Der demographische Wandel in Deutschland

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John Galt
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von John Galt »

Armstrong » Sa 25. Jun 2011, 08:30 hat geschrieben:
Jo, nur sind eben einige Millionen Arbeitnehmer mit unterdurchschnittlichen Einkommen finanziell nicht in der Lage sich eine ordentliche kapitalgedeckte Altersvorsorge aufzubauen. Die gehen ihr ganzes Leben buckeln, haben ihr ganzes Erwerbsleben Rentenversicherungsbeiträge gezahlt und nebenbei vielleicht auch noch 2 Kinder großgezogen und werden dann mit einer "Grundsicherung" auf Hartz-IV-Niveau abgespeist.

Dasselbe Schicksal wird wohl jene ereilen, die sich finanziell verspekulieren oder deren private Altersvorsorge beim nächsten Börsencrash und der nächsten Finanzkrise vernichtet wird.
Das halte ich für ein Gerücht. Selbst mit 1000€ Brutto (was hoffentlich niemand über das gesamte Erwerbsleben erarbeitet) bekommt man nach 45 Jahren eine stattliche (nicht staatlich) Rente. Da ich kein Hellseher bin, kann ich keine exatken Rechnungen vorlegen. Aber wenn ich meine Kalkulation mit den prognostizierten Entgeltpunkten der GRV vergleiche, kommt die kapitalgedeckte Rente um einiges besser weg.
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yogi61
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von yogi61 »

Graf Besuchow » Fr 24. Jun 2011, 22:13 hat geschrieben:Um die Lobbymacht zukünftiger Rentner muss man sich hierzulande keine Sorgen machen.
Das ist wohl der entscheidende Punkt. Die politische Gewichtung wird sich hin zu den "Alten" verlagern. Ich verstehe durchaus, dass junge Leute heute die Befürchtung haben, sie müssten für ein Heer von Rentnern knüppeln aber wir werden uns da arrangieren und Lösungen finden müssen. Wer heute meint die zukünftige Rentnergeneration ins Armenhaus treiben zu können, der verkennt, dass die Kaufkraft dieser Leute fehlen wird und das sie das nicht hinnehmen werden. Die Unterstützung von grossen Teilen der Medien,deren Hauptklientel sie sein werden ist ihnen auch gewiss und Verweise nach dem Motto "Ihr hättet doch vorsorgen können" werden ins Leere laufen, denn man wird von Seiten der politischen Parteien natürlich um ihre Stimmen buhlen.
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Armstrong

Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Armstrong »

Karl Murx » Sa 25. Jun 2011, 08:40 hat geschrieben:Das halte ich für ein Gerücht. Selbst mit 1000€ Brutto (was hoffentlich niemand über das gesamte Erwerbsleben erarbeitet) bekommt man nach 45 Jahren eine stattliche (nicht staatlich) Rente. Da ich kein Hellseher bin, kann ich keine exatken Rechnungen vorlegen. Aber wenn ich meine Kalkulation mit den prognostizierten Entgeltpunkten der GRV vergleiche, kommt die kapitalgedeckte Rente um einiges besser weg.
Was meinst du denn was so ein normaler Bauarbeiter, Taxifahrer, Verkäufer im Einzelhandel, Friseur etc. verdient? Wenn von dem Gehalt eine Familie mit 2 Kindern unterhalten werden muss, hat diese Familie in der Regel weniger als eine Hartz-IV-Familie mit 2 Kindern, wenn man alle Extras mit berücksichtigt. Von dem Gehalt können dann die Grundbedürfnisse befriedigt werden und man kann vielleicht den einen oder anderen Euro in ein kleines Auto und die Bildung der Kinder investieren. Nicht zu vergessen, dass man als GKV-Patient auch für die Gesundheit immer mehr aus eigener Tasche selbst finanzieren muss. Also wie da noch Geld für eine private Altersvorsorge aufgebracht werden sollte ist mir schleierhaft.
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John Galt
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von John Galt »

Armstrong » Sa 25. Jun 2011, 09:46 hat geschrieben:
Was meinst du denn was so ein normaler Bauarbeiter, Taxifahrer, Verkäufer im Einzelhandel, Friseur etc. verdient? Wenn von dem Gehalt eine Familie mit 2 Kindern unterhalten werden muss, hat diese Familie in der Regel weniger als eine Hartz-IV-Familie mit 2 Kindern, wenn man alle Extras mit berücksichtigt. Von dem Gehalt können dann die Grundbedürfnisse befriedigt werden und man kann vielleicht den einen oder anderen Euro in ein kleines Auto und die Bildung der Kinder investieren. Nicht zu vergessen, dass man als GKV-Patient auch für die Gesundheit immer mehr aus eigener Tasche selbst finanzieren muss. Also wie da noch Geld für eine private Altersvorsorge aufgebracht werden sollte ist mir schleierhaft.
Die Probleme die du ansprichst, haben mit dem System das du kritisiert hast nichts zu tun. Ob die 20% an die BfA oder in ein ETF gehen, hat mit der Lohnhöhe direkt nichts zu tun. Ich habe übrigens extra ein sehr niedriges Einkommen unterstellt. Falls du Interesse an den Kalkulationen hast, kannst du mir das sagen. Falls es dir nur um Sozialtralala geht, nun gut, da kann ich dir nicht helfen. Mit normativen Behauptungen kann ich nicht rechnen.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Bukowski »

Unlängst erzählte mir ein Bekannter, der Regionalplaner für das Land Brandenburg ist, daß große Teile Ostdeutschlands in Zukunft als Naturschutzgebiet ausgewiesen werden. - Dörfer werden entsiedelt bzw. zusammengelegt oder in Kreisstädte eingemeindet.

Er meinte, in 20 Jahren wird Brandenburg sich null Kultur leisten können - die Pflegekosten für die Alten werden zu hoch sein. - Zumal im Osten eigentlich bei fast allen Bürgern der Staat die Differenz zu den Heimkosten dazuzahlen muß.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von NMA »

Danke für den obigen Beitrag mit dem heise-link. Sehr interessant!


Hast du schon vom "Stadtumbau Ost" gehört?
http://www.stadtumbau-ost.info/

Ein schöner kleiner Euphemismus für Infrastrukturrückbau, der freilich ländliche Regionen härter trifft als Städte. Besonders eben weniger flexible Landbewohner werden an Lebensqualität verlieren, wenn ihre Mobilität wegen Rückbau des ÖPNV, Schließung von Tankstellen usw ... betroffen sind. Weniger Pflege-Angebote und Hausärzte werden prohpezeit oder sind bereits Realität. Besonders die junge Bevölkerung zieht ab und ein Teufelskreis aus Infrastrukturrückbau (Wasserversorgung, Abfallentsorgung, DSL etc ... Verluste auch im Kulturellen Bereich), Nachfragerückgang, Imageverlust und Abwanderung entsteht. Steigende Entfernungen zwischen Wohung, Supermarkt und Hausarzt verteueren das Leben auf dem Land. Die Gleichgültigkeit "sollen sie halt umziehen" kann nicht gelten, wir leben schließlich nicht in der DDR (Wo nur Priviliegte das Recht auf eine freie Wohnortswahl gehabt haben sollen), außerdem ist dies unrealistisch. Realistischer ist es da schon, von einer Verelendung der alternden Bevölkerung zu sprechen.

Die Vorstellung, ein Rückgang der ländlichen Bevölkerung würde die Umwelt schonen ist sehr kurzsichtig. Es lässt sich schlecht pauschalisieren, aber in vielen Fällen sorgt gerade die Kultivierung und Bewirtschaftung dafür, eine größere Artenvielfalt zu erhalten. Gleichzeitig ist die Erhaltung der ländlichen Infrastruktur wichtig für die Qualität der Kulturlandschaft und damit der Autarkie hinsichtlich ihrer Erzeugnisse. Eine Vernachlässigung ländlicher Regionen sorgt zwangsläufig zu einer Intensivierung der zu Recht so verteufelten globalisierten Ernährung.


Wie siehts aus in Pinneberg? Recht gesunder Speckgürtel würde ich schätzen. Weiter nördlich bis nordöstliche gehts aber bestimmt bald los? Ich lebe genau an der Grenze zwischen einem Speckgürtel und einer Region, die einerseits das Glück hat, touristisch sehr interessant zu sein, andererseits schon deutliche Spuren des kulturellen Rückbaus erfährt, zb Verfall von historischen Gebäuden, die eigentliche eine Bewohnung verdient hätten. Das kulturelle Angebot für die einheimische Jugend wird stetig abgebaut.
In der bayerischen Politik wurde jüngst erst der Paradigmenwechsel beschlossen (in einer Satiresendung thematisiert, sonst heimlich, still & leise), weg von einer als hoffnungslos angesehenen Regionalförderung ländlicher Räume hin zu einer Förderung von Metropolregionen. Bringt mehr Schotter! Zentralbayern vs. Peripheriebayern (Ostbayern, Franken) sozusagen!

