NATO Osterweiterung

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schokoschendrezki
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von schokoschendrezki »

Emin hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 10:03 Ja, Jelzin war ein Westfreund, und gleichzeitig verhasst in seiner eigenen Bevölkerung, größtenteils genau deshalb. Solange die Russen selbst nicht begriffen haben, dass sie keinen globalen Führungsanspruch mehr haben, solange sollte man Russland möglichst schwach und klein halten. Dem Westen vorzuwerfen er sei nicht freundlich genug gewesen ist wie dem Westen vorzuwerfen, mit noch mehr appeasement wäre der 2. WK verhindert worden.
Lassen wir mal den 2.WK beseite. Und ich glaube, Jelzin war in der russischen Bevölkerung unbeliebt, weil in Russland in den 90er Jahren das totale Chaos herrschte.
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schokoschendrezki
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von schokoschendrezki »

relativ hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 09:15 Es scheiterte m.M. hauptsächlich eher daran, das Russland und Putin nicht die 2 Geige hinter der USA spielen wollte und an dem unterschiedlichen demokratischen und ideologischen Weltbild zwischen den meisten NATO Staaten und Putin.
Ich glaube nicht, dass Putin jemals so etwas wie ein "ideologisches Weltbild" hatte oder hat. Jemand der sich mit nacktem Oberkörper, Sonnenbrille und Angelrute fotografieren lässt, ist mental und intelligenzmäßig selbstverständlich immer noch in der Lage, sehr kluge und gewiefte strategische wie auch taktische Entscheidungen zur Machterhaltung zu treffen. Nur, so etwas wie ein Weltbild kann er nicht entwickeln. Auch sehr erfolgreiche Mafiabosse fahren mit teuren Luxuslimousinen herum. Putin scheint in dieser Hinsicht schlicht und einfach ein typischer egogetriebener dummer Mann zu sein.

Aber es besteht die Hoffnung, dass er genau deshalb scheitern wird. Richard Nixon zum Beispiel, war ein ähnlich gerissener wie gleichzeitig dummer Mensch. Seine Wahlaussichten waren herausragend. Kaum jemals irgendwann war ein US-Politiker dermaßen erfolgreich. Irgendwann mal hat er so gut wie sämtliche Bundesstaaten für sich gewonnen. Getrieben jedoch von einem manischen Verfolgungswahn und einer maskulinistischen Machtbesessenheit ließ er die Gegenpartei observieren. Er hätte, wenns nötig gewesen wäre, seine politischen Gegner auch vergiften lassen. Seine Dummheit zeigt sich darin, dass all die Aktion im Zusammenhang mit Watergate überhaupt nicht nötig waren. Seine Position war eigentlich sicher und felsenfest. Pech gehabt.
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harry52
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von harry52 »

Emin hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 09:21 Ich glaube nicht, dass Putin ein Imperialist ist. Ich glaube eher, dass von Putin Imperialismus verlangt wird, sonst kann er nicht an der Macht bleiben. Siehe dazu auch seine Umfragehochs nach der Annektierung der Krim und nun durch den Krieg.
Oder sagen wir mal so.
Putin ist seit 1992 korrupt als er Vizebürgermeister von St. Peterstburg wurde und ihm ist seit Jahren klar, das eine rechtstaatliche Demokratie mit Meinungsfreiheit für ihn persönlich hochgefährlich ist.

Er könnte abgewählt werden und man könnte sich für seine Verbrechen interessieren.

Deswegen zerstört er seit Jahren alles, was in Richtung Demokratie geht.

Er schreckt auch seit vielen Jahren nicht vor Mordanschlägen an Kritikern zurück. Man denke an Litwinenko, Politskowskaya, Nemzov, Changoschwili, Skripal....

Auch die Kampagnen gegen Homosexuelle sind typisch für Diktaturen.
Man braucht innere und äußere Feinde und vergreift sich an Minderheiten. Die NATO dient auch als nüzliches Feindbild, um die Diktatur zu festigen.

Und ja: Ein erfolgreicher Feldzug hilft selbstverständlich auch,
um an der Macht zu bleiben. Umgekehrt wäre ein demokratischer Nachbarstaat Ukraine eine Gefahr.

Die NATO Osterweiterung ist gar nicht
so sehr das große Problem von Putin. Demokratie ist Putins größtes Problem und deswegen führt er auch diesen Krieg und deswegen hat er auch im syrischen Bürgerkrieg dem Diktator Assad geholfen und Xi in China sowie Kim in Nordkorea sind auch nur deswegen auf Russlands Seite, weil auch sie Angst vor der Demokratie haben.
"Gut gemeint" ist nicht das Gleiche wie "gut gemacht".
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Panarin »

schokoschendrezki hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 10:07 Es gab den kurzzeitigen sogenannten "Vorstoß von Pristina". Russische Truppen kamen den KFOR-Soldaten für kurze Zeit zuvor. Offiziell beteiligt waren sie nicht. Einen Monat später, August 99, erfolgte in Russland der Machtwechsel Jelzin->Putin. Und RUssland befand sich noch immer in einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise. Gott sei Dank, möchte man sagen. Dass bei dieser Gelegenheit nicht motivierte und gut gerüstete russische Truppen auf NATO-Verbände getroffen sind.
Und vorher in Bosnien waren sie auch stationiert.
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relativ
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von relativ »

schokoschendrezki hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 10:16 Ich glaube nicht, dass Putin jemals so etwas wie ein "ideologisches Weltbild" hatte oder hat. Jemand der sich mit nacktem Oberkörper, Sonnenbrille und Angelrute fotografieren lässt, ist mental und intelligenzmäßig selbstverständlich immer noch in der Lage, sehr kluge und gewiefte strategische wie auch taktische Entscheidungen zur Machterhaltung zu treffen. Nur, so etwas wie ein Weltbild kann er nicht entwickeln. Auch sehr erfolgreiche Mafiabosse fahren mit teuren Luxuslimousinen herum. Putin scheint in dieser Hinsicht schlicht und einfach ein typischer egogetriebener dummer Mann zu sein.
Das sehe ich anders und die Bilder produziert er natürlich für das geneigte Publikum zuhause, so wie es andere Politiker in anderen Staaten auch tun, eben halt nur auf ihr Publikum /Wähler zugeschnitten. Putins Weltbild sieht Russland als Weltmacht ,was natürlich einen Anspruch darauf erhebt, daß bessere System zu haben. Natürlich kann man auch die Meinung vertreten, daß Putin einfach nur ein Verbrechergeist hat , der zur Macht gekommen ist. Realität ist er trotzdem.
Aber es besteht die Hoffnung, dass er genau deshalb scheitern wird. Richard Nixon zum Beispiel, war ein ähnlich gerissener wie gleichzeitig dummer Mensch. Seine Wahlaussichten waren herausragend. Kaum jemals irgendwann war ein US-Politiker dermaßen erfolgreich. Irgendwann mal hat er so gut wie sämtliche Bundesstaaten für sich gewonnen. Getrieben jedoch von einem manischen Verfolgungswahn und einer maskulinistischen Machtbesessenheit ließ er die Gegenpartei observieren. Er hätte, wenns nötig gewesen wäre, seine politischen Gegner auch vergiften lassen. Seine Dummheit zeigt sich darin, dass all die Aktion im Zusammenhang mit Watergate überhaupt nicht nötig waren. Seine Position war eigentlich sicher und felsenfest. Pech gehabt.
Wie sagte es Goethe so schön. "Der Lebende soll hoffen" :thumbup:
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schokoschendrezki
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von schokoschendrezki »

