Lieblingsgedichte
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- Trutznachtigall
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Re: Lieblingsgedichte
Hier ein Link für Liebhaber von Gedichten. Wenn ich da eingestiegen bin, verweile ich stundenlang.
https://gedichte.xbib.de/
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Ohne Heute gäbe es morgen kein Gestern. (Yves Bossart)
Ohne Heute gäbe es morgen kein Gestern. (Yves Bossart)
- Trutznachtigall
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Re: Lieblingsgedichte
Wilhelm Busch
(1832-1908)
Fuchs und Igel
Ganz unverhofft an einem Hügel
sind sich begegnet Fuchs und Igel.
„Halt!" rief der Fuchs, „Du Bösewicht,
kennst du des Königs Order nicht?
Ist nicht der Friede längst verkündigt,
und weißt du nicht, dass jeder sündigt,
der immer noch gerüstet geht?
Im Namen Seiner Majestät -
geh her und übergib dein Fell!"
Der Igel sprach: „Nur nicht so schnell!
Lass dir erst deine Zähne brechen;
dann wollen wir uns weiter sprechen."
Und alsogleich macht er sich rund,
schließt seinen dichten Stachelbund
und trotzt getrost der ganzen Welt,
bewaffnet, doch als Friedensheld.
Wilhelm Busch
(1832-1908)
(1832-1908)
Fuchs und Igel
Ganz unverhofft an einem Hügel
sind sich begegnet Fuchs und Igel.
„Halt!" rief der Fuchs, „Du Bösewicht,
kennst du des Königs Order nicht?
Ist nicht der Friede längst verkündigt,
und weißt du nicht, dass jeder sündigt,
der immer noch gerüstet geht?
Im Namen Seiner Majestät -
geh her und übergib dein Fell!"
Der Igel sprach: „Nur nicht so schnell!
Lass dir erst deine Zähne brechen;
dann wollen wir uns weiter sprechen."
Und alsogleich macht er sich rund,
schließt seinen dichten Stachelbund
und trotzt getrost der ganzen Welt,
bewaffnet, doch als Friedensheld.
Wilhelm Busch
(1832-1908)
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Ohne Heute gäbe es morgen kein Gestern. (Yves Bossart)
Ohne Heute gäbe es morgen kein Gestern. (Yves Bossart)
Re: Lieblingsgedichte
Ja, diesen Gedanken hätte Kaiser Wilhelm II zur Grundlage seiner Reichspolitik machen sollen! Hoffentlich erkennen unser Kanzler und sein Verteidigungsminister diese kluge Wehrhaftigkeit!
Re: Lieblingsgedichte
Katze in der leeren Wohnung
(von Wiesława Szymborka)
Sterben - das tut man einer Katze nicht an.
Denn was soll eine Katze
in einer leeren Wohnung.
And den Wänden hoch,
sich an Möbeln reiben.
Nichts scheint sich hier verändert zu haben,
und doch ist alles anders.
Nichts verstellt, so scheint es,
und doch alles verschoben.
Am Abend brennt die Lampe nicht mehr.
Auf der Treppe sind Schritte zu hören,
aber nicht die.
Die Hand, die den Fisch auf den Teller legt,
ist auch nicht die, die es früher tat.
Hier beginnt etwas nicht
zur gewohnten Zeit.
Etwas findet nicht statt,
wie es sich gehört hätte.
Jemand war hier und war,
dann verschwand er plötzlich
und ist beharrlich nicht da.
Alle Schränke durchforscht.
Alle Regale durchlaufen.
Unter den Teppichen geprüft.
Trotz des Verbots
die Papiere durchstöbert.
Was bleibt da noch zu tun.
Schlafen und warten.
Komme er nur,
zeige er sich.
Er wird's schon erfahren.
Einer Katze tut man so etwas nicht an.
Sie wird ihm entgegenstolzieren,
so, als wolle sie es nicht,
sehr langsam,
auf äusserst beleidigten Pfoten.
Noch ohne Sprung, ohne Miau.
(von Wiesława Szymborka)
Sterben - das tut man einer Katze nicht an.
Denn was soll eine Katze
in einer leeren Wohnung.
And den Wänden hoch,
sich an Möbeln reiben.
Nichts scheint sich hier verändert zu haben,
und doch ist alles anders.
Nichts verstellt, so scheint es,
und doch alles verschoben.
Am Abend brennt die Lampe nicht mehr.
Auf der Treppe sind Schritte zu hören,
aber nicht die.
Die Hand, die den Fisch auf den Teller legt,
ist auch nicht die, die es früher tat.
Hier beginnt etwas nicht
zur gewohnten Zeit.
Etwas findet nicht statt,
wie es sich gehört hätte.