... spannendes Thema!
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Quatschki »

Bukowski » Sa 25. Jun 2011, 10:32 hat geschrieben:Unlängst erzählte mir ein Bekannter, der Regionalplaner für das Land Brandenburg ist, daß große Teile Ostdeutschlands in Zukunft als Naturschutzgebiet ausgewiesen werden.
Sicher nicht, denn das Ackerland ist und bleibt begehrt und die Großagrarier lieben die riesigen Flächen, auch wenn sie kaum Leute zu deren Bewirtschaftung benötigen.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von NMA »

Großagrarier lieben die riesigen Flächen
Diese Art der Bewirtschaftung meinte ich nicht.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Quatschki »

Graf Besuchow » So 26. Jun 2011, 10:29 hat geschrieben:
Diese Art der Bewirtschaftung meinte ich nicht.
Das ist die vorherrschende Art der Bewirtschaftung in den östlichen Bundesländern.
Dadurch kann man im Google Earth auf einen Blick die alte innerdeutsche Grenze, aber auch die Grenze zu Polen allein aus der Felderstruktur erkennen.
Im Prinzip können man 4 von 5 Dörfern zumachen, im 5. steht dann der Agrarindustriekomplex und die Eigenheimsiedlungen seiner ja durchaus gut bezahlten hoch produktiven Angestellten.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von NMA »

Das weiss ich. Das trifft aber nicht wirklich auf Mecklenburg-Vorpommern mit seinem Naturpark-Potential zu.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Welfenprinz »

Gehört nicht zum Strangthema, aber angesichts der Welternährungssituation ist der Konflikt zwischen Naturschutz(gebietausweisung) und Landwirtschaft vorprogrammiert.
Da gerade in den neuen Bundesländern die Politik hinter den -leistungsfähigen- Betriebsstrukturen steht, ist es wahrscheinlich , und auch nötig, dass das mit der Ausweisung grosser Naturschutzgebiete nicht allzuviel wird.
Sterben kann nicht so schlimm sein,sonst würden es nicht so viele tun.
Lt. griinpissstudien stirbt eine Ratte, wenn ihr ein 200l-Fass Glyphosat auf den Kopf fällt.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von NMA »

Da wird sich schon ein ausgewogenes Verhältnis ergeben. Rein landschaftlich braucht man sich um Deutschland keine Sorgen machen, es sei denn vielleicht man hat eine Moscheenphobie oder sowas ... Ich kenne Leipzig recht gut und Berlin habe ich auch schon ein paar mal gesehen: Da ist noch sehr viel Verschönerungspotenzial ...

Ich leiste mit den Luxus E10 beharrlich zu verweigern :D . Ich weiss, Superbenzin ist auch mit Blut bezahlt, aber das ist wenigstens so. E10 als politisch korrekt anzupreisen ist hingegen eine Beleidigung des Intellekts der Kundschaft.
Zuletzt geändert von NMA am Samstag 2. Juli 2011, 18:42, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Daylight »

ich schau mal hier rein, auf der Suche nach Blu..bb, ..dem 'demographischen Wandel in Deutschland' und finde stattdessen E 10.
Ein ekelhaftes Gebräu, sage ich Ihnen. Probieren Sie es nicht!
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von enfant_terrible »

Graf Besuchow » Do 23. Jun 2011, 10:41 hat geschrieben:Butter bei die Fische
Butter bei die Fische:

Wir haben 3 Mio. Arbeitslose und irgendwelche Schwachmaten sprechen davon Altenpfleger aus Nordafrika zu holen.

Wixe!
Sahnebär: Charmant, höflich, gebildet!
enfant_terrible
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von enfant_terrible »

Graf Besuchow » Do 23. Jun 2011, 10:41 hat geschrieben:ob nun ein bestimmter Zustand 2050 oder 2069 entritt
Laß mich raten:

- Glaskugelschauer
- Politiker
- Wirtschaftslobbyist

?

Immerhin beeindruckend, daß du, oder deine Freunde von der Wirtschaftslobby bis ins Jahr 2069 blicken könnt.

Schafft sonst keiner, außer Scharlatanen und Spinnern (und Politikern natürlich=.
Sahnebär: Charmant, höflich, gebildet!
Bukowski

Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Bukowski »

enfant_terrible » Do 7. Jul 2011, 22:19 hat geschrieben: Butter bei die Fische:

Wir haben 3 Mio. Arbeitslose und irgendwelche Schwachmaten sprechen davon Altenpfleger aus Nordafrika zu holen.

Wixe!
Für die ZUKUNFT.

In 20 jahren werden nämlich in Deutschland nur noch die Leute arbeitslos sein, die man auf keinen Fall auf Menschen loslassen darf.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Bonsta »

enfant_terrible » Do 7. Jul 2011, 22:22 hat geschrieben: Laß mich raten:

- Glaskugelschauer
- Politiker
- Wirtschaftslobbyist

?

Immerhin beeindruckend, daß du, oder deine Freunde von der Wirtschaftslobby bis ins Jahr 2069 blicken könnt.

Schafft sonst keiner, außer Scharlatanen und Spinnern (und Politikern natürlich=.
:D Astro-TV sucht händeringend solche Qualitäten.

Aber bei der Demografie ist das was anderes, das ist schließlich "Wissenschaft". Früher hieß es mal uns ginge der Lebensraum aus, deshalb mussten wir unbedingt Stunk anzetteln in Europa... Damals lebten 50 Mio Mensch in DE.

Es ist wirklich beeindruckend, wie man es schaffen konnte, ein ganzes Volk in dieser Frage völlig verblöden zu lassen ;)
Zuletzt geändert von Bonsta am Freitag 8. Juli 2011, 00:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Bukowski »

Bonsta » Do 7. Jul 2011, 23:16 hat geschrieben: :D Astro-TV sucht händeringend solche Qualitäten.

Aber bei der Demografie ist das was anderes, das ist schließlich "Wissenschaft". Früher hieß es mal uns ginge der Lebensraum aus, deshalb mussten wir unbedingt Stunk anzetteln in Europa... Damals lebten 50 Mio Mensch in DE.

Es ist wirklich beeindruckend, wie man es schaffen konnte, ein ganzes Volk in dieser Frage völlig verblöden zu lassen ;)

Oha!

Das stimmt also gar nicht. :eek:

unsere Gesellschaft verjüngt sich - und der Geheimdienst sowie die von finsteren Mächten bezahlten Statistik- Institute plus Medien behaupten einfach das Gegenteil.


mann, was ein Häufle Spinner hier immerzu. :x
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Bonsta »

Bukowski » Fr 8. Jul 2011, 00:40 hat geschrieben:

Oha!

Das stimmt also gar nicht. :eek:

unsere Gesellschaft verjüngt sich - und der Geheimdienst sowie die von finsteren Mächten bezahlten Statistik- Institute plus Medien behaupten einfach das Gegenteil.


mann, was ein Häufle Spinner hier immerzu. :x
Was stimmt nicht? Dass du 50 Jahre in die Zukunft schauen kannst? Da bin ich mir doch relativ sicher :D


EDIT: Nur ein kleines Beispiel: Hätte 1900 jemand eine derartige Prognose zur Entwicklung der deutschen Bevölkerung anstellen wollen, hätte er zwei Weltkriege und die Teilung Deutschlands übersehen...

Von 1950 auf 2000 hätte man die Babypille und die Zuwanderung von sogenannten "Gastarbeitern" übersehen.

Daran kann man auch sofort erkennen, dass Demografie sehr wohl beeinflussbar ist. Z.B. mit einer familienfreundlichen Wirtschaftspolitik. Bei Jobunsicherheit, millionenfacher Arbeitslosigkeit und prekärer Beschäftigung werden zum einen nicht so wahnsinnig viele "Gastarbeiter" zuziehen wollen (noch nicht mal die Polen: http://www.ftd.de/politik/europa/:zeita ... 74080.html). Und für das Familie gründen sind solche Zustände auch nicht gerade hilfreich.

Aber schön, dass sich Horden von Politikern und Wissenschaftler um den demografischen Wandel kümmern, ohne auch nur ansatzweise diese Punkte zu erwähnen. Aber darum gehts in der Debatte ja auch gar nicht...

Jetzt könnte ich auch noch mal einen ehemaligen Statistiker des statistischen Bundesamtes zitieren, der dir erklärt, wie Statistiken manipuliert werden können und wie sie selbstverständlich auch manipuliert werden, aber das sind doch alles nur VT`s...

Wobei es sich hierbei noch nicht mal um eine Statistik handelt, sondern um Prognosen, beruhend auf Annahmen, die sich jederzeit ändern können. Das sagt übrigens das statistische Bundesamt selbst. Übrigens hat noch nie eine Annahme für demografische Berechnungen länger als 4 Jahre gehalten.


