Beitragvon Mia2706 » Mi 27. Dez 2017, 12:06
Deinen Aussagen kann ich weitgehend folgen. Was die „Geschichten“ betrifft, meine ich, dass die sehr komplizierte und komplexe Konstruktion des menschlichen Gehirns von Anfang an so ausgelegt ist, Geschichten zu erfinden.
Das Verblüffende ist, dass dieses menschliche Gehirn dieselben Mechanismen, die es zur Erklärung der äußeren Welt benutzt, auch auf sich selbst anwendet.
Das heißt, auch die inneren emotionalen Zustände werden zur Erklärung der inneren Welt zusammengefügt. Man nimmt an, dass daraus ein Selbstbild entsteht als eine Erfindung auf der Basis von Billionen Verbindungen von Nervenzellen. Das Gehirn ist also nicht nur nach außen, sondern auch nach Innen ein perfektes Organ für Interpretationsfähigkeiten. Und dazu gehören auch die Erfindung von Geschichten, von Anfang an.
Anzunehmen ist, dass dies ein Konstrukt des Ich-Bewußtseins sein könnte, was gemeinhin als Seele definiert wird. Es gibt aber keine Unsterblichkeit der Seele, weil sie im Grunde eine biologische Körperfunktion ist. Genau weiß ich das auch nicht.
Anders als das erodierende Christentum ist der Islam mehr als nur eine Privatangelegenheit. Der vorgibt, wie Menschen sich zu verhalten haben. Das hat die Kirche bei uns hinter sich, weil anders als noch vor wenigen Jahrhunderten heute die Menschenrechte, der Rechtsstaat und die Verfassung maßgeblich im Gegensatz zu dem Islam die Spielregeln vorgeben. Bei uns hat sich das Christentum als Religion weitgehend der Säkularisierung angepasst, weil erkannt wurde, dass die Bibel keine wortwörtlichen Wahrheiten verbreitet. Im Islam ist diese Auseinandersetzung voll im Gange, weil dort die Religion immer noch stark als Privatsache gilt und die Befreiung der Bevormundung als notwendige Reform noch bevorsteht.
Das Glaubensbedürfnis ist aber nach wie vor unterschiedlich stark ausgeprägt.
Das heißt, Menschen mit einem hohen Glaubensbedürfnis bekennen sich nicht mehr zu einer Glaubensgemeinschaft oder gar religiösen Institution. Ich meine, in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft nimmt die Bedeutung von Religion als Herrschaftsform ab, der Wunsch nach individuellen Glauben dagegen zu.
Und du hast recht damit, dass damit die Gefahr von „“esoterischem Mischmasch““zunimmt. Der Mensch neigt in der Begrenztheit seines Wissens und nicht alles erklären zu können, zu „höherer“ Gewalt, zu magischen Kräften und Aberglauben und versucht dies zu seinem Verständnis zu vermenschlichen, was er bei den Religionen eh schon immer getan hat.
Ein Siebtel unseres Lebens verbringen wir an Samstagen.