind die Dänen von 121 untersuchten Ländern die drittglücklichsten Menschen. Die Finnen liegen zum zweiten Mal auf Platz 1. Ob das evtl. auch etwas mit der in diesen Ländern so ausgeprägten Digitalisierung in vielen Lebensbereichen zu tun hat? Ich weiß es nicht. Allerdings hätte ich nichts gegen eine Digitalisierung bei uns wie sie in Dänemark längst realisiert ist und von den Bürgern mehrheitlich begrüßt wird.
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Raskolnikof
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Raskolnikof »

Ich beginne mal mit dem Bezahlsystem in Dänemark. Bevor sich da das bargeldlose Zahlen an der Supermarktkasse so richtig durchsetzte räumte man dort erst einmal mit dem Kleingeld auf und schaffte 1973 zuerst die 1 und 2 Öre Münzen ab und 1989 auch die 5- und 10 Öre Münzen. Somit ist dort jetzt kleinste Münze das 50 Öre Stück (7 Cent). Beim Einkauf im Supermarkt sind trotzdem alle Waren bis zur letzten Öre ausgezeichnet und werden so auch an der Kasse addiert. Erst bei der Rechnungssumme wird dann kaufmännisch ab- bzw. aufgerundet. Dabei werden Beträge von 0,25 Kronen bis 0,74 Kronen auf 50 Öre gerundet und die anderen Beträge auf den nächstgrößeren beziehungsweise -kleineren vollen Kronenbetrag gerundet. Im unbaren Zahlungsverkehr hingegen wird nicht gerundet.
Die Dänen scheinen ausnahmslos mit dieser Regel zufrieden zu sein, wenngleich dies dort eigentlich keine Rolle mehr spielt weil mittlerweile 95 Prozent des Umsatzes im Einzelhandel bargeldlos erfolgt.
Frage: Warum tun wir Deutschen uns mit der Abschaffung der ein und zwei Cent Münzen derartig schwer? Sind wir ein Land von Numismatikern und Nostalgikern die an Gewohntem festhalten auch wenn es überhaupt keinen Sinn hat?

Der nächste Schritt hin zur Digitalisierung war dann das bargeldlose Bezahlen, welches dazu führte, dass Ausländer bzw. Touristen daran erkannt werden, dass sie mit Bargeld bezahlen. Aber woran liegt es, dass heute rund 95 Prozent des Einzelhandelsumsatzes in DK mit Karte bzw. Smartphone getätigt werden? Ist das so etwas wie „Digitalaffinität“? Aber warum? Vielleicht weils bequemer macht?

Nicht nur dass die dänische Regierung bestrebt ist, gänzlich vom Bargeld los zu kommen, nein auch die Unternehmen setzen alles daran diese Entwicklung zu forcieren. So akzeptieren bereits viele Tankstellen auch mit Service keine Barzahlung mehr und haben ihre Zapfsäulen auf Kartenzahlung umgestellt. Oder aber sie verlangen bei Barzahlung eine „Servicepauschale“. Einige Baustoffhändler wiederum gewähren bei Kartenzahlung Rabatt.

In Deutschland hätte eine solche Entwicklung noch vor wenigen Jahren eine Welle der Empörung ausgelöst. Seitdem aber wohl auch bald jeder Bäcker Kartenzahlung auch beim Kauf von zwei Brötchen ermöglicht ebenso wie der Betreiber eines Gemüsestandes auf dem Wochenmarkt regt sich da kein Widerstand mehr. Selbst Verbraucherschützer sind völlig ruhig geworden wenn einmal wieder ein Café aufmacht in dem nur mit Karte bezahlt werden kann.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von franzmannzini »

Was ist der Vorteil der "Digitalisierungswut" der Dänen ?
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Raskolnikof »

Das dänische digitale System ist m.E. einfach vorbildlich. Da hat jeder Bürger eine CPR-Nr., das ist so etwas wie bei uns die Nummer des Personalausweises nur öffnet mir diese wirklich alle Türen ins Onlinerathauses und andere (behördliche) Insttutionen. Im Normalfall muss kein Bürger während seines gesamten Lebens persönlich ins Rathaus. Die im Bargeldthread genannte Onlinescheidung war nur ein Beispiel von vielen. Hier noch eines: Ein junger Mensch möchte sich für einen Studiengang an der Uni einschreiben. Ein kurzer Blick ins Onlineportal, gewünschte Uni auswählen (auch mehrere), Einverständniserklärung zum Abruf erforderlicher Unterlagen per Klick bestätigen und Enter. Das war´s. Alle erforderlichen Unterlagen wie Schulzeugnisse, Praktika- und Arbeitsbescheinigungen, Meldebescheinigung und was sonst noch alles die Uni benötigt wird vollkommen automatisch ohne Zutun des Bewerbers online der Bewerbung zugefügt. Schließlich liegen diese Unterlagen ja alle abrufbereit online unter der persönlichen CPR-Nr. vor.

Oder Steuererklärung: Natürlich online. Ist hier ja mittlerweile auch selbstverständlich. Benötigt wird die obligatorische CPR-Nr. Dies funktioniert mit dem Unterschied, dass erforderliche Unterlagen zur Steuerminderung nicht eingereicht werden müssen. So gingen beispielsweise die Kosten für die Materialien der Sanierung für unser Haus in Jütland (2. Wohnsitz) gleich vom Baustoff- und Sanitärhandel oder dem Heizungsbauer direkt an die Finanzbehörde. Also nix mehr mit Rechnungen kopieren und dergleichen. Man sagt eigentlich nur, dass man die Steuererklärung abgeben will. Das war´s.

Die digitale Patientenakte erwähnte ich ja bereits. Sie gilt als die fortschrittlichste dieser Art weltweit. Die ist in Deutschland seit Jahren im Gespräch. Herausgekommen ist dabei bis heute nichts gescheites und wird es wohl auch nicht. Unser Datenschutz macht da jeden neuen Ansatz zunichte.

Und damit alles was da online erledigt wird auch sicher ist hat jeder Bürger noch eine NemID. Das ist die digitale Unterschrift und macht den digitalen Zugang zu den Behörden und Banken erst möglich.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Raskolnikof »

Ein anderes Beispiel ist Finnland.
Dieses Land bereiste ich seit 1977 dienstlich lange Jahre im Rahmen der Schulentwicklung (auch ein tolles Thema).
Und so habe ich die Entwicklung der Digitaltechnik quasi von Beginn an mitbekommen. Da wurde mein Nokia-Handy im Freundes-und Bekanntenkreis regelrecht bestaunt.
Mit Karte wurde selbst beim Krämer in der tiefsten Provinz bezahlt. Das war selbst für den Kleinbauern jenseits von Gut und Böse selbstverständlich. Allerdings gab es da noch keine marktreife Digitaltechnik. Da wurde die erhabene Schrift auf der Karte mechanisch abgelesen und zwei Belege gedruckt, einen für den Kunden und einen für die Bank.
Tja, das war wohl die Einstiegsdroge zum digitalen Bezahlen.

Telefon/Internet:
In den 1970er Jahren war natürlich noch alles analog. Selbst zum einsamst gelegenen gehöft führte eine Überlandleitung. Das reichte. Es wurde ja nur telefoniert. Dann kam das Internet. Die ersten Jahre musste sich die Bevölkerung wie auch bei uns mit Modem und schleichendem Internet zufrieden geben. Das machte nichts. Man kannte es ja nicht anders und es gab auch keine Anwendungen, die ein schnelleres Internet erforderlich machten.
Aber spätestens mit der Einführung von DSL war dann Schluss mit analog. Was nun? In den Städten war das kein Problem. Da war relativ schnell eine neue Infrastruktur (auch mit Glasfaser) aufgebaut. Aber auf dem Land? Sollte da das gesamte und äußerst aufwendige Kabelnetz erneuert werden mit unzähligen verteilern, Verstärkern etc.?
Nein, die Finnen machten es von Anfang an richtig und verzichteten ganz auf Kabel und setzten stattdessen auf Mobilfunk. Und so wurde das ganze Land in einer Mammutaktion mit Mobiltelefonmasten flächendeckend ausgestattet. Es sind tausende von sehr schmalen Gittermasten, die sich wie ein Ei dem anderen gleichen, vom Süden des Landes bis zum letzten Elch im Norden Lapplands sind sie verteilt, selbst in den entlegensten Gegenden. Dafür wird das analoge Netz außerhalb der Städte nicht mehr gepflegt und fast nicht mehr genutzt. Überall sind noch die alten Telegrafenmasten zu sehen aber ohne Kabel.
Das Ergebnis: Auf 5,5 Millionen Einwohner kommen rund 11 Millionen aktive SIM-Karten. Statistisch verfügt also jeder Finne vom Säugling bis zum Greis über ein Gerät mit unlimitiertem Netzzugang.
Immer wenn ich in Finnland bin besorge ich mir in einem Kioski erst einmal eine SIM-Karte non limit für 17,95 Euro und habe dann fast überall 4G, manchmal 5G. Davon kann man in Deutschland nur träumen.