Schau einfach weiter ganz tief in deine Glaskugel.
Zuletzt geändert von Bonsta am Freitag 8. Juli 2011, 03:32, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von NMA »

Die beiden Weltkriege haben leicht lesbare Auswirkungen, an der Tendenz haben die jedoch nichts geändert. Ansonsten ist es freilich nicht möglich, zu oraklen ob der nächste EHEC- oder ein Ebola-Erreger sich doch mal drastisch auswirken könnte ...

Es ist sehr simpel die Schrumpfung der Bevölkerung vorauzuberechnen (ohne Wanderungssaldo), wenn man weiss, dass seit den 1970ern jede Muttergeneration nur noch zu 2/3 ersetzt wird. Selbst wenn sich die Geburtenrate erhöhen sollte kommt dies sehr lange nicht zum tragen, da die Müttergenerationen erst einmal noch lange schrumpen werden. Und kann hier einer klugscheißen (bzw. orakeln), woher die sprunghafte Erhöhung der Geburtenrate, wenigstens auf das Bestandserhaltende Niveau von 2,1 Kindern, so schnell aus dem Hut gezaubert werden kann? Wieso sollte die seit einigen Jahren stagnierende Zuwanderung plötzlich sprunghaft ansteigen?Und wenn ja: Wäre das gut und und wünschenswert? Exorbitante Massen an Zuwanderern im heutigen Durchschnittsalter bräuchte es, um durch Zuwanderung die Alterung zu bremsen. Denn ich traue mich zu orakeln: Auch Zuwanderer werden alt :eek: .
Wenn wir von heute auf morgen 2,1 hätten, würde die Bevölkerung trotzdem noch viele Jahre altern und auch schrumpfen, weil diese neuen 2,1-Kinder-Generationen erstmal noch einige Jahre noch kleiner und kleiner werden.
Bevölkerungsvorausberechnungen mit einer unteren, mittleren oder oberen Variante sind keine komplexe Mathematik. Die Baby-Boomer-Generationen drücken rund 15 Jahre lang massiv auf die geburtenschwachen Jahrgänge. Da reichen die 4 Grundrechenarten. Da braucht niemand etwas oraklen. Bevölkerungsvorausberechnungen sind keine Prognosen, also auch keine Orakelei. Sie sind deshalb so simpel, weil die Prozesse so langsam und schwerfällig ablaufen. Natürlich wird sich da wieder etwas ändern, nur eben sehr langsam!

Und, selbst wenn man entscheidende Veränderungen nicht vorhersehen kann, ist es doch ganz simpel, vorausszusagen, dass bis 2040 unsere Sozialsysteme erheblich unter Druck geraten. Könnt ja sein, dass ein Krieg kommt. Brauchen wir uns also nicht damit beschäftigen? Könnt ja sein, dass die Sonnenaktivität abnimmt. Wozu dann über einenn möglichen Klimawandel Gedanken machen?

Hier einer von vielen kleinen Crashkursen:
http://www.destatis.de/bevoelkerungspyramide/
Da kann man sich die Auswirkungen der Weltkriege anschauen. Sie sind für Ausreißer zuständig, aber sie ändern nichts.


Zu den Arbeitslosen: 3 Millionen sind aus heutiger Sicht nicht mehr viele. Es gibt viele Gründe, weshalb es immer schwierger wird, diese zu vermitteln. Beispielsweise wurde berechnet, dass eine Frühverentung, um Platz für Jüngere zu machen, nichts bringt, da die entsprechend höheren Ausgaben für die Rente Arbeit verteuert und eher zur Abschaffung junger Arbeitsplätze führt.

Es geht nicht darum, 50 Jahre in die Zukunft zu sehen, sondern anhand einfachster Berechnungen festzustellen, dass das Verhältnis zwischen Nichterwerbsfähigen und Erwerbsfähigen so lang verschlechtern wird, dass unsere Sozialsysteme für längere Zeit erheblich unter Druck geraten.

Das theoretische Potential, welches eine Vollbeschäftigung von heute auf morgen hätte, ist seit 2010 ausgeschöpft.


Meine Glaskugeln:
Birg, H. (2001): Die demographische Zeitenwende. Der Bevölkerungsrückgang in Deutschland und Europa. München.
Dorbitz, J. et al. (2008): Bevölkerung. Daten, Fakten, Trends zum demographischen Wandel in Deutschland. Wiesbaden.
Gans, P. (2008): Demograpischer Wandel in Europa, in: Dresdener Geographische Beiträge Band: 13. S. 43-56.
Halder, G. 2008): Demographischer Wandel und politische Antworten in Deutschland. Eine Simulationsstudie im Rahmen eines allgemeinen Gleichgewichtmodells. Frankfurt a. M.
Naegele, G. (2008): Demographischer Wandel und demographisches Altern in Deutschland. Probleme, Chancen und Perspektiven, in: Dortmunder Beiträge zur Raumplanung, Bd. 130, S. 13-25.
Gans, P.,Kemper F.-J. (2010): Die Bevölkerung und ihre Dynamik, in Tzschaschel et al. (Hg.) Deutschlandatlas. Darmstadt.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Bonsta »

Es geht nicht darum, 50 Jahre in die Zukunft zu sehen, sondern anhand einfachster Berechnungen festzustellen, dass das Verhältnis zwischen Nichterwerbsfähigen und Erwerbsfähigen so lang verschlechtern wird, dass unsere Sozialsysteme für längere Zeit erheblich unter Druck geraten.
Aber unsere Sozialsysteme geraten doch heute bereits massiv unter Druck... Woran kann das denn nur wieder liegen?

Wenn es den demografischen Wandel nicht gäbe, man müsste ihn glattweg erfinden ;)
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von NMA »

Der DW ist bereits voll in Gange. Rechne halt mal nach. Ist gar nicht schwer. Erfunden? Also wenigstens ein bisschen umschauen in der Welt ist ja nun wirklich nicht zu viel verlangt. Komm mal hinterm Mond hervor!

http://www.google.com/search?client=ope ... 66&bih=623

http://www.google.com/search?client=ope ... 66&bih=623

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uswusf.

:rolleyes:
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Bonsta »

Graf Besuchow » So 10. Jul 2011, 14:01 hat geschrieben:Der DW ist bereits voll in Gange. Rechne halt mal nach. Ist gar nicht schwer. Erfunden? Also wenigstens ein bisschen umschauen in der Welt ist ja nun wirklich nicht zu viel verlangt. Komm mal hinterm Mond hervor!

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http://www.google.com/search?client=ope ... 66&bih=623


uswusf.

:rolleyes:
Ich behaupte doch gar nicht, dass es den nicht gbt. Ich behaupte lediglich, dass er - wie das schon immer war - völlig belanglos ist! Nicht nur das, es wurde schon immer versucht zu instrumentalisieren. Früher hieß die Parole "Volk ohne Raum", heute "Raum ohne Volk" (zweiteres ist auch keine Erfindung meinerseits, das stand in deutschen Medien zu lesen). Muss ich über jedes Stöckchen springen???

Der mittlere Wert des statistischen Bundesamtes sieht für 2050 einen Rückgang der Bevölkerung auf rund 75 Mio vor. Was soll daran so schlimm sein?

Dann wird auch einfach in der Debatte weggelassen, dass es nicht nur mehr ältere gibt, sondern auch weniger junge. Damit hat man im schlechtesten Fall der Annahmen im Jahr 2050, dem rein zufällig ungüstigsten Jahr in der Vorrausberechnung, eine Mehrbelastung der arbeitenden Bevölkerung von 12%. Wahnsinn!!! Allein der Produktivitätszuwachs kann das sowas von locker wieder wettmachen... Und selbst wenn nicht: Wir leben in einem Zeitalter unglaublichen Fortschritts, so dass pausenlos davon fabuliert wird, Vollbeschäftigung wäre nicht mehr möglich, warum sollte es dann aber nicht möglich sein, diesen Wandel zu "überleben"?

Bei weltweitem Bevölkerungszuwachs, Ernährungsproblemen sollen wir da traurig sein, wenn wir etwas weniger werden?

Schaut man sich die Bevölkrungsdichte an, wird es noch absurder: In den Niederlanden leben 477 Einwohner pro km², in DE 231 und in den USA 31 pro km². Schafft sich die USA gerade ab? Was also soll diese Debatte?