relativ hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 10:38 Das sehe ich anders und die Bilder produziert er natürlich für das geneigte Publikum zuhause, so wie es andere Politiker in anderen Staaten auch tun, eben halt nur auf ihr Publikum /Wähler zugeschnitten. Putins Weltbild sieht Russland als Weltmacht ,was natürlich einen Anspruch darauf erhebt, daß bessere System zu haben. Natürlich kann man auch die Meinung vertreten, daß Putin einfach nur ein Verbrechergeist hat , der zur Macht gekommen ist. Realität ist er trotzdem.
Wegen Russland oder wegen seiner erträumten Rolle darin als Weltmachtführer? Schlüsselfigur zur Frage "Putins Weltbild" ist der "Philosoph" (wohlgemerkt in Anführungszeichen) Iwan Iljin. Den wird er sich schon mehr oder weniger selbst gesucht haben. Sein Ideal jedenfalls. Antibolschewist, Faschist, Monarchist, Slawophiler. Iljin, Dugin, Solschenizyn, Putin. In den Schriften Iljins finden sich auch in Hinsicht auf die aktuelle politische Situation ziemlich aussagekräftige Passagen zum Verhältnis Russland-Ukraine.

Das Problem oder jedenfalls mein Problem besteht u.a. darin, dass ukrainische Nationalisten - bis heute - der Polemik dieser Herren in nichts nachstehen. Man argumentiert z.T. mit jahrhunderte zurückliegenden Ereignissen. Die vermutlich auch noch historisch - auf beiden Seiten - völlig ungesichert sind und in Teilen wohl doch Legenden darstellen. Die Frage des sogenannten Hetmanats zum Beispiel. Solange es um solches Zeug geht (vergleiche dazu auch zum Beispiel den Irrsinn der Geschichtsversessenheit in Ex-Jugoslawien, die Schlacht auf dem Amselfeld etwa oder die Bezüge zu Alexander dem Großen) ... weigere ich mich strikt, als Symbol der Ablehnung der russischen Invasion irgendein National-Symbol der Ukraine zu präsentieren. Einschließlicjh der ukrainischen Flagge. Der russische Angriff ist mit dem Völkerrecht unvereinbar, stellt eine der schlimmsten humanitären Verbrechen der jüngeren Geschichte dar und entspricht einem imperialstischen Machtstreben. Mit der ukrainischen (russischen, deutschen) Fahne soll man mich - bitte! - in Ruhe lassen!
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Misterfritz »

schokoschendrezki hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 10:59Mit der ukrainischen (russischen, deutschen) Fahne soll man mich - bitte! - in Ruhe lassen!
Lassen wir Dich doch - nur was hat das mit dem Thema zu tun?
Das Salz in der Suppe des Lebens ist nicht Selbstdisziplin, sondern kontrollierte Unvernunft ;)
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Platon
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Platon »



Mit Finnland wird es wohl so schnell nichts werden.
Dieser Beitrag ist sehr gut.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Europa2050 »

Brainiac hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 09:59 Das verstehe ich nicht. Hier geht es nicht darum, Staaten einen Beitrittsgesuch zu verweigern. Ein vorhandenes Bündnis kann aber per Definition nicht verpflichtet dazu sein, Beitrittsgesuchen zuzustimmen, und das hat nichts mit einem Eingriff in die Souveränität dieser Staaten zu tun.
Ich mach einmal hier weiter, das macht wirklich mehr Sinn.

Ich denke, über die Fakten, die Motivationen und Bewertungen der Vorgänge rund um den Beitritt der Ex WP-Staaten und Ex-Sowjetrepubliken sind wir uns relativ einig, da gibt es bestenfalls Nuancen.

Das Problem, das ja auch Snyder adressiert, sind die Folgerungen und ihre moralischen Implikationen. Snyders Vorwurf an die „wir haben Putin mit der Osterweiterung provoziert“ Vertreter lautet ja Kolonialismus, die Ansicht (nicht nur in Deutschland), zwischen Berlin (Wien) und Moskau sei nur Zwischenraum, dessen Belange maximal zweitrangig seien.
Von Russland kennen wir das, „Sammlung russischer Erde“, polnische Teilungen, Hitler-Stalin-Pakt, Breshenew-Doktrin und jetzt eben „Russki mir“.

Aber - und das ist für mich jederzeit diskutabel - ist es auch für Deutschland, den „Westen“ moralisch vertretbar, so zu denken und aufgrund der Interessen Russlands auf eine angemessene Berücksichtigung der Interessen dieses „Zwischenraumes“ zuverzichten? Oder ist das doch Kolonialismus im historischen Stile Preußens und KuKaniens?

Ich würde sagen: Nein, das ist moralisch unvertretbar, aber das ist natürlich meine Meinung als überzeugter Europäer, der Finnen, Balten, Belarusier, Polen, Tschechen, Slowaken, Ukrainer, Ungarn, Rumänen, Moldawier und den ganzen Rest als seinesgleichen sieht.

Und das mit dem Ukraine draußen halten, damit sich Russland nicht daran stört, war 2008 definitiv ein Fehler, zumindest das wissen wir jetzt (aber eben nicht damals).