Alles andere ist weitgehend konform mit Dänemark. Und natürlich werden sofort Witze über die deutsche Rückständigkeit im digitalen Bereich gerissen, wenn ich mich irgendwo als Deutscher zu erkennen gebe. Die besten gibts in der Sauna.
Nun ist es aber auch so, dass die Finnen ihrer gewählten Regierung vertrauen. Wenn die etwas machen, dann machen die es schon richtig. Jawohl!
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Raskolnikof hat geschrieben:(05 Jun 2021, 23:30)

.
Warum tun wir Deutschen uns mit der Abschaffung der ein und zwei Cent Münzen derartig schwer?
Vielleicht weil wir Deutschen gar keine eigene Währung haben.
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Raskolnikof »

franzmannzini hat geschrieben:(05 Jun 2021, 23:31)

Was ist der Vorteil der "Digitalisierungswut" der Dänen ?
Es erleichtert den Umgang mit Behörden, Ämtern und allen öffentlichen Einrichtungen ungemein. Keine Terminvereinbarung für ein Gespräch/Antrag in vier Wochen verbunden mit einer Fahrt in die Stadt, Wartezeit, zusätzliche Unterlagen einholen, wieder ins Amt...
Das war alles mal. Beim bargeldlosen Bezahlen wird es besonders deutlich. Es ist einfacher und bequemer. Und die Dänen lieben Bequemlichkeit und Entspanntheit. Nennt sich da "Hygge".
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Raskolnikof »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(05 Jun 2021, 23:35)

Vielleicht weil wir Deutschen gar keine eigene Währung haben.
Das ist davon doch nicht abhängig. Weg mit dem Klimpergeld.
Aber abgesehen davon ist deine Antwort sinnfrei. Wenn du für den Erhalt der Kleinmünzen bist solltest du das begründen. Ansonsten können wir nicht kommunizieren.
In den Niederlanden wurde bereits im Jahr2004 damit begonnen, dass in den Geschäften beim Bezahlen gerundet und keine 1 und 2 Cent Stücke mehr herausgegeben wurden.
https://www.eu-info.de/euro-waehrungsun ... agen/8267/
Seit 2014 werden die Kleinmünzen auch nicht mehr in den Umlauf gebracht und von den Banken eingezogen.
https://www.eurocoinhouse.com/de/nieder ... -cent-2014

Finnland hatte bereits bei Einführung des Euros auf die 1 und 2 Cent Münzen verzichtet und gibt die nur Stückweise an Sammler heraus. Bezahlen kann man damit in Finnland nicht.
Belgien und irland haben das Klimpergeld auch längst abgeschfft.
Zuletzt geändert von Raskolnikof am So 6. Jun 2021, 00:11, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Raskolnikof hat geschrieben:(05 Jun 2021, 23:45)

Das ist davon doch nicht abhängig. Weg mit dem Klimpergeld.
Aber abgesehen davon ist deine Antwort sinnfrei. Wenn du für den Erhalt der Kleinmünzen bist solltest du das begründen. Ansonsten können wir nicht kommunizieren.
Die Antwort ist nicht sinnfrei. Es ist ein europäisches Thema, dass es 1und2-Cent-Münzen gibt und eben kein speziell deutsches. Ich könnte gerne drauf verzichten.
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von franzmannzini »

Raskolnikof hat geschrieben:(05 Jun 2021, 23:45)

Das ist davon doch nicht abhängig. Weg mit dem Klimpergeld.
...
1, 2, 5 Cent können weg, landen bei mir eh nur zyklisch in Gefäßen.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von franzmannzini »

Raskolnikof hat geschrieben:(05 Jun 2021, 23:41)

Es erleichtert den Umgang mit Behörden, Ämtern und allen öffentlichen Einrichtungen ungemein. Keine Terminvereinbarung für ein Gespräch/Antrag in vier Wochen verbunden mit einer Fahrt in die Stadt, Wartezeit, zusätzliche Unterlagen einholen, wieder ins Amt...
Das war alles mal. Beim bargeldlosen Bezahlen wird es besonders deutlich. Es ist einfacher und bequemer. Und die Dänen lieben Bequemlichkeit und Entspanntheit. Nennt sich da "Hygge".
Das bargeldlose Bezahlen würde ich erst mal von dem Rest trennen. Für den Umgang mit Behörden würde ich aber schon eine Digitalisierung bevorzugen,
welche es möglich macht sich mit einem (digitalen) Dokument auszuweisen.
Beim Geld, würde ich hier aber Stopp machen, denn ein Poriomanie kann mir niemand sperren.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Raskolnikof »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(05 Jun 2021, 23:49)

Die Antwort ist nicht sinnfrei. Es ist ein europäisches Thema, dass es 1und2-Cent-Münzen gibt und eben kein speziell deutsches. Ich könnte gerne drauf verzichten.
Das ist kein europäisches Thema. Deutschland kann für sich entscheiden, ob es die 1 und 2 Cent Münzen abschafft. Die Niederlande haben es ja längst getan. Siehe dazu vorigen editierten Beitrag von 23.45 Uhr.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Raskolnikof »

franzmannzini hat geschrieben:(05 Jun 2021, 23:56)

Beim Geld, würde ich hier aber Stopp machen, denn ein Poriomanie kann mir niemand sperren.
Da bin ich anderer Meinung. In deinem Portemonnaie hast du nur eine begrenzte Menge Geld. Vielleicht auch noch etwas zuhause in der Geldkassette im Wäscheschrank. Und dann? Du musst zur Bank bzw. Geldautomaten. Und da kannst du sicher sein dass im Falle einer "digitalen Sperrung" des Kontos du auch nicht mehr an Bargeld kommst. Letztlich benutzt du ja einen digitalen Schlüssel um an dein Geld zu kommen.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von franzmannzini »

Raskolnikof hat geschrieben:(06 Jun 2021, 00:02)

Da bin ich anderer Meinung. In deinem Portemonnaie hast du nur eine begrenzte Menge Geld. Vielleicht auch noch etwas zuhause in der Geldkassette im Wäscheschrank. Und dann? Du musst zur Bank bzw. Geldautomaten. Und da kannst du sicher sein dass im Falle einer "digitalen Sperrung" des Kontos du auch nicht mehr an Bargeld kommst. Letztlich benutzt du ja einen digitalen Schlüssel um an dein Geld zu kommen.
Welchen Vorteil hat es heut zu Tage, das Geld auf der Bank zu lagern ?
So lange man sich selbst ein der Lage glaubt, Geld sicher zu lagern, gibt es keinen vernünftigen Grund mehr es auf der Bank zu lagern.
Das kann auch wieder anders kommen, momentan ist das aber nicht der Fall.
Deshalb nehme ich hier die das Bezahlprocedere ausdrücklich aus.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Maikel »

Raskolnikof hat geschrieben:(05 Jun 2021, 23:45)
In den Niederlanden wurde bereits im Jahr2004 damit begonnen, dass in den Geschäften beim Bezahlen gerundet und keine 1 und 2 Cent Stücke mehr herausgegeben wurden.
Ergänzung: Das hatten die Niederländer vor dem Euro mit den Gulden-Cents auch schon so gemacht.
Mit Einführung des Euro erstmal nicht, da der Euro-Cent gut doppelt so viel wert war wie der Gulden-Cent.

Aber eigentlich hat das wenig mit Digitalisierung zu tun. Wenn man in NL digital bezahlt, wird nicht gerundet.
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
Jeder Versuch, sich mitzuteilen, kann nur mit dem Wohlwollen der anderen gelingen.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Tom Bombadil »

Schade, hier geht es jetzt auch wieder nur ums Bargeld.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Raskolnikof »

franzmannzini hat geschrieben:(06 Jun 2021, 00:33)

Welchen Vorteil hat es heut zu Tage, das Geld auf der Bank zu lagern ?
So lange man sich selbst ein der Lage glaubt, Geld sicher zu lagern, gibt es keinen vernünftigen Grund mehr es auf der Bank zu lagern.
Das kann auch wieder anders kommen, momentan ist das aber nicht der Fall.
Deshalb nehme ich hier die das Bezahlprocedere ausdrücklich aus.
Und wie bekommst du deinen "Nachschub" an Bargeld nachhause unters Kopfkissen oder sonst einem Ort? Ich glaube nicht, dass du dir dein Einkommen jeden Monat in einer Lohntüte beim Chef abholst. Und die Rentenversicherung zahlt die Rente mit Sicherheit auch nicht in bar aus. Es geht also nicht ohne Bank. Und wenn es mal so schlimm kommen solltest wie du vielleicht befürchtest ist dein Geld auch futsch oder du bekommst von deiner Bank nur einen Teilbetrag deines Einkommens ausbezahlt. Und wenn es um Geldvermögen im größeren Stil geht wäre es m.E. das letzte, dieses in bar irgendwo aufzubewahren, weder auf der Bank noch zuhause. Da gibt es doch wohl bessere Möglichkeiten.
Aber lasse uns das nicht weiter vertiefen. Geldverwahrung hat nur am Rande etwas mit Digitalisierung zu tun.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Raskolnikof »

Tom Bombadil hat geschrieben:(06 Jun 2021, 09:54)

Schade, hier geht es jetzt auch wieder nur ums Bargeld.
Stimmt. Wenn es um Digitalisierung geht kommt man zwar automatisch auch auf Bargeldzahlung vers. Barzahlung. Schließlich verdrängt ja die Digitalisierung langsam aber sicher das Bargeld. Aber das ist ja nur ein Teilbereich des ganzen Digitalisierungsbestreben überall auf der Welt und in einigen Staaten besonders. Also lasst uns auf das Kernthema Digitalisierung zurückkommen.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von franzmannzini »

Raskolnikof hat geschrieben:(06 Jun 2021, 10:00)