Und nach wie vor gilt, dass demographische Vorausberechnungen nur Annahmen sind, die jederzeit veränderbar sind. Frankreich hat das gezeigt, indem die Geburtenraten auf 1,88 anstiegt, schon ändert sich die ganze Rechnung. Ob eine höhere Geburtenrate sinnvoll ist oder nicht, mag dahingestellt sein. Die Debatte jedoch, wie Deutschland würde sich abschaffen, zeigt jedoch, wohin die Reise geht. Wer solche Debatten ernsthaft führen will, begibt sich in gefährliches Fahrwasser...
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von NMA »

Ich behaupte doch gar nicht, dass es den nicht gbt. Ich behaupte lediglich, dass er - wie das schon immer war - völlig belanglos ist! Nicht nur das, es wurde schon immer versucht zu instrumentalisieren. Früher hieß die Parole "Volk ohne Raum", heute "Raum ohne Volk" (zweiteres ist auch keine Erfindung meinerseits, das stand in deutschen Medien zu lesen). Muss ich über jedes Stöckchen springen???
Ja, so ist das. Man darf das Wort Bevölkerungspolitik nicht in den Mund nehmen, da wird immer gleich die Nazikeule geschwungen! Dabei ist es doch so, dass die entsprechende Verdrängung dieses Themas nur einer Kapitulation gegenüber der Nazikeule gleichkommt. Das ist wie in den 90ern, als das Schwingen der deutschen Flagge verpönt war, weil das naziähnlich ist. Gerade die selbstbewusste Überwindung der Assoziation von Bevölkerungspolitik zu der Denkart im Nazireich wäre ein Sieg über solche Lasten, während eine weitere Verdrängung einem fortlaufendem Wegducken gleichkommt. Dabei ginge es gar nicht um radikale Einschnitte.
Der mittlere Wert des statistischen Bundesamtes sieht für 2050 einen Rückgang der Bevölkerung auf rund 75 Mio vor. Was soll daran so schlimm sein?
Die Schrumpfung ist nicht das große Problem, sondern die Überalterung und der Weg von einer "Mulitkulti-Gesellschaft" zu einer Multiminoritätengesellschaft, wie oben schon ausgeführt.
Allein der Produktivitätszuwachs kann das sowas von locker wieder wettmachen... Und selbst wenn nicht: Wir leben in einem Zeitalter unglaublichen Fortschritts,
Hier gehen die Berechnungen weit auseinander. Das "locker" sollte man mal relativieren. Die wirtschaftliche Entwicklung vorherzusehen ist tatsächlich Gaskugelei, wohingegen die Bevölkerungsentwicklung vergleichsweise trivial berechenbar ist.
Außerdem ist fraglich, wie auch bereits oben ausgeführt, ob es so geschickt ist, diejenigen Hinzugewinne an Realeinkommen der letzten 50 Jahre in Zukunft allein durch Finanzierung der Sozialystem auffressen zu lassen. Stell Dir vor wir würden heute obige Belastungen bezahlen anstatt den Wohlstandsgewinn seit der letzten 50 Jahre erfahren zu dürfen.
12% ist angesichts der schon heute drückenden Belastung nicht wenig. Eine Erhöhung des tatsächlichen Renteneintrittsalters von den gegenwärtigen 62,5 auf 67 entspräche einer Arbeitszeitverlängerung um rund 10% (siehe dazu meine Ausführungen oben). Das ist dann auf einmal viel oder was? Außerdem hat man bei den Jungen schon Maßnahmen zur Erwerbszeitverlängerung beigetragen: G8 und Bologna-Prozess.
so dass pausenlos davon fabuliert wird, Vollbeschäftigung wäre nicht mehr möglich, warum sollte es dann aber nicht möglich sein, diesen Wandel zu "überleben"?
Der Wandel von der Industrie-, über die Deinstleistungs-, hin zur Informationsgesellschaft führt zwangsläufig dazu, dass immer mehr unterdurchschnittlich gebildete auf der Strecke bleiben. Jeder 4. Arbeitsplatz wird heute schon einmal jährlich neu besetzt. Der erzwungene Zuwachs an Mobilität drückt weiterhin auf die Geburtenrate. Wenn überhaupt noch in einer Schicht das bestandserhaltende Niveau gehalten wird, dann bei jener, die schlecht vermittelbar sind, oder es werden, sobald sie ihren gegenwärtigen Job verlieren. Und bei den Ausländern oder Menschen mit Migrationshintergrund.

Weiter zur Vollbeschäftigung mal Wiki:

"In Deutschland ist im Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft seit 1967 unter anderem ein hoher Beschäftigungsstand als Ziel staatlichen Handelns ausdrücklich genannt. In Westdeutschland wurde in den Zeiten des Wirtschaftswunders und des Arbeitskräftemangels noch die Ein-Prozent-Marke als Grenze zur Vollbeschäftigung betrachtet. Nach dem Ende der 1950er Jahre galt Vollbeschäftigung bei einer Arbeitslosenquote von zwei Prozent als prinzipiell erreicht. Zwischenzeitlich wurden in den 1990er Jahren mehrheitlich Marken von 4, 5 oder gar 6 % als Maßstab genommen. Im Jahr 2004 meinte der sozialdemokratische Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement, man müsse sich in Deutschland dauerhaft auf eine Arbeitslosenquote zwischen drei und fünf Prozent einstellen, was unter den heutigen Bedingungen praktisch Vollbeschäftigung bedeute.[3] Der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel sieht Vollbeschäftigung in Deutschland dann als erreicht, wenn ein Zustand von maximal etwa einer Million arbeitsloser Menschen berichtet würde. Etwa 400.000 davon dürften vorübergehend in der Zeit ihrer Suche nach einer neuen Arbeitsstelle in der Statistik auftauchen und ungefähr 600.000 Personen wegen mangelnder Qualifikation schwer vermittelbare Arbeitslose sein."

Wie oben auch schon genannt, ist das theoretische Potenzial der Vermittlung der derzeitig rund 3 Mio. Arbeitslosen, welches vielleicht ausreichend wäre um eine drastische Belastungserhöhung der Sozialsysteme zu vermeiden, also eine Kompensation der wegfallenden Menge an Erwerbstätigen, seit 2010 ausgeschöpft.
Bei weltweitem Bevölkerungszuwachs, Ernährungsproblemen sollen wir da traurig sein, wenn wir etwas weniger werden?
Wieviele weniger denn? 10%? 70%? Das ist ein typisches Ausweichmanöver der Verdränger. Woher nimmt man die ethische Deutungshoheit zu diesem Argument bzw. zum Ausmaß? Nach der pessimistischen Variante von Birg gibt es 2100 noch 20 Mio. deutschstämmige (Pandemien, Kriege oder sprunghafte Verdreifachung der Geburtenrate :rolleyes: nicht orakelt). Optmistischere Varianten weichen davon nicht so weit ab. Außerdem verweise ich dazu auf die Beiträge von Welfenprinz. Eine Schrumpfung kann nie isoliert betrachtet werden, sie geht immer mit Migration einher.
Und nach wie vor gilt, dass demographische Vorausberechnungen nur Annahmen sind, die jederzeit veränderbar sind. Frankreich hat das gezeigt, indem die Geburtenraten auf 1,88 anstiegt, schon ändert sich die ganze Rechnung
In welchem Zeitraum? Steigend oder fallend oder stabil? Durch welche Schicht wird die Rate hauptsächlich getragen?
Die Debatte jedoch, wie Deutschland würde sich abschaffen, zeigt jedoch, wohin die Reise geht. Wer solche Debatten ernsthaft führen will, begibt sich in gefährliches Fahrwasser...
Ich habe nicht gesagt, dass sich Deutschland abschafft. Ansonsten verweise ich auf den ersten Textblock in diesem Beitrag.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Herr Bert »

Gibt es eigentlich ein wissenschaftlich beweisbares Gesetz,
dass die uns bekannte als optimal verkaufte Bevölkerungspyramide
wirklich die optimale ist?

Ich habe vor einigen Jahren irgendwo einmal gelesen, dass in Ländern
mit der sogenannten "optimalen" Bevölkerungspyramide die Häufung von Kriegen
im Schnitt deutlich höher ist als in Ländern mit einem sehr hohen Anteil
älterer Menschen.

...was, wenn man einmal ein wenig tiefer darüber nachdenkt, durchaus nachvollziehbar erscheint.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von NMA »

Würde mich interessieren.

Ich schätze eher, dass man da Ursache und Wirkung drehen muss. Die "optimale" Pyramide ergibt sich aus einer sehr hohen Geburtenrate bei gleichzeitig sehr hoher Sterblichkeit. Das spricht für Verhältnisse um die Jarhundertwende oder länger her, oder aber vielleicht irgendwelche afrikanischen Länder. Ob nun die "optimale Pyramide" der optimale Zustand ist, halte ich für fraglich. Welcher der optimale Zustand ist, ist sicherlich überhaupt diskutabel. Im Kern ist das deutsche Problem, dass die Sozialsysteme, so wie wir sie kennen, unbezahlbar werden.

Unabhängig davon, wie die "Pyramide", also besser die Bevölkerungsverteilung, aussieht, ist es ganz einfach für den Generationenvertrag am besten, wenn sich das bestandserhaltende Niveau einpendeln und langfristig erhalten würde bzw. leicht darüber, damit die steigende Lebenserwartung kompensiert wird.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Herr Bert »

Graf Besuchow » Fr 15. Jul 2011, 19:06 hat geschrieben:Im Kern ist das deutsche Problem, dass die Sozialsysteme, so wie wir sie kennen, unbezahlbar werden.
Diese Meinung hört man immer wieder.
Ich teile sie nicht.
Können Sie das begründen?
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von NMA »

Dazu habe ich alles schon gesagt.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Herr Bert »

Graf Besuchow » Fr 15. Jul 2011, 19:31 hat geschrieben:Dazu habe ich alles schon gesagt.
Können Sie ein paar Stichpunkte wieder geben?
Ich möchte nicht den ganzen Strang lesen.