BTW.: Weil irgendwo Brandt in der Sache angegriffen wurde: Der war seinerzeit doch neben Moskau in Ost-Berlin und Prag, hatte seinen wichtigsten Auftritt in Warschau. Brandt ist eine Vernachlässigung des Zwischenraumes von allen deutschen Kanzlern am wenigsten vorzuwerfen.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Tom Bombadil »

Selbst wenn man den Russen damals versprochen hätte, dass sich die NATO nicht nach Osten ausdehnt - was natürtlich angesichts des Selbstbestimmungsrechtes der Völker völlig hanebüchen ist - gibt das Russland noch lange nicht das Recht, die Ukraine zu überfallen, dort Menschen zu massakrieren, zu vergewaltigen und Land zu rauben.
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schokoschendrezki
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von schokoschendrezki »

Misterfritz hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 11:01 Lassen wir Dich doch - nur was hat das mit dem Thema zu tun?
Es gibt schon einen gewissen moralischen Druck, den Russland-Ukraine-Krieg aus der Perspektive der Parteiergreifung für eine Nation (und nicht nur für die betroffenen Menschen) betrachten zu sollen. Ich sag ja nicht von seiten dieses Forums. Wir sehen aber kein Fußball-Länderspiel sondern einen Krieg. Dass Ihr mich mit der Nationalfahne in Ruhe lasst ist schon o.k. und ich bedanke mich bei Euch auch dafür.

Was Euren Hinweis auf das Thema betrifft: Der Eingangsbeitrag spielt auf das schon seit langem heftig diskutierte Thema einer angeblichen Täuschung Russlands in Hinsicht auf einen NATO-Beitritt an.

1952 ist die Türkei der NATO beigetreten. Das hatte damals nicht zuletzt oder sogar vorrangig mit dem Korea-Krieg zu tun. 1974 - gar nicht soo lange danach - ist das NATO-Land Türkei in Zypern einmarschiert. Kurz vorher hat das griechische Obristenregime versucht, einen Anschluss Zyperns an Griechenland militärisch zu erzwingen. Griechenland ist ebenfalls seit 1952 NATO-Mitglied. Ich sags mal kurz so: Nato-Mitgliedschaft schützt vor nationalistisch begründeten Feldzügen nicht. Angesichts dieser Entwicklungen hätte man schon 1974 Nationalflaggen entsorgen sollen.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Vongole »

schokoschendrezki hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 16:04 Angesichts dieser Entwicklungen hätte man schon 1974 Nationalflaggen entsorgen sollen.
(..)
Ist kein Thema hier!
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von schokoschendrezki »

Vongole hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 16:09 Ist kein Thema hier!
-Mod.-
Nein? O.K.

Die zentrale Frage der Osterweiterung der NATO ist von heute aus gesehen nicht unabhängig von der Tatsache zu betrachten, dass noch gestern die NATO gefühlsmäßig eigentlich vor dem Ende stand. Kein geringerer als der nationale Sicherheitsberater der USA bis Ende 2019, John R. Bolton, behauptet, Präsident Trump wäre bei einer Wiederwahl 2020 komplett aus der NATO ausgetreten. Zumindest dann, wenn Staaten wie D ihre Geldbeiträge für die Mitgliedschaft nicht erhöhen. Ich wüsste keinen Grund, diese Aussagen grundsätzlich anzuzweifeln. Die Äußerungen Macrons zum "Hirntod" der NATO sind auch allgemein bekannt.

Die meisten Betrachtungen in diesem Thread sind - nach meinem Gefühl jedenfalls - von der festen Überzeugung geprägt, dass das westliche Verteidigungsbündnis so eine Art Ding für die Ewigkeit ist. Dass es sich mal vergrößern und mal verkleinern kann aber als feste Größte grundsätzlich immer besteht. Es ist aber so: Die Staaten der Welt machen - über die letzten 50 Jahre betrachet - zunehmend gewissermaßen was sie wollen. Es existiert keine binär oder ternär geteilte Welt aus Systemen sondern es gibt mehr und mehr die Einzelbestrebungen der verschiedenen Staaten. Grundsätzlich ändert an diesem Trend auch der Ukraine-Krieg oder eine mögliche Norderweiterung nix. Die Menschen selbst in den Staaten der Welt müssen irgendwie davon überzeugt werden, dass sie in erster Linie Erdenmenschen sind und erst in zweiter Linie Ukrainer, Russen oder Franzosen und dass sie als Erdenmenschen gemeinsam den selben Problemen (Kriege, Pandemien, Klimawandel) ausgesetzt sind.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Realist2014 »

schokoschendrezki hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 17:00 . Die Menschen selbst in den Staaten der Welt müssen irgendwie davon überzeugt werden, dass sie in erster Linie Erdenmenschen sind und erst in zweiter Linie Ukrainer, Russen oder Franzosen und dass sie als Erdenmenschen gemeinsam den selben Problemen (Kriege, Pandemien, Klimawandel) ausgesetzt sind.
Da alle "Regelungen" , die die Menschen direkt betreffen ( Gesetze, Steuern, Rente, Gesungsheitswesen usw.) aber immer Themen im nationalen Kontext sind, wird es diese "Überzeugung" nicht geben.
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Haegar »

Realist2014 hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 17:04 Da alle "Regelungen" , die die Menschen direkt betreffen ( Gesetze, Steuern, Rente, Gesungsheitswesen usw.) aber immer Themen im nationalen Kontext sind, wird es diese "Überzeugung" nicht geben.
Ich hätte ihn vorher noch als einen wurzellosen Kosmopoliten geschimpft... :cool:
Ich glaube aber, dass er sich auch dessen bewußt ist, was Du geschrieben hast und er trotzdem einen Weg dahin mit dem Überzeugen gemeint hat.
Nicht umsonst bekämpfen Nationalisten die EU mit allen Mitteln und versuchen zu verhindern, dass es in Europa einen solchen transnationalen Weg gibt.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Vongole »

Wer den Traum einer nationalen Dekonstruktion diskutieren möchte, kann dazu gerne einen Thread aufmachen.
Hier ist das völlig OT!
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Panarin »

Vongole hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 17:17 Wer den Traum einer nationalen Dekonstruktion diskutieren möchte, kann dazu gerne einen Thread aufmachen.
Hier ist das völlig OT!
-Mod.-
Ist die NATO nicht auch transnational? Hier wird ja jede kleine "Abweichung" vom Thema abgewürgt.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Vongole »

Panarin hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 17:32 Ist die NATO nicht auch transnational? Hier wird ja jede kleine "Abweichung" vom Thema abgewürgt.
Sicher ist sie das. Ich möchte nur verhindern, dass hier statt der Nato die Überwindung der Nationalstaaten, sprich deren generelle Auflösung an sich disktutiert wird.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Emin »

schokoschendrezki hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 10:09 Lassen wir mal den 2.WK beseite. Und ich glaube, Jelzin war in der russischen Bevölkerung unbeliebt, weil in Russland in den 90er Jahren das totale Chaos herrschte.
Chaos ist egal, im Deutschland der 30er herrschte ebenso Chaos. Oder auch im Jugoslawien der 90er. Milosevic war trotzdem sehr beliebt. Dem würde ich übrigens gar nicht so sehr zutrauen, dass er selbst besonders nationalistisch gewesen ist. Der hat einfach nur gesehen, womit er beim Volk punkten kann, ähnlich wie auch Donald Trump oder eben Wladimir Putin.