Und wie bekommst du deinen "Nachschub" an Bargeld nachhause unters Kopfkissen oder sonst einem Ort? Ich glaube nicht, dass du dir dein Einkommen jeden Monat in einer Lohntüte beim Chef abholst. Und die Rentenversicherung zahlt die Rente mit Sicherheit auch nicht in bar aus. Es geht also nicht ohne Bank. Und wenn es mal so schlimm kommen solltest wie du vielleicht befürchtest ist dein Geld auch futsch oder du bekommst von deiner Bank nur einen Teilbetrag deines Einkommens ausbezahlt. Und wenn es um Geldvermögen im größeren Stil geht wäre es m.E. das letzte, dieses in bar irgendwo aufzubewahren, weder auf der Bank noch zuhause. Da gibt es doch wohl bessere Möglichkeiten.
Aber lasse uns das nicht weiter vertiefen. Geldverwahrung hat nur am Rande etwas mit Digitalisierung zu tun.
Vielleicht verstehst Du mich falsch, ich habe nichts gegen eine auf einem einzigen digitalen Schlüssel beruhenden Identifikationsmöglichkeit, auch nicht gegenüber einer Bank,
jedoch bevorzuge trotzdem noch ein physisches Tauschmittel, welches ich direkt bei mir tragen kann.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Astrocreep2000 »

Raskolnikof hat geschrieben:(05 Jun 2021, 23:29)
Ich fange dann mal mit Dänemark an, unserem nördlichen Nachbarstaat, dessen Bevölkerung seit Jahren stets einen der ersten Plätze im Zufriedenheitsranking des World Happiness Report zählen. Demnach sind die Dänen von 121 untersuchten Ländern die drittglücklichsten Menschen. Die Finnen liegen zum zweiten Mal auf Platz 1. Ob das evtl. auch etwas mit der in diesen Ländern so ausgeprägten Digitalisierung in vielen Lebensbereichen zu tun hat? Ich weiß es nicht.
Ich denke, da gibt es viele Aspekte. Ein echter Dänemark-Kenner könnte da bestimmt Auskunft geben. Ich habe lediglich einige Jahre meiner Kindheit und Jugend im Grenzgebiet der Dänen verbracht, heute besuche ich regelmäßig Teile der Familie an der Grenze und dann fahren wir gerne mal nach Sønderborg, Tønder oder auf die Insel Rømø . Was ich wahrnehme: In den 80ern und 90ern sind wir zum Einkaufen nach Dänemark gefahren, weil dort eigentlich alles - außer Alkohol ... - günstiger war, als auf der deutschen Seite. Damals war ein Ausflug nach Dänemark eine Fahrt in die "Diaspora" ... (zumindest im Süden) war Dänemark ein reines Agrarland, vereinzelt gab es mal ein Firmengebäude, man verstand gar nicht, wovon die Menschen dort überhaupt lebten.

Heute (d.h. seit Jahren) kommen die Dänen im Grenzgebiet zum Einkaufen ins "Billigland" Deutschland. Fährt man nach Dänemark, findet man: Top-Infratsruktur, heile Straßen, gepflegte Dörfer, kleine Industriegebiete mit mittelständischen Unternehmen in stylischer Architektur.

Die Dänen haben es in den letzten 30-40 Jahren offensichtlich geschafft, ein - eher rückständiges Agrarland - in eine moderne Dienstleistungsgesellschaft (?) zu transformieren, schaffen viel lifestyliges/designiges (Bekleidung, Möbel etc., Produktion sicherlich in China ...). Wie gesagt: Da müsste jetzt ein Wirtschafsexperte UND Dänemarkkenner ran.

Ich bezweifle auch überhaupt nicht, dass die Digitalisierung dabei eine Rolle gespielt haben wird. Aber Digitalisierung allein macht sicher nicht glücklich. Die Dänen sind meiner Meinung nach glücklich(er), weil es ihnen wirtschaftlich sehr gut geht. Dann sind sie einfach von ihrer Mentalität her viel entspannter und gelassener als wir Deutsche, was für eigentlich alle Skandinavier gilt. Da spielen ganz sicher auch historische Dinge mit hinein.

Also: Ich blicke durchaus mit Bewunderung und Neid in Richtung Norden, was den Entwicklungsstand derer Gesellschaften angeht. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass dabei "Digitalisierung" die entscheidende Rolle spielt. Und man darf aber eben auch nicht vergessen, dass die Dänen (auch Norweger, Schweden, Finnen) mit ihren knapp 6 Mio. Einwohnern in einem Schnellboot sitzen, wir bewegen hier in Deutschland einen Supertanker. Wir haben hier viel, viel, viel komplexere Rahmenbedingungen als die "Mini-Länder" im Norden ...

Raskolnikof hat geschrieben:(05 Jun 2021, 23:29)
Speziell bei den häufig genannten Nachteilen würde ich mir aber auch belastbare Belege für entsprechende Behauptungen wünschen. Auf reine Ängste, Vermutungen und Behauptungen kann ja schlecht reagiert bzw. argumentiert werden.
Da bin ich grundsätzlich bei Dir (und habe zum Beispiel im benachbarten Corona-Thread oft vergeblich versucht, manchen Mitdiskutanten zum Blick auf Zahlen und Statistiken zu ermutigen und nicht nur auf suggestive Schlagzeilen und Bilder ...).

Hier allerdings: Natürlich ich nicht faktisch belegen, dass die Sammlung aller möglichen Daten über den einzelnen Menschen und deren Vernetzung nicht nur Benefits bringen wird, sondern auch Benachteiligung, Diskriminierung, Ausgrenzung. Ich kann ja nicht in Zukunft schauen. Es lässt sich aber eben schon einiges auf Basis von Erfahrungswerten - und der "Natur des Menschen" - prognostizieren.

Wenn z.B. die Krankenversicherung der Meinung ist, Du lebst zu ungesund (und Deinen Beitrag erhöht oder Dich gleich rausschmeißt), Dein potentieller oder aktueller Arbeitgeber aufgrund von Gesundheitsdaten zu der Überzeugung kommt, Du bist ein "Underperformer", nicht mehr belastbar usw.

Nur mal am Beispiel Gesundheitsdaten, deren rein medizinischer Benefit ja eindeutig vorhanden wäre. Aber: Wer garantiert uns, dass all diese Daten nur in unserem Interesse eingesetzt werden? Die Konzerne lechzen nach dem gläsernen Kunden, das ist doch klar. Da gibt es jede Menge "Optimierungspotential" - in deren Sinne. Aber auch in unserem?

Hör mal, Du bist doch auch lange genug auf dem Planeten, um zu wissen, dass es im Leben wenig umsonst gibt... ;-) Der Kuchen wird nicht endlos wachsen, umso ambitionierter werden die Kämpfe werden, noch irgendetwas herauszupressen. Und da sehe ich den Treiber für die fortschreitende Digitalisierung - weniger in wachsendem Altruismus der Konzerne.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Raskolnikof »

Astrocreep2000 hat geschrieben:(06 Jun 2021, 13:07)

Die Dänen haben es in den letzten 30-40 Jahren offensichtlich geschafft, ein - eher rückständiges Agrarland - in eine moderne Dienstleistungsgesellschaft (?) zu transformieren, schaffen viel lifestyliges/designiges (Bekleidung, Möbel etc., Produktion sicherlich in China ...). Wie gesagt: Da müsste jetzt ein Wirtschafsexperte UND Dänemarkkenner ran.
Da hast du absolut recht. Der wirtschaftliche Aufstieg des kleinen Dänemark in so kurzer Zeit ist wirklich erstaunlich. Dabei gibt es in Dänemark nicht einmal Schwerindustrie oder Riesenkonzerne wie VW oder Daimler. Novo Nordisk oder Danske Bank sind da im Vergleich Krämerläden. Nein, es sind die unzähligen mittelständischen Betriebe, die die Wirtschaft Dänemarks groß gemacht haben. Ich nenne da nur einmal den Hersteller von Regeleinrichtungen für Heizungsanlagen, Wärmepumpen, Lüftungsanlagen, Fernwärmeerzeuger etc. Danfoss. Ansonsten hat sich die dänische Industrie sehr auf „klein aber fein“ spezialisiert und ist mit sehr vielen Produkten Weltmarktführer ohne dass dies an riesigen Fabrikanlagen mit großen rauchenden Schloten von weitem erkennbar wäre.
Ich bezweifle auch überhaupt nicht, dass die Digitalisierung dabei eine Rolle gespielt haben wird. Aber Digitalisierung allein macht sicher nicht glücklich. Die Dänen sind meiner Meinung nach glücklich(er), weil es ihnen wirtschaftlich sehr gut geht. Dann sind sie einfach von ihrer Mentalität her viel entspannter und gelassener als wir Deutsche, was für eigentlich alle Skandinavier gilt. Da spielen ganz sicher auch historische Dinge mit hinein.
Dem kann ich nur zustimmen. Nur hat die Digitalisierung im technischen Bereich bei den Dänen viel früher begonnen. Deutschland ist von der Industriegeschichte her ein Land, in dem der Maschinenbau lange Zeit und vielleicht auch jetzt noch Spitze auf dem Weltmarkt war. Deutsche Maschinen waren und sind immer noch an Präzision, Fertigungsgenauigkeit und vielfältigen Einsatzmöglichkeiten in vielen Bereichen unschlagbar. Mit Aufkommen der Digitaltechnik und elektronischen Steuerungsanlagen blieb dann Deutschland zunächst mit der Entwicklung zurück während unsere kleinen nordischen Nachbarn viel früher Lösungen suchten und auch fanden, um Maschinen digital zu steuern. Da waren und sind die Nordländer m.E. einfach schneller. Vorbehalte gegenüber der Digitaltechnik gab es da nicht, ganz im Gegenteil.