Ich gebe gerne für den Anfang einen ersten Stichpunkt meinerseits:
1. Der Sozialstaat lebt von Menschen, welche materielle Werte schaffen
und davon, dass diese Menschen einen Teil dieser erschaffenen Werte an jene abgeben, welche keine materiellen Werte schaffen, weil sie nicht erwerbsfähig oder nicht erwerbstätig sind. Das sind folgende Gruppen:
a) Menschen, welche aufgrund hohen Alters nicht mehr erwebsfähig sind (Altersrentner)
b) Menschen, welche aufgrund von Krankheit oder Behinderung nicht erwerbsfähig sind (Kranke, Behinderte)
c) Menschen, welche aufgrund zu geringen Alters nicht erwebsfähig sind (Kinder)
d) Menschen, welche nicht erwerbstätig sind, weil nicht ausreichend Jobs für alle da sind. (Arbeitslose)
e) Menschen, welche aufgrund der Erziehung von Kindern oder der Pflege von Eltern oder behinderten Angehörigen nicht erwerbstätig sind.
....


Der Fehler, welcher in der öffentlichen Debatte beim Thema "Demografischer Wandel" fast immer gemacht wird, ist, dass man bei der Rechnung nicht alle Empfängergruppen sozialer Transfers berücksichtigt.

Viele Kinder bedeutet dehsalb keineswegs sicherere Renten, denn Kinder binden zeitliche Ressourcen der Eltern für die Erziehung, welche für das Schaffen jener materiellen Werte dann fehlen, von welchen der Sozialstaat finanziert wird.
Außerdem kosten rein materielle betrachtet Kinder nicht weniger als Rentner.

Man sollte bei solchen demografischen Betrachtungen deshalb nicht nur die Rentner als Gruppe der Transferempfänger betrachten, sondern alle nicht erwerbsfähigen und nicht erwerbstätigen Bürger.
Zuletzt geändert von Herr Bert am Freitag 15. Juli 2011, 20:06, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Brainiac »

Herr Bert hat geschrieben:Viele Kinder bedeutet dehsalb keineswegs sicherere Renten, denn Kinder binden zeitliche Ressourcen der Eltern für die Erziehung, welche für das Schaffen jener materiellen Werte dann fehlen, von welchen der Sozialstaat finanziert wird.
Außerdem kosten rein materielle betrachtet Kinder nicht weniger als Rentner.
Nun ja - Kinder sind aber, im Gegensatz zu Rentnern, potenzielle künftige Einzahler in das System. Insofern, volkswirtschaftlich gesehen, "wertvoller" - so zynisch das klingt. Und für mich ist schon plausibel, dass es "as is", mit Geburtenrate < Bestandserhaltung und ohne irgendwelche Systemanpassungen, nicht weitergehen kann.

Die ganz klare und einzige Antwort ist: Kontinuierliche Erhöhung der Lebensarbeitszeit bzw Verschiebung des Renteneintrittsalters, dann passt es wieder. Das geht ja aber auch konform zur allgemein steigenden Lebenserwartung, insofern hätte ich damit gar nicht so das Problem. Schwierig ist nur, dass die beiden Trends möglicherweise zeitlich nicht harmonieren.
Herr Bert hat geschrieben:Können Sie ein paar Stichpunkte wieder geben?
Ich möchte nicht den ganzen Strang lesen.
Sooo lang ist er ja nun noch nicht...insbesondere das Eingangsposting ist durchaus informativ.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Herr Bert »

infojunglemaps » Fr 15. Jul 2011, 20:18 hat geschrieben: Nun ja - Kinder sind aber, im Gegensatz zu Rentnern, potenzielle künftige Einzahler in das System. Insofern, volkswirtschaftlich gesehen, "wertvoller.
Das ist der gängige, nicht zu Ende gedachte Trugschluss der vorherrschenden Zeitgeistmeinung.
Stimmt aber so nicht.
Die Rechnung geht nur dann auf, wenn in einer Generation die Leute mehr Kinder bekommen und diese Kinder selbst
in der nächsten Generation wiederum wieder weniger Kinder zeugen. Und dann geht sie auch nur befristet auf.
Zuletzt geändert von Herr Bert am Freitag 15. Juli 2011, 20:32, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von NMA »

Herr Bert » Fr 15. Jul 2011, 19:56 hat geschrieben: Können Sie ein paar Stichpunkte wieder geben?
Ich möchte nicht den ganzen Strang lesen.
Nein, das werde ich nicht. Bei allem Respekt, aber wenn du den Strang nicht lesen willst, dann kümmert mich das nicht.
Man sollte bei solchen demografischen Betrachtungen deshalb nicht nur die Rentner als Gruppe der Transferempfänger betrachten, sondern alle nicht erwerbsfähigen und nicht erwerbstätigen Bürger.
Ich weiss.
Zuletzt geändert von NMA am Freitag 15. Juli 2011, 20:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Herr Bert »

Graf Besuchow » Fr 15. Jul 2011, 20:51 hat geschrieben:
Nein, das werde ich nicht. Bei allem Respekt, aber wenn du den Strang nicht lesen willst, dann kümmert mich das nicht.
Deinen Einwand kann ich durchaus verstehen.
Aber, ich bin erst den ersten Tag hier, lese also fürs erste
nur die aktuellsten Beiträge in den einzelnen Threads,
ansonsten könnte ich mich ja
auch mit einem Buch auf den Balkon setzen,
wenn ich alle Beiträge aller Threads komplett lesen würde,
deren Themen ich interessant finde,
ich kann mich deshalb aktuell nur auf aktuelle Diskussionsbereitschaft,
für und Wider von Argumenten,
einlassen, was natürlich dazu führen kann, dass jemand etwas
wiederholen müsste, was er irgendwann schon einmal geäußert hatte.
Aber ich zwinge niemanden dazu, sich darauf einzulassen.
Zuletzt geändert von Herr Bert am Freitag 15. Juli 2011, 21:21, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Brainiac »

Herr Bert hat geschrieben:Das ist der gängige, nicht zu Ende gedachte Trugschluss der vorherrschenden Zeitgeistmeinung.
Stimmt aber so nicht.
Die Rechnung geht nur dann auf, wenn in einer Generation die Leute mehr Kinder bekommen und diese Kinder selbst
in der nächsten Generation wiederum wieder weniger Kinder zeugen. Und dann geht sie auch nur befristet auf.
Gut, ich versuche es etwas präziser.

Kernpunkt ist, dass ceteris paribus, ohne sonstige Systemanpassungen, das Gleichgewicht zwischen Ein- und Auszahlungen im Lauf eines Menschenlebens aus den Angeln gehoben wird: Wenn sich heute Einzahlungen (als Erwerbstätiger) und Auszahlungen (als Kind oder Rentner) die Waage halten, würde - ohne Anpassungen von Rentenniveau oder Lebensarbeitszeit - durch die Steigerung der Lebenserwartung das Ganze ins Negative kippen. D'Accord?

Dagegen helfen mehr Kinder nur bedingt - da stimme ich zu. Zwar erwirtschaften diese bis zu ihrem Renteneintritt einen Überschuss, der um so größer ist je mehr Kinder es gibt - kosten dann aber selbst als Rentner auch wieder mehr, verschieben das Problem also nur in die Zukunft. Man sollte vielleicht in der Diskussion die beiden Ziele "Stabilität des Sozialsystems" und "Erhalt der deutschen autochthonen Bevölkerung" versuchen auseinanderzuhalten.

Trotzdem bleibt die Problematik, dass wenn wir nicht länger arbeiten aber länger Rente beziehen, das irgendwie kompensiert werden muss, sei es durch Produktivitätssteigerung, niedrigere Renten oder längere Lebensarbeitszeit.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Herr Bert »

infojunglemaps » Fr 15. Jul 2011, 21:22 hat geschrieben: Gut, ich versuche es etwas präziser.

Kernpunkt ist, dass ceteris paribus, ohne sonstige Systemanpassungen, das Gleichgewicht zwischen Ein- und Auszahlungen im Lauf eines Menschenlebens aus den Angeln gehoben wird: Wenn sich heute Einzahlungen (als Erwerbstätiger) und Auszahlungen (als Kind oder Rentner) die Waage halten, würde - ohne Anpassungen von Rentenniveau oder Lebensarbeitszeit - durch die Steigerung der Lebenserwartung das Ganze ins Negative kippen. D'Accord?

Dagegen helfen mehr Kinder nur bedingt - da stimme ich zu. Zwar erwirtschaften diese bis zu ihrem Renteneintritt einen Überschuss, der um so größer ist je mehr Kinder es gibt - kosten dann aber selbst als Rentner auch wieder mehr, verschieben das Problem also nur in die Zukunft. Man sollte vielleicht in der Diskussion die beiden Ziele "Stabilität des Sozialsystems" und "Erhalt der deutschen autochthonen Bevölkerung" versuchen auseinanderzuhalten.