Jelzin jedenfalls war in erster Linie ab 98 enorm unbeliebt, und zwar deswegen, weil er den Ruf als Schwächling weghatte, weil er gegen die Tschetschenen verloren hat, auf der Weltbühne nicht respektiert wurde und dann war da eben auch der Jugoslawienkonflikt, wo nicht nur der Westen Russland nicht respektiert hat, sondern auch Serbien nicht. Jelzin hat Milosevic mehrmals zum Waffenstillstand aufgefordert, was der einfach ignoriert hat.

Dieser Ruf als Schwächling war sein Untergang, die miserable wirtschaftliche Lage nicht so sehr. Für die wirtschaftliche Lage kannst du immer irgendwen verantwortlich machen, aber wen willst du dafür verantwortlich machen, dass du wie ein Schwächling aussiehst?

In Russland jedenfalls gibt es im Volk noch eine sehr weit verbreitete Überzeugung, dass man Europa führen muss - tatsächlich nicht unähnlich zu den Balkanvölkern, insbesondere Serbien, wo Nationalismus immer noch sehr weit verbreitet ist. Solange das so ist, hilft nur gnadenlose Dominanz, um den Frieden zu sichern. Wie es im Balkan der Fall ist, wo der Westen deutlich dominiert und deswegen alle Völker die Füße stillhalten müssen, auch wenn sie gerne anders wollten. Wäre Russland auf dem Balkan prominenter vertreten, dann ziehe ich arg in Zweifel, ob es dort nicht schon lange den nächsten Krieg gegeben hätte.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von JJazzGold »

Platon hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 12:13

Mit Finnland wird es wohl so schnell nichts werden.
Anerkennenswert, dass sich Finnland vom kleinen Sultan nicht die Beihilfe zur Ausrottung der Kurden diktieren lässt.
Bleibt die Frage, was das die Türkei kosten wird. Denn kostenlos können die anderen Natostaaten diesen provozierten Konflikt zu Putins Gunsten nicht hinnehmen.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von schokoschendrezki »

Emin hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 23:14 Chaos ist egal, im Deutschland der 30er herrschte ebenso Chaos. Oder auch im Jugoslawien der 90er. Milosevic war trotzdem sehr beliebt. Dem würde ich übrigens gar nicht so sehr zutrauen, dass er selbst besonders nationalistisch gewesen ist. Der hat einfach nur gesehen, womit er beim Volk punkten kann, ähnlich wie auch Donald Trump oder eben Wladimir Putin.

Jelzin jedenfalls war in erster Linie ab 98 enorm unbeliebt, und zwar deswegen, weil er den Ruf als Schwächling weghatte, weil er gegen die Tschetschenen verloren hat, auf der Weltbühne nicht respektiert wurde und dann war da eben auch der Jugoslawienkonflikt, wo nicht nur der Westen Russland nicht respektiert hat, sondern auch Serbien nicht. Jelzin hat Milosevic mehrmals zum Waffenstillstand aufgefordert, was der einfach ignoriert hat.

Dieser Ruf als Schwächling war sein Untergang, die miserable wirtschaftliche Lage nicht so sehr. Für die wirtschaftliche Lage kannst du immer irgendwen verantwortlich machen, aber wen willst du dafür verantwortlich machen, dass du wie ein Schwächling aussiehst?

In Russland jedenfalls gibt es im Volk noch eine sehr weit verbreitete Überzeugung, dass man Europa führen muss - tatsächlich nicht unähnlich zu den Balkanvölkern, insbesondere Serbien, wo Nationalismus immer noch sehr weit verbreitet ist. Solange das so ist, hilft nur gnadenlose Dominanz, um den Frieden zu sichern. Wie es im Balkan der Fall ist, wo der Westen deutlich dominiert und deswegen alle Völker die Füße stillhalten müssen, auch wenn sie gerne anders wollten. Wäre Russland auf dem Balkan prominenter vertreten, dann ziehe ich arg in Zweifel, ob es dort nicht schon lange den nächsten Krieg gegeben hätte.
Das sind alles wirklich kluge und bedenkenswerte Gedanken bzw. ja auch und vor allem Realitätsbeobachtungen.

Ich weiß nicht, ob im Deutschland der 30er Jahre wirklich und überwiegend das Gefühl von "Chaos" herrschte. Zumindest ein Teil der Deutschen hatte sicher auch das Gefühl, dass da endlich jemand da ist, "der mal aufräumt". Diese Erzählung vom "endlich mal aufräumen müssen" zieht sich ja bis heute in Teilen der Bevölkerung hin. Das mal nur nebenbei.