Diese Unbefangenheit der Dänen und seinen nördlichen Nachbarn setzte sich auch bei der Digitalisierung im datentechnischen Bereich fort. Jede Möglichkeit die die Digitaltechnik da bot bzw. bietet wird sowohl von der Industrie als auch vom Verbraucher gern angenommen. Sicher gibt es auch in Skandinavien Skeptiker die vor Datenmissbrauch warnen und die Leichtigkeit mit der die Mehrheit der Bevölkerung jede digitale Neuerung feiern öffentlich und kritisch hinterfragen. Aber das ist eine Minderheit, der keine große Beachtung geschenkt wird.
Hier allerdings: Natürlich ich nicht faktisch belegen, dass die Sammlung aller möglichen Daten über den einzelnen Menschen und deren Vernetzung nicht nur Benefits bringen wird, sondern auch Benachteiligung, Diskriminierung, Ausgrenzung.(...) Wenn z.B. die Krankenversicherung der Meinung ist, Du lebst zu ungesund (und Deinen Beitrag erhöht oder Dich gleich rausschmeißt), Dein potentieller oder aktueller Arbeitgeber aufgrund von Gesundheitsdaten zu der Überzeugung kommt, Du bist ein "Underperformer", nicht mehr belastbar usw.

Nur mal am Beispiel Gesundheitsdaten, deren rein medizinischer Benefit ja eindeutig vorhanden wäre. Aber: Wer garantiert uns, dass all diese Daten nur in unserem Interesse eingesetzt werden? Die Konzerne lechzen nach dem gläsernen Kunden, das ist doch klar. Da gibt es jede Menge "Optimierungspotential" - in deren Sinne. Aber auch in unserem?

Ja, die Gefahr besteht grundsätzlich. Ich frage mich nur, ob dies allein Grund sein kann wirklich äußerst sinnvolle digitale Möglichkeiten aufgrund möglichen Datenmissbrauchs grundsätzlich abzulehnen. Bei der digitalen Patientenakte beispielsweise überwiegen für mich ganz klar die Vorteile. U.U. kann die sogar Menschenleben retten.
Der Nachbar unseres Zweitwohnsitzes in Jütland hat an der Universität als Politologe im Fachbereich Gesellschaftswissenschaften gelehrt. Er erklärt die fast völlige Unbefangenheit der Dänen und auch der Nachbarstaaten gegenüber der neuen Technologien damit, dass die Bevölkerung ein viel größeres Vertrauen zu ihrer Regierung hat als die deutsche und sich sagt, dass die es schon richtig macht. Datenmissbrauch gibt es sicherlich auch in Dänemark aber anscheinend nicht in dem Ausmaß wie bei uns. Da scheint es noch so etwas wie einen Ehrenkodex zu geben und auch zu funktionieren, selbst bei Arbeitgebern.
Hinzu kommt die sprichwörtliche Gelassenheit der Dänen. „Hygge“ ist den Dänen wichtig, auch Konzern- und Personalchefs. Natürlich muss auch der dänische Angestellte „funktionieren“. Es gilt da aber viel mehr als bei uns der Handschlag und das gegenseitige Vertrauen während in Deutschland erst einmal argwöhnisch das Haar in der Suppe des Bewerbers gesucht und der zunächst von allen Seiten durchleuchtet wird.

Gerade weil wir hier in Deutschland keine Verhältnisse wie in Skandinavien haben sollte es Aufgabe der Regierung sein, Datenmissbrauch mit aller Härte zu begegnen. Mir ist es völlig schleierhaft wie es angehen kann dass z.B. Google völlige Narrenfreiheit hat was den Datenschutz oder besser Datenmissbrauch betrifft.
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Raskolnikof
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Raskolnikof »

Noch etwas zum Vertrauen in die Digitaltechnik im Bereich der Telekommunikation am Beispiel Finnlands:
Das Vertrauen in die Technik und in deren Nutzung durch den Bürger besteht auch auf Seiten der Politik. Während in Deutschland auf allen Seiten großes Misstrauen herrscht und aus diesem Grund seit einiger Zeit nur noch personalifizierte Prepaidkarten zum Telefonieren und Surfen herausgegeben werden dürfen sehen das die Finnen ganz locker: Wenn ich in Finnland ankomme steuere ich zuerst einen „Kioski“ an. Das ist so etwas wie ein Kiosk bei uns. Da erwerbe ich für 17,95 Euro eine SIM-Karte für das Internet. Nutzbarkeit = vier Wochen ohne Limit. Damit bin ich auch in der tiefsten Provinz online, meist 4G, hier und da auch 5G.
Dann einfach Karte rein ins Gerät. Ich nutze dafür einen kleinen mobilen Hotspot von Huawei in der Größe von nicht einmal einer Zigarettenschachtel. Einfach Karte rein und los gehts. Keine Registrierung mit Legitimation, einfach nichts. Da interessiert es keinen Menschen, wer und wo da im Netz unterwegs ist.
Was ich sagen will: In Finnland ist nicht jeder Bürger für die Politik ein potenzieller Gangster. In Deutschland aber schon. Daraus resultiert dann auch das Misstrauen vieler Bürger gegenüber der Regierung.
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Liegestuhl
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Liegestuhl »

Raskolnikof:

Erst einmal vielen Dank für deine Ausführungen. Ich rege mich seit Jahren über die mangelnde Flexibilität der Deutschen bei der Digitalisierung auf.

Ich habe selber beruflich mit dem Versand und dem Empfang elektronischer Rechnungen zu tun (ZUGFeRD, XRechnung usw.). Ich bin wirklich schwer genervt, dass die Entwicklung in Deutschland Ewigkeiten dauert und der Staat mit fragwürdigen Handlungen alles tut, um die Fortschritte weiter zu verlangsamen und Unsicherheiten zu schaffen. Wenn man diese Sache endlich ins Laufen gebracht hat, hätte das vielerlei Vorteile: von der schnelleren und günstigeren Bearbeitung von Rechnungen bis hin in die Kostenrechnung und das Controlling. Abgesehen von Branchenverbänden, die eigene Lösungen über EDIFACT anbieten, sieht es zur Zeit in Deutschland folgendermaßen aus: Die Rechnungsangaben sind digital vorhanden. Die digitalen Daten werden dann aber als Rechnung analog auf Papier ausgedruckt und verschickt. Der Rechnungsempfänger bekommt die analoge Rechnung, scannt sie ein, macht eine OCR-Erkennung drauf und versucht die analogen Daten mithilfe einiger Hilfsmittel wieder in eine digitale Form zu bringen: langsam, teuer, fehleranfällig.

Hast du eine Ahnung, wie weit man diesbezüglich in Dänemark oder in Finnland ist?
Ich schulde dem Leben das Leuchten in meinen Augen.
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Astrocreep2000
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Astrocreep2000 »

Raskolnikof hat geschrieben:(06 Jun 2021, 15:08)Er erklärt die fast völlige Unbefangenheit der Dänen und auch der Nachbarstaaten gegenüber der neuen Technologien damit, dass die Bevölkerung ein viel größeres Vertrauen zu ihrer Regierung hat als die deutsche (...)
Ein nicht zu unterschätzender Aspekt, den "Tom Bombadil" im Parallel-Thread ja bereits anführte: Die Deutschen haben im letzten Jahrhundert zweimal Erfahrungen mit totalitären Regimen gemacht, deren Macht vor allem auch auf Bespitzelung beruhte, niemand konnte udn sollte sich sicher fühlen. Damals gab es Blockwarte und Stasi, man stelle sich vor, die Nazis oder das SED-Regime hätten die technischen Möglichkeiten von heute gehabt...

Die heute Forschung weiß, dass sich sich solche Erfahrungen/Traumata generationsübergreifend vererben, die Skepsis gegenüber einem zu mächtigen Staat könnte demnach durchaus ein Teil der deutschen Identität geworden sein. Das ist aber nicht in Stein gemeißelt, natürlich heilen solche Wunden mit der Zeit. Die "Digital Natives" werden diese Dinge mit sich vermutlich anders verhandeln als die "Baby Boomer".


Aber vielleicht sollten wir bei der Diskussion auch mal differenzieren und nicht lediglich "digital" in I und 0 im Sinne von entweder/oder unterscheiden:

Die in den letzten Posts angesprochenen Produktions- oder Verwaltungsprozesse zu optimieren betrifft ja nicht den Umgang sensible Personendaten.

Bei letzterem sensibler zu sein als andere Gesellschaften (insbesondere als im Gegensatz zu uns kollektivistisch geprägte asiatische) bedeutet ja nicht, dass man die Digitalisierung in ALLEN Bereichen ablehnt.