Trotzdem bleibt die Problematik, dass wenn wir nicht länger arbeiten aber länger Rente beziehen, das irgendwie kompensiert werden muss, sei es durch Produktivitätssteigerung, niedrigere Renten oder längere Lebensarbeitszeit.
Grundsätzlich kann ich Ihre Gedanken nachvollziehen, möchte aber trotzdem noch einen zusätzlichen Gedanken ins Spiel bringen:
Üblicherweise nimmt man als Grundlage der Betrachtung bei dieser Frage die jeweilige prozentuale Verteilung zwischen dem erwerbsfähigen und dem nicht erwerbsfähigen Teil der Bevölkerung.
Natürlich gehören zum letzteren Teil nicht nur die Rentner, sondern auch die Kinder, weshalb eine Diskussion, welche überwiegend auf den Anstieg der Geburtenrate pocht, zweifelhaft ist, jedenfalls was die Frage der Finanzierbarkeit des Sozialstaats betrifft.

Diese reine prozentuale Betrachtung ist aber auch nicht ganz valide,
da bei einer erhöhten Anzahl der zu versorgenden Kinder gleichzeitig sich die zeitlichen Ressourcen pro erwerbsfähigen Bürger reduzieren, sich an der materiellen Wertschöpfung zu beteiligen und damit an der aktuellen Finanzierung des Sozialstaats.

Ein Gedanke, den viele noch nicht gedacht haben, ist der:
Erst die Tatsache, dass eine Generation sehr viele Kinder zeugte
(geburtenstarke Jahrgänge)
und deren viele Kinder wiederum wenige Kinder zeugten,
führte zu einem so eklatant starken Zuwachs an Lebensstandard,
weil diese vielen erwachsenen Menschen aus den geburtenstarken
Jahrgängen während ihrer erwerbsfähigen Zeit sehr viel mehr
materiellen Wohlstand erwirtschaften konnten, denn sie mussten
ja im Schnitt weniger Kinder erziehen und hatten dadurch mehr Zeit
fürs materielle Wirtschaften.
Haben Sie meinen Gedanken verstanden?
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Brainiac »

Herr Bert hat geschrieben:Diese reine prozentuale Betrachtung ist aber auch nicht ganz valide,
da bei einer erhöhten Anzahl der zu versorgenden Kinder gleichzeitig sich die zeitlichen Ressourcen pro erwerbsfähigen Bürger reduzieren, sich an der materiellen Wertschöpfung zu beteiligen und damit an der aktuellen Finanzierung des Sozialstaats.
Dafür zahlt der Staat weniger direkt an Kinder als an Rentner (meines Wissens), da Kinder normalerweise hauptsächlich von ihren Eltern aufgezogen und finanziert werden. Diese können dadurch zwar, wie Sie richtig ausführen, weniger arbeiten, aber in Summe gleicht sich das dann wohl in etwa wieder aus: (Direkte Auszahlungen an Kinder + entgangene Einzahlungen ins System aufgrund Zeitaufwand Kinderbetreuung) = Direkte Auszahlungen an Rentner. So ungefähr zumindest, in einem eingeschwungenen Zustand - ich bin kein Experte auf diesem Gebiet.
Herr Bert hat geschrieben:Ein Gedanke, den viele noch nicht gedacht haben, ist der:
Erst die Tatsache, dass eine Generation sehr viele Kinder zeugte
(geburtenstarke Jahrgänge)
und deren viele Kinder wiederum wenige Kinder zeugten,
führte zu einem so eklatant starken Zuwachs an Lebensstandard,
weil diese vielen erwachsenen Menschen aus den geburtenstarken
Jahrgängen während ihrer erwerbsfähigen Zeit sehr viel mehr
materiellen Wohlstand erwirtschaften konnten, denn sie mussten
ja im Schnitt weniger Kinder erziehen und hatten dadurch mehr Zeit
fürs materielle Wirtschaften.
Haben Sie meinen Gedanken verstanden?
Ich denke ja, und da ist sicher was dran - die Antwort würde wohl lauten: Anspruchsniveau wieder herunterschrauben, da sich die Situation nun umdreht. Eine ganz leichte Übung...

Ich habe umgekehrt auch einen Gedanken dazu: Wenn Menschen ohne Kinder viel verdienen, aber nichts für Kindererziehung zahlen (sei es direkt oder indirekt durch Zeitaufwand), sollten sie ihren Überschuss an das System zurückzahlen, oder? Und wenn sie das nicht tun, sollten sie im Interesse des Systems dann doch besser Kinder bekommen, statt in "Saus und Braus" zu leben? Und ist das vielleicht der emotionale, durchaus berechtigte Hintergrund der Forderung einer höheren Geburtenrate? (Um das klarzustellen: Ich habe selbst keine, aber das Thema beschäftigt mich ziemlich...).

Ich stimme Ihnen zu, dass diese Diskussion oftmals ziemlich unpräzise und auch unfair geführt wird. Dennoch bleibt: Wir haben da ein großes Problem zu lösen.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von ToughDaddy »

Herr Bert » Fr 15. Jul 2011, 21:42 hat geschrieben: Kernpunkt ist, dass ceteris paribus, ohne sonstige Systemanpassungen, das Gleichgewicht zwischen Ein- und Auszahlungen im Lauf eines Menschenlebens aus den Angeln gehoben wird: Wenn sich heute Einzahlungen (als Erwerbstätiger) und Auszahlungen (als Kind oder Rentner) die Waage halten, würde - ohne Anpassungen von Rentenniveau oder Lebensarbeitszeit - durch die Steigerung der Lebenserwartung das Ganze ins Negative kippen. D'Accord?
Wäre das Gehalt mit der Produktion usw angestiegen und müßte auch jeder einzahlen, der wie Pension usw., trotzdem was bekommt. Gebe es nicht wirklich die Probleme.
Die sog. Anpassung des Lebensarbeitszeit ist nix anderes als eine Rentenkürzung.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von jack000 »

infojunglemaps » Fr 15. Jul 2011, 21:22 hat geschrieben: Dagegen helfen mehr Kinder nur bedingt - da stimme ich zu. Zwar erwirtschaften diese bis zu ihrem Renteneintritt einen Überschuss, der um so größer ist je mehr Kinder es gibt - kosten dann aber selbst als Rentner auch wieder mehr, verschieben das Problem also nur in die Zukunft. Man sollte vielleicht in der Diskussion die beiden Ziele "Stabilität des Sozialsystems" und "Erhalt der deutschen autochthonen Bevölkerung" versuchen auseinanderzuhalten.
Richtig ! Eine Bevölkerungspyramide wie im 19ten Jahrhundert kann überhaupt nicht funktionieren, denn der Platz in diesem völlig überbevölkerten Land ist begrenzt. So wie es jetzt läuft ist es gut ... langfristig sollten sich alle Länder der Welt an die Geburtenraten in Deutschland anpassen.
Trotzdem bleibt die Problematik, dass wenn wir nicht länger arbeiten aber länger Rente beziehen, das irgendwie kompensiert werden muss, sei es durch Produktivitätssteigerung, niedrigere Renten oder längere Lebensarbeitszeit.
Das hat ja bereits stattgefunden. Als die Rentenversicherung erfunden wurde gab es die Pyramide. Hätte man damals den Pilz von heute betrachtet, hätte man vermutet, dass das überhaupt nicht funktionieren kann .... Aber es funktioniert doch => Produktivitätssteigerung sei Dank !
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Brainiac »

jack hat geschrieben:Das hat ja bereits stattgefunden. Als die Rentenversicherung erfunden wurde gab es die Pyramide. Hätte man damals den Pilz von heute betrachtet, hätte man vermutet, dass das überhaupt nicht funktionieren kann .... Aber es funktioniert doch => Produktivitätssteigerung sei Dank !
Im Moment vielleicht, aber der Pilz verstärkt sich ja noch...und ob das noch weiter durch noch mehr Produktivitätssteigerungen aufgefangen werden kann, ist wohl zumindest fraglich.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Herr Bert »

infojunglemaps » Fr 15. Jul 2011, 22:02 hat geschrieben: Ich habe umgekehrt auch einen Gedanken dazu: Wenn Menschen ohne Kinder viel verdienen, aber nichts für Kindererziehung zahlen (sei es direkt oder indirekt durch Zeitaufwand), sollten sie ihren Überschuss an das System zurückzahlen, oder?
Nehmen wir einmal die folgende Situation:
Ein Kinderloser ohne Kirchensteuer verdiene 3.500 Euro Brutto im Monat
ohne 13. Monatsgehalt,
dasselbe verdiene ein Familienvater mit 2 Kindern, dessen Frau die Kinder versorgt.
Und nun vergleichen wir die Steuern und Sozialabgaben auf das Einkommen pro Erwerbsfähigen.