So. Wo waren wir? Bei der NATO-Osterweiterung. Und damit im Zusammenhang bei der Wahrnehmung dieses sogenannten "Westens" in der russischen Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten. Man muss unterscheiden zwischen der eher jüngeren, eher gebildeten, eher gut verdienenden, eher städtischen Bevölkerung und den Menschen in ländlichen Gebieten. Von letzteren hat Russland ja nun wirklich mehr als genug. Dort hat sich in der jüngeren Vergangenheit etwas ganz erstaunliches getan: Das in diesem Maße nicht vorauszusehende Vordringen der Religion. Das mir bis heute zum größten Teil ein Rätsel ist. Und zwar nicht nur der russisch-orthodoxen Kirche sondern und gerade auch von evangelikalen Richtungen. Ähnlich wie in Brasilien. Bis in so abgelegene Teile Russlands wie der autonomen Region der Chanten und Mansen in Westsibirien. Neulich hörte ich ein Interview mit einer ziemlich betagten russischen Frau: Stalin habe für die Wiederbelebung der Kirchen in Russland gesorgt. Pfff ... Oh Mann. Stalin war ein fanatischer Kirchenverfolger. Obwohl er selbst mal als Kind und Jugendlicher eine Ausbildung mit dem Ziel eines irgendwie kirchlichen Amts in Georgien genoss. (Aber es wird ja behauptet: Konvertiten sind die Schlimmsten). Sein Nachfolger Chruschtschow war bis zu einem gewissen Grad antistalinistisch aber kein bissel weniger kirchenfeindlich. Nehmen wir mal - neben Brasilien - die jüngere Entwicklung im zweitgrößten Land der Erde und in einem der wichtigsten Wirtschaftsaufstiegsstaaten, Indien hinzu. Stichwort Hindu-Nationalismus. Von den Evangelikalen in den USA und ihrem weiteren Aufstieg in der Trump-Zeit ganz zu schweigen. Oder vom politischen Islamismus im arabisch-türkisch-persisch-nordafrikanischen Raum. Ich selbst, direkt konfrontiert damit, bin oft einfach fassungslos. Die zahlreichen Russen mit deutsch-Bezug in meiner Wohngegend haben kürzlich ein großes Gebetshaus der Evangeliums-Christen-Baptisten hingestellt. In Berlin-Marzahn. Das viele Menschen in D so ein bissel als eine Art Petra-Pau-Land betrachten. Was heißt "der Westen" und was heißt "West-Feindlichkeit"? Die Menschen der ganzen Welt haben sich in großem Stil von Modernismus abgekoppelt. Überall. Alle oder sehr viele wollen vor allem eins: Irgendwo hingehören. Das, was sie "Identität" nennen. Free Jazz, Anything Goes, sexuelle Revolution es mag so scheinen als wenn all dies sogar überhand nimmt. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Modernismus ist das Ding einer immer kleiner werdenden Minderheit. Es ist nur einfach in den Medien überrepräsentiert. In diesen Zusammenhang ordne ich auch die Entwicklungen in Russland im letzten halben Jahrhundert ein. "West-Feindlichkeit" ist einfach nur der übermächtige Wunsch, irgendwo hinzugehören. Irgendjemand zu sein. Sein Selbstwertgefühl aus seiner Herkunft ableiten zu können.

Und genau an dieser Stelle sollte man vorsichtig sein in Bezug auf die Sicht auf die Ukraine. Der Krieg Russlands ist eine Verletzung des Völkerrechts und eine humanitäre Katastrophe. Aus der Aufschaukelung der Nationalismen, Ethnizismen und Religionismen hilft nur eine strikt rationale, aufklärerische und auf Völkerrecht und Rechtsstaat ausgerichtete Betrachtung heraus.
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Re: NATO Osterweiterung

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Realist2014 hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 17:04 Da alle "Regelungen" , die die Menschen direkt betreffen ( Gesetze, Steuern, Rente, Gesungsheitswesen usw.) aber immer Themen im nationalen Kontext sind, wird es diese "Überzeugung" nicht geben.
Stimmt denn das überhaupt? Frankreich, französische Revolution zum Beispiel. Die französische Republik sei das "Ergebnis der politischen Selbstorganisation der französischen Nation". Einschließlich Rechtsstaat. So in etwa habe ich es schon gelesen. Rechtsstaat. Nicht "Rechtsnation".

Und in Bezug auf die Ukraine als Nation bzw. souveräner Staat habe ich grad erst unlängst einen ausführlichen Hörsaal-Vortrag gehört.
Nationalität und nationale Identität
Verflochtene Geschichte: Wohin gehört die Ukraine?

Der Krieg gegen die Ukraine ist völkerrechtswidrig. Doch der russische Präsident Wladimir Putin erkennt eine eigenständige souveräne ukrainische Staatlichkeit nicht an – wegen der historischen Wurzeln, sagt er. Für ihn gehöre die Ukraine zu Russland. In ihrem Vortrag durchleuchtet Historikerin Susanne Schattenberg die Geschichte der beiden Länder.
https://www.deutschlandfunknova.de/podc ... er-podcast

Ersteinmal: Die Idee des Nationalstaats, der Einheit von Staat und Nation ist im Kern eine Idee des 19. Jahrhunderts. Ganz ausdrücklich wurde mir das nocheinmal in dieser Vorlesung von einer Historikerin bestätigt. Auch wenn das Wort Nation sehr viel älteren. Es gibt kein Manuskript und ich habe nicht die Zeit, die Minute des Zitats in dem Audiobeitrag herauszusuchen.

Man sollte weder in diesen Streit um Eigenständigkeiten mit einsteigen noch in den vielfältigen Streits um historische Abgrenzungen in Ex-Jugoslawien. Sondern strikt mit der Souveräntität der Staaten Ukraine und Russland und damit im ZUsammenhang mit dem Völkerrecht argumentieren.

Was in der ganzen Angelegenheit noch dazukommt: Noch jedenfalls ist Russland kein Nationalstaat sondern eine Föderation. Und zwar ganz offiziell und amtlich. Российская Федерация. "Russische Föderation" ist die amtliche Staatsbezeichnung. Was ist eine "Föderation"? Ein Staat, der föderal gegliedert ist. Eine wichtige Argumentationshilfe, wenn es um Diskussionen um die imperialistische Kriegspolitik Russlands geht. Entweder Putin grenzt sein "russisches Reich" auf die Gebiete ein, die tatsächlich sprachlich, religiös und ethnisch "russisch" sind. Damit verliert er enorm große Gebiete seines angestrebten Weltreichs. Von Inguschetien über die der finno-ugrischen Sprachfamilie zugehörigen Gruppen in Sibirien bis Tschetschenien. Alles definitiv und unbestreitbar nichtrussisch. Oder er ändert das Selbstverständnis des eigenen Staats von "Föderation" zu irgendwas ab. Republik. de facto aber eher "Königreich".
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relativ
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von relativ »

JJazzGold hat geschrieben: Mi 22. Jun 2022, 06:49 Anerkennenswert, dass sich Finnland vom kleinen Sultan nicht die Beihilfe zur Ausrottung der Kurden diktieren lässt.
Bleibt die Frage, was das die Türkei kosten wird. Denn kostenlos können die anderen Natostaaten diesen provozierten Konflikt zu Putins Gunsten nicht hinnehmen.
Die Frage ist, ob man den Sultan noch weiter in die Arme von Putin treiben möchte. Ich sage ja tut das und dann habe ich die Hoffung, daß er dies innenpolitisch nicht überleben wird.
Auf jedenfall sollte sich die NATO von Erdogan nicht weiter Erpressen lassen. Die NATO sollte nicht zu einem Basar der Eitelkeiten verkommen.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von schokoschendrezki »