Jemand war hier und war,
dann verschwand er plötzlich
und ist beharrlich nicht da.
Alle Schränke durchforscht.
Alle Regale durchlaufen.
Unter den Teppichen geprüft.
Trotz des Verbots
die Papiere durchstöbert.
Was bleibt da noch zu tun.
Schlafen und warten.
Komme er nur,
zeige er sich.
Er wird's schon erfahren.
Einer Katze tut man so etwas nicht an.
Sie wird ihm entgegenstolzieren,
so, als wolle sie es nicht,
sehr langsam,
auf äusserst beleidigten Pfoten.
Noch ohne Sprung, ohne Miau.
Churchill "Dem Kapitalismus wohnt ein Laster inne: Die ungleichmäßige Verteilung der Güter. Dem Sozialismus hingegen wohnt eine Tugend inne: Die gleichmäßige Verteilung des Elends."
Re: Lieblingsgedichte
Sorgen, die wohl jeden verantwortungsbewußten Tierhalter umtreiben, wenn er das Ende seiner Tage vor Augen hat: Was wird aus meinem geliebten Haustier, wenn ich es bald nicht mehr versorgen kann? Da heißt es vorsorgen!
- Trutznachtigall
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Re: Lieblingsgedichte
Carl Spitzweg : Die Orden
Wenn einer einen Orden kriegt,
Bei uns ist's so der Brauch,
Sagt jeder grad zu ihm ins G'sicht:
"Verdient hätt' ich ihn auch!"
Wahrhaft erfreulich ist dies schon,
Es gibt ein treues Bild!
Wie hoch muß stehen die Nation
Wo jeder sich so fühlt!
Wenn einer einen Orden kriegt,
Bei uns ist's so der Brauch,
Sagt jeder grad zu ihm ins G'sicht:
"Verdient hätt' ich ihn auch!"
Wahrhaft erfreulich ist dies schon,
Es gibt ein treues Bild!
Wie hoch muß stehen die Nation
Wo jeder sich so fühlt!
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Ohne Heute gäbe es morgen kein Gestern. (Yves Bossart)
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- firlefanz11
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Re: Lieblingsgedichte
The Lance Ballad
There was a knight who longed to wield a more impressive lance
To carry into battle, and to aid him with romance.
A wizard overheard the knight and granted his request.
The knight at first was overjoyed to see how he was blessed.
The knight went to a revel with his weapon thus enhanced.
The lance made dining difficult and tripped him while he danced.
The next day at the tournaments he won the jousting meets,
For all who faced his fearsome lance fell laughing from their seats.
The knight romanced a lady who admired his staff of oak.
They'd scarse begun their gentle joust before the staff had broke.
The knight sought out the wizard, who replied when brought to task,
"Your wish bespoke how long it WAS, and not how long 'twould LAST!"

There was a knight who longed to wield a more impressive lance
To carry into battle, and to aid him with romance.
A wizard overheard the knight and granted his request.
The knight at first was overjoyed to see how he was blessed.
The knight went to a revel with his weapon thus enhanced.
The lance made dining difficult and tripped him while he danced.
The next day at the tournaments he won the jousting meets,
For all who faced his fearsome lance fell laughing from their seats.
The knight romanced a lady who admired his staff of oak.
They'd scarse begun their gentle joust before the staff had broke.
The knight sought out the wizard, who replied when brought to task,
"Your wish bespoke how long it WAS, and not how long 'twould LAST!"

Am Rande des Wahnsinns stehen keine Geländer!
- Trutznachtigall
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Re: Lieblingsgedichte
Otto Ernst: Nis Randers
Krachen und Heulen und berstende Nacht,
Dunkel und Flammen in rasender Jagd
Ein Schrei durch die Brandung!
Und brennt der Himmel, so sieht man´s gut:
Ein Wrack auf der Sandbank! Noch wiegt es die Flut;
Gleich holt sich´s der Abgrund.
Nis Randers lugt - und ohne Hast
Spricht er: „Da hängt noch ein Mann im Mast;
Wir müssen ihn holen.“
Da fasst ihn die Mutter: „Du steigst mit nicht ein:
Dich will ich behalten, du bliebst mir allein,
Ich will´s, deine Mutter!
Dein Vater ging unter und Momme. Mein Sohn;
Drei Jahre verschollen ist Uwe schon,
Mein Uwe, mein Uwe!“
Nis tritt auf die Brücke. Die Mutter ihm nach!
Er weist nach dem Wrack und spricht gemach:
„Und seine Mutter?“
Nun springt er ins Boot, und mit ihm noch sechs:
Hohes, hartes Friesengewächs;
Schon sausen die Ruder.
Boot oben, Boot unten, ein Höllentanz!
Nun muß es zerschmettern! Nein: es blieb ganz!
