H2O hat geschrieben:(28 May 2016, 20:26)Könnte man jenen Schreihälsen nicht anbieten, ihre Arbeitskraft nach Feierabend auf einer Baustelle beim Bau ihrer Wohnungen ein zu bringen? Meinetwegen auch unter fachlicher Anleitung. Fünf vollständige Wohnungen gebaut, und dann mietfrei (Kaltmiete) in einer der Wohnungen wohnen. Ich meine, daß es ein solches Modell in Ostberlin vor 50 Jahren einmal gab.
Wäre eine Option. Mir tun die Ingenieure bzw. Planer immer leid, die bei solchen öffentlichen Veranstaltungen den Kopf hinhalten müssen. Es gibt immer einige Störenfriede, die meinen, mit Lautstärke irgendetwas erreichen zu können. Manche sehen das sogar als ihr Hobby an und gehen auf eine Anwohnerversammlung, obwohl sie am anderen Ende der Stadt leben und die Ecke, wo gebaut werden soll, noch nie in ihrem Leben sahen. Und das zieht sich durch alle Bereiche der Stadtplanung und macht vor der dazugehörigen Verkehrsplanung auch keinen Halt.
In den vergangenen Tagen hat der Streit um die Busbeschleunigung eine bizarre Zuspitzung erfahren. In der Uhlenhorster St.-Gertrud-Kirche gerieten Kritiker des Programms mit Bezirkspolitikern und Fachplanern in einer Weise aneinander, die Vertreter des Protestlagers "lebhaft" und "emotional" nennen und die Planer unfassbar. Vanessa Rathje ergriff dort gleich mehrfach die Gelegenheit, die Probleme des Hutfachhandels zu erläutern. Was die Verteidiger des Busprogramms hatten vorbringen wollen, blieb unklar, interessierte aber wohl auch nicht viele.
Stimmt es, dass die Fachleute niedergeschrien wurden, Frau Rathje? "Teilweise schon."
http://www.zeit.de/2014/44/verkehr-hvv- ... ettansichtOder noch ein anderes schönes Beispiel. Eine Straße, die parallel zu einer Hauptstraße verläuft, soll zu einer Fahrradstraße umgebaut werden. Anwohner, Gewerbetreibende usw. dürfen dann aber natürlich weiterhin dort fahren. Für sie ändert sich nichts -- abgesehen davon, dass dann weniger Autos dort fahren und mehr Fahrräder. Und das war erstmal nur ein Vorschlag eines Planungsbüros. Die Polizei fand das Vorhaben sehr gut, die Parteien auch, die Verwaltung begrüßte es, der ADFC sowieso und selbst der ADAC hat sich für das Projekt ausgesprochen. Da sollte man meinen, dass da nichts gegen einzuwenden ist. Nach wissenschaftlichen Empfehlungen war es auch "richtig", sofern man den Begriff benutzen würde. Aber so einfach war's nicht.
Allein in dem Wort "Fahrradstadt" steckt so viel emotionale Sprengkraft, dass sich die Opposition in Fragen der Verkehrspolitik inzwischen kaum noch äußert, ohne die geistige Gesundheit ihrer politischen Gegner infrage zu stellen. Verkehrspolitik in Hamburg ist seit je ein Kulturkampf, Traditionalisten gegen Modernisierer beziehungsweise, so formuliert es der CDU-Verkehrspolitiker Dennis Thering, Vernunft gegen "Irrsinn". Der Konflikt polarisiere die Stadt, sagt Thering, ihm macht das Spaß, und seine Wähler schätzen deutliche Worte. "Klasse, endlich mal eine Fraktion, die dagegenhält", das höre er an seinen Infoständen immer wieder.
Moderater formulieren? Nichts da! "Was die machen, ist irre, dazu stehen wir."
Das Seltsame an diesem Konflikt ist, dass es unter Experten in den wesentlichen Punkten keine zwei Meinungen gibt. Das gilt für die "Fahrradstadt" insgesamt, aber auch für die Planung in der Walddörferstraße. Dass der Fahrradverband ADFC all das richtig findet, liegt auf der Hand. Dass die Kollegen vom ADAC diese Ansichten fast vollständig teilen, wird nur jemanden erstaunen, der sich mit Straßenverkehr nie beschäftigt hat. In der Verkehrsplanung gibt es nur eine Ingenieurswissenschaft, nur eine Sammlung von Richtlinien für die Gestaltung unterschiedlicher Straßen- und Kreuzungstypen und nur eine Verkehrsunfallforschung – worin also sollten sich die Ansichten von Fachleuten unterscheiden? [...]
Wie sich herausstellt, gibt es einen Autohändler, der seinen Transporter auf der Straße entlädt, weil er nicht auf seinen Hof passt. Und wie machen es die Autos jetzt, wenn da der Kfz-Transporter steht?
"Na, sie fahren vorbei, wie an einem haltenden Bus."
Und Fahrradfahrer können das nicht?
Dies ist der Punkt, an dem Kürstens Mitstreiter Frank Baumann sich in das Gespräch einschaltet. Ihm gehört ein benachbarter Gewerbehof, einem lokalen Internetsender hat er erklärt: "Ich verstehe nicht, warum man hier die Walddörferstraße vergewaltigen will." Nun zitiert er die Straßenverkehrsordnung: In einer Fahrradstraße dürfen Radfahrer "weder gefährdet noch behindert" werden. Angesichts dieser Rechtslage, fürchtet Baumann, sei ein stehender Kfz-Transporter eine Provokation. "Dann ist die Gefahr groß, dass die mit Steinen schmeißen oder was weiß ich."
http://www.zeit.de/2016/18/radwege-fahr ... ettansichtSo ein Radfahrer hat traditionell ja immer einen Pflasterstein in seinem Gepäck, um dann einen Kfz-Transporter zu beschmeißen, der am Straßenrand steht. Passiert so ja jeden Tag, oder? Naja, und mit sowas plagt man sich rum und versteht die Welt nicht mehr, wo doch technisch, polizeilich und auch noch politisch alles in Ordnung zu sein schien. Aber es gibt wohl so Wehwehchen, die sich damit nicht befriedigen lassen.

So, nu aber zum Fußball.