Kinderloser (Einkommenssteuern pro Jahr): 7.830 Euro
Pro Erwachsenem mit Kindern: 2,100 Euro

Kinderloser (Sozialabgaben pro Jahr): 8.660 Euro
Pro Erwachsenem mit Kindern: 4.330 Euro

Der Kinderlose zahlt nicht nur pro Erwachsenen in Summe mehr als diese ganze Familie,
sondern bei gleichem Einkommen auch in Summe.

Ich habe im Falle der Familie die Abgaben durch 2 geteilt,
weil es ja zwei Erwerbsfähige sind, die unter anderem auch verantwortlich
sind für
a) die Rentenfinanzierung der Eltern – und Großelterngeneration,
das ist ja nicht nur die Aufgabe der Kinderlosen und des einen Erwachsenen
b) welche unter anderem auch das Bildungssystem durch Steuern finanzieren,
welches die Kinder der Familie benötigen.
c) die beitragsfreie Familienmitversicherung bei der Krankenversicherung


Wer von beiden finanziert nun stärker die sozialen Leistungen, welche auch
Familien zugute kommen?

Der Kinderlose zahlt bei gleichem Brutto also etwa 10.000 Euro mehr Abgaben pro Jahr,
damit die Ehefrau und die Kinder des anderen bei der Krankenversicherung beitragsfrei bleiben können und damit die Schule derer Kinder finanziert werden kann und damit die Frau ihre Erziehungszeiten bei ihrer eigenen Rente angerechnet bekommt usw.


Sie sehen an diesem Beispiel, dass der Kinderlose die materielle Nichtbeteiligung des erziehenden Elternteils zusätzlich mit übernimmt. Er beteiligt sich also sehr wohl an der ganzen Angelegenheit.
Zuletzt geändert von Herr Bert am Freitag 15. Juli 2011, 22:42, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von jack000 »

infojunglemaps » Fr 15. Jul 2011, 22:40 hat geschrieben: Im Moment vielleicht, aber der Pilz verstärkt sich ja noch...und ob das noch weiter durch noch mehr Produktivitätssteigerungen aufgefangen werden kann, ist wohl zumindest fraglich.
Tut er das wirklich nennenswert ? Das Zenit ist doch schon fast vorrüber, ... weitere extreme Produktionssteigerungen sind nicht notwendig um das System weiterhin erfolgreich am Leben zu erhalten.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Brainiac »

Nun, meines Wissens erreichen die geburtenstarken Jahrgänge den Renteneintritt überwiegend erst in den nächsten beiden Jahrzehnten...

S. u.a. Wikipedia: "Der Altenquotient − das ist das Verhältnis der Personen im Rentenalter (derzeit Personen ab 65 Jahren) zu 100 Personen im erwerbsfähigen Alter (derzeit 20 bis 64-Jahre) − beträgt im Jahr 2005 ca. 32, im Jahr 2030 wird er bei ca. 50 bzw. 52 liegen, im Jahr 2050 bei 60 bzw. 64."
http://de.wikipedia.org/wiki/Demografie_Deutschlands

Schon noch eine nennenswerte Verschiebung, oder?
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Herr Bert »

infojunglemaps » Fr 15. Jul 2011, 22:02 hat geschrieben: Dafür zahlt der Staat weniger direkt an Kinder als an Rentner (meines Wissens), da Kinder normalerweise hauptsächlich von ihren Eltern aufgezogen und finanziert werden. Diese können dadurch zwar, wie Sie richtig ausführen, weniger arbeiten, aber in Summe gleicht sich das dann wohl in etwa wieder aus: (Direkte Auszahlungen an Kinder + entgangene Einzahlungen ins System aufgrund Zeitaufwand Kinderbetreuung) = Direkte Auszahlungen an Rentner. So ungefähr zumindest, in einem eingeschwungenen Zustand - ich bin kein Experte auf diesem Gebiet.
Ich habe da auch nicht alle Zahlen parat, würde aber nach dem, was ich weiß, nicht davon ausgehen, dass der Nachteil in Summe bei Menschen mit Kindern liegt, womöglich gleicht sich das in etwa aus.
Ich denke ohnehin, dass die Debatte auf der Ebene Kinderlosen-Bashing nicht wirklich weiter führt.
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Brainiac »

Einiges in dieser Rechnung verstehe ich nicht ganz:
Herr Bert hat geschrieben:Der Kinderlose zahlt nicht nur pro Erwachsenen in Summe mehr als diese ganze Familie,
sondern bei gleichem Einkommen auch in Summe.
Dieser Satz ist schwer verständlich.
Herr Bert hat geschrieben:Der Kinderlose zahlt bei gleichem Brutto also etwa 10.000 Euro mehr Abgaben pro Jahr
Sie rechnen das offensichtlich pro erwerbstätigem Erwachsenen. Dann müsste man dem gegenüberstellen, dass der Kinderlose in Ihrem Szenario pro erwerbstätigem Erwachsenen auch doppelt so viel verdient. Also entweder fast doppelt so hohen Lebensstandard geniesst oder entsprechend sparen kann. Oder mache ich da einen Denkfehler?

Aber sei's drum. Es gibt zu diesem Thema dermassen viele widersprüchliche Rechnungen im Netz...mein subjektiver Gesamteindruck ist, dass man als Kinderloser auch angesichts höherer Steuer- und Abgabenbelastung in Summe trotzdem - ceteris paribus - deutlich komfortabler auskommt. Dies wird durch das Steuern und Abgabensystem kompensiert, aber nur teilweise.
Herr Bert hat geschrieben:Ich denke ohnehin, dass die Debatte auf der Ebene Kinderlosen-Bashing nicht wirklich weiter führt.
Das betreibe ich nun ganz bestimmt nicht...
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Herr Bert »

infojunglemaps » Fr 15. Jul 2011, 23:26 hat geschrieben:mein subjektiver Gesamteindruck ist, dass man als Kinderloser auch angesichts höherer Steuer- und Abgabenbelastung in Summe trotzdem - ceteris paribus - deutlich komfortabler auskommt. Dies wird durch das Steuern und Abgabensystem kompensiert, aber nur teilweise.
Das bestreite ich nicht unbedingt, weiß es aber nicht wirklich.
Wenn man damit aber eine Wertung in der Sache verbindet,
dann unterstellt man allerdings, dass sich der Anspruch
auf die Wertschöpfungsgegenstände sich nicht primär
aus dem Erwirtschaften dieser materiellen Werte ergibt.
Diese Ansicht halte ich für fragwürdig.
infojunglemaps » Fr 15. Jul 2011, 23:26 hat geschrieben:Einiges in dieser Rechnung verstehe ich nicht ganz:
Dieser Satz ist schwer verständlich.
Ich wollte damit folgendes sagen:
1. Der Kinderlose zahlt bei gleichem Einkommen in Summe mehr als die
gesamte Familie an Abgaben, auch wenn hier nur die Abgaben auf Einkommen
betrachtet werden.
2. Der Kinderlose zahlt bei gleichem Einkommen auch mehr an Abgaben
im Vergleich zu Erwachsenen mit Kindern, wenn man das ganze pro Kopf
Erwachsenen rechnet.

Sie scheinen hier suggerieren zu wollen, dass ein Kinderloser mit doppeltem Einkommen mit
einer Familie mit halbem Einkommen verglichen werden sollte. Warum denn das?
Ich glaube, Kinderlose würden paradiesische Gefühle entwickeln, wenn sie merken würden, dass
ihre Kinderlosigkeit zu einem doppeltem Einkommen führen würde.

Der Punkt in meinem Beitrag war der, welchen finanziellen Beitrag erwachsene Menschen zur
tatsächlichen Finanzierung des Sozialstaats leisten und nicht der, welchen Lebensstandard
gleiche Bruttoeinkommen generieren würden.

Natürlich ist der Lebensstandard davon abhängig, wie viel Menschen man mit seinem
Einkommen zu ernähren hat. Es ging hier um die Frage des konkreten Beitrags von Erwachsenen
an der Finanzierung des Sozialstaats.
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Brainiac
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Brainiac »

Ähm...nein, das hatte ich etwas anders gemeint, oder ich kann nicht mehr folgen. :s
Ich würde vorschlagen, das für heute zu beenden...
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jack000
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von jack000 »

infojunglemaps » Fr 15. Jul 2011, 23:15 hat geschrieben:Nun, meines Wissens erreichen die geburtenstarken Jahrgänge den Renteneintritt überwiegend erst in den nächsten beiden Jahrzehnten...

S. u.a. Wikipedia: "Der Altenquotient − das ist das Verhältnis der Personen im Rentenalter (derzeit Personen ab 65 Jahren) zu 100 Personen im erwerbsfähigen Alter (derzeit 20 bis 64-Jahre) − beträgt im Jahr 2005 ca. 32, im Jahr 2030 wird er bei ca. 50 bzw. 52 liegen, im Jahr 2050 bei 60 bzw. 64."
http://de.wikipedia.org/wiki/Demografie_Deutschlands

Schon noch eine nennenswerte Verschiebung, oder?
Aber die steht in keinem Verhältnis zu dem, was bisher im Vergleich zur Pyramide stattgefunden hat.