Vongole hat geschrieben: Di 21. Jun 2022, 17:38 Sicher ist sie das. Ich möchte nur verhindern, dass hier statt der Nato die Überwindung der Nationalstaaten, sprich deren generelle Auflösung an sich disktutiert wird.
Nur ist der ganze Komplex "Nation" ein zentraler Teil der putinschen Kriegspropaganda. Man versteht sie nicht, ohne sich mit dieser Erzählung zu befassen. Einer der wichtigen Teile dieser Propaganda läuft im Prinzip auf das Recht zur "Heimholung" der Ostukraine ins russische Reich hinaus. Will man diese Argumentation entkräften, kommt man überhaupt nicht umhin, das Konzept "Völkerrecht" gegen das Konzept "Nation" zu setzen. Realistisch betrachtet sind zusammengenommen etwa 30 Prozent der ukrainischen Bevölkerung vorwiegend russischsprachig. Im Osten sicher noch mehr. Man muss zwangsläufig dieses Nationalstaatsding in die Diskussion um Ukraine-Krieg und NATO-Osterweiterung in die Diskussion einbeziehen. Wenn man die Ukraine vorrangig als eigenständige Nation und nicht vorrangig als völkerrechlich anerkannten souveränen Staat mit Grenzen sieht, die die Ostukraine einbeziehen ... hat man in der Argumenation verloren.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von aleph »

Auch in einer Welt ohne Nationen gäbe es Krieg, Bürgerkriege sind auch brutal. In Lateinamerika gibt es Krieg mit Guerillas und Banden, nicht mit Nationalstaaten.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Misterfritz »

schokoschendrezki hat geschrieben: Mi 22. Jun 2022, 09:10 Nur ist der ganze Komplex "Nation" ein zentraler Teil der putinschen Kriegspropaganda.
Putin ist aber nicht Teil der NATO,
zu Putin/Russland gibt es genügend Stränge hier im Forum, da darf das gerne diskutiert werden.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

aleph hat geschrieben: Mi 22. Jun 2022, 09:18 Auch in einer Welt ohne Nationen gäbe es Krieg, Bürgerkriege sind auch brutal. In Lateinamerika gibt es Krieg mit Guerillas und Banden, nicht mit Nationalstaaten.
Ich denke, das ändert nichts an der grundlegenden Idee, die schokoschendrezki skizziert. Die Frage ist doch, was ist die Idee dahinter? Und worum geht es? Ein Drogenkrieg z.B. wird ja als Krieg bezeichnet, obwohl er tatsächlich rein völkerrechtlich gesehen das nicht ist.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Neandertaler »

schokoschendrezki hat geschrieben: Mi 22. Jun 2022, 09:10 Nur ist der ganze Komplex "Nation" ein zentraler Teil der putinschen Kriegspropaganda.
Nein, es ist ein zentraler Bestandteil deiner Politischen Gedankengänge. Darum wirst du überall wo es Konflikte gibt den Komplex "Nation" als Ursache sehen. Hat aber nichts mit dem Strang Thema zu und ist natürlich total ahistorisch, Konflikte und Krieg gab es nichts zu knapp auch ohne den Komplex Nation.

Ich erlaube mir noch die Polemische Spitze das du zumindest in dem Punkt mit Putin übereinstimmst , das die Ukrainische Nation ausgelöscht, zumindest stark zurück gedrängt werden soll und die Ukranier sich nicht mehr als Ukrainer verstehen sollen.

Den Komplex Nation, und ob das nun wirklich die Ursache allen Übels und wir alle nur individuelle Erdenbürger sind ist kann man gerne diskutieren, ist Philosophisch durchaus interessant, aber vielleicht lieber in einem Strang wo das auch Thema ist
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von NicMan »

Nachdem die Türkei ein bisschen den Preis nach oben getrieben hat, gibt sie ihren Widerstand gegen den Beitritt Finnlands und Schwedens auf: https://www.spiegel.de/ausland/nato-nor ... CQgO1dEMph
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Realist2014 »

NicMan hat geschrieben: Di 28. Jun 2022, 20:38 Nachdem die Türkei ein bisschen den Preis nach oben getrieben hat, gibt sie ihren Widerstand gegen den Beitritt Finnlands und Schwedens auf: https://www.spiegel.de/ausland/nato-nor ... CQgO1dEMph
Prima- dann die Aufnahme so schnell wie möglich und beide Länder in die 300.000 einbeziehen
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Kritikaster »

[Ironie]DANKE, Merkel! :thumbup:

...

:?

...

oder hat das jetzt tatsächlich jemand anders bewirkt?[/Ironie]
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Misterfritz »

Da wird sich Putin sicherlich sehr freuen :p
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von NicMan »

Die gemeinsame Erklärung Schweden, Finnlands und der Türkei. Erdogan bekommt ein paar Geschenke gegen die Kurden:
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von H2O »

Na bitte... lange Gesichter im Kreml. Finnland und Schweden werden nun wohl ohne weitere Schwierigkeiten NATO-Patner.

Wie ich im DLF in den Frühnachrichten gehört habe, wird die NATO ihre schnellen Einsatzkräfte von derzeit 30.000 Soldaten auf 400.000 Soldaten erhöhen. Wie viele davon in Finnland und im Baltikum/Polen/Slowakei angesiedelt werden... keine Aussage.

Die Bundesmarine bietet an, im Einvernehmen mit den NATO-Partnern an der Ostsee in der Ostsee eine Führungsrolle mit gemeinsamem Kommandozentrum Rostock übernehmen zu wollen. Mal sehen, was unsere nord-östlichen Nato-Partner dazu sagen werden. Immerhin wagt sich die deutsche Politik nun aus der sehr zurückhaltenden Rolle heraus, die sie gegenüber Rußland bisher mit einigem Geschick eingenommen hatte.

Eine Antwort auf die von Putin verkündete Aufrüstung von Belarus mit atomwaffenfähigen Trägern wie Flugzeuge und Raketen vom Typ Iskander?
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Kritikaster »

H2O hat geschrieben: Di 28. Jun 2022, 21:19 Eine Antwort auf die von Putin verkündete Aufrüstung von Belarus mit atomwaffenfähigen Trägern wie Flugzeuge und Raketen vom Typ Iskander?
Auch das mag durchaus in die Entscheidungsfindung mit eingeflossen sein.