Und so ist es ja auch nicht: Wo durch Digitalisierung Kosten gesenkt und Personal eingespart werden kann, ist "die Wirtschaft" selbstverständlich auch in Deutschland vorne mit dabei. Hier steht nicht der Datenschutz im Weg, sondern die miese digitale Infrastruktur.
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Raskolnikof
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Raskolnikof »

Astrocreep2000 hat geschrieben:(06 Jun 2021, 13:07)

Heute (d.h. seit Jahren) kommen die Dänen im Grenzgebiet zum Einkaufen ins "Billigland" Deutschland.
Ja, aber wirklich nur im Grenzland. In den letzten 30 Jahren hat sich da viel getan. Die Lebensmittelpreise liegen im Vergleich zu früher nur noch geringfügig über den unseren. Und der Sprit ist in DK mitunter günstiger als in D. Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als in den Sommerferien die Autoschlange an der letzten Tankstelle vor der Grenze bis auf die Standspur der Autobahn reichte. Heute ist da an den Zapfsäulen kaum noch etwas los. Wer die Tankstelle noch anfährt tut dies weil er/sie pinkeln muss.
Die Dänen haben es in den letzten 30-40 Jahren offensichtlich geschafft, ein - eher rückständiges Agrarland - in eine moderne Dienstleistungsgesellschaft (?) zu transformieren, schaffen viel lifestyliges/designiges (Bekleidung, Möbel etc., Produktion sicherlich in China ...). Wie gesagt: Da müsste jetzt ein Wirtschafsexperte UND Dänemarkkenner ran.
Also meine Frau ist ja nun gebürtige Dänin. Die sieht das anders. Ein Agrarland war und ist Dänemark immer noch, aber nie ein rückständiges. Und was die Bekleidung betrifft: Die kaufen wir beide lieber in Deutschland. Da hat DK nämlich gar nicht so viel zu bieten. Überall die gleichen Ketten, wie in Deutschland. H&M ist vielfach vertreten. Mit Dänemark hat das aber nichts zu tun.
Ich bezweifle auch überhaupt nicht, dass die Digitalisierung dabei eine Rolle gespielt haben wird. Aber Digitalisierung allein macht sicher nicht glücklich. Die Dänen sind meiner Meinung nach glücklich(er), weil es ihnen wirtschaftlich sehr gut geht. Dann sind sie einfach von ihrer Mentalität her viel entspannter und gelassener als wir Deutsche, was für eigentlich alle Skandinavier gilt. Da spielen ganz sicher auch historische Dinge mit hinein.
Die Digitalisierung allein macht die Dänen sicherlich nicht glücklich; es erleichtert nur vieles im täglichen Leben. Ja, den Dänen geht es wirtschaftlich recht gut. Von Staatsverschuldung und Schuldenbremse ist in dänischen Medien kaum die Rede. Was aber ganz entscheidend ist ist die Tatsache, dass die Mehrheit der Dänen mit ihrer Regierung sehr zufrieden ist und deren Tun und Handeln kaum hinterfragt. Ja, man kann von einem recht obrigkeitshörigen Volk sprechen das ihrer Regierung voll und ganz vertraut gemäß dem Motto "Die werden es schon richtig machen"). Von solchen lieben Bürgern kann unsere Regierung nur träumen.
Also: Ich blicke durchaus mit Bewunderung und Neid in Richtung Norden, was den Entwicklungsstand derer Gesellschaften angeht. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass dabei "Digitalisierung" die entscheidende Rolle spielt...
Ich sagte ja bereits, die Digatalisierung allein macht keinen Dänen glücklich. Aber sie ist ein Baustein von vielen Glücklichmachern weil sie das Leben in vielen Bereichen erleichtert.
Wenn z.B. die Krankenversicherung der Meinung ist, Du lebst zu ungesund (und Deinen Beitrag erhöht oder Dich gleich rausschmeißt), Dein potentieller oder aktueller Arbeitgeber aufgrund von Gesundheitsdaten zu der Überzeugung kommt, Du bist ein "Underperformer", nicht mehr belastbar usw.

Für Krankenkasse bist du auch ohne digitaler Gesundheitsakte ein gläserner Mensch. Schließlich rechnen die Ärzte mit der Krankenkasse ab wobei jede Behandlung oder Verordnung eine Abrechnungsziffer hat die der KV übermittelt wird. Eine Behandlung der Impotenz erfährt also auch die KV. Arbeitgeber oder andere Dritte haben keinen zugriff auf die digitale Gesundheitsakte von Bürgern.
Nur mal am Beispiel Gesundheitsdaten, deren rein medizinischer Benefit ja eindeutig vorhanden wäre. Aber: Wer garantiert uns, dass all diese Daten nur in unserem Interesse eingesetzt werden? Die Konzerne lechzen nach dem gläsernen Kunden, das ist doch klar. Da gibt es jede Menge "Optimierungspotential" - in deren Sinne. Aber auch in unserem?
Hier wird der Unterschied zwischen der deutschen und dänischen bzw. skandinavischen Mentalität deutlich. Der Däne oder auch Schwede, Norweger oder Finne hat da einfach ein größeres Vertrauen sowohl in die Technik als auch in die Politik. Natürlich kennen auch sie die da lauernden Gefahren. Aber diese Form von Paranoia die vielen Deutschen das Leben schwer macht kennen die Dänen kaum. Sie vertrauen einfach und sind damit bisher recht gut gefahren.
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unity in diversity
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von unity in diversity »

Mit Ideologen kann keiner sinnvoll diskutieren und für die Unverkrampften der Hinweis, daß sich total digitalisierte Gesellschaften angreifbar machen. Wollt ihr das totale Virus?
Also, wo ist Digitalisierung zweckmäßig und sinnvoll und in welchen Bereichen hält man aus Gründen der nationalen, betrieblichen und persönlichen Sicherheit analoge Rückfallebenen vor?
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
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garfield336
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von garfield336 »

Wenn es um digitalisierung der staatlichen Verwaltungen geht, kann ich hier mal die Seite http://www.myguichet.lu vorstellen.

Eine Seite der Luxemburgischen Regierung. Dort hat jeder der einen persönlichen Bereich wo er seine Daten einsehen kann.
Die Seite gilt als zentrales Portal für alle behördlichen Verwaltungsoperationen.

Der Login geht über eine E-Id, Smartcard. oder Token, ähnlich dem Onlinebanking.

z.b. ist dort zu finden:
Daten aus dem Personenregister.
Daten von Transportministerium, (Auf einen angemeldete Fahrzeuge, Führerschein + Punktekonto z.b.)
Gehaltszettel (allerdings nur pensionnierte und staatsangestellte)
Auflistung der Rückerstattungen von der Krankenkasse.
Liste der Immobilien die man besitzt.
Ja und sogar seinen Covid-Impfstatus.:p

Dazu gibt es divere Applikationen. Man kann Wohnsitzbescheinigungen sich herausdrucken, Auszüge aus dem Strafregister, oder auch sein Covidzertifikat.
Auch eine elektronische Steuererklärung kann man dort machen.

Es kommen regelmässig neue Sachen dazu. Die Seite wird von Monat zu Monat umfangreicher.
https://guichet.public.lu/de/support/ai ... onnel.html Hier hat man eine kleine übersicht wie das aussieht wenn man eingeloggt ist.
https://guichet.public.lu/de/support/aide.html


Vorteil ist natürlich dass man alles von zu hause erledigen kann. Man mus sich nur ganz selten deplazieren.Also am 10, Juni dieses Jahres um 12uhr die Covidzertikate verfügbar waren, konnte ich mich am 12.05 einloggen und es rausprinten.
Ihr müsste dafür mit einem komischen gelben fälschungsunsicheren Impfschein in eine Apotheke laufen.
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unity in diversity
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von unity in diversity »

Aktuell behaupten deutsche Politiker, offenbar an Konjunktivismus Leidende, es gäbe einen Hackerangriff aus Rußland.
Warum hat man wesentliche Netzwerke nicht rechtzeitig geschützt?
Warum beschwert man sich über die Cleverness des Klassenfeindes, anstatt einfach selber geräuschlos besser drauf zu sein?
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Raskolnikof
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Raskolnikof »

Hackenangriffe auf Behörden und Wirtschaftsunternehmen aus dem Ausland sind kein speziell deutsches Problem. Sie finden überall auf der Welt statt. Problem ist nur, dass die Russen und Chinesen uns zum Einen technisch voraus sind und ganz offensichtlich die Hacker selbst unseren IT-Spezialisten einfach überlegen sind.
Das hat m.E. auch etwas mit dem mathematischen Auffassungsgabe z.B. der Russen zu tun. Eine meine Töchter ist Lehrerin und hat seit Jahren stets mehrere russische Schüler und Schülerinnen in ihrer Klasse. Sie ist immer wieder erstaunt über deren mathematischen Fähigkeiten und Auffassungsgabe. Von dieser Fähigkeit profitieren diese Schüler im Informatikunterricht enorm. Programmiersprachen erlernen sie wesentlich schneller als ihre deutschen Mitschüler und entwickeln dabei bereits im jugendlichen Alter ganz erstaunliche Fähigkeiten.

Nur langsam setzt sich an den Schaltzentralen unserer digitalen Infrastruktur und deren Sicherheitseinrichtungen die Erkenntnis durch, dass allein die beste Hochschulausbildung mit Masterabschluss im Bereich Informatik nicht viel bringt wenn der „digitale Verstand“ nicht vorhanden ist und IT-ler nicht in der Lage sind abstrakt zu denken. Übrigens sind gute Schachspieler, die in der Lage sind mehrere mögliche Züge voraus zu denken oft gute ITler und umgekehrt.
Wenn ich Unternehmer wäre mit einer globalen Netzinfrastruktur und auf höchste IT-Sicherheit angewiesen wäre und ein Hackerangriff mein Aus bedeuten könnte würde ich für die Datensicherheit meines IT-Systems einen russischen oder chinesischen Computernerd einstellen. Eine Hochschulausbildung wäre mir da schnurz. Ein guter Hacker ist auch ein guter Datensicherheitsspezialist. :)
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von FrankP »

Die Vorteile einer konsequenten Digitalisierung sind ja hier schon ausführlich dargelegt worden - in vielen Punkten stimme ich auch zu, dazu also von mir nix mehr.