Wie lange? Wie lange?
Mit feurigen Geißeln peitscht das Meer
Die menschenfressenden Rosse daher;
Die schnauben und schäumen.
Die hechelnde Hast sie zusammenzwingt!
Eins auf den Nacken der anderen springt
Mit stampfenden Hufen!
Drei Wetter zusammen! Nun brennt die Welt!
Was da? - Ein Boot, das landwärts hält -
Sie sind es! Sie kommen!
Und Auge und Ohr ins Dunkel gespannt..
Still - ruft da nicht einer? - Er schreit´s durch die Hand:
„Sagt Mutter, ´s Uwe!“
Krachen und Heulen und berstende Nacht,
Dunkel und Flammen in rasender Jagd
Ein Schrei durch die Brandung!
Und brennt der Himmel, so sieht man´s gut:
Ein Wrack auf der Sandbank! Noch wiegt es die Flut;
Gleich holt sich´s der Abgrund.
Nis Randers lugt - und ohne Hast
Spricht er: „Da hängt noch ein Mann im Mast;
Wir müssen ihn holen.“
Da fasst ihn die Mutter: „Du steigst mit nicht ein:
Dich will ich behalten, du bliebst mir allein,
Ich will´s, deine Mutter!
Dein Vater ging unter und Momme. Mein Sohn;
Drei Jahre verschollen ist Uwe schon,
Mein Uwe, mein Uwe!“
Nis tritt auf die Brücke. Die Mutter ihm nach!
Er weist nach dem Wrack und spricht gemach:
„Und seine Mutter?“
Nun springt er ins Boot, und mit ihm noch sechs:
Hohes, hartes Friesengewächs;
Schon sausen die Ruder.
Boot oben, Boot unten, ein Höllentanz!
Nun muß es zerschmettern! Nein: es blieb ganz!
Wie lange? Wie lange?
Mit feurigen Geißeln peitscht das Meer
Die menschenfressenden Rosse daher;
Die schnauben und schäumen.
Die hechelnde Hast sie zusammenzwingt!
Eins auf den Nacken der anderen springt
Mit stampfenden Hufen!
Drei Wetter zusammen! Nun brennt die Welt!
Was da? - Ein Boot, das landwärts hält -
Sie sind es! Sie kommen!
Und Auge und Ohr ins Dunkel gespannt..
Still - ruft da nicht einer? - Er schreit´s durch die Hand:
„Sagt Mutter, ´s Uwe!“
☸ڿڰۣ--ڿڰۣ--☸ڿڰۣ--☸ڿڰۣڿڰۣ--☸ڿڰۣ--☸ڿڰۣ--☸ڿڰۣ--☸ڿڰۣ--☸ڿڰۣ--☸ڿڰۣ--☸ڿڰۣ--☸ڿڰۣ--☸ڿڰۣڿڰۣ--☸☸ڿڰۣڿڰۣ
Ohne Heute gäbe es morgen kein Gestern. (Yves Bossart)
Ohne Heute gäbe es morgen kein Gestern. (Yves Bossart)
- Liegestuhl
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- user title: Herzls Helfer
- Wohnort: אולדנבורג
Re: Lieblingsgedichte
Aus Heinrich Heines "Deutschland ein Wintermärchen"
Noch immer das hölzern pedantische Volk,
Noch immer ein rechter Winkel
In jeder Bewegung, und im Gesicht
Der eingefrorene Dünkel.
Sie stelzen noch immer so steif herum,
So kerzengrade geschniegelt,
Als hätten sie verschluckt den Stock,
Womit man sie einst geprügelt.
Ja, ganz verschwand die Fuchtel nie,
Sie tragen sie jetzt im Innern;
Das trauliche Du wird immer noch
An das alte Er erinnern.
Noch immer das hölzern pedantische Volk,
Noch immer ein rechter Winkel
In jeder Bewegung, und im Gesicht
Der eingefrorene Dünkel.
Sie stelzen noch immer so steif herum,
So kerzengrade geschniegelt,
Als hätten sie verschluckt den Stock,
Womit man sie einst geprügelt.
Ja, ganz verschwand die Fuchtel nie,
Sie tragen sie jetzt im Innern;
Das trauliche Du wird immer noch
An das alte Er erinnern.
Ich schulde dem Leben das Leuchten in meinen Augen.
- Misterfritz
- Vorstand
- Beiträge: 40906
- Registriert: Sonntag 4. September 2016, 15:14
- user title: Cheffe vons Rudel
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Re: Lieblingsgedichte
Hervorragend von Achim vertont

Das Salz in der Suppe des Lebens ist nicht Selbstdisziplin, sondern kontrollierte Unvernunft 

- Trutznachtigall
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Re: Lieblingsgedichte
Barthold Heinrich Brockes
Nachtgang
Wir gingen durch die stille milde Nacht,
dein Arm in meinem, dein Auge in meinem.
