Bobo hat geschrieben:(14 Apr 2016, 15:16)Dann habe ich mit einbezogen, dass die Krim mal Teil Russlands war und der Ukraine geschenkt worden war. Aufgrund der geopolitischen Lage entschied Russlands Staatschef, sie wieder zurück zu holen.
Insgesamt begrüsse ich dein Appell für Annährung an Russland und mehr Realpolitik, aber in diesem konkreten Punkt muss ich echt widersprechen.
Das ist ein von westlichen Leitmedien geschaffener Mythos, dass die Russische Staatsführung oder gar Putin persönlich die Krim "zurückgeholt" habe.
Diese Darstellung impliziert ja, dass die Krim auf die Initiative Russlands sich unabhängig erklärt habe, dass die Abspaltung von außen der Krim auferzwungen worden sei.
Die Frage nach der Initiative ist von signifikanter Bedeutung bei der Bewertung der Krimfrage. Sie macht den Unterschied aus, ob es tatsächlich eine Annexion (initiative Russlands) oder eine Sezession (initiative der Krim) gewesen ist. Während eine Annexion ein Verbrechen im Sinne des Völkerrechts darstellt, ist eine Sezession völkerrechtlich vertretbar. Diese Frage macht den Unterschied zwischen Wegnehmen und Annehmen.
Die Krim kämpfte politisch um ihre Unabhängigkeit seit mindestens 20 Jahren. Die Krim hat sich auch bereits mehrmals abzuspalten versucht, was von Kiew politisch verhindert werden konnte. Das ist überhaupt der Grund warum die Krim als einzige Ukrainische Region vollständige Autonomie genossen hatte, mit eigener Verfassung, eigenem Parlament und eigener Regierung. Das war der Deal mit Kiew, als die Krim sich im Jahr 1992 unabhängig erklärt hatte, wurde sie vom Zentralstaat im letzten Moment überredet doch im Staatsverband zu bleiben und im Gegenzug ausgiebige Autonomierechte zu bekommen.
In den letzten 20 Jahren war vor allem in den Ukrainischen Medien die Abspaltung der Krim stets ein aktuelles Thema gewesen.
Hier sind nur ein Paar Beispiele:
So zum Beispiel prophezeite die Ukrainische Politikzeitung vlasti.net den Zerfall der Ukraine und Abspaltung der Krim in den nächsten 5-10 Jahren schon im März 2013. Also lange vor dem Beginn der politischen Unruhen in Kiew und lange vor der angeblichen Invasion durch russische Truppen. Damals gingen die Experten davon aus, dass die Krim ein gewaltiges Abspaltungspotential habe und dass da nur noch ein Tropfen fehlt.
Zum Artikel (russisch)
http://vlasti.net/news/162903 ich gehe davon aus, dass du mit einem online übersetzer zurecht kommst.
Und am 19. Februar 2014 (lange vor dem Auftauchen der russischen Truppen auf der Krim) berichtete die Ukrainische Onlinezeitung comments.ua dass die Abgeordneten der Republik Krim einen Anschluss der Halbinsel an die russische Föderation anstrebten und auch gar keinen Hehl daraus machten.
Artikel im Original:
http://crimea.comments.ua/news/2014/02/19/110004.html
Hier gibt es Übersetzung dazu:
https://idiocracyua.wordpress.com/2014/ ... ng-russia/
An Anlässen so zu denken hat es nicht gemangelt. So zum Beispiel stand in einer Pressemitteilung des Parlaments der Republik Krim vom 4. Februar 2014 folgendes drin:
press center of the Supreme Council of ARC:
On February, 4 at the meeting of the Presidium of the Supreme Council of ARC discussed the political situation in Ukraine.
In his speech, the Chairman of Permanent Commission of SC ARC on culture Sergey Tsekov stressed that in the current situation, “our guardian and our protector can only be the Russian Federation. He urged the presidency and the Supreme Council of Crimea to prepare an appeal to the Russian Federation on support, assistance and protection”.The speaker requested the Secretariat of the Supreme Council of Crimea to study the proposals of the member of the Presidium of the Crimean Parliament, Sergei Tsekov and to prepare a document.
Originalquelle ist im Webarchiv erhalten geblieben:
http://web.archive.org/web/201403030330 ... 04_02_14_3
Hier gibt es eine Vollständige Übersetzung:
https://idiocracyua.wordpress.com/2014/ ... of-crimea/
Knapp eineinhalb Monate vorher, auf dem Höhepunkt der Unruhen in Kiew im Dezember 2013 hat die Regierung der Republik Krim bereits ziemlich klare Position bezogen und appellierte öffentlich an die Bürger Krims sich gegen den Drohenden Staatsstreich in Kiew zuwehr zusetzen.
Appeal of the Presidium of the Verchova Rada of Autonomous Republic of Crimea
Crimeans!