Was die Nachteile angeht, würde ich - zumindest als Möglichkeiten - sehen:

- Gefahr missbräuchlicher Verwendung von gesetzeskonform erlangten Daten, z. B. durch den Staat oder einzelne seiner Organe
- Datenklau oder Datenfälschung, bis hin zum Diebstahl kompletter Identitäten
- Hackerangriffe (bin kein Experte, aber mir scheint, die sind aktuell von noch so guten Experten nicht ganz verhinderbar)
- Aufbau einer hochfragilen digitalen Speicher-Infrastruktur (Daten in der Cloud) ohne physikalisches "Backup". Nicht krisensicher!
- Verlust nicht-digitaler Kommunikationskanäle, die nicht gehacked, gestört oder bei Stromausfall komplett lahmgelegt sein können
- Abhängigkeit von der für die Digitalisierung notwendigen Hardware (die aktuell praktisch nur in Südkorea und auf Taiwan produziert wird, wenn's da drüben mal kriegerisch hergeht... uiuiui...
- Abhängigkeit wichtiger Infrastrukturen (Energie, Wasser, Verkehr) von digitaler Infrastruktur, die ihrerseits fragil ist... siehe oben...
- Und zum guten Schluss die menschliche Unfähigkeit, digital in ähnlich hilfreicher Weise zu kommunizieren, wie "live" (was man hier im Forum gelegentlich demonstriert bekommt)

So, jetzt hör ich mal auf, bevor mir noch viel mehr einfällt... ;)
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von firlefanz11 »

Deutschland rutscht beim UN-Vergleich der innovativsten Länder von Platz 23 im Vorjahr auf Rang 57 ab.
Tja, woran DAS wohl liegt...? :?
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Raskolnikof »

unity in diversity hat geschrieben:(07 Sep 2021, 05:03)

Aktuell behaupten deutsche Politiker, offenbar an Konjunktivismus Leidende, es gäbe einen Hackerangriff aus Rußland.
Warum hat man wesentliche Netzwerke nicht rechtzeitig geschützt?
Warum beschwert man sich über die Cleverness des Klassenfeindes, anstatt einfach selber geräuschlos besser drauf zu sein?
Hackenangriffe auf Behörden und Wirtschaftsunternehmen aus dem Ausland sind kein speziell deutsches Problem. Sie finden überall auf der Welt statt. Problem ist nur, dass die Russen und Chinesen uns zum Einen technisch voraus sind und ganz offensichtlich die Hacker selbst unseren IT-Spezialisten einfach überlegen sind.
Das hat m.E. auch etwas mit dem mathematischen Auffassungsgabe z.B. der Russen zu tun. Eine meine Töchter ist Lehrerin und hat seit Jahren stets mehrere russische Schüler und Schülerinnen in ihrer Klasse. Sie ist immer wieder erstaunt über deren mathematischen Fähigkeiten und Auffassungsgabe. Von dieser Fähigkeit profitieren diese Schüler im Informatikunterricht enorm. Programmiersprachen erlernen sie wesentlich schneller als ihre deutschen Mitschüler und entwickeln dabei bereits im jugendlichen Alter ganz erstaunliche Fähigkeiten.

Nur langsam setzt sich an den Schaltzentralen unserer digitalen Infrastruktur und deren Sicherheitseinrichtungen die Erkenntnis durch, dass allein die beste Hochschulausbildung mit Masterabschluss im Bereich Informatik allein nicht viel bringt wenn der „digitale Verstand“ nicht vorhanden ist.

Problem ist, dass sowohl Behörden als auch Industrie- und Wirtschaftsunternehmen nicht bereit ihre Datensicherheit etwas kosten zu lassen. Da wird immer noch viel zu seht gespart nach dem Motto „mich wird es schon nicht treffen“.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Skull »

Guten Tag,

beginnender (themenfremder) Spam…in die Ablage verschoben.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Realist2014 »

Raskolnikof hat geschrieben:(20 Sep 2021, 18:54)

.................................................................................

Problem ist, dass sowohl Behörden als auch Industrie- und Wirtschaftsunternehmen nicht bereit ihre Datensicherheit etwas kosten zu lassen. Da wird immer noch viel zu seht gespart nach dem Motto „mich wird es schon nicht treffen“.
Das Problem ist differenziert zu betrachten. ( wie schon immer in Bezug auf IT- heute eben auch IS):

Es wird bevorzugt Geld für "Technik" ausgegeben, aber viel zu wenig in den Bereichen IS-Kompetenzen und IS-Awareness der Personen.
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Raskolnikof »

Digitalisierung – Die Ängste der Deutschen

Deutschland fällt im technologischen Wettrennen weiter zurück. Demnach ist die Bundesrepublik im internationalen Vergleich zum zweiten Mal in Folge auf dem vorletzten Platz der sieben wichtigsten (G7) Industrienationen gelandet:
https://www.handelsblatt.com/politik/in ... u5Ovwd-ap2

Für die mangelhafte digitale Infrastruktur in Deutschland gibt es m.E. zwei Gründe: Hauptgrund ist sicherlich der große Fehler der Politik, den Ausbau der Datennetze privaten Unternehmen zu überlassen die den Ausbau rein nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten vornehmen. Man kann das schon daran erkennen, dass 5G in Ballungsgebieten mit Macht vorangetrieben wird während in ländlichen Gebieten es weiterhin Funklöcher gibt, die Anbieter im Festnetz noch nicht einmal 16.000 Mbit/s garantieren können und das einfache Öffnen einer Webseite schon Schwierigkeiten bereitet.

Eine weitere Bremse sind da aber auch die offensichtlich bestehenden Ängste innerhalb der Bevölkerung vor Bespitzelung, Datenmissbrauch-und Diebstahl und auch das Glauben an verschwörungstheorien die mit dazu beitragen, dass der Ausbau der digitalen Infrastruktur und dessen Nutzung ausgebremst werden. Wenn ich nur an die elektronischen Patientenakte denke, die in Dänemark seit vielen Jahren existiert und Ärzten und Patienten nur Vorteile bringt. Hier wird seit Jahren daran gearbeitet. Und was wird daraus? Ein Frickelwerk wo jede Krankenkasse sein eigenes System errichtet auf freiwilliger Basis der Versicherten.
Und noch etwas weiter zurück: Die Funktion Street View in Google Maps bzw, Google Earth. Als da in Deutschland die Kamerawagen von Google durch Deutschlands Städte fuhren um die Straßenansichten unserer Städte aufzunehmen und diese online stellte ging ein Aufschrei durch die Republik. Abertausende Anträge von Bürgern gingen da bei Google ein mit der Forderung, dass ihr Haus oder Wohnung, ihr Autostellplatz oder andere Dinge verpixelt werden sollen. Und so mehrten sich in Google Street View immer mehr Straßen, in denen die Häuserfronten eingegraut waren. Diese „Volkswut“ der Deutschen führte letztlich dazu, dass Google sein Engagement in Sachen Street View in Deutschland im April 2011 einstellte. Zwar sind seit 2017 wieder Kamerawagen von Google in Deutschland unterwegs. Deren Bilder dienen aber nicht der Veröffentlichung sondern zur Aktualisierung von Stadt- und Straßenplänen.
In 87 Ländern weltweit hat Google jetzt die großen Städte aber auch kleinere Orte mit z.B. besonderem touristischen oder kulturellem Charakter erfasst. Es macht Spaß, am PC bestimmte Orte dreidimensional zu erkunden. Nur in Deutschland funktioniert das nicht.
Hierzu ein sehr interessanter Artikel:

Vertrauen kann nicht exportiert werden:
https://www.nordschleswiger.dk/de/daene ... cKkXKxW8as
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Tom Bombadil »

Raskolnikof hat geschrieben:(12 Oct 2021, 12:39)

...und auch das Glauben an verschwörungstheorien die mit dazu beitragen, dass der Ausbau der digitalen Infrastruktur und dessen Nutzung ausgebremst werden.
Welche wären das, hast du mal ein paar Beispiele?
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von schokoschendrezki »

Raskolnikof hat geschrieben:(05 Jun 2021, 23:29)

Moin!
Leider wurden die beiden Threads „Abschaffung von Bargeld“ und „Alternativen zum Bargeld – Vor-und Nachteile der Systeme“ von einigen Usern immer wieder dazu genutzt um über das Grundsatzthema Datenschutz und Datensicherheit zu referieren oder auch die Digitalisierung in verschiedenen Bereichen zu kritisierten. Dabei wurde zumeist aus dem Bauch heraus kritisiert ohne nachvollziehbar Kritik zu begründen. Um die beiden o.g. Threads nicht zu „verwässern“ habe ich jetzt mal diesen Thread aufgemacht, um an konkreten Beispielen wie z.B. Dänemark die Vor- und Nachteile dieser „Digitalisierungswut“ der Dänen aufzuzeigen, wobei aus meiner Sicht die Vorteile überwiegen. Speziell bei den häufig genannten Nachteilen würde ich mir aber auch belastbare Belege für entsprechende Behauptungen wünschen. Auf reine Ängste, Vermutungen und Behauptungen kann ja schlecht reagiert bzw. argumentiert werden.
Versuch einmal die umgekehrte Sicht zu verstehen. Nicht zu fragen, was die "totale Digitaliserung" der Gesellschaft gebracht hat sondern was sie nicht verhindert hat. In Dänemark haben wir eine inzwischen kaum noch nachvollziehbare Rechtsdrift der klassischen Sozialdemokratie. Wie siehts im Digitalparadies weltweit Nummer eins aus? In Estland? Estland wird immer noch digitalisierter. Und? Entsteht dadurch eine liberale kosmopolitische Bürgerschaft? Nein. In Estland blüht, im Gegenteil, gerade eine Art rechtsnationale Erweckungsbewegung auf. So wie Joseph Goebbels einst den Rundfunk und Leni Riefenstahl das Medium Film für ihre nationalistischen Phantasien entdeckten, so entdecken die Länder im Norden jetzt die Digitalisierung.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von schokoschendrezki »

Die "glücklichsten Menschen" ... wir könnten ja mal eine Liste der glücklichsten Menschen in Geschichte und Gegenwart zusammentragen. Das ist ein völlig ungeeignetes Kriterium. Glück für die einen kann immer auch Unglück für die anderen sein.

