Wenn du mit "nicht ganz erwachsen" meinst ich sei noch Schüler, dann irrst du dich etwas. Ich habe nach der mittleren Reife und diversen Ausbildungen und kurzer Arbeitszeit die letzten drei Jahre mein Abitur nachgeholt. Seit Juni bin ich kein Schüler mehr und warte darauf, endlich studieren zu können.
Ansonsten finde ich Sprüche der Art "Nicht für die Schule, sondern fürs Leben lernst du" vollkommen daneben. Wenn dem so wäre, dann wären Schulen mehr auf die Charakterbildung bedacht und würde nicht so sehr darauf bestehen den Schülern oberflächliches, oft sehr nutzloses Wissen einzutrichtern (gemeinhin bekannt unter dem Wort "Allgemeinwissen").
Ich kann hier nur anmerken, dass es positiven Stress (Eustress) und negativen Stress (Disstress) gibt. Ersterer ist erwünscht, da er Wachstum anregt. Wenn man z.B. Sport macht ist das Stress für den Körper, aber eben guter Stress (der dann auch mit Glückshormonen belohnt wird). Disstress hingegen ist wie der Versuch eines Krankheitserregers das Immunsystem zu überwinden. Disstress ist Ursache für Depressionen (euphemistisch auch "Burnout" genannt) und andere psychische Krankheiten. Es zerrt an der Energie und verringert die Lebensfreude. Und dauerhaft verringerte Energie schlägt dann auch in müde, träge, unkonzentrierte, abgelenkte, störrische, lern-unwillige Schüler um die dem Unterricht viel lieber fernbleiben (Fehlzeiten) oder sabotieren (Quatschen, mit Handy spielen, etc.) als noch mehr Disstress ausgesetzt zu werden.
Und welche negativen Auswirkungen haben denn Hausaufgaben bitteschön? Da hätte ich schon gerne einige konkrete Beispiele.
Ganz konkrete Beispiele: Ich als Schüler hatte einen Tag in der Woche 10Stunden Schule (Musste kurz vor 7Uhr los und war so gegen 17Uhr wieder Zuhause) und musste des Öfteren am nächsten Tag noch mehrere Arbeiten oder Klausuren schreiben und dann noch Hausaufgaben machen. Ohne Hausaufgaben saßen 90% meiner Mitschüler schon bis 20Uhr und weit darüber hinaus an den Schulsachen. Rate mal was niemand mehr gemacht hat: Die Hausaufgaben. Wenn nicht zufällig mal einer die Hausaufgaben doch gemacht hat und wir von demjenigen abschreiben konnten (meistens war ich dieser jemand, weil ich nicht großartig lernen musste), folgte die Strafe gleich auf dem Fuße. Oft waren es nur Lehrer die sich entrüstet haben über unsere Faulheit (und die selbst oft zugaben, dass sie kein Bock hatten unsere Arbeiten durchzusehen...). Oft gab es aber auch Geschrei auf Seiten der Lehrer und schlechte Noten.
*Edit*: Noch ein Beispiel: Eine Lehrerin gab uns einmal Hausaufgaben auf die alle gemacht haben und dann meinte sie, dass sie was anderes aufgegeben hat: Alle haben eine 6 bekommen.
Und ich will hier noch mal anmerken: Ich bin nicht gegen Hausarbeiten oder Vorträge oder freiwillige Übungen, sondern gegen sinnlose, willkürlich ausgesuchte Hausaufgaben die lediglich als Selbstzweck dienen.
Du schreibst von Demut und Gelassenheit. Die habe ich relativ schnell gelernt als Schüler. Ich habe hingenommen, dass ich nichts daran ändern kann. Das ich auch weiterhin Übergebühr Hausaufgaben bekomme die mir keinerlei Lernfortschritt gewährten. Hausaufgaben zu Dingen die ich bereits verstanden habe und die mich (zeitlich) davon abgehalten haben mich um Dinge zu kümmern, die ich noch nicht verstanden habe. Hausaufgaben, die ich oft rein zeitlich nicht komplett oder gar nicht lösen konnte. Hausaufgaben die viel zu oft viel zu einfach waren und dafür aber sehr lange dauerten. Ich hab es akzeptiert und ich wurde sehr viel gelassener.
Einen sinkenden Leistungsdurchschnitt, unzufriedene Eltern, gesteresste Schüler und Lehrer am Rande ihrer Leistungsgrenze.
Das ist schon Zynismus zu behaupten mehr Hausaufgaben gingen mit weniger Stress und besserer Leistung einher.
Man muss nämlich auch Versagen lernen...und lernen, sein Können, auch und gerade in Relation zu Gleichaltrigen, richtig einzuschätzen. Deshalb sind Kopfnoten mindestens genauso wichtig wie Hausaufgaben.
Versagen lernt man nirgendwo besser als in der Schule. "Wie du kannst nicht malen? 6!" | "Wie du verstehst das nicht? 6!" | "Wie du kannst nicht so schnell laufen wie andere? 6!" | "Wie du hattest 'nen Arzttermin und konntest deswegen die Hausaufgaben nicht machen? 6!" | "Wie du hast so viele 6en? Dummkopf! Versager!! Hauptschule!!!"
Und Kopfnoten sind das letzte. Alleine bei den normalen Noten spielt unberechtigt die subjektive Meinung des Lehrers über den Schüler mit ein. Und dann soll er auch noch ganz direkt Noten auf sein Verhalten geben? "Widerspricht nie: 1!" "Macht immer was der Lehrer sagt: 1!" "Sieht gut aus: 1!" "Ist kein Migrant: 1!" "Vertritt meine politische Auffassung: 1!"
Vielen Dank. Und auf wiedersehen Demokratie.