These days, without exaggeration, the fate of Ukraine and the fate of our autonomy. And thus our destiny. Using the technology of “color” revolutions, the organizers of the riots in Kiev are seeking to seize power in the country. They already sheared all the key positions in government, as evidenced by published papers and drugged by a thirst for power will stop at nothing.
Well knowing the instigators and sponsors of this criminal scenario, we can confidently assert that the destructive processes in the first place will affect the Autonomous status of Crimea. We risk losing everything so painstakingly achieved over the years of existence of our Republic. We are deprived of the right to speak, to write, to receive education in their mother language for the majority of Crimeans Russian language.
The region today faces a choice: either tolerate violent maidanization, or to give a decisive rebuff to the anti-state and anti-crimean forces. Therefore, we appeal to each of you, regardless of nationality, religion, political opinion, with a call to demonstrate our joint position. No one in Kiev should have illusions that the region obediently accept someone else’s will imposed on us.
Only togetherwe can stand up for our shared fate of the Crimean.
Autonomy is in danger! Get ready to embark on her defense!
The Presidium Of The Verkhovna Rada The Autonomous Republic Of Crimea
Simferopol, December 11, 2013
Original auf der Seite der Regierung der Republik Krim:
http://crimea.gov.ru/act/11485
Vollständige Übersetzung:
https://idiocracyua.wordpress.com/2013/ ... of-crimea/
Man sieht also, die Darstellung dass Russland die Krim sich angeblich "geholt" habe ist nicht haltbar. Die Krim wackelte schon seit vielen Jahren und als die Staatsmacht in Kiew versagte, und es zu einem Staatsstreich gekommen ist, welcher von Ausländischen Mächten und radikalen Nationalisten unterstützt gewesen ist, sah die Krim ihre Autonomie gefährdet. Deshalb spaltete sich die Krim ab, und nicht etwa weil Putin sich Ukrainische Ländereien einverleiben wollte wie uns die westlichen Leitmedien seit zwei Jahren einzutrichtern versuchen.
In der folgenden Unabhängigkeitserklärung bezog sich die Krimregierung explizit auf die juristische Anerkennung der Unabhängigkeit Kosovos als Präzedenzfall.
https://en.wikipedia.org/wiki/Declarati ... _of_Crimea
Kosovo spaltete sich einseitig von Serbien ab, Serbien klagte dagegen und ging leer aus. Im Jahr 2010 ist das Internationale Gerichtshof der Vereinten Nationen zum Urteil gekommen, dass eine einseitige Unabhängigkeitserklärung durchaus im Einklang mit dem Völkerrecht steht.
Letztendlich hat die Krimregierung die Abspaltung und Anschluss an Russland vom Ausgang eines Referendums abhängig gemacht, obwohl das für eine Abspaltung völkerrechtlich überhaupt nicht erforderlich gewesen wäre. In Kosovo gab es kein Referendum zum Beispiel und war trotzdem anerkannt worden.
Es kann kaum einen Zweifel daran geben, dass die Bürger der Krim tatsächlich mit Russland und nicht mit der Ukraine identifizieren. Und da kann man pochen so viel man will, die Krim lässt sich nicht über die Köpfe deren Bewohner hinweg wieder an die Ukraine anschließen. Das wäre genauso utopisch wie von der Wiedergeburt der DDR zu träumen und denken, dass die Menschen in der Region ganau das wollten. Man kann nicht eine Region gegen den Willen deren Bewohner regieren, das wäre Unterwerfung und sicher nicht im Sinne des Völkerrechts.
Und nun ein Paar Worte zum Thema Realpolitik...
Es ist nicht hilfreich wenn man meint Realpolitik bedeute sich mit der Rolle Russlands als Aggressor abfinden zu müssen und sich anzubiedern wie unsere Regierung gegenüber der Türkei auftritt.
Nein, stattdessen sollten der Einheitsbrei und Dogmatismus unserer Medien in Frage gestellt werden. Stimmt das denn überhaupt alles was allgemein zu gelten habe. So zum Beispiel, dass Putin sich die Krim angeblich einfach so gekrallt hätte. Oder ist es nichts weiter als rein politisch motivierte Propaganda...
Welches Motiv?
Deutschlands Ansehen wäre vernichtet wenn wir zugeben müssten, dass die Ukraine als Staat gescheitert und in einen Bürgerkrieg gestürzt worden ist, nachdem sich unter anderem Deutschland in seine Angelegenheiten einmischte und einen blutigen Staatsstreich unterstützte, was die Abspaltung der Krim und Rebellion im Osten der Ukraine nach sich zog.
Wir sind daran schuld! Ja wir, Deutschland, Frankreich Polen und die Vereinigten Staaten. - und das können wir uns halt nicht einräumen. Einfacher ist es Russland für einen Aggressor zu erklären. Aber so ist Realpolitik halt nicht zu machen.