Letztlich zählt aber das Ergebnis. Die "Nach-Putin-Literatur" wird zu den Motiven Klarheit verschaffen, die hinter den einzelnen Beschlüssen standen.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Panarin »

Putin der grosse Stratege. ;)
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von streicher »

NicMan hat geschrieben: Di 28. Jun 2022, 20:38 Nachdem die Türkei ein bisschen den Preis nach oben getrieben hat, gibt sie ihren Widerstand gegen den Beitritt Finnlands und Schwedens auf: https://www.spiegel.de/ausland/nato-nor ... CQgO1dEMph
Das ist allerdings ein Hammerschlag.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Misterfritz »

Panarin hat geschrieben: Di 28. Jun 2022, 21:53 Putin der grosse Stratege. ;)
Tja, in der Ostsee sind dann nur noch NATO-Anreiner,
plus ein ganz klein wenig Russland.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Platon »

Nachdem es lange nicht gut aussah nun doch ein Durchbruch vor dem NATO-Gipfel. :thumbup:

EU-Kandidatenstatus der Ukraine und Moldawien, NATO-Beitritt von Finnland und Schweden, teilweise Blockade von Kalingrad, NATO-Eingreifstruppe verzehnfacht, die Lieferungen schwerer Waffen an die Ukraine nehmen langsam an Fahrt auf. Der Westen reagiert nicht von heute auf morgen, aber man hat den Eindruck, dass die westlichen Institutionen wie NATO und EU durch den Krieg in der Ukraine mit neuem Leben erfüllt werden und der Westen mal so richtig und dauerhaft die Muskeln spielen lässt.
Dieser Beitrag ist sehr gut.
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H2O
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von H2O »

Misterfritz hat geschrieben: Di 28. Jun 2022, 22:04 Tja, in der Ostsee sind dann nur noch NATO-Anreiner,
plus ein ganz klein wenig Russland.
Sagen wir einmal, daß wir anders, nämlich mit russischem Wohlwollen, besser in unsere europäische Zukunft aufgebrochen wären. Aber die Verhältnisse, die sind nun leider nicht so. Ich bedauere das wirklich, aber so ist das Leben.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Misterfritz »

H2O hat geschrieben: Di 28. Jun 2022, 23:41 Sagen wir einmal, daß wir anders, nämlich mit russischem Wohlwollen, besser in unsere europäische Zukunft aufgebrochen wären. Aber die Verhältnisse, die sind nun leider nicht so. Ich bedauere das wirklich, aber so ist das Leben.
Das Problem ist halt nur,
dass es kein russisches Wohlwollen gibt - und es wohl auch auf absehbare Zeit auch nicht geben wird.
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H2O
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von H2O »

Misterfritz hat geschrieben: Di 28. Jun 2022, 23:49 Das Problem ist halt nur,
dass es kein russisches Wohlwollen gibt - und es wohl auch auf absehbare Zeit auch nicht geben wird.
Ja, das ist wohl so! Dennoch meine ich, daß Russen Menschen sind mit Fehlern und Stärken, daß sie uns Europäern näher stehen als weiter entfernte Nachbarn. Hoffen wir also, daß absehbare Zeit vergeht und das völlig sinnlose Morden endlich ein Ende nimmt!
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von jorikke »

Wut und Empörung über Putins verbrecherischen Krieg erklären zum Teil die sehr einseitige Betrachtung allein aus westlicher Sicht.
Bei Betrachtung der russischen Interessen wird es zwar nicht zur Billigung kommen, möglicherweise aber zum Begreifen der russischen Motivation:
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist Rußland auch unter Jelzin und Putin friedlich geblieben.
Immerhin ist es Putin gelungen ein erhebliches Selbstvertrauen der russischen Nation wieder herzustellen.
Die Demokratie wurde in den Augen vieler Russen diskreditiert, weil sie diesen Begriff - fälschlich- mit den von ihnen so genannten "Wild-West-Jahren" der Jelzin Epoche identifizieren.
Tatsächlich hat seit 1990 nicht Rußland seinen militärischen Machtbereich ausgedehnt, wohl aber hat der Westen die Nato bis an die russischen Grenzen vorgeschoben. Amerika hat militärische Stützpunkte in einigen zentralasiatischen Republiken errichtet, die bis 1990 Teil der Sowjetunion waren. Die amerikanischen Regierungen haben die Zusagen, die sie 1990 der Sowjetunion gemacht haben, gegenüber dem geschwächten Rußland nicht eingehalten.
Die Politik der fortgesetzten Nadelstiche muß in Rußland nationalistische Reaktionen hervorrufen.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Tom Bombadil »

jorikke hat geschrieben: Mi 29. Jun 2022, 07:56 Die amerikanischen Regierungen haben die Zusagen, die sie 1990 der Sowjetunion gemacht haben, gegenüber dem geschwächten Rußland nicht eingehalten.
Welche wären das?
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von JJazzGold »

jorikke hat geschrieben: Mi 29. Jun 2022, 07:56 Wut und Empörung über Putins verbrecherischen Krieg erklären zum Teil die sehr einseitige Betrachtung allein aus westlicher Sicht.
Bei Betrachtung der russischen Interessen wird es zwar nicht zur Billigung kommen, möglicherweise aber zum Begreifen der russischen Motivation:
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist Rußland auch unter Jelzin und Putin friedlich geblieben.
Immerhin ist es Putin gelungen ein erhebliches Selbstvertrauen der russischen Nation wieder herzustellen.
Die Demokratie wurde in den Augen vieler Russen diskreditiert, weil sie diesen Begriff - fälschlich- mit den von ihnen so genannten "Wild-West-Jahren" der Jelzin Epoche identifizieren.
Tatsächlich hat seit 1990 nicht Rußland seinen militärischen Machtbereich ausgedehnt, wohl aber hat der Westen die Nato bis an die russischen Grenzen vorgeschoben. Amerika hat militärische Stützpunkte in einigen zentralasiatischen Republiken errichtet, die bis 1990 Teil der Sowjetunion waren. Die amerikanischen Regierungen haben die Zusagen, die sie 1990 der Sowjetunion gemacht haben, gegenüber dem geschwächten Rußland nicht eingehalten.
Die Politik der fortgesetzten Nadelstiche muß in Rußland nationalistische Reaktionen hervorrufen.
Es liegt daran, dass “die Russen“ keine Ahnung haben, was die Nato ist. Sie wollen es nicht wissen. Es interessiert sie nicht, dass Staaten der Nato per Antrag beitreten, während die Russen mit Gewalt okkupieren. Wer nichts weiß, der muss glauben, was man ihm erzählt.
Deshalb kann jeder Führer die Russen auf seinem Spielfeld hin- und herschieben, wie es ihm gefällt. Widerstand in homöopathischen Dosen wird eliminiert. Das Volk reagiert wie gewünscht.
Für die Russen ist ergo die Nato der Drache mit nachwachsenden Köpfen, der das kleine Russland, diese Insel des tapferen Widerstands bedroht und das von zunehmenden Seiten. Das heizt wie gewünscht den überbordenden Nationalstolz an. Dass man daran ersticken kann, zeigt die Geschichte.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von JJazzGold »