Der Mond goß silbernes Licht über dein Angesicht,
wie auf Goldgrund ruhte dein schönes Haupt.
Und du erschienst mir wie eine Heilige,
mild, mild und groß und seelenübervoll,
heilig und rein wie die liebe Sonne.
Und in die Augen schwoll mir ein warmer Drang,
wie Tränenahnung.
Fester faßt' ich dich und küßte, küßte dich ganz leise.
Nachtgang
Wir gingen durch die stille milde Nacht,
dein Arm in meinem, dein Auge in meinem.
Der Mond goß silbernes Licht über dein Angesicht,
wie auf Goldgrund ruhte dein schönes Haupt.
Und du erschienst mir wie eine Heilige,
mild, mild und groß und seelenübervoll,
heilig und rein wie die liebe Sonne.
Und in die Augen schwoll mir ein warmer Drang,
wie Tränenahnung.
Fester faßt' ich dich und küßte, küßte dich ganz leise.
☸ڿڰۣ--ڿڰۣ--☸ڿڰۣ--☸ڿڰۣڿڰۣ--☸ڿڰۣ--☸ڿڰۣ--☸ڿڰۣ--☸ڿڰۣ--☸ڿڰۣ--☸ڿڰۣ--☸ڿڰۣ--☸ڿڰۣ--☸ڿڰۣڿڰۣ--☸☸ڿڰۣڿڰۣ
Ohne Heute gäbe es morgen kein Gestern. (Yves Bossart)
Ohne Heute gäbe es morgen kein Gestern. (Yves Bossart)
- schokoschendrezki
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- Registriert: Mittwoch 15. September 2010, 16:17
- user title: wurzelloser Kosmopolit
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Re: Lieblingsgedichte
Georg Trakl: Grodek
Am Abend tönen die herbstlichen Wälder
Von tödlichen Waffen, die goldnen Ebenen
Und blauen Seen, darüber die Sonne
Düstrer hinrollt; umfängt die Nacht
Sterbende Krieger, die wilde Klage
Ihrer zerbrochenen Münder.
Doch stille sammelt im Weidengrund
Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt
Das vergoßne Blut sich, mondne Kühle;
Alle Straßen münden in schwarze Verwesung.
Unter goldnem Gezweig der Nacht und Sternen
Es schwankt der Schwester Schatten durch den schweigenden Hain,
Zu grüßen die Geister der Helden, die blutenden Häupter;
Und leise tönen im Rohr die dunkeln Flöten des Herbstes.
O stolzere Trauer! ihr ehernen Altäre,
Die heiße Flamme des Geistes nährt heute ein gewaltiger Schmerz,
Die ungebornen Enkel.
Dieser und andere Texte Trakls haben mich schon als Jugendlichen vollkommen hingerissen. Die Verzweiflung an der Natur des Menschen. Und diese unglaubliche Sprache. Ein junger hochempfindsamer Mensch irgendwann im 1. Weltkrieg irgendwo in der Ukraine. Der nicht begreifen kann, was er dort für das Haus Habsburg eigentlich zu suchen hat. Und der sich wenige Tage nach Aufschreiben dieses Gedichts das Leben nimmt.
Am Abend tönen die herbstlichen Wälder
Von tödlichen Waffen, die goldnen Ebenen
Und blauen Seen, darüber die Sonne
Düstrer hinrollt; umfängt die Nacht
Sterbende Krieger, die wilde Klage
Ihrer zerbrochenen Münder.
Doch stille sammelt im Weidengrund
Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt
Das vergoßne Blut sich, mondne Kühle;
Alle Straßen münden in schwarze Verwesung.
Unter goldnem Gezweig der Nacht und Sternen
Es schwankt der Schwester Schatten durch den schweigenden Hain,
Zu grüßen die Geister der Helden, die blutenden Häupter;
Und leise tönen im Rohr die dunkeln Flöten des Herbstes.
O stolzere Trauer! ihr ehernen Altäre,
Die heiße Flamme des Geistes nährt heute ein gewaltiger Schmerz,
Die ungebornen Enkel.
Dieser und andere Texte Trakls haben mich schon als Jugendlichen vollkommen hingerissen. Die Verzweiflung an der Natur des Menschen. Und diese unglaubliche Sprache. Ein junger hochempfindsamer Mensch irgendwann im 1. Weltkrieg irgendwo in der Ukraine. Der nicht begreifen kann, was er dort für das Haus Habsburg eigentlich zu suchen hat. Und der sich wenige Tage nach Aufschreiben dieses Gedichts das Leben nimmt.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)