Kanada ... ist im Prinzip ja auch ein "Nordland". Kanada hat sich in den letzten Jahrzehnten - zumindest im Blick der Weltöffentlichkeit - als Land gezeigt, dass sich andauernd für Menschenrechte, Demokratie usw. einsetzte. Weißt du, warum in Kanada sein etwa Juni landesweit die Flaggen auf Halbmast stehen? Weil eine Aufarbeitung der unvostellbar grausamen Verfolgung der indigenen Bevölkerung eingesetzt hat. Insbesondere in Form der Trennung von Kindern von ihren Eltern zum Zwecke der "Kanadisierung" durch Schläge und Fußtritte.

In Ländern wie Schweden lässt diese Halbmastbeflaggung zum Beispiel wegen der Zwangssterilisierung von ca. 60 000 Menschen bis 1976 (1976!) noch auf sich warten. Und? War man unglücklich dabei in Bullerbü? Natürlich nicht! Das Glück der meisten Menschen in Skandinavien oder im globalen Norden ist ein Glück mit einem unvorstellbar dreckigen Hinterzimmer.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von schokoschendrezki »

Auf den ersten Blick scheinen all diese Dinge nix mit dem eigentlichen Thema "Digitalisierung" zu tun zu haben. Auf den zweiten Blick aber schon. Es gibt in Skandinavien eine sozialdemokratisch grundierte Tradition der Idee der sozusagen ingenieurmäßigen "Gestaltbarkeit" der Gesellschaft.Für die vor allem die Personen ALva und GUnnar Myrdal stehen. Man sterilisiert einfach die "hochgradig lebnensuntauglichen" Personen (wörtliche Formulierung) von Myrdal und sorgt so dafür, dass eine soziale Gesellschaft aufrechterhalten werden können. Dioe totale Digitalisierung geht zwar natürlich nicht in dieselbe Richtung aber diese Grundidee der sozialen Ingenieurkunst steckt schon auch ein bissel dahinter.

Ich habe ein sehr tiefes Misstrauen gegenüber Glücksgesellschaften. Da stimmt etwas nicht! Es gibt genügend Gründe, auch einmal traurig zu sein!
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von franzmannzini »

Raskolnikof hat geschrieben:(12 Oct 2021, 12:39)
... auch das Glauben an verschwörungstheorien die mit dazu beitragen, dass der Ausbau der digitalen Infrastruktur und dessen Nutzung ausgebremst werden...
Die Verbreitung von Verschwörungstheorien war nie so einfach wie mit der Digitalisierung.
Welchen Grund hat das Abkleben einer Kamera am Laptop ?
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(12 Oct 2021, 16:37)

So wie Joseph Goebbels einst den Rundfunk und Leni Riefenstahl das Medium Film für ihre nationalistischen Phantasien entdeckten, so entdecken die Länder im Norden jetzt die Digitalisierung.
Bitte nicht Riefenstahl da auch noch wild reinmeiern. Riefenstahl hat nicht das "Medium Film" entdeckt, sondern entscheidend mitentwickelt und mitgeprägt, bis heute. Und "Nationalismus" war dabei nicht ihr Antrieb.

Davon ab, ist es freilich die Frage, für was man nun ein Medium nutzt. Das Medium selbst ist für seine Nutzung nicht verantwortlich zu machen.
Oder: wenn man glaubt, dass alles an niedrigen Latenzen und riesigen Bandbreiten und lückenloser Verbreitung hängt, irrt man auch, nach dem beliebten etatistischen Motto: viel hilft viel. Einfach noch mehr (Steuer)Geld von oben reinschütten und hoffen, das dabei unter mehr herauskommt.

Ich gehe mal stark davon aus, dass auch wenn wir in D die hinterletzte Ecke mit 5G und erdnahen Satelliten und Glasfaserkabeln doppelt und dreifach überversorgt haben, dort nicht wundersam die "digitale Revolution" unter den "Ich brauch eigentlich gar kein Internet"-Rentnern ausbrechen wird.
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H2O
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von H2O »

Die Digitalisierung schreitet auch in Polen rasch voran. Die digitale Patientenakte liegt in der Hand des Gesundheitsministers. Vermutlich ist es auch günstiger, nur eine gesetzliche Krankenkasse zu haben als deren 100. In Polen ist das die NFZ (Narodowy Fundusz Zdrowia). In der EU arbeitet diese Krankenkasse mit den deutschen gesetzlichen Krankenkassen ab... sicher auch ganz digital. Meine deutsche TK ist in der Hinsicht auch auf Zack.

Ein kleines Beispiel, das mich verblüfft hat: Mein deutscher Hausarzt hat mich gebeten, mir einen polnischen Hausarzt zu zu legen, weil er mir im Notfall nicht helfen könne. 550 km Anmarsch.... Also getan; ein Ärztezentrum mit persönlicher Anmeldung. Natürlich auf der PESEL aufbauend, der Persönlichen elektronischen Erfassungsnummer, die jeder Pole verpaßt bekommt... und jeder Unionsbürger, der einen festen Wohnsitz in Polen hat... gleich bei der Anmeldung im Rathaus.

Meine Frau hatte Beschwerden an ihren Nieren. Der Arzt, einer von den 6 Ärzten dort, die man nach Belieben wechseln kann oder sich fest an einen binden kann, untersuchte meine Frau, meinte das Richtige gefunden zu haben und verschrieb meiner Frau ein Medikament. Kein Rezept, wie das in Deutschland üblich ist, sondern einen formlosen kleinen Zettel, mit dem wir in eine der zahlreichen Apotheken gehen sollten. Auf dem Zettel der Name meiner Frau und eine vierstellige Zahl.

Der Apotheker nahm umstandslos den Zettel an, verschwand in seinem Büro, kam wieder heraus und griff in einen seiner Schränke... tatsächlich das Medikament. Eine kleine Zuzahlung (30 PLN) und wir hielten es in den Händen.

Was da im Hintergrund abgelaufen war, das kann doch nur der Eintrag des Arztes für seine Untersuchung sein, und die vierstellige Nummer auf dem Zettel ein Hinweis auf seine Verordnung; das alles für die NFZ, die sich dazu irgendwann mit der deutschen TK in Verbindung setzt.

Unsere Impfung gegen Covid-19 ist genau denselben Weg in eine zentrale Akte unter unseren PESELn gegangen. Im Krankenhaus hat man Wochen später ohne zu zucken diese Impfungen in unseren WHO-Impfpaß übertragen. Auch kein Ding; kaum Wartezeit, ruck-zuck.

Ich hatte nach Genehmigung ein Wirtschaftsgebäude auf meinem Grundstück gebaut. 2 Jahre nach Genehmigung kam ein Geometer zur Vermessung... war danach verschwunden. Plötzlich ein Steuerbescheid aus dem Rathaus, weil das Grundstück mit der Nutzung höher zu versteuern ist als ein Gartengrundstück. Vollautomatik...

Das polnische digitale Verwaltungssystem ist sicher noch in Entwicklung, aber meine Erfahrungen damit sind sehr ermutigend.

Übrigens ist Barzahlung in Polen noch weit verbreitet, obwohl ich nach Möglichkeit mit Karte zahle, um mir den Gang zum Geldautomaten zu ersparen. Das geht also auch in den allermeisten Fällen mit meinem Telefon oder mit Überweisung. Warum noch Bargeld... ich ahne es... und ich ahne auch, weshalb hier in Polen doch etliche Leute sehr um die Zukunft der Barzahlung kämpfen...
franzmannzini

Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von franzmannzini »

Der Digitale Führerschein:
https://www.spiegel.de/netzwelt/apps/id ... e5cdc66e05
Wenn man so etwas wirklich will, dann muß es auch sicher sein.
Ist der CCC der Lauterbach der Digitalisierung, oder nicht ?
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(12 Oct 2021, 17:38)

Bitte nicht Riefenstahl da auch noch wild reinmeiern. Riefenstahl hat nicht das "Medium Film" entdeckt, sondern entscheidend mitentwickelt und mitgeprägt, bis heute. Und "Nationalismus" war dabei nicht ihr Antrieb.
"für ihre nationalistischen Phantasien" hab ich geschrieben. Nicht einfach nur so "Entdeckung". Körper- und Muskelverherrlichung wie sie für Riefenstahl charakteristisch ist haben in meiner Sicht durchaus einen nationalistischen touch. Ich habe kaum mal etwas mit einer solchen, derartigen Verständnislosigkeit erlebt wie die Wiederentdeckung und die Rehabilitationsversuche Riefenstahls durch Personen wie etwa Alice Schwarzer.
Davon ab, ist es freilich die Frage, für was man nun ein Medium nutzt. Das Medium selbst ist für seine Nutzung nicht verantwortlich zu machen.
Oder: wenn man glaubt, dass alles an niedrigen Latenzen und riesigen Bandbreiten und lückenloser Verbreitung hängt, irrt man auch, nach dem beliebten etatistischen Motto: viel hilft viel. Einfach noch mehr (Steuer)Geld von oben reinschütten und hoffen, das dabei unter mehr herauskommt.