Beispiel Telekommunikation: Die Technologie der 20er Jahre würde mehr Menschen benötigen um das heutige Telekommunikationsaufkommen (=Telefonieren) zu bewältigen als es heutzutage Menschen in Deutschland gibt.

Es stellt sich gar nicht die Frage, ob die Menschen mit Konsumplunder, Verkehr, Nahrung, Energie, Wasser, Wohnung und Telekommunikation versorgt werden können, sondern ob ein Menschenwürdiges Leben sichergestellt werden kann (Stichwort: Pflege und Gesundheit).
"Sie verbieten nicht die Hassrede. Sie verbieten die Rede, die sie hassen"
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Brainiac
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Brainiac »

Würde gerne mal versuchen, die Erkenntnisse aus diesem etwas unübersichtlichen, aber wichtigen Thread auf den Punkt zu bringen.

Ausgangspunkt der Diskussion sind zwei wesentliche Veränderungen demographischer Natur:
1. Wir leben länger
2. Wir bekommen weniger Kinder

Zu 1. ist, denke ich, Konsens, dass wenn sich ansonsten nichts ändert, wir ein Problem bekommen: Wenn die Menschen nicht mehr arbeiten, aber länger Rente beziehen, gerät das Ganze aus dem Gleichgewicht. Mögliche Reaktionen darauf sind:
- Verlängerung Lebensarbeitszeit / Verschiebung Renteneintrittsalter (u.a. vertreten von Graf B und mir)
- Akzeptieren der niedrigeren gesetzlichen Renten, Kompensation durch andersartige Vorsorgemodelle (u.a. Karl Murx)
- Vertrauen auf weitere Produktivitätsfortschritte (u.a. Jack)

Nun zu 2. Inwieweit ist die Aussage tragfähig, dass die niedrige Geburtenrate das Problem verschärft? Mich beschäftigt das auch ganz persönlich, da ich – Gründe gehören nicht hierher – selbst auch zu der in der Kritik stehenden Gruppe der „Kinderlosen“ zähle. Ich betreibe daher sicher kein „Kinderlosen-Bashing“ (Zitat oben), ärgere mich selbst oft über die Polemik in der Diskussion, sehe aber auch objektiv berechtigte Aspekte dahinter und möchte das gern mal auseinanderdröseln.

Zunächst sollte man zwischen folgenden Zielen trennen:
- Erhalt der deutschen autochthonen Bevölkerung
- Stabilität des Sozialsystems

Das erste Ziel wird durch eine niedrige Geburtenrate der Deutschen beeinträchtigt, keine Frage, und führt im Falle von anhaltend hoher Migration zu so etwas wie der „Mulitiminoritätengesellschaft“ (Graf B). Das muss jeder für sich bewerten.

Zum zweiten Ziel hatte Herr Bert mit Recht angemerkt, dass mehr Kinder nicht automatisch zu einer Stabilisierung des Sozial- bzw. Rentensystems führen. Wenn man davon ausgeht, dass sich im Lauf eines Menschenlebens Einzahlungen und Auszahlungen die Waage halten, sind mehr Kinder insgesamt ein Nullsummenspiel. Sie bringen mehr Einzahlungen in die Rentenkasse, aber kosten selbst auch mehr.

Trotzdem muss man m.E. folgenden Aspekt sehen. Der sog. "Generationenvertrag" beruht auf folgendem Gleichgewicht:

Ein Mensch empfängt Leistungen der Gesellschaft durch
- Er wird aufgezogen
- Er bekommt Rente

Ein Mensch gibt diese Leistungen zurück durch
- Er zahlt in die Rentenkasse
- Er zieht selbst Kinder auf

Dies soll sich in Summe die Waage halten.

Wenn nun jemand keine Kinder hat, fehlt ein Baustein in dieser Rechnung: Der Kinderlose hat einen Überschuss, und sofern er diesen Überschuss für sich selbst verbraucht, fehlt dem System damit etwas (außer dass der höhere Konsum ggfs kompensierend wirkt, aber das wirkt nur indirekt und es ist die Frage, was davon im Sozialsystem ankommt). Das wird durch höhere Steuern / Abgaben für Kinderlose kompensiert, meines Erachtens nach aber nur teilweise, wobei es dazu aber auch unterschiedliche Meinungen gibt (siehe das nicht final ausdiskutierte Rechenexempel von Herr Bert).

Insofern kann ich persönlich die verbreitete Forderung nach einer „Elternrente“ (d.h. höhere Leistungen aus der Rentenkasse für Eltern als für Kinderlose) durchaus nachvollziehen und wäre kein Gegner einer entsprechenden Gesetzesanpassung.

Eine meiner Meinung nach relativ gute und objektive Analyse findet sich hier:
http://www.google.de/url?sa=t&source=we ... 6Q&cad=rja
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Herr Bert
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Herr Bert »

infojunglemaps » So 17. Jul 2011, 18:21 hat geschrieben: Ein Mensch gibt diese Leistungen zurück durch
- Er zahlt in die Rentenkasse
- Er zieht selbst Kinder auf

Dies soll sich in Summe die Waage halten.

Wenn nun jemand keine Kinder hat, fehlt ein Baustein in dieser Rechnung:
Und wie sieht es mit der Frau aus, die zwar Kinder erzieht, aber keine Rentenbeiträge zahlt?

Trotzdem gut strukturierter Beitrag.
:)
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Dampflok
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Re: Der demographische Wandel in Deutschland

Beitrag von Dampflok »

infojunglemaps » So 17. Jul 2011, 18:21 hat geschrieben:
Trotzdem muss man m.E. folgenden Aspekt sehen. Der sog. "Generationenvertrag" beruht auf folgendem Gleichgewicht:

Ein Mensch empfängt Leistungen der Gesellschaft durch
- Er wird aufgezogen
- Er bekommt Rente

Ein Mensch gibt diese Leistungen zurück durch
- Er zahlt in die Rentenkasse
- Er zieht selbst Kinder auf

Dies soll sich in Summe die Waage halten.

Wenn nun jemand keine Kinder hat, fehlt ein Baustein in dieser Rechnung: Der Kinderlose hat einen Überschuss, und sofern er diesen Überschuss für sich selbst verbraucht, fehlt dem System damit etwas (außer dass der höhere Konsum ggfs kompensierend wirkt, aber das wirkt nur indirekt und es ist die Frage, was davon im Sozialsystem ankommt). Das wird durch höhere Steuern / Abgaben für Kinderlose kompensiert, meines Erachtens nach aber nur teilweise, wobei es dazu aber auch unterschiedliche Meinungen gibt (siehe das nicht final ausdiskutierte Rechenexempel von Herr Bert).

Insofern kann ich persönlich die verbreitete Forderung nach einer „Elternrente“ (d.h. höhere Leistungen aus der Rentenkasse für Eltern als für Kinderlose) durchaus nachvollziehen und wäre kein Gegner einer entsprechenden Gesetzesanpassung.
Du verkennst aber daß nicht nur der Rentenanspruch durch jahrzehntelange Zahlungen erwirkt wird, sondern daß Eltern (v.a.Mütter) in Deutschland bereits die welthöchste finanzielle Förderung erhalten!

Eine Änderung der Geburtenrate ist nicht durch noch höhere Geldgeschenke zu erzielen sondern durch Sicherung der Familien für alle Beteiligten. Die Ideologie der letzten 40 Jahre im Westen, v.a. aber in Deutschland hat zu einer hohen Scheidungsrate geführt.

Jeden Tag werden 400 Kinder in Deutschland Scheidungswaisen! Wie sollen wohl die ausgegrenzten Elternteile noch weitere Kinder zeugen, wenn sie mit überhöhen Kosten konfrontiert werden, die eine Neugründung einer Familie unmöglich machen? Vor zwei Jahren wurden sogar schon die Gesetze dahingehend geändert, daß die Berechtigten in einer Rangfolge zu berücksichtigen sind, weil der normalsterbliche "Zahlpflichtige" nämlich gar nicht mehr alles bezahlen kann.

Solche Zustände sind nicht Ehe- oder familienförderlich. Inzwischen hat selbst China mit seiner Ein-Kind-Politik, wo nicht nur kein Kindergeld fließt sondern das zweite Kind sogar eine fünfstellige Strafe kostet, eine höhere Geburtenrate als Deutschland.

Eine Erhöhung der Geburtenrate ist eher durch SENKUNG der Kinderkosten zu erzielen, flankiert von paritätischen Elternrechten ohne Mutterprimat. Siehe Frankreich: Nur 34 Euro Kindergeld für das erste Kind; bei der Scheidung darf Madame voll Arbeiten gehen und dort ist die Geburtenrate 50% höher.


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""Political correctness" sollte das Unwort des Jahrzehnts werden!"
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