jorikke hat geschrieben: Mi 29. Jun 2022, 07:56 Wut und Empörung über Putins verbrecherischen Krieg erklären zum Teil die sehr einseitige Betrachtung allein aus westlicher Sicht.
Bei Betrachtung der russischen Interessen wird es zwar nicht zur Billigung kommen, möglicherweise aber zum Begreifen der russischen Motivation:
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist Rußland auch unter Jelzin und Putin friedlich geblieben.
Immerhin ist es Putin gelungen ein erhebliches Selbstvertrauen der russischen Nation wieder herzustellen.
Die Demokratie wurde in den Augen vieler Russen diskreditiert, weil sie diesen Begriff - fälschlich- mit den von ihnen so genannten "Wild-West-Jahren" der Jelzin Epoche identifizieren.
Tatsächlich hat seit 1990 nicht Rußland seinen militärischen Machtbereich ausgedehnt, wohl aber hat der Westen die Nato bis an die russischen Grenzen vorgeschoben. Amerika hat militärische Stützpunkte in einigen zentralasiatischen Republiken errichtet, die bis 1990 Teil der Sowjetunion waren. Die amerikanischen Regierungen haben die Zusagen, die sie 1990 der Sowjetunion gemacht haben, gegenüber dem geschwächten Rußland nicht eingehalten.
Die Politik der fortgesetzten Nadelstiche muß in Rußland nationalistische Reaktionen hervorrufen.
Es liegt daran, dass “die Russen“ keine Ahnung haben, was die Nato ist. Sie wollen es nicht wissen. Es interessiert sie nicht, dass Staaten der Nato per Antrag beitreten, während die Russen mit Gewalt okkupieren. Wer nichts weiß, der muss glauben, was man ihm erzählt.
Deshalb kann jeder Führer die Russen auf seinem Spielfeld hin- und herschieben, wie es ihm gefällt. Widerstand in homöopathischen Dosen wird eliminiert. Das Volk reagiert wie gewünscht.
Für die Russen ist ergo die Nato der Drache mit nachwachsenden Köpfen, der das kleine Russland, diese Insel des tapferen Widerstands bedroht und das von zunehmenden Seiten. Das heizt wie gewünscht den überbordenden Nationalstolz an. Dass man daran ersticken kann, zeigt die Geschichte.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von H2O »

@ jorikke:

Selbstvertrauen sollte schon auf unbestrittener Leistung aufbauen. Im Sport nun nicht gerade auf gelungenem Betrug, sollte im "richtigen Leben" nicht mit Mord und Totschlag eingefordert werden... meine ich als Europäer. Mich jedenfalls stört es in keiner Weise, daß ich in einem Land lebe, das umgeben ist von liebenswerten Nachbarn... die mir so gar nichts Böses wollen. Na ja, dumme Reden werden da schon geschwungen... sei's drum. Damit werden die Russen, ähm: Ihre Konzentration im Kreml, offenbar nicht so richtig fertig. Das verstehe, wer will.
Zuletzt geändert von H2O am Mi 29. Jun 2022, 08:19, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von relativ »

Tom Bombadil hat geschrieben: Mi 29. Jun 2022, 08:03 Welche wären das?
Es gab keine schriftlichen Zusagen ausser keine Verbände im Osten der Allianz zu stationieren, damals nur die ehemalige DDR.
Was ich aber kritisiere und aus meiner Sicht ein klarer politischer Fehler war ist, daß der Westen die damalige schwäche Russlands für die NATO Erweiterung genutzt hat, unabhängig von Willen der Beitrittsländer. Da hätte ich mir damals andere Lösungen gewünscht. Keine Ahnung was die NATO dadurch erreichen wollte, denn an mehr Sicherheit für das Bündnis kann es damals wohl kaum gelegen haben.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von H2O »

Welche Machtmittel hat denn "der Westen" eingesetzt, um von oben nach unten auf der Landkarte Staaten gegen ihren Willen in das Bündnis zu zwingen? Ich erkenne allenfalls das Schutzbedürfnis von kleinen Gemeinschaften vor übermächtigen Nachbarn. Schweden hat nach 200 Jahren diesen Schutz gesucht, Finnland nach 70 Jahren. Finnland war einmal Teil des Zarenreichs. Der derzeitige Herr aller Reußen hat durchblicken lassen, daß die verfummelte (europäische) Landkarte aufgeräumt werden muß... und ging ans Werk. Schlechte Vorbilder gibt's reichlich.
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Re: NATO Osterweiterung

Beitrag von Neandertaler »

jorikke hat geschrieben: Mi 29. Jun 2022, 07:56...
Die Politik der fortgesetzten Nadelstiche muß in Rußland nationalistische Reaktionen hervorrufen.
Ja klar der Westen hat schuld, wenn Russland im imperalen Wahn seine Nachbarn überfällt wie sonst. :dead:
Wieso so hat der Westen auch nicht eingesehen das Balten, Polen etc keine eigenen Entscheidungen treffen dürfen sondern auf Ewig in Moskaua Einflusssphäre zu verbleiben haben, wo kommtem wir da sonst hin? An Ende landen wir noch bei Freiheit und Demokratie.
Und natürlich darf die USA keine Verträge über Stützpunkte mit den Zentralasien Staaten schließen selbst wenn Russland zu dem Zeitpunkt überhaupt nichts dagegen hatte. Zum Glück waren wir bei der Ukraine schlauer und haben diese nicht in die NATO aufgenommen oder mit ernsthaften Waffenlieferungen unterstützt. Und im Konfliktfall (minsk1&2) haben die Westlichen Unterhändler Rücksichtsvoller Weise auch noch Moskaus Interessen vertreten. Darum haben wir jetzt ja auch Frieden in Europa. :rolleyes:


sorry bei solchen Aussagen bleibt mir nur noch Zynismus als ob der Westen irgendetwas anders als Appeasement Gegenüber Russland in dem letzten Jahren (zehnten) betrieben hat.

Nebenbei am meisten von der NATO Osterweiterung hat natürlich vor allem auch der Nato Schmarotzer (Streitkräfte blank) Deutschland profitiert. Die Friedensdividende hätte es nicht gegeben wenn Deutschland noch Natofront Staat gewesen wäre.

Interessant auch das die Wiedervereinigung akztabel sein soll aber nicht der Nato-Betrieb Polens :rolleyes:

Nein, nicht die NATO Osterweiterung sondern die erfolgreiche Krim annektion mit dem nur lauwarmen Protest des Westens war die Initialzündung für den russischen Imperalismus!
Ich bin linksliberal, ich habe mich testen lassen.
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