Ich gehe mal stark davon aus, dass auch wenn wir in D die hinterletzte Ecke mit 5G und erdnahen Satelliten und Glasfaserkabeln doppelt und dreifach überversorgt haben, dort nicht wundersam die "digitale Revolution" unter den "Ich brauch eigentlich gar kein Internet"-Rentnern ausbrechen wird.
Ich habe letztes WE mit großem Interesse und Erstaunen in der Eisenbahn beobachtet, wie 16, 17 jährige Gymnasiumsschüler erst den Sonnenaufgang mit einer SPiegelreflextkamera fotografierten und dann lange Zeit mit Pappspielkarten irgenden Kartenspiel spielten und tatsächlich niemand von denen während drei Stunden Fahrt auch nur einmal ein Handy hervorkramte.

Die Rentner bzw. älteren Leute in der S-Bahn starren allesamt und durchwegs ununterbrochen auf ihr Handy.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von schokoschendrezki »

franzmannzini hat geschrieben:(12 Oct 2021, 18:17)

Der Digitale Führerschein:
https://www.spiegel.de/netzwelt/apps/id ... e5cdc66e05
Wenn man so etwas wirklich will, dann muß es auch sicher sein.
Ist der CCC der Lauterbach der Digitalisierung, oder nicht ?
Keine Ahnung. Aber ich weiß ziemlich genau, was es für ein Hochschulrechenztrum bedeutet, wenn der gesamte Hochschulbetrieb mit allem drum und dran, von Bibliothek über E-Learning, Notenverbuchung, Prüfungsanmeldung, Zeugnisdruck usw. usf. für eine ganze Woche wegen eines Hackerangriffs komplett lahmgelegt ist. (Wie vor einiger Zeit an der Hochschule Gießen). Von dem Worstcase mal ganz abgesehen, dass zum Beispiel alle Noten für alle Zeit weg sind. (Was zum Glück allerdings doch sehr unwahrscheinlich ist).

Bei Cyber-Erpressungen gibt es eine sehr sehr hohe Dunkelziffer von geleisteten Zahlungen. Von denen nur niemand je etwas erfährt. Weil das nicht gerade das Image eines Unternehmens befördert. Um es vorsichtig zu sagen. Und diesem "Geschäftsfeld" steht noch eine steile Karriere bevor.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von schokoschendrezki »

Welche absurden Blüten die "Digitalisierung" in D manchmal hervorbringt konnte ich letzten Freitag erleben. Im Bahnhof Berlin-Lichtenberg (eigentlich eher ein kleiner Nebenbahnhof mit S-Bahn, U-Bahn und ein paar Regionalbahnlinien ) ... gibts ein VBB"-Kundenzentrum". Drei (wirklich und tatsächlich: drei!) Bahnbeamte saßen dort hinter einer Glasfront und schauten in die Welt hinaus. Es handelt sich allerdings nur um ein "VBB-Zentrum". (Verkehrsverbund Berlin Brandenburg). Für Fahrten bis ins ferne Mecklenburg-Vorpommern sei der Automat dort rechts zuständig. Also gut. Ich quäle mich durch alle möglichen Angebotsmenüs. Die drei Herren schauen interessiert zu. Ein "Stadt-Land-Meer"-Ticket wollte ich haben. ABer mit Radbeförderung dazu. Ich breche den Vorgang ab, gehe ins Kundencenter und frage nach. Die drei Herren stecken die Köpfe zusammen und beraten. Dann die Antwort: Sie müssen erst "Freizeitangebote" wählen. Ich muss aber schließlich nochmal abbrechen und nachfragen. Die drei Herren stecken wiederum die Köpfe zusammen. Und während ganzer 20 Minuten hat nicht ein einziger Mensch sonst dieses Kundenzentrum betreten. Franz Kafka lässt grüßen.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von schokoschendrezki »

Anderes Beispiel: Selbstbedieungskassen. Self-Scanning-Kassen. Idiotisch zumindest dann wenn noch eine Kassiererin daneben steht. Ich hab nicht etwa ein Verständnisproblem damit sondern schlicht und einfach keine Lust zum Selberscannen. Ich sag zu der Kassiererin: Machen Sie einfach einen Aufpreis, um die Gehälter von Kassiererinnen durch den Produktverkauf einzuspielen. Ich mein: Klar. Es geht doch nicht um "Digitalisierung" sondern um Personaleinsparung. Ich zahl freiwillig drauf! Dafür will ich aber an der Kasse bequem danebenstehen und nicht nach dem Scanzettel suchen, weil ich in der Regel irgendeine politische Sendung im Ohr habe oder gerade in Gedanken bin und über irgendwas nachsinne.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Raskolnikof »

Realist2014 hat geschrieben:(21 Sep 2021, 11:09)

Das Problem ist differenziert zu betrachten. ( wie schon immer in Bezug auf IT- heute eben auch IS):

Es wird bevorzugt Geld für "Technik" ausgegeben, aber viel zu wenig in den Bereichen IS-Kompetenzen und IS-Awareness der Personen.
Das stimmt vielerorts. Dies trifft insbesondere für die älteren Menschen zu, die nicht mit dem PC und Smartphone aufgewachsen sind und denen am Arbeitsplatz die Technik einfach auf den Schreibtisch gestellt wurde nach dem Motto „nun mach mal“. Die junge Generation, der bereits kurz nach deren Entbindung das Smartphone in die Hand gelegt wird ist da nach meinen Beobachtungen schon sensibler u.a. weil in den Schulen im Fach Informatik immer mehr Wert auf Kompetenz in Sachen Datensicherheit und Medienkompetenz gelegt wird und auch die Lehrer in dem Bereich jünger und fitter geworden sind.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Raskolnikof »

franzmannzini hat geschrieben:(12 Oct 2021, 17:20)

Die Verbreitung von Verschwörungstheorien war nie so einfach wie mit der Digitalisierung.
Welchen Grund hat das Abkleben einer Kamera am Laptop ?
Das weißt du nicht? Das glaube ich nicht. :D
Die Angst vor Spionage speziell durch die von außen aktivierte Notebookkamera ist nun keine speziell deutsche. Seitdem dafür spezielle Apps aufgetaucht sind die nur heruntergeladen und deren Inhalt als harmlos erscheinende Mail verschickt werden und so von nichts ahnenden Empfängern aktiviert werden hat sich ja die Industrie darauf eingestellt. Einige Hersteller statten ja bereits ihre Notebooks mit einem mechanischen Schieber zum Verschließen des Kameraobjektivs aus. Aber ist dies ein Grund die (fortschreidende) Digitalisierung aufzuhalten?
Sicherheitsbarrieren sind immer nur bis zu einem gewissen Grad sicher. Der Profi knackt jedes Sicherheitsschloss einer Haustür binnen kürzester Zeit. Und trotzdem will kein Mensch auf das schloss in seiner Haustür verzichten.
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Re: Die totale Digitalisierung der Gesellschaft am Beispiel unserer nordischen Nachbarn – Vorbilder für Deutschland?

Beitrag von Raskolnikof »

schokoschendrezki hat geschrieben:(12 Oct 2021, 16:56)

Die "glücklichsten Menschen" ... wir könnten ja mal eine Liste der glücklichsten Menschen in Geschichte und Gegenwart zusammentragen. Das ist ein völlig ungeeignetes Kriterium. Glück für die einen kann immer auch Unglück für die anderen sein.

Kanada ... ist im Prinzip ja auch ein "Nordland". Kanada hat sich in den letzten Jahrzehnten - zumindest im Blick der Weltöffentlichkeit - als Land gezeigt, dass sich andauernd für Menschenrechte, Demokratie usw. einsetzte. Weißt du, warum in Kanada sein etwa Juni landesweit die Flaggen auf Halbmast stehen? Weil eine Aufarbeitung der unvostellbar grausamen Verfolgung der indigenen Bevölkerung eingesetzt hat. Insbesondere in Form der Trennung von Kindern von ihren Eltern zum Zwecke der "Kanadisierung" durch Schläge und Fußtritte.

In Ländern wie Schweden lässt diese Halbmastbeflaggung zum Beispiel wegen der Zwangssterilisierung von ca. 60 000 Menschen bis 1976 (1976!) noch auf sich warten. Und? War man unglücklich dabei in Bullerbü? Natürlich nicht! Das Glück der meisten Menschen in Skandinavien oder im globalen Norden ist ein Glück mit einem unvorstellbar dreckigen Hinterzimmer.
Das Beispiel der Zwangssterilisation hier jetzt im Thema Digitalisierung aus dem Hut zu zaubern finde ich nicht angemessen. Das sich damit die Skandinavier nicht rühmen können ist schon klar. Aber vielleicht sind die ja auch deshalb so glücklich, weil sie den Schatten ihrer Vergangenheit endlich abgeworfen haben?

Unbestritten ist, dass sich nordische Gesellschaften durch einen hohen Lebensstandard, eine tiefe Kriminalitätsrate und eine gleichmässige Einkommensverteilung auszeichnen.
Schweden, Dänemark, Norwegen und teilweise Finnland zeichnen sich durch ein hohes Mass an Vertrauen, eine hervorragende Arbeitsmoral, Bürgerbeteiligung, sozialen Zusammenhalt und einen starken Familiensinn aus. Ich war über viele Jahre beruflich in Finnland viel unterwegs. Da war ich immer wieder erstaunt über das hervorragende Bildungswesen, die Versorgung kranker, alter und pflegebedürftiger Menschen und den besagten Familiensinn. Da ist Deutschland weit von entfernt!

Aber vielleicht sollten wir nicht zu sehr vom Thema abdriften.
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